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ERS 2018

State of the Art: Therapie der PAH im Jahr 2018

<p class="article-intro">Für die Behandlung der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH) sind mittlerweile mehr als zehn Substanzen zugelassen, die entweder in Mono- oder in Zweifach und Dreifachkombinationen zum Einsatz kommen können. Neue Evidenz hilft bei der Beantwortung der Frage nach sinnvollen Therapiealgorithmen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der Schl&uuml;ssel zur Indikation der verschiedenen oralen oder parenteralen Therapien der PAH liegt in der individuellen Risikoabsch&auml;tzung, wie Prof. Olivier Sitbon vom H&ocirc;pital Bic&ecirc;tre in Paris betonte. In ihrer aktuellen Leitlinie zum Management der PAH hat die ERS gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften eine Reihe von Kriterien f&uuml;r den Risikostatus publiziert, nach denen die Patienten in Gruppen mit hohem, intermedi&auml;rem und niedrigem Risiko stratifiziert werden k&ouml;nnen.<sup>1</sup> Sitbon: &bdquo;Dieser Katalog von Risikofaktoren wurde auf Basis klinischer Erfahrung und relativ geringer Studienevidenz erstellt. Erst in letzter Zeit wurde der ERS-Algorithmus anhand der Daten aus mehreren gro&szlig;en Registern validiert. Diese Studien liefern nun starke Evidenz f&uuml;r den Einsatz eines multiparametrischen Risiko-Assessments im Management von PAH-Patienten, und zwar sowohl bei der Diagnosestellung als auch in der Verlaufskontrolle. Das ultimative Therapieziel sollte das Erreichen eines g&uuml;nstigen Risikoprofils sein. Niedrigrisikostatus kann mit zielgerichteter Therapie erreicht werden. Der Weg dorthin liegt in der Therapieeskalation, um alle dysfunktionalen Pathways zu erreichen. M&ouml;glicherweise kann auch der Switch innerhalb einer Substanzgruppe sinnvoll sein. Diesbez&uuml;glich fehlen uns allerdings noch die Daten.&ldquo;</p> <h2>Pr&auml;diktoren f&uuml;r die individuelle Prognose</h2> <p>Die von der ERS gelisteten Risikofaktoren umfassen klinische, h&auml;modynamische, echokardiografische und biochemische Parameter sowie die Sechs-Minuten- Gehstrecke. Dazu geh&ouml;ren unter anderem klinische Zeichen von Herzinsuffizienz, Synkopen, Progression der Symptome, NT-proBNP, pulmonalarterieller Druck, Gr&ouml;&szlig;e des rechten Vorhofs etc. Niedriges Risiko bedeutet ein Mortalit&auml;tsrisiko von weniger als 5 % im Jahr, bei hohem Risiko liegt die j&auml;hrliche Sterblichkeit jenseits der 10 % . In der Praxis liegen allerdings selten alle Parameter eines Patienten im selben Risikobereich. In drei im vergangenen Jahr publizierten Studien wurden praxisnahe Strategien der Risikostratifizierung auf Basis dieser Faktoren ausgearbeitet. Zwei dieser Arbeiten ordneten den einzelnen Variablen Zahlenwerte zu, addierten diese und dividierten das Ergebnis durch die Anzahl der verf&uuml;gbaren Parameter.<sup>2, 3</sup> Das bedeutet zum Beispiel: Wenn bei einem Patienten f&uuml;nf der genannten Parameter verf&uuml;gbar sind und sich alle Parameter im Niedrigrisikobereich bewegen, so entspricht das einem Ergebnis von 5. Dividiert durch die Zahl der verf&uuml;gbaren Parameter (=5), ergibt sich ein Score von 1, was dem niedrigsten Risiko entspricht. L&auml;gen alle Werte im Hochrisikobereich, w&auml;re die Summe 15 und der Score 3, also im h&ouml;chsten Risikobereich. Der wesentliche Unterschied zwischen den Arbeiten lag darin, dass die eine bis zu sechs Risikoparameter ber&uuml;cksichtigte, die andere bis zu acht. Mit einem Followup von bis zu f&uuml;nf Jahren korrelierten die Ergebnisse sehr gut mit dem &Uuml;berleben der Patienten, wobei die Rate des F&uuml;nfjahres&uuml;berlebens bei Patienten mit niedrigem Risiko jenseits der 80 % lag. Eine franz&ouml;sische Gruppe w&auml;hlte einen anderen Weg, indem sie nur die Zahl der auf niedriges Risiko hindeutenden Parameter bewertete, dies jedoch nicht nur zu Baseline, sondern auch im Verlauf tat. Das Erreichen von niedrigem Risiko wurde damit zum Therapieziel.<sup>4</sup></p> <h2>Initiale Kombinationstherapie bei intermedi&auml;rem Risiko</h2> <p>Die Risikoabsch&auml;tzung sollte die Therapieentscheidungen steuern, wobei die ERS/ESC-Leitlinie den Weg vorgibt. Bei niedrigem oder intermedi&auml;rem Risiko wird initial eine orale Mono- oder Kombinationstherapie empfohlen. Bei hohem Risiko ist eine initiale Kombinationstherapie inklusive eines intraven&ouml;sen Prostaglandins indiziert. Sitbon unterstrich jedoch, dass die erw&auml;hnten Studien bei Patienten in der Gruppe mit intermedi&auml;rem Risiko eine betr&auml;chtliche Mortalit&auml;t gezeigt hatten. Daher empfiehlt sich eine Differenzierung innerhalb der Gruppe mit niedrigem oder intermedi&auml;rem Risiko: Monotherapie solle Niedrigrisikopatienten vorbehalten bleiben, w&auml;hrend die Behandlung bei intermedi&auml;rem Risiko bereits mit einer Kombinationstherapie begonnen werden sollte.<br /><br /> Die in der Therapie der PAH eingesetzten Substanzen wirken &uuml;ber drei Pathways. Die Gruppe der Endothelinrezeptorantagonisten (ERA) greift &uuml;ber den Endothelin- Pathway in die Pathophysiologie der PAH ein. Die PDE-5-Inhibitoren sowie der Stimulator der l&ouml;slichen Guanylatzyklase Riociguat beeinflussen den NO-cGMP-Pathway und die Prostanoide sowie der orale IP-Rezeptoragonist Selexipag wirken &uuml;ber den Prostazyklin-Pathway. Die Wirksamkeit dieser Substanzen ist gut dokumentiert. Sitbon: &bdquo;In Monotherapie erreichen wir eine moderate Verbesserung der H&auml;modynamik mit einer Reduktion des pulmonalen Gef&auml;&szlig;widerstands zwischen 25 und 35 % sowie eine Verbesserung im Sechs-Minuten-Gehtest zwischen 35 und 45 Metern nach drei bis sechs Monaten. Der pulmonalarterielle Druck wird so gut wie nicht beeinflusst.&ldquo; Eine Metaanalyse zeigt eine Reduktion der Mortalit&auml;t um 43 % .<sup>5</sup><br /><br /> Kombinationstherapien verbessern die Ergebnisse, wie zun&auml;chst f&uuml;r den ERA Ambrisentan und den PDE-5-Inhibitor Sildenafil demonstriert wurde.<sup>6</sup> Die Risikoreduktion durch die Zweierkombination betrug im Vergleich zur Monotherapie 50 % . Sitbon: &bdquo;Meiner Meinung nach ist das keine Frage der konkreten Substanzen, sondern der Strategie. Wir sehen in anderen Studien zur Kombinationstherapie sowie in Kohorten vergleichbare Risikoreduktionen bzw. Verbesserungen der H&auml;modynamik. Kombination funktioniert besser als Monotherapie.&ldquo;</p> <h2>Therapieziel ist ein g&uuml;nstiger Risikostatus</h2> <p>Basierend auf den Daten der franz&ouml;sischen Evaluierung des Risikoscores unterstreicht Sitbon, dass man sich im Behandlungsverlauf nicht damit begn&uuml;gen sollte, Patienten auf niedrigem Niveau zu stabilisieren oder einen intermedi&auml;ren Risikostatus anzustreben, zumal die Kohorte zeige, dass das Erreichen eines Niedrigrisikostatus unter Therapie mit einer sehr guten Prognose verbunden war. In einer Analyse von 600 Patienten lag die Rate des F&uuml;nfjahres&uuml;berlebens bei Patienten, die in drei Parametern Niedrigrisikostatus erreichten, bei &uuml;berraschenden 97 % . Im Gegensatz dazu lag die &Uuml;berlebensrate von Patienten mit mehreren Hochrisikoparametern unter 20 % .<sup>4</sup> Sitbon: &bdquo;Daher ist es wichtig, diese Patienten aggressiv zu therapieren.&ldquo;<br /><br /> Das wird in vielen F&auml;llen die Eskalation zu einer Dreifachkombination bedeuten. Evidenz dazu besteht. So reduzierte in der GRIPHON-Studie Selexipag als &bdquo;Add-on&ldquo; zur bestehenden Therapie den kombinierten Endpunkt aus Tod und Verschlechterung der PAH um 40 % &ndash; und das, obwohl viele Patienten in GRIPHON bereits unter dualen Kombinationstherapien standen.<sup>7</sup> Im Gegensatz zur Eskalation mittels Kombination besteht f&uuml;r den Switch zwischen Substanzklassen nur geringe Evidenz. Zwar erwies sich in der RESPITE-Studie die Umstellung von einem PDE-5-Inhibitor auf Riociguat als erfolgreich, doch war die Studie klein und nicht kontrolliert.<sup>8</sup> Daten aus einer gr&ouml;&szlig;eren und kontrollierten Studie werden, so Sitbon, erwartet.<br /><br /> Bei Vorliegen von Hochrisikoparametern liegt der letzte Schritt in der Eskalation zu einer Dreifachkombination unter Beteiligung einer parenteralen Therapie, etwa mit einem intraven&ouml;s applizierten Prostazyklin. Die Therapien k&ouml;nnen sich, so Sitbon, als hochwirksam erweisen. Offen ist die Frage, ob bei gutem Ansprechen eine Deeskalation von einem i.v. verabreichten Prostazyklin zu Selexipag m&ouml;glich ist. Sitbon r&auml;t ab und empfiehlt &bdquo;dringend&ldquo; die Fortsetzung der maximalen Therapie. Dar&uuml;ber hinaus r&auml;t er, in diesem Stadium der Erkrankung den Patienten einem Transplantationszentrum vorzustellen. Das bedeute nicht, dass der Patient sofort auf die Transplantationsliste gesetzt werden m&uuml;sse, es sei jedoch sinnvoll, einen ersten Kontakt herzustellen.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: ERS 2018, Session „Meet the expert: ME10 Pulmonary arterial hypertension: treatment options. Current strategies and future perspectives“, 18. September 2018, Paris </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gali&egrave; N et al.: 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension: The Joint Task Force for the Diagnosis and Treatment of Pulmonary Hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Respiratory Society (ERS): Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC), International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT). Eur Heart J 2015; 37(1): 67-119 <strong>2</strong> Kylhammar D et al.: A comprehensive risk stratification at early follow-up determines prognosis in pulmonary arterial hypertension. Eur Heart J 2017; doi: 10.1093/eurheartj/ ehx257. [Epub ahead of print] <strong>3</strong> Hoeper MM et al.: Mortality in pulmonary arterial hypertension: prediction by the 2015 European pulmonary hypertension guidelines risk stratification model. Eur Respir J 2017; 50(2). pii: 1700740 <strong>4</strong> Boucly A et al.: Risk assessment, prognosis and guideline implementation in pulmonary arterial hypertension. Eur Respir J 2017; 50(2). pii: 1700889. <strong>5</strong> Gali&egrave; N et al.: A meta-analysis of randomized controlled trials in pulmonary arterial hypertension. Eur Heart J 2009; 30(4): 394-403 <strong>6</strong> Gali&egrave; N et al.: Initial use of ambrisentan plus tadalafil in pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2015; 373(9): 834-44 <strong>7</strong> Sitbon O et al.: Selexipag for the treatment of pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2015; 373(26): 2522-33 <strong>8</strong> Hoeper MM et al.: RESPITE: switching to riociguat in pulmonary arterial hypertension patients with inadequate response to phosphodiesterase- 5 inhibitors. Eur Respir J 2017; 50(3). pii: 1602425</p> </div> </p>
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