BVdO-Jahrestagung 2017

Historie und Zukunft der österreichischen Orthopädie

<p class="article-intro">In historischer Location fand diesmal die Jahrestagung des BVdO statt, nämlich im traditionsreichen Palais Eschenbach in Wien. Unter dem Motto „Orthopädie im Wandel der Zeit“ wurde einerseits auf bahnbrechende Errungenschaften zurückgeblickt und andererseits die Zukunft der Orthopädie in Österreich diskutiert. Darüber hinaus standen weitere wichtige orthopädische Themen, wie Osteoporose und Arthrose, auf dem Programm.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Zukunftsw&uuml;nsche f&uuml;r die H&uuml;ftsonografie</h2> <p>F&uuml;r eine Keynote-Lecture zum Thema S&auml;uglingsh&uuml;ftsonografie konnte der Begr&uuml;nder derselben, Prof. Dr. Reinhard Graf, gewonnen werden, der im Rahmen der Tagung zum Ehrenmitglied des BVdO ernannt wurde. In seinem Referat wies er darauf hin, dass das generelle Screening von Neugeborenen in &Ouml;sterreich eine gro&szlig;e Errungenschaft sei, die nur in wenigen anderen L&auml;ndern angeboten wird. Aber leider werde die Untersuchung nicht immer korrekt durchgef&uuml;hrt. Der gr&ouml;&szlig;te Risikofaktor f&uuml;r H&uuml;ftluxationen sei derzeit der untersuchende Arzt, so Graf, sofern er das Ultraschall-Screening nicht beherrsche. Es werde daher immer &ouml;fter diskutiert, ob die H&uuml;ftsonografie nicht besser von Radiologietechnologen bzw. medizinisch-technischen Radiologieassistenten durchgef&uuml;hrt werden sollte. Laut Grafs Beobachtungen liefert diese Berufsgruppe &ndash; im Vergleich zu &Auml;rzten und Angeh&ouml;rigen der Pflegeberufe &ndash; nach Grundkursen die besten Ergebnisse. <br />National und international sei die Situation verbesserungsw&uuml;rdig, meint Graf. Zertifikate w&auml;ren n&ouml;tig und eine standardisierte Ausbildung von Trainern und Lernenden: &bdquo;Eine Qualit&auml;tskontrolle nach deutschem Vorbild oder ein Feedbacksystem, wie es die Schweizer mit Kollegen aus der Mongolei installiert haben, ist vorbildlich.&ldquo; Von technischer Seite her w&uuml;nscht sich Graf von der Industrie &bdquo;eine automatische Bilderkennung, sodass automatisch Sonografien in der Standardebene gefunden werden, und auch einen automatischen Abtastvorgang&ldquo;.</p> <h2>Osteoporose therapieren</h2> <p>Dr. Peter Bernecker, Primar im Pflegewohnhaus Leopoldstadt, Wien, gab einen &Uuml;berblick &uuml;ber den aktuellen Stand der Osteoporosediagnose und -therapie. In der Diagnostik ist weiterhin die Ermittlung des T-Scores durch die Knochendichtemessung der erste Schritt. Jedoch treten viele Frakturen bei Frauen und M&auml;nnern auf, die lediglich eine osteopenische oder sogar eine normale Knochendichte im DXA aufweisen. F&uuml;r den Therapieentscheid sollte daher das individuelle Frakturrisiko ma&szlig;geblich sein. Dieses wird mittels FRAX-Scores oder mit dem entsprechenden Risikomodell des Dachverbands Osteologie (DVO) errechnet und beruht auf mehreren Parametern, von denen die Knochendichte nur einer ist.<br />Die Basistherapie der Osteoporose beinhaltet die ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D durch Ern&auml;hrung und/oder Nahrungserg&auml;nzung. Insbesondere bei antiresorptiver Therapie m&uuml;sse unbedingt Kalzium ersetzt werden, betont Bernecker. Um gastrointestinale Nebenwirkungen zu reduzieren, r&auml;t Bernecker, die Kalziumdosis langsam zu steigern. So k&ouml;nne sich der Darm daran gew&ouml;hnen. Auf diese Weise k&ouml;nne auch die Therapietreue erh&ouml;ht werden, denn erfahrungsgem&auml;&szlig; setzen viele Patienten die Kalziumtherapie wegen gastrointestinaler Beschwerden wieder ab. Bernecker empfiehlt seinen Patienten auch den sogenannten Kalziumrechner (www.kalziumrechner.at). Auf dieser Website k&ouml;nnen Patienten mithilfe eines Ern&auml;hrungstagebuches einfach und schnell ihre t&auml;gliche Kalziumzufuhr berechnen und dokumentieren.</p> <h2>Arthrose: keine L&uuml;ge</h2> <p>Die Entwicklung der Arthrose zur Volkskrankheit schreitet ungebrochen voran, berichtete BVdO-Pr&auml;sident Prof. Dr. Ronald Dorotka im Vorfeld der Jahrestagung. Im Alter von 60 Jahren sind laut WHO weltweit ca. 10 % der M&auml;nner und 20 % der Frauen an einer schmerzhaften Arthrose erkrankt. Diese Zahlen steigen mit zunehmendem Alter. In &Ouml;sterreich haben gesch&auml;tzt 1,4 Millionen Personen Knorpelsch&auml;den, etwa ein Drittel davon leidet an schmerzhafter Arthrose. <br />Wichtig sei allgemein die Abgrenzung zur rheumatischen Arthritis. Die Diagnose erfolgt durch die orthop&auml;disch-k&ouml;rperliche Untersuchung und wird in weiterer Folge mit einem Gelenksr&ouml;ntgen best&auml;tigt. Eine zus&auml;tzliche MR-Tomografie bringe in den meisten F&auml;llen, vor allem bei fortgeschrittenen Abn&uuml;tzungen, keine n&uuml;tzliche Zusatzinformation, so Dorotka.<br />In der Behandlung, aber auch zur Vorbeugung ist die Lebensstilanpassung die wichtigste und zugleich auch die am schwierigsten einzuhaltende Ma&szlig;nahme. Physiotherapie im Sinne einer Bewegungstherapie sollte ebenso ein Bestandteil der Therapie sein. &bdquo;Im Sinne der Ursachenbek&auml;mpfung ist es auch wichtig, bei einigen Patienten die mechanischen Ursachen von Arthrosen auszuschalten&ldquo;, sagt Dorotka. &bdquo;Das muss nicht immer Operation bedeuten, sondern kann durchaus mit einfachen Mitteln wie stabilisierenden oder korrigierenden Gelenksbandagen oder Schuheinlagen erreicht werden.&ldquo;<br />Zur Wirkung von Knorpelaufbaupr&auml;paraten sei die Datenlage noch immer nicht &uuml;berzeugend. Medikamente, die in das betroffene Gelenk injiziert werden, k&ouml;nnen jedoch Schmerzen und Entz&uuml;ndungen lindern und den Stoffwechsel anregen. &bdquo;Kortison wird gezielt bei akut entz&uuml;ndeten Arthrosegelenken kurzfristig eingesetzt, kann aber nicht als Dauertherapie angesehen werden&ldquo;, erkl&auml;rt Dorotka. Hyaluron&shy;spritzen wirken ebenso reizhemmend, ein echter Knorpelaufbau konnte allerdings bis heute nicht nachgewiesen werden. In letzter Zeit werde auch pl&auml;ttchenreiches Plasma aus Eigenblut eingesetzt, allerdings sei auch hier noch nicht g&auml;nzlich wissenschaftlich gekl&auml;rt, welche Wirkungen die freigesetzten Wachstumsfaktoren in einem Arthrosegelenk haben.<br />An operativen Therapien gibt es den Gelenkersatz; bei j&uuml;ngeren Patienten werden in fr&uuml;hen Stadien auch Geradstellungsoperationen oder Knorpeltransplantationen durchgef&uuml;hrt. &bdquo;Vereinzelt werden Stammzellinjektionen in Arthrosegelenke angeboten&ldquo;, so Dorotka. Deren Wirkung sei noch vollkommen unklar: &bdquo;In einer aktuellen Studie der Britischen Zeitschrift f&uuml;r Sportmedizin wurden die bisherigen bekannten Ergebnisse dieser Methode unter die Lupe genommen. Das n&uuml;chterne Ergebnis der Forschergruppe war, dass Stammzellinjektionen bei Arthrosen derzeit nicht zu empfehlen sind.&ldquo;<br />Zu dem derzeit in den Sozialen Medien kursierenden Patientenratgeber &bdquo;Die Arthrose-L&uuml;ge&ldquo; meint Dorotka: &bdquo;Hier wird von einem selbsternannten ,Schmerzspezialisten&lsquo;, der weder &uuml;ber eine fundierte medizinische noch physiotherapeutische Ausbildung verf&uuml;gt, behauptet, dass Arthrose durch seine Methode mit Bewegungs&uuml;bungen heilbar sei. Dazu m&uuml;ssen wir als Fach&auml;rzte f&uuml;r Orthop&auml;die in &Uuml;bereinkunft mit allen namhaften nationalen und internationalen Wissenschaftlern festhalten, dass allgemein bei Knorpelsch&auml;den der vollst&auml;ndige Wiederaufbau eines Originalknorpels nicht m&ouml;glich ist, weder durch spezielle &Uuml;bungen noch durch irgendeine andere nicht operative oder operative Methode. Die tausendfachen Forschungsergebnisse sind so klar, dass man durchaus sagen kann: Hier liegt ein unrichtiges Heilsversprechen vor.&ldquo;</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung des Berufsverbands Österreichischer Fachärzte für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (BVdO), 2. Dezember 2017, Wien </p>
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