<p class="article-intro">Beim EASD-Kongress 2019 in Barcelona wurde wieder ein buntes Programm von der Grundlagenforschung bis zur Präsentation von Outcomedaten geboten. Auf großen Kongressen ist es natürlich nie möglich, alles mitzunehmen, deshalb präsentiere ich hier meine persönlichen Highlights, die für meine klinische Praxis wichtig sind.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Canagliflozin zeigt eine 30 % ige relative Risikoreduktion im primären Endpunkt terminales Nierenversagen, Verdopplung des Serumkreatinins und kardiovaskulärer oder renaler Tod.</li> <li>Dapagliflozin reduziert den zusammengesetzten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz oder akuten Herzinsuffizienz bei Diabetikern und Nichtdiabetikern.</li> <li>Nur Ärzte mit entsprechender Erfahrung sollten SGLT2-Hemmer bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 verordnen.</li> <li>Gespräche mit Angehörigen über Hypoglykämien können Belastungen reduzieren.</li> <li>Bei Typ-1-Diabetikern macht die kontinuierliche Glukosemessung den entscheidenden Unterschied in der Verbesserung der Glukosekontrolle und nicht das Therapieschema.</li> <li>OpenAPS, ein „Hybrid closed loop“-System, zeigt, dass auch ein klinisch nicht getestetes System eine deutlich verbesserte Stoffwechsellage erreichen kann.</li> </ul> </div> <h2>CREDENCE-Studie</h2> <p>Studien mit SGLT2-Hemmern wie CANVAS, EMPA-REG oder DECLARE-TIMI zeigten bereits den Hinweis auf eine Verzögerung der Progression von verschiedenen Parametern hinsichtlich einer chronischen Niereninsuffizienz. In diesen Studien war jedoch das Outcome hinsichtlich der Nierenerkrankung nicht der primäre Endpunkt und die Patienten hatten ein geringes Risiko für die Progression der Nierenerkrankung. In der CREDENCE-Studie wurden 4316 Patienten mit Typ-2-Diabetes und einer chronischen Niereninsuffizienz zu Canagliflozin vs. Placebo randomisiert. Es zeigte sich eine 30 % ige relative Risikoreduktion hinsichtlich des primären Endpunkts terminales Nierenversagen, Verdopplung des Serumkreatinins und kardiovaskulärer oder renaler Tod (Abb. 1).<sup>1</sup></p>
<p class="article-intro">Beim EASD-Kongress 2019 in Barcelona wurde wieder ein buntes Programm von der Grundlagenforschung bis zur Präsentation von Outcomedaten geboten. Auf großen Kongressen ist es natürlich nie möglich, alles mitzunehmen, deshalb präsentiere ich hier meine persönlichen Highlights, die für meine klinische Praxis wichtig sind.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Canagliflozin zeigt eine 30 % ige relative Risikoreduktion im primären Endpunkt terminales Nierenversagen, Verdopplung des Serumkreatinins und kardiovaskulärer oder renaler Tod.</li> <li>Dapagliflozin reduziert den zusammengesetzten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz oder akuten Herzinsuffizienz bei Diabetikern und Nichtdiabetikern.</li> <li>Nur Ärzte mit entsprechender Erfahrung sollten SGLT2-Hemmer bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 verordnen.</li> <li>Gespräche mit Angehörigen über Hypoglykämien können Belastungen reduzieren.</li> <li>Bei Typ-1-Diabetikern macht die kontinuierliche Glukosemessung den entscheidenden Unterschied in der Verbesserung der Glukosekontrolle und nicht das Therapieschema.</li> <li>OpenAPS, ein „Hybrid closed loop“-System, zeigt, dass auch ein klinisch nicht getestetes System eine deutlich verbesserte Stoffwechsellage erreichen kann.</li> </ul> </div> <h2>CREDENCE-Studie</h2> <p>Studien mit SGLT2-Hemmern wie CANVAS, EMPA-REG oder DECLARE-TIMI zeigten bereits den Hinweis auf eine Verzögerung der Progression von verschiedenen Parametern hinsichtlich einer chronischen Niereninsuffizienz. In diesen Studien war jedoch das Outcome hinsichtlich der Nierenerkrankung nicht der primäre Endpunkt und die Patienten hatten ein geringes Risiko für die Progression der Nierenerkrankung. In der CREDENCE-Studie wurden 4316 Patienten mit Typ-2-Diabetes und einer chronischen Niereninsuffizienz zu Canagliflozin vs. Placebo randomisiert. Es zeigte sich eine 30 % ige relative Risikoreduktion hinsichtlich des primären Endpunkts terminales Nierenversagen, Verdopplung des Serumkreatinins und kardiovaskulärer oder renaler Tod (Abb. 1).<sup>1</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_jatros_dia_1905_s13_abb1.jpg" alt="" width="550" height="348" /></p> <h2>DAPA-HF-Studie</h2> <p>Beim ESC 2019 in Paris wurden erstmals die DAPA-HF-Daten präsentiert. In der DAPA- HF-Studie wurden 4744 Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion („left ventricular ejection fraction“ [LVEF] ≤40 % ) zu einer Behandlung mit Dapagliflozin vs. Placebo randomisiert. Eingeschlossen wurden sowohl Menschen mit Diabetes (42 % ) als auch Menschen ohne Diabetes. Der primäre zusammengesetzte Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod und Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz oder akuten Herzinsuffizienz trat in der Dapagliflozin- Gruppe in 16,3 % vs. 21,2 % in der Placebogruppe auf. Bei den sekundären Endpunkten zeigte sich beim kardiovaskulären Tod mit 9,6 % in der Dapagliflozin- vs. 11,5 % in der Placebogruppe, respektive bei der Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz 9,7 % vs. 13,4 % und hinsichtlich einer Verschlechterung der Nierenfunktion 1,2 % vs. 1,6 % . Es zeigte sich kein Unterschied ob die Studienteilnehmer Diabetiker oder Nichtdiabetiker waren.<sup>2</sup></p> <h2>SGLT2-Hemmer und sicherer Einsatz bei Diabetes mellitus Typ 1</h2> <p>In Europa ist der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin in der Dosierung 5 mg zum Einsatz bei Typ-1-Diabetikern bereits zugelassen. Studien zeigen positive Effekte der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin, Empagliflozin und Canagliflozin sowie des SGLT1-/ SGLT2-Hemmers Sotagliflozin auf das HbA<sub>1c</sub>, die Glukosevariabilität, das Gewicht und den Blutdruck bei Typ-1-Diabetikern, ohne dabei zugleich vermehrte Hypoglykämien zu verursachen. SGLT2- Hemmer erhöhen jedoch das Risiko für das Auftreten einer diabetischen Ketoazidose, auch wenn nur eine mäßig Hyperglykämie vorliegt. Daher ist bei einem Einsatz von SGLT2-Inhibitoren bei Typ-1-Diabetes Vorsicht geboten. Prinzipiell sollten nur Patienten mit einem geringen Ketoazidoserisiko einen SGLT2-Hemmer erhalten. Essenziell ist auch die Schulung des Patienten inklusive Ketonkörpermessungen. Das bedeutet auch, dass nur Ärzte mit entsprechender Erfahrung SGLT2-Hemmer bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 verordnen sollten.<sup>3</sup></p> <h2>TALK-Hypo-Studie</h2> <p>Die Angst vor Hypoglykämien ist bei insulinbehandelten Diabetikern ein bekanntes Problem. Aber nicht nur die Patienten selbst, sondern auch Angehörige sind von Hypoglykämien betroffen. In dieser multinationalen Studie wurden Angehörige gebeten, einen Online-Fragebogen auszufüllen. Befragt wurden 4300 Angehörige von Diabetikern: Typ 1 29 % , Typ 2 46 % , nicht bekannt 25 % . Zwei von drei Familienmitgliedern gaben an, mindestens einmal pro Monat an Hypoglykämien zu denken, und 64 % machten sich Sorgen beziehungsweise hatten Angst beim Thema Hypoglykämien. Gespräche mit Angehörigen über Hypoglykämien können laut Umfrage die Belastungen reduzieren.<sup>4</sup></p> <h2>COMISAIR Study</h2> <p>In dieser Studie wurden verschiedene Therapieregimen in der Behandlung von Typ-1-Diabetikern verglichen. Insgesamt 65 Typ-1-Diabetiker wurden ein Jahr nachbeobachtet. Zwölf Patienten hatten eine kontinuierliche Glukosemessung (rt- CGM) in Kombination mit einer funktionellen Insulintherapie mittels Injektionen (MDI), 15 Typ-1-Diabetiker hatten eine rt-CGM in Kombination mit einer Insulinpumpe. Eine Gruppe von 20 Patienten hatte eine Insulinpumpentherapie mit einer konventionellen Blutzuckermessung (SMBG) und weitere 18 Patienten hatten eine MDI mit SMBG. In der sensorunterstützten Gruppe verbesserte sich das HbA<sub>1c</sub> innerhalb eines Jahres von 8,3 auf 7,1 % , unabhängig davon, ob die Diabetiker mit Pumpe oder multiplen Injektionen therapiert wurden. Bei Patienten mit Pumpe und konventionellen Blutzuckermessungen verbesserte sich das HbA<sub>1c</sub> von 8,4 auf 7,9 % . Die Hypoglykämierate wurde nur bei den sensorunterstützten Therapieformen reduziert. Diese Beobachtung setzte sich im 3-Jahres-Follow-up, welches am EASD präsentiert wurde, fort. Aus dieser Studie könnte geschlossen werden, dass die kontinuierliche Glukosemessung den entscheidenden Unterschied in der verbesserten Glukosekontrolle bedingt und nicht das Therapieschema Insulinpumpe oder intensivierte Insulintherapie mittels Injektionen (Abb. 2).<sup>5</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_jatros_dia_1905_s13_abb2.jpg" alt="" width="550" height="305" /></p> <h2>„Hybrid closed loop“-Technologie bei Typ-1-Diabetes</h2> <p>Eine Kombination aus Glukosesensor und Insulinpumpe, bei der die Basalrate im Sinne eines „hybrid closed loop“ je nach Glukosewert durch einen Algorithmus angepasst wird, ist in Österreich mit dem MiniMed-G670-System schon verfügbar. Solche Systeme sind jedoch nicht in allen Ländern dieser Welt erhältlich und so ist es nicht verwunderlich, dass die große Gemeinschaft der insulinpflichtigen Diabetiker selbst an solchen Lösungen arbeitet. Zu bedenken ist immer, dass solche Systeme nicht klinisch getestet wurden. Am EASD-Kongress wurden klinische Daten zum OpenAPS (Artificial Pancreas System) von einer griechischen Forschergruppe präsentiert. Das Open Artificial Pancreas System-Projekt zielt als kostenloses Open-Source-Projekt darauf ab, die Technologie des künstlichen Pankreas-Systems für alle verfügbar zu machen. 51 Typ-1-Diabetiker mit einer Insulinpumpentherapie und einer kontinuierlichen Glukosemessung wurden in die Beobachtungsstudie eingeschlossen. Von den 51 Patienten verwendeten 23 das OpenAPS. Die OpenAPS-Gruppe zeigte nach 6 Monaten eine deutlich verbesserte Stoffwechsellage im Gegensatz zur Vergleichsgruppe (6,7 % vs. 7,4 % ). Auch die Hypoglykämien konnten in der Open- APS-Gruppe reduziert werden.<sup>6</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: EASD-Kongress 2019, 16.–20. 9. 2019, Barcelona
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Perkovic V et al.: Canagliflozin and renal outcomes in type 2 diabetes and nephropathy. N Engl J Med 2019; 380(24): 2295-306 <strong>2</strong> McMurray JJV et al.: Dapagliflozin in patients with heart failure and reduced ejection fraction. N Engl J Med 2019 Sep 19. [Epub ahead of print]. doi: 10.1056/NEJMoa1911303 <strong>3</strong> Danne T et al.: International Consensus on Risk Management of Diabetic Ketoacidosis in Patients With Type 1 Diabetes Treated With Sodium-Glucose Cotransporter (SGLT) Inhibitors. Diabetes Care 2019; 42(6): 1147-54 <strong>4</strong> Ratzki-Leewing A et al.: Family members: the forgotten players in the diabetes care team (the TALKHYPO study). Diabetes Ther 2019 Sep 9. [Epub ahead of print]. doi: 10.1007/s13300-019-00687-y <strong>5</strong> Soupal J et al.: For type 1 diabetes, real-time CGM is more important than insulin delivery method: 3 years of follow-up in the COMISAIR study. EASD 2019 Oct 2; Oral Presentation # 40 <strong>6</strong> Koutsovasilis A et al.: Clinical evaluation of a closedloop insulin delivery system on glycaemic control in adults with type 1 diabetes. EASD 2019 Oct 2; Oral Presentation # 38</p>
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