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Genetische Abklärung unter Zeitdruck bei Mamma-Ca-Patientinnen
Jatros
Autor:
Assoc. Prof. Priv-Doz. Dr. Daphne Gschwantler-Kaulich
Klinische Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: daphne.gschwantler-kaulich@meduniwien.ac.at
30
Min. Lesezeit
05.12.2019
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<p class="article-intro">Multigen-Panele bringen viele Vorteile, stellen uns aber auch vor Herausforderungen, wenn es um die Aufklärung bei Trägerinnen von Mutationen moderater Risikogene geht. Eine präoperative genetische Abklärung kann helfen.</p>
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<p class="article-content"><p>Zwischen 5 und 10 % aller Mamma-Ca sind genetisch bedingt. Davon sind etwa die Hälfte durch Mutationen in BRCA1/2 und die andere Hälfte durch andere zum Teil noch weniger erforschte Genveränderungen (Non-BRCA-Mutationen) bedingt. Die meisten Zentren bzw. genetischen Labors verwenden heutzutage ein Multigenpanel. In Wien verwenden wir beispielsweise ein Panel bestehend aus 18 Genen, welche in Hoch-, Moderat- und Niedrigrisiko- Allele unterteilt werden können.<br /> Der Einsatz der Multigen-Panels hat natürlich Vorteile, stellt uns als beratende Ärzte aber auch vor große Herausforderungen, insbesondere wenn es um die Aufklärung bei Trägerinnen von Mutationen moderater Risikogene geht, bei denen es keine Evidenz für eine Therapieänderung sowohl im Bereich der systemischen als auch der operativen Vorgehensweise gibt. Nach internationalen Guidelines gibt es die Empfehlung einer risikoreduzierenden Mastektomie beispielsweise nur für Trägerinnen von Mutationen in BRCA1, BRCA2, CDH, PTEN, TP53. Daher ist es bei einer Erstdiagnose mit auffälliger Familienanamnese oder Tripel-negativ-Histologie sinnvoll, eine genetische Abklärung präoperativ durchzuführen, um, falls sinnvoll und von der Patientin erwünscht, gleich eine bilaterale risikoreduzierende Mastektomie mit Sofortrekonstruktion anzubieten. Dies hat den Vorteil, dass nur eine Narkose und eine OP notwendig sind sowie in den meisten Fällen keine Irradiatio erfolgen muss, was wiederum gerade bei Implantat-basierten Rekonstruktionen einen positiven Einfluss auf die Kapselfibroserate hat.<br /> In den meisten Fällen, bei denen eine aggressive Histologie bioptisch festgestellt wurde, ist ohnehin eine neoadjuvante Chemotherapie erforderlich und somit ist auch genug Zeit, eine genetische Abklärung und adäquate operative Planung durchzuführen. Der Einfluss des genetischen Ergebnisses auf die systemische Therapie ist derzeit eher im lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten Setting relevant. Hierbei kann bei einer Keimbahnmutation in BRCA1 oder BRCA2 eine PARP-Inhibitor-Therapie (Olaparib, Lynparza<sup>®</sup>, Astra Zeneca; Talazoparib, Talzenna<sup>®</sup>, Pfizer) sinnvoll sein. Diese per os und als Monotherapie verabreichte Therapie geht mit sehr hohen RR („response rates“) bei gleichzeitig guter Lebensqualität einher und führt zu einem zielgerichteten Ausschalten des bei BRCAMutation verbliebenen alternativen DNAReparaturmechanismus, was als synthetische Letalität bezeichnet wird. Als Zulassungstudie für Olaparib ist die OlympiADStudie zu erwähnen, die bei 302 Patientinnen im metastasierten Setting, verglichen mit herkömmlicher Chemotherapie, eine höhere RR von 60 % versus 29 % sowie ein verlängertes PFS von 7 versus 4,2 Monate zeigen konnte. Weiters ist bei einer BRCA-1/2-Mutation an Carboplatin-hältige Schemata zu denken, wie dies in der TNToder BROCADE-2-Studie im metastasierten Setting gezeigt werden konnte. Studien in der Adjuvanz und Neoadjuvanz sind bei beiden genannten Therapien derzeit noch im Laufen oder haben bis dato unzureichenden Benefit in diesem Setting gezeigt (Carboplatin: GeparSixto Trial).<br /> Abgesehen von den genannten Keimbahnmutationen gibt es jetzt allerdings für das metastasierte Setting interessante Entwicklungen, die eine rasche zusätzliche Analyse des Tumorgewebes erforderlich machen, wie die PI3K-Inhibition (Alpelisib, Piqray<sup>®</sup>, Novartis, SOLAR-1-Studie) bei hormonrezeptorpositiven PIK3CA-mutierten metastasierten Mamma-Ca-Patientinnnen und Immun-Checkpointinhibitoren (PD-L1- Inhibitor, Atezolizumab, Tecentriq<sup>®</sup>, Roche; IMpassion130 Trial) beim tripelnegativen fortgeschrittenen Mamma-Ca.</p></p>
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