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Level-1-Evidenz für den frühen Einsatz von Abirateron beim metastasierten kastrationsnaiven Prostatakarzinom

<p class="article-intro">Die Ergebnisse der klinischen Studie LATITUDE, die in der Plenarsitzung am diesjährigen ASCO Annual Meeting vorgestellt worden sind, zeigen, dass bei Männern mit Erstdiagnose eines metastasierten Prostatakarzinoms eine Behandlung mit Abirateron/ Prednison in Ergänzung zur Androgendeprivation, im Vergleich zur alleinigen Androgendeprivation, das Gesamtüberleben deutlich verlängern kann. Diese und andere Highlights aus der Uroonkologie werden im folgenden Beitrag vorgestellt.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Abirateron beim metastasierten kastrationsnaiven Prostatakarzinom</h2> <p>Der erg&auml;nzende Einsatz von Docetaxel zu Beginn der Androgendeprivation (ADT) zur Behandlung von M&auml;nnern mit metastasiertem hormonnaivem Prostatakarzinom hatte vor Kurzem einen beeindruckenden &Uuml;berlebensvorteil gezeigt. Nun wurden am ASCO Annual Meeting zwei Studien zur Erg&auml;nzung von Abirateronacetat plus Prednison in dieser Situation pr&auml;sentiert und zeitgleich im &laquo;New England Journal of Medicine&raquo; publiziert.<sup>1, 2</sup> In die LATITUDE-Studie wurden M&auml;nner mit de novo metastasiertem Prostatakarzinom mit mindestens zwei Hochrisikokriterien (Gleason Score 8&ndash;10, mindestens 3 Knochenmetastasen, viszerale Metastasen) eingeschlossen, wohingegen in die STAMPEDE- Studie M&auml;nner mit Prostatakarzinom eingeschlossen wurden, bei welchen eine ADT begonnen wurde (M1 oder N1 M0 oder =2 von T3/4, PSA &gt;40ng/ml, Gleason Score &gt;7). Das mediane Alter betrug in beiden Studien 67 Jahre. Viszerale Metastasen lagen bei 3 % (STAMPEDE) bzw. 20 % der Studienteilnehmer (LATITUDE) vor; bei knapp der H&auml;lfte der Teilnehmer in der STAMPEDE-Studie lagen keine Fernmetastasen vor.<br /> Beide Studien zeigten einen hochsignifikanten und klinisch relevanten &Uuml;berlebensvorteil durch den zus&auml;tzlichen Einsatz von Abirateron, mit einer Hazard- Ratio von 0,63 (STAMPEDE-Studie<sup>1</sup>) bzw. 0,62 (LATITUDE-Studie<sup>2</sup>; Abb. 1). Auch sekund&auml;re Endpunkte wie progressionsfreies &Uuml;berleben oder die Zeit bis zum Auftreten von symptomatischen skelettalen Ereignissen waren positiv (Tab. 1). In der STAMPEDE-Studien-Subgruppe mit nicht metastasierter Erkrankung war der &Uuml;berlebensvorteil statistisch nicht signifikant, das &laquo;failure-free survival&raquo; jedoch verl&auml;ngert. Die mediane Dauer der Therapie mit Abirateron betrug 24 Monate in der LATITUDE-Studie und 33 Monate in der STAMPEDE-Studie (f&uuml;r M&auml;nner mit Fernmetastasen). Insgesamt traten unter Abirateron etwa 15 % mehr Nebenwirkungen der Grade 3 oder 4 auf (am h&auml;ufigsten Hypertonie und Hypokali&auml;mie).<br /> Die Daten der LATITUDE-Studie wurden von E. Small von der University of California diskutiert, welcher darauf hinwies, dass die &Uuml;berlebenskurven praktisch identisch sind mit denen der &laquo;highvolume population&raquo; der CHAARTED-Studie (definiert als viszerale Metastasen oder =4 Knochenmetastasen, davon =1 nicht in Wirbelk&ouml;rpern und Pelvis).<sup>3</sup> Mit den vorgestellten Daten liegt nun Level- 1-Evidenz f&uuml;r den Einsatz von Abirateron mit Beginn der Androgendeprivation als Alternative zur fr&uuml;hen chemohormonellen Therapie mit Docetaxel vor, insbesondere bei M&auml;nnern mit metastasiertem Prostatakarzinom bei Erstdiagnose (de novo M1) und High-Risk-Kriterien gem&auml;ss LATITUDE-Studie, welche sich unter Ber&uuml;cksichtigung von Komorbidit&auml;ten und Lebenserwartung hierf&uuml;r qualifizieren. Eine Aussage &uuml;ber die zu bevorzugende Therapie ist aufgrund der vorliegenden Studien nicht m&ouml;glich und sollte unter Ber&uuml;cksichtigung der unterschiedlichen Therapiedauer, zu erwartenden Toxizit&auml;t, Kosten, Verf&uuml;gbarkeit (&laquo;Off-label&raquo;-Indikation) und individuellen Pr&auml;ferenzen besprochen werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1705_Weblinks_s42-tab1.jpg" alt="" width="1419" height="656" /><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1705_Weblinks_s42-abb1.jpg" alt="" width="1457" height="968" /></p> <p>&nbsp;</p> <h2>Dauer der Androgendeprivation bei kurativer Radiotherapie</h2> <p>In einer Phase-III-Studie wurden 630 M&auml;nner mit lokalisiertem High-Risk-Prostatakarzinom (T3/4, PSA &gt;20, Gleason Score &gt;7) randomisiert zu 18 Monaten Androgendeprivation (ADT) vs. 36 Monate, zus&auml;tzlich zur Radiotherapie (insgesamt 70Gy).<sup>4</sup> Prim&auml;re Endpunkte der Studie waren Gesamt&uuml;berleben (OS), krankheitsspezifisches &Uuml;berleben und Lebensqualit&auml;t. Nach einem medianen Follow-up von 9,4 Jahren zeigte sich kein Unterschied im OS (HR: 1,02; p=0,84, Abb. 2) und auch nicht im krankheitsspezifischen &Uuml;berleben (HR: 0,95; p=0,83). Die Lebensqualit&auml;t, insbesondere bez&uuml;glich Hitzewallungen und &laquo;enjoyable sex&raquo;, war h&ouml;her bei k&uuml;rzerer ADT. Lediglich die Zeit bis zu einem PSA-Anstieg &gt;2ng/ml &uuml;ber Nadir (&laquo;biochemical failure-free survival &raquo;) war im experimentellen Arm etwas k&uuml;rzer (HR: 0,71; p=0,024). Auch wenn die Studie statistisch nicht daf&uuml;r angelegt war, eine Noninferiorit&auml;t zu zeigen, kann von einem klinischen Standpunkt auf Grundlage dieser Daten die zur Radiotherapie verabreichte Androgendeprivation wohl auf 18 Monate beschr&auml;nkt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1705_Weblinks_s42-abb2.jpg" alt="" width="1455" height="980" /></p> <h2>Abirateron versus Enzalutamid</h2> <p>Eine von K. Chi et al. pr&auml;sentierte Studie hat 202 M&auml;nner mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom zu Abirateron/Prednison oder Enzalutamid randomisiert.<sup>5</sup> Nach 12 Wochen Therapie zeigte sich bei 55 % der mit Abirateron behandelten Patienten ein PSA-Abfall von 50 % oder mehr, im Vergleich zu 77 % unter Enzalutamid (p=0,001). Die Zeit bis zur Progression (&laquo;time to progression&raquo;, TTP) war jedoch nicht unterschiedlich (10,2 vs. 14,9 Monate; HR: 0,83; p=0,37). Interessanterweise berichteten die Autoren zudem &uuml;ber eine k&uuml;rzere TTP bei M&auml;nnern, bei welchen zirkulierende DNA (ctDNA) nachgewiesen werden konnte (5,4 vs. 12,0 Monate; HR: 2,05; p&lt;0,001). Quantifizierbare ctDNA war assoziiert mit anderen prognostisch ung&uuml;nstigen Faktoren (h&ouml;here Spiegel von PSA, LDH und ALP).</p> <h2>Lymphadenektomie bei Prostatektomie</h2> <p>In einer Studie mit 291 M&auml;nnern mit Intermediate- oder High-Risk-Prostatakarzinom (PSA =10ng/ml und/oder =cT2b und/oder Gleason Score =7) wurden diese randomisiert zu &laquo;limited&raquo; (bilaterial obturatorisch) vs. &laquo;extended&raquo; Lymphadenektomie (bilateral obturatorisch, iliakal extern/intern/kommun und pr&auml;sakral) w&auml;hrend der Prostatektomie.<sup>6</sup> Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von (kurzen) 3 Jahren war das biochemisch rezidivfreie &Uuml;berleben (prim&auml;rer Endpunkt, definiert als PSA =0,2ng/ml) in beiden Armen gleich (HR: 0,92; p=0,69) und unterschied sich auch nicht in den Subgruppen von M&auml;nnern mit High-Risk-Erkrankung (37 % der Patienten; HR: 0,78; p=0,42) und Intermediate- Risk-Erkrankung (63 % der Patienten; HR: 0,97; p=0,42). Unter der &laquo;limited &raquo; Lymphadenektomie war die Operationszeit median 54 Minuten k&uuml;rzer (230 vs. 284 Minuten), der Blutverlust geringer (600 vs. 700ml), die Hospitalisationsdauer k&uuml;rzer (2 vs. 3 Tage) und die Rate an Komplikationen geringer (Clavien-Dindo-Grad =3 in 8 % vs. 3 % ).</p> <h2>Prognostische Biomarker</h2> <p>Die NCCN-Risikoklassifikation beim lokalisierten Prostatakarzinom basiert auf T-Stadium, Gleason Score, PSA, PSA-Density und Befall der Stanzbiopsien. In einer grossen Studie wurde nun gezeigt, dass durch Kombination mit einem genetischen Test (Decipher<sup>&reg;</sup>) eine genauere Risikoeinteilung m&ouml;glich ist.<sup>7</sup> Beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom sind viele prognostische Marker bekannt. Pr&auml;sentiert wurden nun einerseits Daten, welche zeigten, dass ein Abfall der Zahl von zirkulierenden Tumorzellen (CTC) unter die Nachweisgrenze im Vergleich zu anderen CTC- oder PSA-Ver&auml;nderungen (Abfall um 30 % , 50 % , 70 % etc.) die beste prognostische Information ergibt (&laquo;mean weighted&raquo; C-Index 0,81, wobei 1,0 eine perfekte Diskrimination bedeutet und 0,5 keine Diskrimination).<sup>8</sup> In einer Analyse der COU-AA-301-Studie (Abirateron nach Chemotherapie) betrug z.B. das mediane Gesamt&uuml;berleben bei Respondern (CTC bei Baseline &gt;0 und nach 12 Wochen nicht mehr nachweisbar = CTC0) 23,9 Monate (n=141) im Vergleich zu 10,0 Monaten bei Nonrespondern (n=598).<sup>9</sup> Ebenfalls von prognostischem Wert ist der &laquo;automated bone scan index&raquo; (aBSI), welcher mithilfe eines elektronischen Algorithmus Knochenszintigrafien bewertet (Metastasen im Vergleich zum Gesamtskelett). Der aBSI ist signifikant mit Gesamt&uuml;berleben, prostatakrebsspezifischem &Uuml;berleben, radiologisch progressionsfreiem &Uuml;berleben, der Zeit bis zu neuen Knochenmetastasen, der Zeit bis zu symptomatischen skelettalen Ereignissen und der Zeit bis zur symptomatischen Progression korreliert, nicht aber (wie zu erwarten) mit der Zeit bis zur Progression von Weichteilmetastasen.<sup>10</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> James et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 263s (abs. LBA5003); NEJM 2017 June 3 <strong>2</strong> Fizazi K et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 5s (abs. LBA3); NEJM 2017 June 4 <strong>3</strong> Sweeney et al.: NEJM 2015, ESMO 2016 <strong>4</strong> Nabid et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 265s (abs. 5008) <strong>5</strong> Chi et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 263s (abs. 5002) <strong>6</strong> Lestingi et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 267s (abs. 5018) <strong>7</strong> Spratt et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 263s (abs. 5000) <strong>8</strong> Heller et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 264s (abs. 5007) <strong>9</strong> Scher et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 266s (abs. 5015) <strong>10</strong> Armstrong et al.: J Clin Oncol 2017; 35(15S): 264s (abs. 5006)</p> </div> </p>
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