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Rheumatoide Arthritis

Neuer Antikörper für therapieresistente Fälle

<p class="article-intro">Der Interleukin-6-Blocker linderte in einer Phase-III-Studie bei therapieresistenten Patienten Symptome und Befunde deutlich. Unerwartete Nebenwirkungen traten bisher nicht auf. Unklar ist noch, ob Sirukumab besser ist als herkömmliche Medikamente. Der Hersteller hat die Zulassung beantragt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Hemmstoffe des Tumor-Nekrose-Faktors (TNF) in Kombination mit Methotrexat k&ouml;nnen Symptome einer rheumatoiden Arthritis (RA) effektiv lindern. Sie verz&ouml;gern die Progression des Gelenkschadens und bessern die Lebensqualit&auml;t.<sup>1</sup> Trotzdem sprechen nicht alle Patienten auf die Behandlung an bzw. l&auml;sst die Wirkung nach einiger Zeit nach.<sup>2, 3</sup> F&uuml;r diese Patienten stehen weitere krankheitsmodifizierende Medikamente (DMARD) mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verf&uuml;gung: andere TNF-Hemmer, Abatacept, der Interleukin-6-Inhibitor Tocilizumab, der JAK-Inhibitor Tofacitinib oder der Anti-B-Zell-Wirkstoff Rituximab.<sup>4</sup> Wirken auch diese Medikamente nicht, sollten gem&auml;ss Leitlinie andere biologische oder gezielt wirkende synthetische DMARDs eingesetzt werden.<sup>4</sup> Einer der Schl&uuml;sselwege in der Pathophysiologie der RA ist Interleukin-6 (IL-6). Blockiert man den IL-6-Rezeptor, kann dies den Verlauf der RA verbessern.<sup>5&ndash;7</sup> Ein anderer Ansatz besteht darin, das Zytokin selbst zu blockieren. <br />Dr. med. Daniel Aletaha von der Medizinischen Universit&auml;t Wien und seine Kollegen stellen jetzt mit Sirukumab einen IL-6-Inhibitor vor, der in einer ersten Phase-III-Studie die Symptome gegen&uuml;ber Placebo deutlich besserte.<sup>8</sup> Sirukumab ist ein humaner monoklonaler Antik&ouml;rper, der selektiv und mit einer hohen Affinit&auml;t an IL-6 bindet. In einer Phase-II-Studie bei Patienten mit RA, denen Methotrexat nicht geholfen hatte, verbesserte Sirukumab im Vergleich zu Placebo die Beschwerden der Patienten deutlich.<sup>9</sup> Der Antik&ouml;rper wurde in dieser Dosisfindungsstudie in einer Dosis von 100mg alle 2 Wochen &uuml;ber einen Zeitraum von 12 Wochen gegeben. <br />Die sogenannte SIRROUND-T-Studie von Aletaha und seinen Kollegen sollte Wirksamkeit und Sicherheit von Sirukumab bei Patienten mit aktiver RA untersuchen, denen Anti-TNF-Hemmer nicht halfen oder die sie nicht vertrugen. In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie wurden 878 Patienten &uuml;ber 18 Jahre mit &ge;4 schmerzhaften Punkten von 68 Schmerzpunkten und &ge;4 von 66 geschwollenen Gelenken eingeschlossen. Randomisiert in drei Gruppen (1:1:1), erhielten die Patienten entweder alle 2 Wochen Placebo, alle 4 Wochen 50mg Sirukumab oder alle 2 Wochen 100mg Sirukumab. Alle Patienten wurden maximal 52 Wochen behandelt und durften begleitend jede Art von DMARD-Therapie fortf&uuml;hren. Sirukumab beziehungsweise Placebo wurden subkutan verabreicht. Die Patienten, die alle 4 Wochen 50mg Sirukumab erhielten, bekamen zus&auml;tzlich alle 2 Wochen eine Placebo-Injektion. Patienten der Placebogruppe, die nach 18 Wochen die &laquo;Early escape&raquo;-Kriterien erf&uuml;llten, also weniger als 20 % Verbesserung bei den geschwollenen und schmerzhaften Gelenken erreichten, erhielten randomisiert entweder 50mg oder 100mg Sirukumab. Alle &uuml;brigen Placebopatienten wurden in Woche 24 in eine der beiden Sirukumabgruppen randomisiert (Crossover-Studiendesign). Als prim&auml;res Outcome galt der Anteil von Patienten, die sich nach Woche 16 um mindestens 20 % im ACR20 verbesserten. 523 (60 % ) der Patienten hatten vorher zwei oder mehr Biologika erhalten. 166 (19 % ) hatten zu Beginn der Studie kein DMARD erhalten. <br />Die Ergebnisse: 117 (40 % ) der Patienten mit 50mg Sirukumab und 132 (45 % ) der Patienten mit 100mg Sirukumab hatten nach 16 Wochen den prim&auml;ren Endpunkt erreicht, im Vergleich dazu nur 71 (24 % ) Patienten der Placebogruppe. Der Unterschied zwischen den beiden Sirukumabgruppen und Placebo war jeweils statistisch signifikant. Nebenwirkungen traten in allen drei Gruppen vergleichbar h&auml;ufig auf, die h&auml;ufigsten waren Erythemata an der Injektionsstelle. <br />&laquo;Jedes weitere wirksame Biologikum ist ein Erfolg&raquo;, sagt Prof. Dr. med. Oliver Distler, Direktor der Klinik f&uuml;r Rheumatologie am Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich. &laquo;Unser Ziel ist eine individualisierte Medizin, bei der beim Ausbruch der Erkrankung anhand spezifischer, in Zukunft noch zu definierender Merkmale eine gezielte Therapie begonnen wird. Die Studie zeigte, dass Sirukumab sogar bei relativ therapieresistenten Patienten wirkt. Dies l&auml;sst Patienten hoffen, die bisher auf die verf&uuml;gbaren Medikamente nicht angesprochen haben.&raquo;<br />Prof. Dr. med. Josef Smolen, Leiter der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin III an der Medizinischen Universit&auml;t Wien, sieht Sirukumab auf einer &auml;hnlichen Stufe wie Tocilizumab, da dieses auch in den IL-6-Stoffwechsel eingreift. &laquo;Ob Sirukumab aber besser ist als Tocilizumab und was es langfristig f&uuml;r Nebenwirkungen verursacht, wissen wir noch nicht. Das m&uuml;ssten erst weitere Studien zeigen.&raquo; <br />Wie bei Tocilizumab ist auch unter Sirukumab das Risiko f&uuml;r gastrointestinale Perforationen erh&ouml;ht, sagt Dr. med. Raphael Micheroli, Assistenzarzt in der Klinik f&uuml;r Rheumatologie am Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich. &laquo;Es handelte sich haupts&auml;chlich um Perforationen bei Divertikulitis&raquo;, berichtet er. &laquo;Sie sind nicht h&auml;ufig, aber wenn sie auftreten, k&ouml;nnte man sie leicht &uuml;bersehen. Sirukumab unterdr&uuml;ckt n&auml;mlich sehr effizient Entz&uuml;ndungsparameter wie CRP, und damit fehlt das Warnsignal f&uuml;r Divertikulitis, wenn Unterbauchschmerzen auftreten.&raquo; Warum Sirukumab das Risiko f&uuml;r Perforationen erh&ouml;ht, ist unklar. &laquo;Vielleicht ist Interleukin-6 wichtig, um die lokale Entz&uuml;ndungsreaktion bei Divertikeln zu unterdr&uuml;cken, und wenn man es blockiert, k&ouml;nnte es eher zu einer Entz&uuml;ndung und Perforationen kommen&raquo;, sagt Micheroli. &laquo;Aber das ist reine Spekulation.&raquo; Unerwartete oder schwere Nebenwirkungen habe Sirukumab bisher keine gezeigt.<br />Unklar ist, ob Sirukumab besser ist als bisherige DMARDs. &laquo;Die Studie war auch nicht darauf ausgelegt, das zu zeigen&raquo;, sagt Distler. &laquo;Um eine &Uuml;ber- oder Unterlegenheit gegen&uuml;ber einem anderen Medikament zu belegen, br&auml;uchte es direkte Vergleichsstudien.&raquo; <br />Sirukumab bilde ein neues Prinzip der IL-6-Blockade, kommentiert Prof. Dr. med. Beat Michel, Pr&auml;sident des Vereins &laquo;Rheuma Schweiz&raquo;: &laquo;Wie bei Blockade des IL-6-Rezeptors verbesserte auch der neue IL-6-Blocker Sirukumab die Symptome und Befunde bei rheumatoider Arthritis deutlich.&raquo; Das CRP sei bereits nach zwei Wochen vollst&auml;ndig unterdr&uuml;ckt worden. &laquo;Sirukumab erweitert unser Arsenal in der Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, bei denen andere Biologika nicht wirkten.&raquo; Ob es besser ist als herk&ouml;mmliche DMARDs und wie viel es kosten wird, wird sich zeigen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Chen YF et al: Health Technol Assess 2006; 10: 1-229 <strong>2</strong> Emery P: Rheumatology (Oxford) 2012; 51(suppl 5): v22-30 <strong>3</strong> Tak PP: Rheumatology (Oxford) 2012; 51: 600-9 <strong>4</strong> Smolen JS et al: Ann Rheum Dis 2017; publish&shy;ed online Mar 17 <strong>5</strong> Tanaka Y et al: Mod Rheumatol 2014; 24: 399-404 <strong>6</strong> Emery P et al: Ann Rheum Dis 2008; 67: 1516-23 <strong>7</strong> Genovese MC et al: Arthritis Rheumatol 2015; 67: 1424-37 <strong>8</strong> Aletaha D et al: Lancet 2017; 389: 1206-17 <strong>9</strong> Smolen JS et al: Ann Rheum Dis 2014; 73(9): 1616-25</p> </div> </p>
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