©
Eraxion
iStockphoto
Neues zu Lipiden
Jatros
30
Min. Lesezeit
17.11.2016
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Interessante Daten zu Lipiden wurden in diesem Jahr schon vor dem EASD-Kongress im Rahmen des ESC-Kongresses in Rom veröffentlicht. Es wurden unter anderem erfreuliche Endpunktdaten zur neuen Gruppe der PCSK9-Inhibitoren vorgestellt, die bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie den Apheresebedarf reduzieren. Antikörper gegen die Proprotein-Konvertase Subtilisin/Kexin Type (PCSK9) ermöglichen dramatische Senkungen des LDL-Cholesterins. Im Rahmen des „Darüber hinaus“ wurde eine Reihe von aktuellen Studien in diesem Kontext präsentiert.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Weniger Apharese durch PCSK9-Inhibition</h2> <p>Im Rahmen einer Hotline-Session wurde die ODYSSEY-ESCAPE-Studie präsentiert. Ziel der Studie war es, den Einfluss des PCSK9-Hemmers Alirocumab auf den Apheresebedarf einer besonders gefährdeten und schwierig zu behandelnden Patientenpopulation zu untersuchen. Eingeschlossen in die Studie waren Personen mit familiärer Hypercholesterinämie (HeFH), die zusätzlich zu einer maximalen lipidsenkenden Therapie wöchentlich oder alle zwei Wochen mittels Lipidapherese ihren LDL-Spiegel reduzieren mussten. Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert und erhielten entweder subkutan Alirocumab oder Placebo alle zwei Wochen über 18 Wochen zusätzlich zu ihrer bestehenden lipidsenkenden Medikation. Das etablierte Aphereseregime wurde zunächst bis Woche 6 weitergeführt. Ab Woche 7 wurde auf Apherese nach Bedarf umgestellt. Wenn der LDL-Spiegel seit Beginn der Studie um mindestens 30 % gesunken war, wurde die Apherese überhaupt beendet. Dies gelang nach 18 Wochen bei 63,4 % der Patienten im Verumarm und bei keinem einzigen Patienten aus dem Placeboarm (Abb. 1). Insgesamt wurde bei den mit Alirocumab behandelten Patienten eine im Vergleich zu Placebo um 75 % stärkere Senkung des Apheresebedarfs erreicht (p <0,0001). Da PCSK9-Inhibitoren bei Patienten mit HeFH bereits zugelassen sind, schlägt Studienleiter Dr. Patrick M. Moriarty vom University of Kansas Medical Center vor, in Zukunft in dieser Patientengruppe die lipidsenkende Therapie durch einen PCSK9-Inhibitor zu ergänzen und dann den weiteren Apheresebedarf anhand der erreichten LDL-Senkung zu bestimmen. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite20.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Neues Feld für Lipoproteinapherese</h2> <p>Für die Lipoproteinapherese könnte sich aber in nächster Zeit ein neues Einsatzgebiet auftun. Sie hat sich nämlich bei Patienten mit refraktärer Angina pectoris als wirksam erwiesen. Für die Betroffenen, deren Angina weder auf konservative Therapie noch auf Katheterintervention (sofern diese überhaupt indiziert ist) anspricht, waren die therapeutischen Optionen bislang äußerst begrenzt. Falls bei diesen Patienten das Lipoprotein (a) erhöht ist, kann dessen Entfernung aus der Zirkulation mittels Apherese die Beschwerden bessern. Medikamentöse Alternativen gibt es nicht, da Lipoprotein (a) nicht auf Statintherapie anspricht. Für die ebenfalls im Rahmen des ESC 2016 präsentierte Studie wurden Patienten mit refraktärer Angina und erhöhtem Lp(a) entweder mit Apherese oder Sham-Intervention behandelt. Sowohl hinsichtlich des primären Endpunkts „myocardial perfu­sion reserve“ (MPR) als auch hinsichtlich vier von fünf Fragen des Seattle Angina Questionnaire (SAQ) schnitten Apheresepatienten signifikant besser ab als scheinbehandelte Patienten.</p> <h2>FH: weitere ASC-Ereignisse wahrscheinlich</h2> <p>Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (FH) haben ein deutlich erhöhtes Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Damit wäre es auch naheliegend, dass sie nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) ein erhöhtes Risiko weiterer Ereignisse aufweisen. Allerdings ist die Datenlage dazu spärlich. In einer Studie auf Basis einer prospektiven Kohorte mit mehr als 4.000 wegen ACS hospitalisierten Patienten wurde dieser Frage nun nachgegangen. Patienten mit FH wurden nach drei Algorithmen identifiziert: anhand der LDL-Spiegel und der Familienanamnese nach dem Algorithmus der American Heart Association, nach dem Simon-Broome-Register-Algorithmus und dem Dutch-Lipid-Clinic-Network-Algorithmus. Nach den verschiedenen Algorithmen ergaben sich in der Kohorte unterschiedliche Prävalenzen von FH, die sich zwischen 1,6 % (95 % CI: 1,3–2,0) mit dem Dutch-Lipid-Clinic-Algorithmus, 2,5 % (95 % CI: 2,1–3,0) mit dem AHA-Algorithmus und 5,5 % (95 % CI: 4,9–6,2) mit dem Simon-Broome-Algorithmus bewegen. In der multivariaten Analyse wurde für Patienten mit FH ein erhöhtes Risiko eines rekurrierenden Ereignisses gefunden, die Hazard-Ratio betrug 2,31 (95 % CI: 0,84–6,34; p=0,1) für den Dutch-Lipid-Clinic-Algorithmus, 2,06 (95 % CI: 1,01–4,21; p=0,047) für den AHA-Algorithmus und 2,34 (95 % CI: 1,38–3,97; p=0,002) für den Simon-Broome-Algorithmus.<sup>1</sup></p> <h2>Kein erhöhtes kognitives Risiko bei LDL-C-Senkung</h2> <p>In der Folge von Studien zur Cholesterinsenkung durch Statine wurde die Besorgnis geäußert, dass sehr niedrige Cholesterinspiegel neurokognitive Nebenwirkungen haben könnten. Mit den PCSK9-Inhibitoren ist eine neue Therapieklasse eingeführt worden, die das Cholesterin noch stärker senken kann – daher ist auch hier diese Diskussion neu entbrannt. Um mehr Klarheit zu schaffen, wurde eine Metaanalyse von fünf randomisierten, kontrollierten Studien mit PCSK9-Inhibitoren durchgeführt. In die Analyse wurden mehr als 5.000 Patienten eingeschlossen. Die Analyse zeigte erfreulicherweise keine signifikante Risikoerhöhung für neurokognitive Ereignisse, dafür aber eine signifikante Korrelation zwischen einer Reduktion der Mortalität und dem Risikoprofil: Je höher das individuelle Risiko, desto größer der Benefit durch die Therapie. Die Autoren schließen aus diesen Daten, dass der Einsatz von PCSK9-Inhibitoren besonders in Populationen mit sehr hohem Risiko gerechtfertigt ist.<sup>2</sup></p> <h2>PCSK9-Inhibitor: Wer braucht ihn wirklich?</h2> <p>Gemäß Guidelines der ESC sollten Patienten mit einem sehr hohen kardiovaskulären Risiko ein LDL-C <70mg/dl erreichen. Dies gelingt mit Statintherapie jedoch bei Weitem nicht bei allen betroffenen Patienten, bei denen ein so niedriger LDL-Spiegel indiziert wäre. In Diskussion ist nun, wie viele Patienten einen PCSK9-Inhibitor benötigen würden, da dies auch gesundheitsökonomische Fragen aufwirft. Mithilfe eines Simulationsmodells wurde für Personen aus der MarketScan Research Database nun errechnet, wie hoch der Anteil kardiovaskulärer Hochrisikopatienten ist, die einen PCSK9-Inhibitor benötigen würden, um auf diesen Zielwert zu kommen. Die Berechnungen ergaben, dass rund 17 % der Hochrisikopatienten mit oraler Therapie alleine nicht auf ein LDL-C unter 70mg/dl kommen und zusätzlich einen PCSK9-Inhibitor benötigen würden.<sup>3</sup></p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Nanchen D et al: ESC-Abstract P819 <strong>2</strong> Kolodziejczak M et al: ESC-Abstract P5895 <strong>3</strong> Khan I et al: ESC-Abstract P4990</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Asbestbedingtes Larynx- und Lungen-karzinom – Primär- oder Sekundärtumor?
Im Folgenden wird der Fall eines deutschen Facharbeiters vorgestellt, der während seiner Berufstätigkeit asbesthaltigen Stäuben ausgesetzt war und dadurch an einem Plattenepithelkarzinom ...
E-Zigaretten und Krebsrisiko – was wissen wir?
E-Zigaretten und Tabakerhitzer sind für die Tabakindustrie ein neuer, wirtschaftlich bedeutsamer Markt. Im Fokus der Diskussion über die gesundheitlichen Auswirkungen steht vor allem die ...
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel: blinder Fleck auch in der Pneumologie?
Der Alpha-1-Antitrypsinmangel (AATM) gilt als seltene genetische Erkrankung und betrifft überwiegend die Lunge und die Leber,jedoch mithoher klinischer Variabilität. Doch AATM ist nicht ...