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Antikörper halten Einzug in die Arthrosetherapie

<p class="article-intro">Nachdem sich lange Zeit kaum etwas in der medikamentösen Therapie der Osteoarthrose (OA) getan hat, werden derzeit mehrere Erfolg versprechende Ansätze in klinischen Studien geprüft, die eventuell eine Krankheitsmodifikation bewirken können. Bewegung ist weiterhin zu empfehlen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>TPX-100: Regeneration des Knorpels, bessere Funktion</h2> <p>In klinischen Studien, in denen &bdquo;Disease Modifying Osteo-Arthritis Drugs&ldquo; (DMOAD) untersucht werden, zeigt sich h&auml;ufig folgendes Dilemma: Es besteht eine auff&auml;llige Diskrepanz zwischen struktureller Ver&auml;nderung und dem Nutzen f&uuml;r den Patienten. Trotz Zunahme der Knorpelmatrix kann h&auml;ufig keine klinische Verbesserung dargestellt werden. Daher ist TPX- 100, ein aus 23 Aminos&auml;uren bestehendes Peptid aus Phosphoglykoproteinen der extrazellul&auml;ren Matrix, nach Ausf&uuml;hrung von Dr. Dawn McGuire, Medizinische Leiterin von Ortho Trophix Inc. in Oakland (USA), ein echter Hoffnungstr&auml;ger. Denn diese Substanz f&uuml;hrt nicht nur zu einem Knorpelzuwachs, sondern auch zu einer funktionellen Verbesserung.<sup>1</sup><br /> Experimentell induzierte TPX-100 in Tiermodellen nach einer Knorpelverletzung eine Regeneration des Knorpels. Dar&uuml;ber hinaus f&uuml;hrte die Therapie mit TPX-100 in einer fr&uuml;her vorgestellten Phase-II-Studie im Placebovergleich bei Patienten mit Arthrose zu statistisch signifikanten und klinisch relevanten Verbesserungen der Kniefunktion nach 6 und 12 Monaten.<sup>2</sup> Als Responder galten in dieser Studie Teilnehmer, bei denen sich der &bdquo;Knee-Osteoarthritis-Outcome- Score des t&auml;glichen Lebens&ldquo; (KOOS ADL) um &ge; 8 Punkte gegen&uuml;ber dem Ausgangswert verbesserte. Nun wurde eine Responderanalyse dieser Daten vorgestellt. Da fast 75 % der Probanden in der Studie neben einer patellofemoralen OA auch eine bilaterale tibiofemorale OA aufwiesen, wurden in der aktuellen Analyse &Auml;nderungen der Dicke bzw. des Volumens des tibiofemoralen Knorpels zwischen Respondern und Nichtrespondern verglichen und mit einer Verbesserung der Kniefunktion in Bezug gesetzt.<br /> Insgesamt gingen Daten von 118 Patienten mit einer MRT-best&auml;tigten bilateralen patellofemoralen OA in die Analyse ein. Ein Knie wurde viermal w&ouml;chentlich mit TPX-100-Injektionen behandelt, w&auml;hrend das kontralaterale Knie Placeboinjektionen erhielt. Die KOOS-ADL- und WOMAC- Werte wurden f&uuml;r jedes Knie erhoben. Basis-, 6-Monats- und 12-Monats- MRTs wurden zentral und verblindet ausgewertet. 66 % der mit TPX-100 behandelten Kniegelenke erf&uuml;llten die genannten Responderkriterien: Hier kam es signifikant h&auml;ufiger als bei Therapie mit Placebo zu einer funktionellen Verbesserung nach 6 oder 12 Monaten (p &le; 0,02). Die Kniegelenke, die eine funktionelle Verbesserung zeigten, wiesen im Vergleich zu Studienbeginn auch einen signifikanten Anstieg der Dicke des Tibiofemoralknorpels auf (Anstieg nach 6 bzw. 12 Monaten um 0,099 mm; p &le; 0,003). Deutliche Verbesserungen der Gelenkfunktion korrelierten in dieser Analyse also auch mit Verbesserungen der Knorpelstruktur. Diese ermutigenden Ergebnisse sollten jetzt durch Studien an einer gr&ouml;&szlig;eren Patientenzahl best&auml;tigt werden.</p> <h2>Weniger Schmerz durch Blockade eines Nervenwachstumsfaktors</h2> <p>Die Injektionsbehandlung mit Tanezumab, einem Antik&ouml;rper, der sich gegen einen Nervenwachstumsfaktor richtet, lindert im Vergleich zu Placebo die Schmerzen von Patienten mit H&uuml;ft- oder Kniegelenksarthrose signifikant und verhilft ihnen zudem zu einer besseren Gelenkfunktion: Dies war das wichtigste Ergebnis einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Multicenterstudie, die im Rahmen der begehrten Late-Breaking- Session von Prof. Thomas Schnitzer von der Northwestern University, Feinberg School of Medicine, in Streeterville bei Chicago (USA) vorgestellt wurde.<sup>3</sup> In die Studie wurden Arthrosepatienten eingeschlossen, die nicht auf &uuml;bliche Schmerzbehandlungen ansprachen oder diese nicht vertrugen. Alle Patienten wiesen Scores von &ge; 5 in der WOMAC-Schmerz- und Funktionsskala auf, einer numerischen Bewertungsskala mit insgesamt 11 Punkten (hohe Scorewerte entsprechen starken Schmerzen bzw. einer stark eingeschr&auml;nkten Funktion). Zudem gaben die Patienten in einer globalen Beurteilung an, ihre Arthrose sei &bdquo;m&auml;&szlig;ig&ldquo;, &bdquo;schlecht&ldquo; oder &bdquo;sehr schlecht&ldquo; kontrolliert. Bei allen Patienten konnten die Schmerzen durch &uuml;bliche Medikamente nur unzureichend kontrolliert werden oder sie vertrugen die Standardbehandlung nicht.<br /> Die Studienteilnehmer wurden randomisiert und erhielten 16 Wochen lang Placebo (n = 232) oder Tanezumab in zwei Dosisregimes. Eine Tanezumab-Gruppe wurde 16 Wochen lang mit 2,5 mg behandelt (n = 231), die andere Gruppe erhielt 8 Wochen lang 2,5 mg, gefolgt von 5mg f&uuml;r den Rest der Studie (n = 233). Die Wirksamkeit der Injektionen wurde anhand der mittleren Ver&auml;nderung des WOMACs, der WOMAC-Subskala &bdquo;physische Funktion&ldquo; sowie der Gesamteinsch&auml;tzung der Krankheitsaktivit&auml;t aus Sicht des Patienten beurteilt.<br /> In Woche 16 erreichten beide Tanezumab- Gruppen die koprim&auml;ren Studienendpunkte (Abb. 1). Die Schmerzen nahmen in der numerischen Skala um 2,6 in der Placebogruppe, um 3,2 in der Tanezumab- 2,5- mg-Gruppe (p = 0,0129) und um 3,4 in der Gruppe mit 2,5 mg/5 mg Tanezumab (p = 0,0023) ab. &bdquo;Die Erh&ouml;hung der Dosis auf 5 mg in Woche 8 hatte einen diskreten Zusatznutzen im Vergleich zur Fortf&uuml;hrung von 2,5 mg Tanezumab&ldquo;, so Prof. Schnitzer.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1903_Weblinks_a3-abb1.jpg" alt="" width="1187" height="476" /></p> <h2>Positive Auswirkung auch auf die Gelenkfunktion</h2> <p>Durch die Behandlung mit dem Wachstumsfaktor verringerten sich auch die WOMAC-Werte in der Subskala &bdquo;physische Funktion&ldquo; im Vergleich zum Ausgangswert um 2,6 in der Placebogruppe im Vergleich zu 3,2 bzw. 3,5 in den beiden Tanezumab- Gruppen (p = 0,0065 und p = 0,0002 f&uuml;r Tanezumab 2,5 mg bzw. 2,5 mg/5 mg gegen&uuml;ber Placebo).<br /> Uneingeschr&auml;nkt positiv fiel auch die Gesamtbeurteilung der Arthrose durch die Patienten selbst aus: Ihrer Ansicht nach hatte sich die Erkrankung in beiden Tanezumab- Gruppen im Vergleich zu Placebo signifikant verbessert. Der Antik&ouml;rper erwies sich als relativ gut vertr&auml;glich: Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen bestanden in Nasopharyngitis, Schmerzen an den Extremit&auml;ten und Par&auml;sthesien. Bei der Inzidenz schwerwiegender unerw&uuml;nschter Ereignisse oder bei Studienabbr&uuml;chen aufgrund unerw&uuml;nschter Ereignisse gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen Placebo und den beiden Tanezumab-Armen.<br /> &bdquo;Unsere Studie zeigt, dass subkutanes Tanezumab eine wirksame Behandlungsoption f&uuml;r Arthrosepatienten sein k&ouml;nnte, die auf Standardtherapien f&uuml;r OA nicht ausreichend ansprechen oder diese nicht vertragen&ldquo;, schloss Schnitzer.</p> <h2>Arthrosepatienten zum Gehen motivieren</h2> <p>Manchmal helfen ganz einfache Ma&szlig;nahmen dabei, einen Kniegelenksersatz (Knie-TEP) zumindest hinauszuschieben: Einer Studie zufolge profitieren OA-Patienten auch dann von einem Gehtraining, wenn es schmerzhaft ist.<sup>4</sup> Fr&uuml;here Studien zu der Frage, ob ein Gehtraining mit hoher Belastung eher nutzt oder schadet, zeigten widerspr&uuml;chliche Ergebnisse. Ein Grund f&uuml;r inkonsistente Befunde k&ouml;nnte darin bestehen, dass ein Gehtraining bei unterschiedlichen Intensit&auml;ten erfolgen kann, was in einer Studie ber&uuml;cksichtigt werden muss. Daher haben Forscher der Universit&auml;t Delaware jetzt eine Studie durchgef&uuml;hrt, in der untersucht wurde, welchen Einfluss die Intensit&auml;t eines Gehtrainings auf das Risiko hat, in den n&auml;chsten Jahren eine Knie-TEP zu erhalten.<br /> Die Studie wertete Daten von Arthrosepatienten der Osteoarthritis-Initiative aus, die noch keine Knie-TEP hatten. Sie wurden &uuml;ber 5 Jahre beobachtet, wobei die Gehzeit in verschiedenen Intensit&auml;ten mit einem Schrittz&auml;hler aufgezeichnet wurde. Die Forscher definierten weniger als 1 Schritt pro Minute als inaktiv, 1&ndash;49 Schritte/ Minute als Gehen in sehr geringer Intensit&auml;t, 50&ndash;100 Schritte/Minute als Gehen in geringer Intensit&auml;t und mehr als 100 Schritte/Minute als Gehen mit mittlerer oder hoher Intensit&auml;t. Dar&uuml;ber hinaus untersuchten die Forscher, welche Auswirkungen es hat, wenn die inaktive Zeit durch Gehen mit sehr geringer, geringer oder mittlerer und hoher Intensit&auml;t &uuml;ber 5 Jahre ersetzt wird.<br /> In dem f&uuml;nfj&auml;hrigen Beobachtungszeitraum erhielten 108 von 1854 Teilnehmern eine Knie-TEP. Diejenigen Teilnehmer, die 5 Minuten pro Tag ohne Gehen durch 5 Minuten pro Tag mit Gehen in mittlerer bis hoher Intensit&auml;t ersetzt hatten, reduzierten das Risiko f&uuml;r die OP um 16 %. Das Gehen in sehr geringer oder geringer Intensit&auml;t hatte dagegen keinen Einfluss auf das Risiko f&uuml;r die Implantation einer Knie-TEP. &Auml;hnlich positiv wirkte sich das Gehen bei Patienten mit radiologischer oder symptomatischer Knie-OA aus. &bdquo;Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass bereits geringf&uuml;gige &Auml;nderungen des Gehverhaltens den Bedarf einer Knie-TEP bei Arthrosepatienten oder solchen, die ein hohes Risiko f&uuml;r die Erkrankung haben, verz&ouml;gern k&ouml;nnen. Jeder Arzt sollte solche Patienten ermutigen, t&auml;glich 5 bis 10 Minuten z&uuml;gig zu gehen&ldquo;, so der Schluss von Dr. Hiral Master.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: ACR/ARHP Annual Meeting, 19.–24. Oktober 2018, Chicago </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> McGuire D et al.: Intra-articular TPX-100 in knee osteoarthritis: robust functional response at 6 and 12 months is associated with increased tibiofemoral cartilage thickness. Abstract L16, ACR/ARHP Annual Meeting, 19-24 October 2018, Chicago, USA <strong>2</strong> McGuire D et al.: Significant, sustained improvement in knee function after intra-articular TPX-100: A double-blind, randomized, multi-center, placebo- cntrolled phase 2 trial. Abstract 13L, ACR/ARHP Annual Meeting, 4-8 November 2017, San Diego, USA <strong>3</strong> Schnitzer T et al.: Efficacy and safety of subcutaneous tanezumab for the treatment of osteoarthritis of the hip or knee. Abstract L20, ACR/ARHP Annual Meeting, 19-24 October 2018, Chicago, USA <strong>4</strong> Master H et al.: Friend or foe: does walking at higher intensities increase or decrease the risk of total knee arthroplasty over five years? Abstract 1166, ACR/ARHP Annual Meeting, 19-24 October 2018, Chicago, USA</p> </div> </p>
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