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Einfluss von Citratsupplementation auf 24h-Urin- Parameter und den Glukose- und Lipidstoffwechsel

<p class="article-intro">Die Prävalenz von Nierensteinen beträgt in Westeuropa ca. 10 % ,<sup>1</sup> was einer Verdopplung von zuvor 5 % im Jahre 1994 entspricht.<sup>2</sup> Als Faktoren für die steigende Prävalenz werden Änderungen der Ernährungsgewohnheiten<sup>2</sup> und damit verbundenen Erkrankungen wie Übergewicht,<sup>3</sup> Diabetes und Hypertonie<sup>1, 4, 5</sup> genannt. Zur Optimierung der Ernährungsgewohnheiten und der assoziierten Erkrankung sollte jeder Harnsteinpatient eine Form von Steinmetaphylaxe erhalten. Je nach Ätiologie der Steinbildung können spezifische Therapie optionen wie z.B. eine Citratsubstitution diskutiert werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Eine MetaphylaxeBehandlung mit Citrat verbessert die 24hUrinParameter und ist somit ein wichtiger Baustein der Rezidivprophylaxe bei Nierensteinleiden.</li> <li>Unter Citrattherapie kommt es zur einer Abnahme der 24hKalziumund Phosphatausscheidung im Urin. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind vermutlich der g&uuml;nstige Effekt auf den Knochenstoffwechsel durch die systemische Alkalinisierung, die Komplexierung von Kalzium in den Tubuli sowie die vermehrte renale Kalziumr&uuml;ckresorption im distalen Tubulus bei alkalischem UrinpH.</li> <li>Citrattherapie hatte erfreulicherweise keinen nachteiligen Einfluss auf Cholesterin, N&uuml;chternBlutglukose und HbA1c nach 3 Monaten und einem Jahr.</li> </ul> </div> <h2>Ursachen und Therapie der Hypocitraturie</h2> <p>Hypocitraturie ist einer der h&auml;ufigsten Risikofaktoren bei Patienten mit Nierensteinen. Daher wird Citrat als ein potenter Kristallisationsinhibitor eingesetzt.<sup>5</sup> Die Ursachen f&uuml;r eine Hypocitraturie sind entweder prim&auml;r/idiopathisch oder sekund&auml;r bedingt. Die sekund&auml;ren Ursachen beinhalten z.B. eine distale renal-tubul&auml;re Azidose, Malabsorption oder eine hohe Zufuhr von tierischen Eiweissen sowie geringe di&auml;tetische Alkalizufuhr, welche wiederum in eine metabolische Azidose resultieren kann. Die Gabe von Citrat erfolgt oral und &uuml;blicherweise als Kaliumcitrat, wobei Pr&auml;parate mit hohem Citrat-, tiefem Natrium- und hohem Kaliumgehalt bevorzugt werden.</p> <h2>Die zwei Wirkungsmechanismen der Citratsubstitution</h2> <p>Nach der Einnahme wird Citrat im Darm absorbiert und hat zwei Wirkungsmechanismen. Ein Teil vom Citrat wird in der Niere glomerul&auml;r filtriert und bindet in den Tubuli Kalzium, sodass schlussendlich die Konzentration von freiem Kalzium vermindert und eine Kalziumsupersaturation verhindert wird.<sup>6</sup> Des Weiteren gelangt ein Teil des absorbierten Citrats in die Leber, wo es von den Mitochondrien in das Cytosol transportiert wird und bei der Fetts&auml;uresynthese mitwirkt.<sup>7</sup> Endogenes Citrat kann somit durch den Einfluss auf verschiedene Enzyme einen positiven regulatorischen Effekt auf die Lipogenese sowie einen negativen regulatorischen Effekt auf die Glykolyse aus&uuml;ben. Interessanterweise gibt es trotz der vielseitigen Effekte und des breiten Einsatzes von Citrat in der Steinmetaphylaxe als auch in der Therapie von metabolischen Azidosen bisher keine Daten &uuml;ber m&ouml;gliche &laquo;Nebeneffekte &raquo; von Citrat auf andere Stoffwechselprozesse, insbesondere auf den Lipidoder Glukosestoffwechsel. Das Ziel dieser Arbeit im Rahmen der Schweizer Nierensteinkohorte war, den Einfluss von Citrat auf Urinparameter sowie m&ouml;gliche Effekte auf den Glukose- und Lipidstoffwechsel zu untersuchen.</p> <h2>Methodik</h2> <p>Die Schweizer Nierensteinkohorte (Swiss Kidney Stone Cohort, SKSC) wurde innerhalb des National Center for Competence in Research Programms (www.nccrkidney. ch) im Jahre 2014 initial unter Beteiligung der f&uuml;nf Schweizer Universit&auml;tsspit&auml;ler (Basel, Bern, Genf, Lausanne und Z&uuml;rich) gegr&uuml;ndet. Patienten mit einem Nierensteinrezidiv oder Erstepisode eines Nierensteins und zus&auml;tzlichen Risikofaktoren k&ouml;nnen in die Kohorte eingeschlossen und f&uuml;r mindestens 3 Jahre prospektiv beobachtet werden. Die Teilnahme beinhaltet eine standardisierte Basisabkl&auml;rung inklusive Blut- und Urinuntersuchung sowie eine Biobank mit einem Follow-up nach 3 Monaten sowie anschliessende j&auml;hrliche Kontrollen. Das Ziel der Kohorte ist es, den Spontanverlauf, die Krankheitsfolgen von Nierensteinleiden sowie den Effekt verschiedener Interventionen und Therapien im Langzeitverlauf zu analysieren.</p> <h2>Resultate und Diskussion</h2> <p>Insgesamt wurden im untersuchten Zeitraum 52 (11 % ) von 445 Patienten mit Kaliumcitrat behandelt. Die mittlere Dosis betrug 2523 &plusmn; 1173mg Kaliumcitrat/ Tag. Interessanterweise wiesen nur 15 (29,4 % ) Patienten eine Hypocitraturie auf. In dieser behandelten Gruppe handelte es sich um 65,4 % m&auml;nnliche Patienten, der mittlere Body-Mass-Index betrug 27,9 &plusmn; 4,9kg/m2 und 10 (19,2 % ) Patienten litten an einem Diabetes mellitus Typ 2. Die Steinanalyse bei diesen Patienten ergab bei 35,1 % reine Kalziumoxalat- Steine und bei 56,1 % gemischte Steine. 3,5 % der Patienten wiesen Harns&auml;ure-Steine sowie 5,3 % eine andere Steinzusammensetzung auf. In den 24h-Urin-Analysen f&uuml;hrte die Behandlung mit Kaliumcitrat zu einer Erh&ouml;hung der Citrat- und Kaliumausscheidung (Abb. 1) wie auch des Urin-pHs. Des Weiteren zeigte sich eine signifikante Zunahme des 24h- Urin-Volumens (Tab. 1), was am ehesten auf die di&auml;tetischen Empfehlungen der behandelnden &Auml;rzte im Rahmen der Metaphylaxe zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist. Die 24h-Kalzium- und Phosphatausscheidung waren unter Citrattherapie r&uuml;ckl&auml;ufig, jedoch ohne Signifikanz. Hierzu ist zu bemerken, dass der erwartete und g&uuml;nstige Effekt von Citrat auf die Kalziumausscheidung durch bekannte und unbekannte Einflussfaktoren wie z.B. weiterhin hohe Salzzufuhr, &Auml;nderung der sonstigen Medikation (Gabe von Vitamin D, Thiazide) etc. im Rahmen dieser Studie m&ouml;glicherweise abgeschw&auml;cht wurde.<br /> Erfreulicherweise war im Vergleich zur Baseline nach 3 und 12 Monaten nach Substitutionsbeginn kein Anstieg der N&uuml;chternglukose- oder HbA1c-Werte bei den mit Citrat behandelten Patienten zu finden (Tab. 1). Auch betrug das Cholesterin bei Baseline im Mittel 4,7mmol/l sowie 4,7mmol/l und 4,9mmol/l nach 3 Monaten respektive einem Jahr (Tab. 1).<br /> Insgesamt zeigt die Behandlung mit Citrat einen g&uuml;nstigen Effekt auf die 24h- Urin-Parameter, ohne dabei den Glukoseund Lipidstoffwechsel negativ zu beeinflussen. Daher sollte, falls indiziert, eine Citrattherapie bei der Metaphylaxe-Behandlung von insbesondere Nierensteinpatienten mit einem hohen Rezidivrisiko eingesetzt bzw. fortgef&uuml;hrt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Uro_1802_Weblinks_lo_uro_1802_s11_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="877" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Uro_1802_Weblinks_lo_uro_1802_s12_tab1.jpg" alt="" width="1535" height="2145" /></p> <p><br /><strong>Danksagung:</strong><br />Wir danken allen Studienteilnehmern, der Studienkoordinatorin der SKSC Grazia Cereghetti sowie allen weiteren Studienkoordinatorinnen aus allen Zentren. Des Weiteren danken wir allen weiteren SKSC-Studien&auml;rzten aus Basel (Min-Jeong Kim, Michael Mayr), Bern (Daniel Fuster, Nasser Dhayat), Genf (Thomas Hernandez, Catherine Stoermann), Lausanne (Olivier Bonny) und Z&uuml;rich (Harald Seeger). Die SKSC wird im Rahmen des NCCR-kidney.ch vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Scales CD et al.: Prevalence of kidney stones in the United States. Eur Urol 2012; 62(1): 160-5 <strong>2</strong> Stamatelou KK et al.: Time trends in reported prevalence of kidney stones in the United States: 1976-1994. Kidney Int 2003; 63(5): 1817- 23 <strong>3</strong> Taylor EN et al.: Obesity, weight gain, and the risk of kidney stones. JAMA 2005; 293(4): 455-62 <strong>4</strong> Ramello A et al.: Epidemiology of nephrolithiasis. J Nephrol 2000; 13: S45-S50 <strong>5</strong> Gambaro G et al.: Metabolic diagnosis and medical prevention of calcium nephrolithiasis and its systemic manifestations: a consensus statement. J Nephrol 2016; 29(6): 715-34 <strong>6</strong> Zuckerman JM, Assimos DG: Hypocitraturia: pathophysiology and medical management. Rev Urol 2009; 11(3): 134-44 <strong>7</strong> Dashty M: A quick look at biochemistry: carbohydrate metabolism. Clin Biochem 2013; 46(15): 1339-52</p> </div> </p>
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