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ESC-Kongress 2016

Neues zu Lipiden

<p class="article-intro">Interessante Daten zu Lipiden wurden in diesem Jahr schon vor dem EASD-Kongress im Rahmen des ESC-Kongresses in Rom veröffentlicht. Es wurden unter anderem erfreuliche Endpunktdaten zur neuen Gruppe der PCSK9-Inhibitoren vorgestellt, die bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie den Apheresebedarf reduzieren. Antikörper gegen die Proprotein-Konvertase Subtilisin/Kexin Type (PCSK9) ermöglichen dramatische Senkungen des LDL-Cholesterins. Im Rahmen des „Darüber hinaus“ wurde eine Reihe von aktuellen Studien in diesem Kontext präsentiert.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Weniger Apharese durch PCSK9-Inhibition</h2> <p>Im Rahmen einer Hotline-Session wurde die ODYSSEY-ESCAPE-Studie pr&auml;sentiert. Ziel der Studie war es, den Einfluss des PCSK9-Hemmers Alirocumab auf den Apheresebedarf einer besonders gef&auml;hrdeten und schwierig zu behandelnden Patientenpopulation zu untersuchen. Eingeschlossen in die Studie waren Personen mit famili&auml;rer Hypercholesterin&auml;mie (HeFH), die zus&auml;tzlich zu einer maximalen lipidsenkenden Therapie w&ouml;chentlich oder alle zwei Wochen mittels Lipidapherese ihren LDL-Spiegel reduzieren mussten. Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert und erhielten entweder subkutan Alirocumab oder Placebo alle zwei Wochen &uuml;ber 18 Wochen zus&auml;tzlich zu ihrer bestehenden lipidsenkenden Medikation. Das etablierte Aphereseregime wurde zun&auml;chst bis Woche 6 weitergef&uuml;hrt. Ab Woche 7 wurde auf Apherese nach Bedarf umgestellt. Wenn der LDL-Spiegel seit Beginn der Studie um mindestens 30 % gesunken war, wurde die Apherese &uuml;berhaupt beendet. Dies gelang nach 18 Wochen bei 63,4 % der Patienten im Verumarm und bei keinem einzigen Patienten aus dem Placeboarm (Abb. 1). Insgesamt wurde bei den mit Alirocumab behandelten Patienten eine im Vergleich zu Placebo um 75 % st&auml;rkere Senkung des Apheresebedarfs erreicht (p &lt;0,0001). Da PCSK9-Inhibitoren bei Patienten mit HeFH bereits zugelassen sind, schl&auml;gt Studienleiter Dr. Patrick M. Moriarty vom University of Kansas Medical Center vor, in Zukunft in dieser Patientengruppe die lipidsenkende Therapie durch einen PCSK9-Inhibitor zu erg&auml;nzen und dann den weiteren Apheresebedarf anhand der erreichten LDL-Senkung zu bestimmen. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite20.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Neues Feld f&uuml;r Lipoproteinapherese</h2> <p>F&uuml;r die Lipoproteinapherese k&ouml;nnte sich aber in n&auml;chster Zeit ein neues Einsatzgebiet auftun. Sie hat sich n&auml;mlich bei Patienten mit refrakt&auml;rer Angina pectoris als wirksam erwiesen. F&uuml;r die Betroffenen, deren Angina weder auf konservative Therapie noch auf Katheterintervention (sofern diese &uuml;berhaupt indiziert ist) anspricht, waren die therapeutischen Optionen bislang &auml;u&szlig;erst begrenzt. Falls bei diesen Patienten das Lipoprotein (a) erh&ouml;ht ist, kann dessen Entfernung aus der Zirkulation mittels Apherese die Beschwerden bessern. Medikament&ouml;se Alternativen gibt es nicht, da Lipoprotein (a) nicht auf Statintherapie anspricht. F&uuml;r die ebenfalls im Rahmen des ESC 2016 pr&auml;sentierte Studie wurden Patienten mit refrakt&auml;rer Angina und erh&ouml;htem Lp(a) entweder mit Apherese oder Sham-Intervention behandelt. Sowohl hinsichtlich des prim&auml;ren Endpunkts &bdquo;myocardial perfu&shy;sion reserve&ldquo; (MPR) als auch hinsichtlich vier von f&uuml;nf Fragen des Seattle Angina Questionnaire (SAQ) schnitten Apheresepatienten signifikant besser ab als scheinbehandelte Patienten.</p> <h2>FH: weitere ASC-Ereignisse wahrscheinlich</h2> <p>Patienten mit heterozygoter famili&auml;rer Hypercholesterin&auml;mie (FH) haben ein deutlich erh&ouml;htes Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Damit w&auml;re es auch naheliegend, dass sie nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) ein erh&ouml;htes Risiko weiterer Ereignisse aufweisen. Allerdings ist die Datenlage dazu sp&auml;rlich. In einer Studie auf Basis einer prospektiven Kohorte mit mehr als 4.000 wegen ACS hospitalisierten Patienten wurde dieser Frage nun nachgegangen. Patienten mit FH wurden nach drei Algorithmen identifiziert: anhand der LDL-Spiegel und der Familienanamnese nach dem Algorithmus der American Heart Association, nach dem Simon-Broome-Register-Algorithmus und dem Dutch-Lipid-Clinic-Network-Algorithmus. Nach den verschiedenen Algorithmen ergaben sich in der Kohorte unterschiedliche Pr&auml;valenzen von FH, die sich zwischen 1,6 % (95 % CI: 1,3&ndash;2,0) mit dem Dutch-Lipid-Clinic-Algorithmus, 2,5 % (95 % CI: 2,1&ndash;3,0) mit dem AHA-Algorithmus und 5,5 % (95 % CI: 4,9&ndash;6,2) mit dem Simon-Broome-Algorithmus bewegen. In der multivariaten Analyse wurde f&uuml;r Patienten mit FH ein erh&ouml;htes Risiko eines rekurrierenden Ereignisses gefunden, die Hazard-Ratio betrug 2,31 (95 % CI: 0,84&ndash;6,34; p=0,1) f&uuml;r den Dutch-Lipid-Clinic-Algorithmus, 2,06 (95 % CI: 1,01&ndash;4,21; p=0,047) f&uuml;r den AHA-Algorithmus und 2,34 (95 % CI: 1,38&ndash;3,97; p=0,002) f&uuml;r den Simon-Broome-Algorithmus.<sup>1</sup></p> <h2>Kein erh&ouml;htes kognitives Risiko bei LDL-C-Senkung</h2> <p>In der Folge von Studien zur Cholesterinsenkung durch Statine wurde die Besorgnis ge&auml;u&szlig;ert, dass sehr niedrige Cholesterinspiegel neurokognitive Nebenwirkungen haben k&ouml;nnten. Mit den PCSK9-Inhibitoren ist eine neue Therapieklasse eingef&uuml;hrt worden, die das Cholesterin noch st&auml;rker senken kann &ndash; daher ist auch hier diese Diskussion neu entbrannt. Um mehr Klarheit zu schaffen, wurde eine Metaanalyse von f&uuml;nf randomisierten, kontrollierten Studien mit PCSK9-Inhibitoren durchgef&uuml;hrt. In die Analyse wurden mehr als 5.000 Patienten eingeschlossen. Die Analyse zeigte erfreulicherweise keine signifikante Risikoerh&ouml;hung f&uuml;r neurokognitive Ereignisse, daf&uuml;r aber eine signifikante Korrelation zwischen einer Reduktion der Mortalit&auml;t und dem Risikoprofil: Je h&ouml;her das individuelle Risiko, desto gr&ouml;&szlig;er der Benefit durch die Therapie. Die Autoren schlie&szlig;en aus diesen Daten, dass der Einsatz von PCSK9-Inhibitoren besonders in Populationen mit sehr hohem Risiko gerechtfertigt ist.<sup>2</sup></p> <h2>PCSK9-Inhibitor: Wer braucht ihn wirklich?</h2> <p>Gem&auml;&szlig; Guidelines der ESC sollten Patienten mit einem sehr hohen kardiovaskul&auml;ren Risiko ein LDL-C &lt;70mg/dl erreichen. Dies gelingt mit Statintherapie jedoch bei Weitem nicht bei allen betroffenen Patienten, bei denen ein so niedriger LDL-Spiegel indiziert w&auml;re. In Diskussion ist nun, wie viele Patienten einen PCSK9-Inhibitor ben&ouml;tigen w&uuml;rden, da dies auch gesundheits&ouml;konomische Fragen aufwirft. Mithilfe eines Simulationsmodells wurde f&uuml;r Personen aus der MarketScan Research Database nun errechnet, wie hoch der Anteil kardiovaskul&auml;rer Hochrisikopatienten ist, die einen PCSK9-Inhibitor ben&ouml;tigen w&uuml;rden, um auf diesen Zielwert zu kommen. Die Berechnungen ergaben, dass rund 17 % der Hochrisikopatienten mit oraler Therapie alleine nicht auf ein LDL-C unter 70mg/dl kommen und zus&auml;tzlich einen PCSK9-Inhibitor ben&ouml;tigen w&uuml;rden.<sup>3</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Nanchen D et al: ESC-Abstract P819 <strong>2</strong> Kolodziejczak M et al: ESC-Abstract P5895 <strong>3</strong> Khan I et al: ESC-Abstract P4990</p> </div> </p>
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