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Die Arthroskopie des Ellbogengelenks

<p class="article-intro">Bei korrekter Indikationsstellung ist die Ellbogenarthroskopie ein Verfahren mit geringer Invasivität und großem Nutzen. Besonders Bewegungseinschränkungen aufgrund freier Gelenkkörper, degenerative Arthrosen mit knöchernen Anbauten und der therapieresistente Tennisarm können damit sehr gut behandelt werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der Amerikaner Michael Burmann entwickelte 1933 ein Arthroskop, das in seinen Grundz&uuml;gen bereits Merkmale heutiger Instrumente aufwies. Damit untersuchte er nicht nur das Knie-, sondern auch das H&uuml;ft- und Ellenbogengelenk. In den Folgejahren entwickelte sich die Arthroskopie insgesamt langsam. Zahlenm&auml;&szlig;ig anderen arthroskopischen Verfahren unterlegen, gewann seit 1985 die Ellenbogenarthroskopie an Bedeutung. 1994 berichtete Hempfling &uuml;ber 339 durchgef&uuml;hrte Operationen. Anhand einer Untersuchung von 150 000 arthroskopischen Eingriffen in den USA stellte Ahmed fest, dass ca. 10 % aller Eingriffe den Ellenbogen betrafen. Dank des technischen Fortschritts und der damit verbundenen Verbesserungen der Systeme ist die Ellenbogenarthroskopie heute ein standardisiertes und etabliertes Verfahren, das bei korrekter Indikationsstellung und geringem Gewebstrauma gute Behandlungsergebnisse erwarten l&auml;sst.<br /> Wegen des technischen Aufwands und der anatomischen Gegebenheiten ist die Ellbogenarthroskopie ein anspruchsvolles Verfahren. Um die Komplikationsraten m&ouml;glichst niedrig zu halten, sollte der Operateur bereits arthroskopische Erfahrungen mit anderen Gelenken haben und den Eingriff h&auml;ufiger als f&uuml;nfmal pro Jahr durchf&uuml;hren.</p> <h2>Indikation</h2> <p>Nach &bdquo;Evidence-based&ldquo;-Kriterien ergeben sich die in Tabelle 1 angef&uuml;hrten Indikationen. Mit steigender Erfahrung des Operateurs kann die Indikationsstellung ausgeweitet werden. Zu den am h&auml;ufigsten durchgef&uuml;hrten Operationen geh&ouml;ren die Abtragung von Osteophyten, die Entfernung freier Gelenkk&ouml;rper, Kapsell&ouml;sungen und Schleimhautentfernungen. Au&szlig;erdem gewinnt die Tenotomie der Extensor-carpiradialis- Sehne (ECRB) zur Behandlung der Epicondylitis humeri radialis zunehmend an Bedeutung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s72_tab1.jpg" alt="" width="685" height="854" /></p> <h2>Pr&auml;operative Diagnostik</h2> <p>Im Ellenbogengelenk finden sich anatomisch drei Gelenksverbindungen: Humeroulnar-, Humeroradial- und Radioulnargelenk. Arthroskopisch sind diese ventral und dorsal zug&auml;nglich. Die genaue pr&auml;operative klinische Untersuchung sowie eine exakte Bildgebung sind entscheidend. Bewegungsumfang, Instabilit&auml;ts- sowie Provokationstests geh&ouml;ren unbedingt dokumentiert. Des Weiteren sind die Lokalisation und der anatomische Verlauf des N. ulnaris zwingend in die klinische Untersuchung einzubeziehen. Besonders ist zu beachten, ob der Nerv verlagert wurde oder aus dem Sulcus in Flexion subluxiert, um bei der Portanlage Nervenverletzungen zu verhindern. In diesem Zusammenhang ist der Patient dar&uuml;ber aufzukl&auml;ren, dass im Rahmen der Arthroskopie auch eine isolierte Darstellung des Nervs notwendig sein kann. Bildgebende Verfahren wie R&ouml;ntgen, CT und/oder MRT sind zur Komplettierung der pr&auml;operativen Diagnostik wichtig. Vor allem im 3D-CT lassen sich feie Gelenkk&ouml;rper und Osteophyten gut darstellen.</p> <h2>Die OP</h2> <p>Die Arthroskopie wird entweder in Seiten- oder in Bauchlage durchgef&uuml;hrt (Abb. 1, 2). Wichtig dabei ist, dass der Oberarm in einer Armst&uuml;tze so gelagert wird, dass der Ellbogen vollst&auml;ndig gestreckt und auf ca. 90&ndash;100&deg; gebeugt werden kann. &Uuml;blicherweise f&uuml;hren wir die OP in Vollnarkose, in Ausnahmef&auml;llen auch in Plexusan&auml;sthesie mit Sedierung durch. Eine Oberarmblutsperre wird angelegt. Die meisten Eingriffe erfolgen tagesklinisch oder im Rahmen eines eint&auml;gigen Krankenhausaufenthaltes.<br /> Als operatives Setup empfiehlt sich jenes der konventionellen Kniearthroskopie: ASK-Optik (30&deg; Optik/4,5mm), Wechselstab, Tasthaken, Kan&uuml;len, Shaver-System 3,5mm/4,5mm, Kugelfr&auml;sen, Conchotome, Osteotome, Mei&szlig;el, HF-Ger&auml;te. Sehr selten findet auch die Kleingelenksoptik mit ca. 2,7mm Durchmesser ihre Anwendung.<br /> Begonnen wird die Ellbogenarthroskopie mit dem Auff&uuml;llen des Gelenksraumes mit ca. 20ml physiologischer Kochsalzl&ouml;sung &uuml;ber den dorsoradialen Punktionszugang (&bdquo;soft spot&ldquo;). Die Markierung anatomischer Landmarken wie Epikondylen, Radiuskopf, Olekranon und Sulcus n. ulnaris sowie des Nervenverlaufs ist zur besseren Orientierung zu empfehlen. Danach erfolgt die Portanlage durch Hautinzision, stumpfe Pr&auml;paration an die Kapsel und Perforation mit dem Trokar. Als Standardportale des ventralen Gelenkbereiches gelten das anterolaterale und anteromediale Portal. Diese befinden sich ca. 2cm kranial und 2cm ventral des jeweiligen Epicondylus. Wechselweise k&ouml;nnen sie als Arbeits- oder Optikzugang verwendet werden. Standardportale im dorsalen Gelenksbereich stellen das transtrizipitale, das hohe dorsoradiale und das tiefe dorsoradiale Portal dar. Hierbei wird das hohe dorsoradiale Portal &uuml;blicherweise f&uuml;r den Optikzugang verwendet, die beiden anderen als Arbeitszug&auml;nge.<br /> Zuerst erfolgt der diagnostische &bdquo;Rundgang&ldquo; im ventralen, anschlie&szlig;end im dorsalen Gelenksbereich (Tab. 2). Anatomische Struktur, Auff&auml;lligkeiten sowie die Knorpelstrukturen werden erfasst und dokumentiert. Die Instabilit&auml;tsdiagnostik ist von gro&szlig;er Bedeutung. Mit dem Wechselstab wird im humeroradialen und humeroulnaren Kompartiment die Aufklappbarkeit gepr&uuml;ft. Bei stabilen Bandverh&auml;ltnissen l&auml;sst sich der Gelenksspalt maximal 1&ndash;2mm aufweiten. Ist es m&ouml;glich, mit dem Wechselstab das Kompartiment zu passieren (&bdquo;drive-through sign&ldquo;) und stellt sich der Gelenksspalt asymmetrisch dar, so liegt eine klare Instabilit&auml;t vor, die ein offenes rekonstruktives Verfahren hinsichtlich des betroffenen Bandkomplexes erfordert (Abb. 3).<br /> Therapeutische Ma&szlig;nahmen wie die Entfernung freier Gelenkk&ouml;rper, die Abtragung diverser Osteophyten, Synovektomie, Mikrofrakturierung, Denervation, Arthrolysen, Knorpelshaving oder ERCBTenotomie werden nun durchgef&uuml;hrt. Bei allen Eingriffen ist auf eine sorgf&auml;ltige Blutstillung, nicht zu gro&szlig;en Pumpendruck (max. 40mmHg), die Dauer der Blutsperre und st&auml;ndige &Uuml;berpr&uuml;fung des Abstands zum N. ulnaris zu achten. Die Abbildungen 4&ndash;8 zeigen unterschiedliche intraoperative Situationen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s72_abb1.jpg" alt="" width="684" height="604" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s72_abb2.jpg" alt="" width="684" height="849" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s73_tab2.jpg" alt="" width="686" height="2069" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s73_abb3-6.jpg" alt="" width="1416" height="1459" /></p> <h2>Postoperative Behandlung</h2> <p>Die Nachbehandlung erfolgt in den allermeisten F&auml;llen fr&uuml;hfunktionell. Nach der Drainentfernung am Folgetag beginnt die schmerzorientierte Mobilisation. Eine elastische Bandage ist bis zur Nahtentfernung empfohlen. Die Nahtentfernung wird &uuml;blicherweise 12 Tage nach dem Eingriff durchgef&uuml;hrt.</p> <h2>Komplikationen</h2> <p>Die Rate an Minor-Komplikationen wird mit ca. 11 % angegeben. Hierzu z&auml;hlen passagere Nervenl&auml;sionen, Wundfisteln, oberfl&auml;chliche Infektionen und vor&uuml;bergehende Streckdefizite bis ca. 20&deg;. Schwere Komplikationen mit bleibenden Sch&auml;den finden sich in rezenten Arbeiten in 0,8 % der F&auml;lle. Sehr selten werden Kompartmentsyndrome oder CRPS beschrieben.</p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Die Ergebnisse sind nat&uuml;rlich abh&auml;ngig von der durchgef&uuml;hrten Operation. W&auml;hrend durch die Bergung freier Gelenkk&ouml;rper die damit verbundenen Bewegungseinschr&auml;nkungen und Blockaden zu 80&ndash;90 % verschwinden, sind die Erfolge der reinen Arthrolyse und Abtragung osteophyt&auml;rer Anbauten zur Verbesserung der Bewegungseinschr&auml;nkung degenerativ ver&auml;nderter Gelenke nicht so durchschlagend. Realistisch kann eine Verbesserung der Gesamtbeweglichkeit von 15&ndash;30&deg; erzielt werden. Oft ist dies ausschlaggebend f&uuml;r die Wiedererlangung der Alltagsf&auml;higkeiten (Nahrungsaufnahme, K&ouml;rperhygiene). Arbeiten &uuml;ber die arthroskopische Behandlung der Epicondylitis humeroradialis zeigen im 2- bis 5-Jahres-Follow-up eine Erfolgsrate von 80 % . Hinsichtlich der Mikrofrakturierung bei Osteochondritis dissecans ist nach einer Studie von Lewine et al aus dem Jahr 2015 im 2-Jahres-Follow-up eine klinische und radiologische Besserung in ca. 70 % der F&auml;lle zu erwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s74_abb7-8.jpg" alt="" width="1417" height="773" /></p></p>
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