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Good News from San Diego
Jatros
Autor:
Dr. Alexander Kretzschmar
30
Min. Lesezeit
22.03.2018
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<p class="article-intro">Die ACR-Jahrestagung 2017 bot das gewohnt breite Spektrum an Themen. In den großen Indikationen etablieren sich bei den systemischen Therapien die „small molecules“ und Antikörper als Nachfolgegeneration der TNF-α-Inhibitoren. Ungewohnt große Aufmerksamkeit erhielten neue Therapieansätze für Patienten mit Osteoarthrose mit gleich drei Präsentationen in der Late-Breaking Session.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>JAK-Inhibition bei RA</h2> <p>In der EU wurden die ersten JAK-Inhibitoren – Baricitinib (JAK1- und JAK2-Inhibitor) und Tofacitinib (JAK1- und JAK3-Inhibitor) – erst im vergangenen Jahr zugelassen. In der klinischen Phase der Entwicklung befinden sich u.a. noch die beiden selektiven JAK1-Inhibitoren Filgotinib und Upadacitinib, für die auf dem ACR neue Phase-II/III-Daten vorgelegt wurden. In der Phase-III-Studie SELECT-NEXT erreichten von den 661 RA-Patienten nach unzureichender Response unter einer Basistherapie mit konventionellen synthetischen DMARDs (cs-DMARDs) unter Upadacitinib 15 bzw. 30mg nach 12 Wochen insgesamt 64 % bzw. 66 % ein ACR-20-Ansprechen vs. 36 % unter Placebo (jeweils p<0,001). Eine DAS28-CRP ≤3,2 erreichten jeweils 48 % unter beiden Dosierungen (Placebo: 17 % ; jeweils p<0,001). Eine ACR50- bzw. ACR70-Response erreichten 43 % bzw. 27 % (Upadacitinib 30mg) und 38 % bzw. 21 % (Upadacitinib 15mg); unter Placebo waren es 15 % bzw. 21 % (jeweils p<0,001 vs. Placebo). Erstautor Prof. Gerd Burmester, Berlin, wies auf den schnellen Wirkeintritt des JAK-Inhibitors hin. Ein signifikanter Unterschied zwischen Upadacitinib und Placebo wurde bei der ACR20-Response bereits nach Woche 1 erreicht.<sup>1</sup> Ein vergleichbares Bild ergibt sich auch für Filgotinib aus den vorgelegten Daten.<br />Ein rascher Behandlungseffekt steht auch bei der Schmerzreduktion ganz oben auf der Wunschliste der Patienten. Neue Subgruppenanalysen aus der Zulassungsstudie RA-BEAM zeigen für Baricitinib vs. Adalimumab und vs. Placebo eine signifikant kürzere mediane Zeitdauer bis zu einer Schmerzreduktion um 50 % (p≤0,05 vs. Adalimumab, p≤0,001 vs. Placebo) bzw. 70 % (p≤0,01 vs. Adalimumab, p≤0,001 vs. Placebo). Darüber hinaus erreichten bis Woche 24 unter Baricitinib signifikant mehr Patienten eine Schmerzreduktion ≥50 % als unter Adalimumab oder Placebo (61 % vs. 52 % vs. 32 % ; p≤0,05 vs. Adalimumab; p≤0,001 vs. Placebo).<sup>2</sup><br />Für die vergleichende Bewertung innerhalb dieser Wirkstoffgruppe spielt auch die Frage eine Rolle, inwieweit sich das unterschiedliche inhibitorische Rezeptorprofil in Unterschieden im Wirkspektrum und/oder Sicherheitsprofil widerspiegelt. Von besonderem Interesse sind dabei u.a. die Inzidenz von Herpes-zoster-Infektionen sowie das Risiko für tiefe Beinvenenthrombosen. In der Late-Breaking Session zeigte hierzu eine Sicherheitsanalyse für Tofacitinib 5mg und 10mg/bid keine erhöhte Inzidenz thromboembolischer Ereignisse in den Phase-II/III-Daten bei Patienten mit RA, PsA, Psoriasis (PsO) und Colitis ulcerosa (CU). Als Komparatoren dienten Adalimumab 40mg s.c. q2w und MTX 20mg qw sowie die im CORONA-Register gespeicherten Daten für RA-Patienten.<sup>3</sup> Neue Sicherheitsdaten über eine Expositionsdauer von bis zu 5,5 Jahren aus dem Baricitinib-Studienprogramm (n=3492) zeigen keine auffälligen Signale zur Inzidenzrate (IR) von Malignomen. Die IR (ohne Nicht-Melanom-Hauttumoren) betrug 0,8. Dies entsprach der in der US-SEER-Patienten-Datenbank festgestellten SIR („standardised incidence ratio“) von 1,04. Die IR von 0,5 für tiefe Venenthrombosen/Lungenembolien bewegte sich im Rahmen der für Patienten mit RA und anderen Autoimmunerkrankungen publizierten Häufigkeit (0,3–0,8).<sup>4</sup></p> <h2>PsA: Antikörpertherapien etablieren sich</h2> <p>Bei der moderaten bis schweren Psoriasis-Arthritis (PsA) etablieren sich die Antikörper gegen die durch Interleukin (IL) 17 bzw. 23 vermittelten Signalwege. Der jetzt auch zur Therapie der PsA bei Erwachsenen zugelassene IL-17A-Inhibitor Ixekizumab erwies sich in den Zulassungsstudien SPIRIT-P1 und -P2 bis zu einer Therapiedauer von zwei Jahren als rasch (Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität im HAQ) und lang anhaltend wirksam bis zu einer Dauer von zwei Jahren.<sup>5 </sup><br />Prof. Philip Mease, Seattle, stellte in der Late-Breaking Session die Daten einer Phase-II-Studie (n=185; medianes Alter: 51 Jahre, 43,2 % Frauen) zu Risankizumab 75mg und 100mg, einem neuen humanisierten monoklonalen IL-23-Antikörper, vor. Mit Risankizumab wurde eine hohe PASI75/90/100-Response vs. Placebo nach 16 Wochen erreicht. Auch die Hautbeteiligung sowie die Schmerzintensität wurden signifikant reduziert.<sup>6 </sup><br />Für Ixekizumab und Secukinumab liegen bereits Daten über bis zu 2 Jahre vor. Darin waren die nach 16 Wochen erreichten Verbesserungen bei therapie- bzw. TNF-naiven Patienten mit einer gegenüber Placebo signifikant häufigeren anhaltenden Remission bzw. niedrigen Krankheitsaktivität stabil.<sup>7–9 </sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1802_Weblinks_s57_1.jpg" alt="" width="1417" height="523" /></p> <h2>Osteoarthrose: Licht am Ende des Tunnels?</h2> <p>Nach Jahren der therapeutischen Frustration wurden in San Diego für die Osteoarthrose neue Ansätze nicht nur zur Schmerzreduktion, sondern auch zur Verbesserung der Funktionseinschränkungen vorgestellt. Dazu gehörte die 2-Jahres-Auswertung der 5 Jahre dauernden Phase-II-Studie FORWARD. Dort wurden 549 Patienten (40–85 Jahre, median 65 Jahre) mit symptomatischer, radiologisch bestätigter Kniegelenksarthrose mit Sprifermin, einem verkürzten rekombinanten humanen FGF-18-Protein, oder Placebo behandelt. Sprifermin soll die Proliferation von Chondrozyten und eine vermehrte Produktion extrazellulärer Matrix (ECM) induzieren und damit das Wachstum und die Reparatur von Knorpel fördern. Die Studie erreichte mit den beiden höchsten Sprifermin-Dosen den primären Endpunkt: eine signifikante, dosisabhängige Zunahme der Gesamtknorpeldicke im Femorotibialgelenk im MRT vs. Baseline (Sprifermin 100μg alle 6 Monate: p<0,001; Sprifermin 100μg alle 12 Monate: p<0,001). Die WOMAC-Gesamtscores sanken unter Sprifermin und Placebo um etwa 50 % (p=n.s.). Therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse waren in beiden Armen vergleichbar häufig. Dabei standen Skelettmuskulatur- und Bindegewebserkrankungen im Vordergrund.<sup>10</sup><br />Ein weiterer Hoffnungsträger ist die lokal invasive Therapie mit TPX, einem Peptid aus extrazellulärem Matrix-Phosphoglycoprotein (MEPE). Teilnehmer der zweistufigen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Multicenterstudie der Phase II waren 118 Patienten (median 60 Jahre; BMI 29,2) mit beidseitiger milder bis moderater patellofemoraler OA (PFOA) des Kniegelenks. 29 Teilnehmer erhielten zunächst 4 wöchentliche Injektionen mit TPX-100 (20, 50, 100 und 200mg pro Injektion) oder Kochsalz. Dosislimitierende Toxizitäten und andere Sicherheitssignale traten dabei nicht auf.<sup>11</sup> Im zweiten Teil der Studie erhielten 89 Senioren 4 wöchentliche Injektionen mit 200mg TPX-100. Primärer Endpunkt war die Verbesserung im KOOS („Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score“). Zunächst sprachen beide Gruppen gut auf die Therapie an. Nach 3 Monaten verschlechterte sich der Funktionsstatus in der Kochsalz-Gruppe wieder, während der Zugewinn im TPX-100-Arm bis zum Studienende nach 12 Monaten anhielt (p<0,05 vs. Placebo). Der Verbrauch von NSAR sank ebenfalls deutlich. TPX-100 wurde als gut verträglich ohne schwerwiegende unerwünschte Ereignisse eingestuft. Häufigste Nebenwirkungen waren Verstopfung (13 % ), Schwindel (8 % ) und Mundtrockenheit (6 % ). Das Serum-Na veränderte sich nicht signifikant.<br />Der subkutan applizierbare monoklonale Anti-NGF(„nerve growth factor“)-Antikörper Tanezumab wird derzeit von der FDA im Rahmen eines beschleunigten Zulassungsverfahren zur Therapie chronischer Schmerzen geprüft. In einer placebokontrollierten Phase-III-Studie mit 379 Patienten mit Knie- oder Hüft-OA führten alle geprüften Dosierungen (2,5mg, 5mg und 10mg s.c. sowie 10mg i.v. ) zu einer deutlichen Reduktion des WOMAC-Schmerz-Scores ≥50 % , ≥70 % und ≥90 % nach 8 Wochen. Die globale Beurteilung im Arzt- und Patientenurteil fiel positiv aus. Osteonekrosen wurden nicht beobachtet.<sup>12</sup><br />Nicht überzeugen konnte der orale selektive Kappa-Opioid-Rezeptorstimulator CR845. Die randomisierte doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-Studie mit 476 Patienten mit Hüft- und/oder Knie-OA (Alter ≥25 Jahre) verfehlte den primären Endpunkt Schmerzreduktion auf einer Bewertungsskala von 0–10 in Woche 8/Tag 57 vs. Placebo (p=0,111). In Post-hoc-Analysen zeigten jedoch die Patienten mit der höchsten Dosis (5mg/bid; n=66), eine signifikante Verbesserung (p<0,043 vs. Placebo). Für eine endgültige Bewertung sind weitere Studien notwendig, so die Autoren.<sup>13</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: ACR/ARHP Annual Meeting, 4.–8. November 2017, San Diego, Kalifornien (USA)
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Burmester G et al.: ACR 2017; Abstract 1904 <strong>2</strong> Taylor PC et al.: ACR 2017, Abstract 855 <strong>3</strong> Mease P et al.: ACR 2017, Abstract 16L <strong>4</strong> Genovese MC et al.: ACR 2017, Abstract 511 <strong>5</strong> Deodhar AA et al.: ACR 2017, Abstract 625 <strong>6</strong> Mease P et al.: ACR 2017, Abstract 2L <strong>7</strong> Helliwell PS et al.: ACR 2017, Abstract 624 <strong>8</strong> Coates L et al.: ACR 2017, Abstract 622 <strong>9</strong> Emery P et al.: ACR 2017, Abstract 618 <strong>10</strong> Hochberg M et al.: ACR 2017, Abstract 1L <strong>11</strong> McGuire D et al.: ACR 2017, Abstract 13L <strong>12</strong> Birbara CA et al.: ACR 2017, Abstract 1195 <strong>13</strong> Bagal S et al.: ACR 2017, Abstract 15L <strong>14</strong> Wervers K et al.: ACR 2017, Abstract 1551</p>
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