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Frühe Diagnosestellung und Therapie des Prädiabetes

Was macht Sinn?

<p class="article-intro">Österreichweit ist die Prävalenz des Diabetes mellitus nach wie vor steigend. Da etwa die Hälfte der an Diabetes mellitus erkrankten Patienten nicht diagnostiziert sind, aber bereits im Stadium des Prädiabetes ein gesteigertes kardiovaskuläres Risiko aufweisen, wird von den aktuellen Leitlinien der Österreichischen Diabetes Gesellschaft ein Screening für Diabetes mellitus Typ 2 empfohlen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Definition des Pr&auml;diabetes</h2> <p>Die heute g&uuml;ltige Definition des Pr&auml;diabetes bezieht sich auf das Vorliegen einer gest&ouml;rten Glukosetoleranz und oder einer gest&ouml;rten N&uuml;chternglukose und/oder einer Erh&ouml;hung des HbA<sub>1c</sub>-Wertes. Generell entwickelt sich die Hyperglyk&auml;mie kontinuierlich, wobei die St&ouml;rungen der N&uuml;chtern- wie auch der postprandialen Glukose unterschiedliche Zeitverl&auml;ufe aufweisen. Im Rahmen der Diagnosestellung, f&uuml;r welche alle drei erw&auml;hnten Parameter verwendet werden k&ouml;nnen, soll auf m&ouml;gliche st&ouml;rende Einfl&uuml;sse durch interkurrente Erkrankungen oder die Einnahme von Medikamenten R&uuml;cksicht genommen werden.<br /> <br /> Hinsichtlich der N&uuml;chternglukose (aus dem ven&ouml;sen Plasma) gelten Werte &ge;100mg/dl, aber &le;125 mg/dl als gest&ouml;rte N&uuml;chternglukose; im oralen Glukosetoleranztest gelten 2 Stunden nach Einnahme von 75g Glukose &ge;140mg/dl, aber &le;200mg/dl und ein HbA<sub>1c</sub>-Wert zwischen 5,7 und 6,4 % als Pr&auml;diabetes. Durch die entsprechenden Labortestsysteme bedingte Varianzen sollten ebenfalls unbedingt in Betracht gezogen werden. Beispielsweise kann die intraindividuelle Varianz bei der Bestimmung der N&uuml;chternglukose zwischen 7 und 14 % und beim oralen Glukosetoleranztest zwischen 20 und 40 % betragen.</p> <h2>Was bedeutet die Diagnose Pr&auml;diabetes?</h2> <p>Bemerkenswert ist, dass die Diagnose Pr&auml;diabetes nicht automatisch bei jedem Betroffenen eine Progression der Erkrankung hinsichtlich Diabetes bedeutet.<br /> <br /> Daten aus den USA, welche in den Jahren 2007&ndash;2010 erhoben worden sind, demonstrieren eine Pr&auml;valenz des Pr&auml;diabetes von etwa 36 % . Aufgrund der hohen Rate an nicht diagnostizierten Patienten mit Diabetes bzw. Pr&auml;&shy;diabetes haben die Diabetesgesellschaften ein strukturiertes Screening empfohlen. Generell sollte ab dem 45. Lebensjahr die N&uuml;chternplasmaglukose, alternativ dazu das HbA<sub>1c</sub> kontrolliert oder ein oraler Glukosetoleranztest durchgef&uuml;hrt werden. Liegen zus&auml;tzliche Risikofaktoren (Tab. 1) vor, soll unabh&auml;ngig vom Alter gescreent werden. Bei prim&auml;r unauff&auml;lligen Resultaten wird eine Wiederholung alle 3 Jahre empfohlen.<br /> <br /> Aufgrund des heutigen, pathophysiologischen Verst&auml;ndnisses der Erkrankung ist von einer Vielzahl an Defekten auszugehen, welche letztlich an der Entstehung eines Pr&auml;diabetes und in weiterer Folge an der Manifestation eines Diabetes mellitus beteiligt sind. Im Vordergrund der Defekte steht wie zu erwarten ganz eindeutig die Dysfunktion der Betazellen in Kombination mit einer Insulinresistenz, welche vor allem durch Faktoren des Lebensstils negativ beeinflusst wird. Mithilfe des hyperinsulin&auml;mischen, euglyk&auml;mischen Clamps konnte gezeigt werden, dass bei etwa 40 % der an Pr&auml;diabetes erkrankten Patienten die Insulinresistenz im Vordergrund steht, wobei in den peripheren Geweben die Insulinresistenz eine verminderte Glukoseaufnahme in der Skelettmuskulatur und im Fettgewebe bedeutet. In der Leber bewirkt die verminderte Insulinwirkung eine reduzierte Suppression der postprandialen Glukoseproduktion.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1607_Weblinks_Seite20.jpg" alt="" width="595" height="532" /></p> <h2>Die lebensstilmodifizierende Therapie</h2> <p>Ist die Diagnose Pr&auml;diabetes gestellt worden, so stellt die lebensstilmodifizierende Therapie die effektivste Ma&szlig;nahme dar, um eine Progression des Pr&auml;diabetes zu einem Diabetes mellitus Typ 2 zu verz&ouml;gern bzw. zu verhindern. Da die Modifikation der Ern&auml;hrung bei Pr&auml;diabetes einen besonders wichtigen Stellenwert einnimmt, sollte eine Ern&auml;hrungsberatung durch entsprechend geschulte Di&auml;tologen durchgef&uuml;hrt werden. Zusammenfassend wird eine gesunde Mischkost empfohlen, wobei weniger als 30 % des Tagesenergiebedarfes durch Fett gedeckt werden sollen. Moderate k&ouml;rperliche Aktivit&auml;t in einem Ausma&szlig; von 30min/Tag bzw. insgesamt 150min/Woche stellt die zweite wesentliche S&auml;ule der Therapie des Pr&auml;diabetes dar.<br /> <br /> Die wissenschaftliche Evidenz f&uuml;r diese Empfehlungen beruht ma&szlig;geblich auf den Resultaten der Diabetes Prevention Study und des Diabetes Prevention Program. Im Rahmen dieser Arbeiten bewirkte eine intensivierte lebensstilmodifizierende Therapie eine 56 % ige Reduktion des Risikos f&uuml;r das Auftreten eines Diabetes mellitus Typ 2 bei bereits an Pr&auml;diabetes erkrankten Patienten (definiert durch gest&ouml;rte Glukosetoleranz). In diesen Studien konnte eine beeindruckende &bdquo;number needed to treat&ldquo; (NNT) von 6,9 errechnet werden. Dies ist insofern besonders bemerkenswert, als f&uuml;r die verf&uuml;gbaren Medikamente die entsprechende NNT deutlich h&ouml;her ausf&auml;llt.</p> <h2>Medikament&ouml;se Therapien</h2> <p>Neben der lebensstilmodifizierenden Therapie haben in zahlreichen Studien auch Metformin, Alphaglukosidasehemmer und Glitazone einen therapeutischen Effekt bei Pr&auml;diabetes demonstrieren k&ouml;nnen. Trotz der verf&uuml;gbaren Datenlage muss gerade bei den Glitazonen als m&ouml;gliche Therapie f&uuml;r Pr&auml;diabetes eine genaue Nutzen-Risiko-Abw&auml;gung durchgef&uuml;hrt werden. In der rezent publizierten IRIS-Studie konnte Pioglitazon bei insulinresistenten Patienten, die einen Insult erlitten hatten, die Reinsultrate bzw. das Myokardinfarktrisiko reduzieren. Dennoch muss hier bedacht werden, dass der dokumentierte Effekt relativ klein ist und in der Realit&auml;t eine Vielzahl an Patienten, bei mitunter betr&auml;chtlichen Nebenwirkungen, behandelt werden muss, um ein weiteres Ereignis zu verhindern.<br /> <br /> Die lebensstilmodifizierende Therapie ist zwar &auml;u&szlig;erst effektiv, stellt aber keine direkte Therapie des progredienten Betazellversagens dar. Dem aktuellen Verst&auml;ndnis der Pathophysiologie entsprechend kann daher davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende lebensstilmodifizierende Therapie die tats&auml;chliche Manifestation eines Diabetes mellitus um einige Jahre verz&ouml;gert. Auf den ersten Blick scheint diese Tatsache etwas entt&auml;uschend, dennoch ist diese Zeitspanne f&uuml;r die Verz&ouml;gerung bzw. Verhinderung mikro- wie auch makrovaskul&auml;rer Komplikationen &auml;u&szlig;erst relevant.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Pr&auml;diabetes stellt meist eine Vorstufe des Diabetes mellitus dar, welche durch entsprechende lebensstilmodifizierende Therapie effektiv und sinnvoll behandelt werden kann. Ein entsprechendes Screening tr&auml;gt ma&szlig;geblich zu einer fr&uuml;hen Therapie und damit auch zu einer deutlichen Verz&ouml;gerung mikro- und m&ouml;glicherweise auch makrovaskul&auml;rer Komplikationen bei.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literatur beim Verfasser<br /><br /></p> </div> </p>
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