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Futurezone

Duale Rezeptoragonisten in Entwicklung

<p class="article-intro">Im Rahmen der gut besuchten Session „Diabetes Drugs of the Future“ auf dem 52. Europäischen Diabeteskongress in München wurden am 14. September 2016 mögliche neue Ansätze zur Therapie des Typ-2-Diabetes präsentiert. Zum Teil befinden sich diese Entwicklungen noch in sehr frühen Stadien, und es ist naturgemäß offen, ob diese Substanzen auch auf den Markt gebracht werden. Spannend sind die Entwicklungen aber auf jeden Fall.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Duale GLP-1-Agonisten k&ouml;nnten sich als effektiv bei Typ-2-Diabetes erweisen, mit einer Verbesserung der Gly&shy;k&auml;mie bei &uuml;bergewichtigen Typ-2-Diabetikern, Verringerung des K&ouml;rpe&shy;rgewichts und gut tolerierbarem Nebenwirkungsprofil.</li> <li>Ein dualer GLP-1/FGF21-Agonist zeigte eine synergistische Verbes&shy;serung der Insulinsekretion und der Insulinsensitivit&auml;t sowie ein betr&auml;cht&shy;liches Potenzial zur Therapie des Typ-2-Diabetes.</li> <li>Duale GIP-/GLP-1-Rezeptorago&shy;nisten k&ouml;nnten eine Rationale in der Diabetestherapie haben, N&auml;heres muss allerdings erst untersucht werden.</li> <li>Der direkte AMPK-Aktivator PXL770 verbesserte die glyk&auml;&shy;mische Kontrolle, das Lipidprofil und eine hepatische Steatose und f&uuml;hrte zu einem Gewichtsverlust bei den M&auml;usen aufgrund einer, Reduktion der Fett&shy;masse. Von menschlichen Probanden wurde er in einer Phase-I-Studie gut toleriert.</li> </ul> </div> <h2>Duale GLP-1-Agonisten</h2> <p>Zwei Vortr&auml;ge befassten sich mit dualen Agonisten des GLP-1/Glukagon-Rezeptors. Klinische Studien zeigen, dass Glukagon und GLP-1 Auswirkungen auf die Energieaufnahme und den Energieverbrauch haben und dass solche Agonisten positive Effekte bei Patienten mit Diabetes mellitus 2 haben k&ouml;nnten. Abgeleitet wurde dies durch die Untersuchung der k&ouml;rpereigenen Substanz Oxyntomodulin, das in den L-Zellen des Darmes und im Gehirn gebildet wird. Oxyntomodulin hat jedoch eine sehr kurze Halbwertszeit, sodass deswegen Analoga entwickelt wurden.</p> <p><strong>SAR425899</strong><br /> Klaus Lindauer<sup>1</sup> von der Firma Sanofi stellte eine dieser neuen Substanzen mit dem Namen SAR425899 vor. Es handelt sich dabei um ein Peptid mit einer dualen Rezeptoraktivit&auml;t sowohl auf den GLP-1-Rezeptor als auch auf den Glukagon-Rezeptor. Die Gabe von SAR425899 erfolgt subkutan einmal t&auml;glich. Kriterien f&uuml;r den Einsatz sind eine ungen&uuml;gende glyk&auml;mische Kontrolle und das Ziel, das K&ouml;rpergewicht zu senken. Die Gruppe untersuchte die Substanz in verschiedenen Dosierungen und verschiedenen Settings sowohl bei Gesunden als auch bei Typ-2-Diabetes-Patienten, die Metformin erhielten. Die Auswertungen zeigten, dass N&uuml;chtern- und postprandiale Glukose abnehmen. Ebenso kam es zu einer Gewichtsreduktion (Abb. 1). Die Effekte waren abh&auml;ngig von der Dosierung. Beim HbA<sub>1c</sub> zeigte sich eine Ver&auml;nderung bei der Maximaldosierung um &ndash;0,59 % ; au&szlig;erdem kam es zu einem Gewichtsverlust von 5,5kg gegen&uuml;ber dem Ausgangswert. Probanden, die Placebo erhalten hatten, verloren dagegen 2,4kg. Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen waren gastrointestinaler Art &ndash; beobachtet wurden die erwarteten Nebenwirkungen eines GLP-1-Agonisten wie &Uuml;belkeit und Erbrechen, und zwar in vergleichbarem Ausma&szlig; wie bei anderen GLP-1-Agonisten. Es kam auch zu leichten Anstiegen des systolischen und diastolischen Blutdrucks. Dar&uuml;ber hinaus wurden Erh&ouml;hunen der Herzfrequenz und der Lipase beobachtet. Signale hinsichtlich Pankreatitis oder allergener Reaktionen traten hingegen keine auf. <br />Zusammenfassend: SAR425889 verbesserte die Glyk&auml;mie bei &uuml;bergewichtigen Typ-2-Diabetikern, senkte deren K&ouml;rpergewicht und wurde, bei gelegentlichem Auftreten gastrointestinaler Nebenwirkungen, von diesen &uuml;berwiegend gut toleriert. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite14.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>MEDI0382</strong><br /> Alexandra Rossi<sup>2</sup> aus Cambridge, UK, und Gaithersburg, USA, pr&auml;sentierte in ihrem Vortrag den zweiten dualen GLP-1/Glukagon-Rezeptoragonisten MEDI0382, der von den Firmen MedImmune und AstraZeneca entwickelt wird. Die Rationale f&uuml;r diese Substanz ist die gleiche wie oben beschrieben. Die pr&auml;sentierte Entwicklung ist jedoch noch nicht so weit fortgeschritten. Getestet wurde MEDI0382 an Wildtyp- und GLP-1-Rezeptor-Knock-out-M&auml;usen. Dabei zeigte sich, dass MEDI0382 &uuml;berwiegend &uuml;ber die GLP-1-Rezeptor-Aktivit&auml;t wirkt. Im Tierversuch an Wildtyp-M&auml;usen, verglichen mit den Knock-out-M&auml;usen, zeigten die durchgef&uuml;hrten Versuche, dass MEDI0382 ein potenter GLP-1/Glukagon-Rezeptoragonist mit dem Potenzial ist, sowohl das Gewicht zu senken als auch eine positive glyk&auml;mische Kontrolle zu bewirken.</p> <h2>Dualer GLP-1/FGF21-Agonist</h2> <p><strong>YH25724 (YH-Dual)</strong><br /> Su Youn Nam<sup>3</sup> aus Seoul, Korea, von der Firma Yuhan berichtete &uuml;ber die Substanz YH25724 (YH-Dual), einen dualen Agonisten f&uuml;r GLP-1/FGF21 mit lang anhaltender Blutzuckerkontrolle, Gewichtsverlust und Verbesserung des Lipidprofils. Pr&auml;sentiert wurden Daten, die in In-vitro-Systemen und in Tiermodellen gewonnen wurden. YH25724 ist ein mit dem Immunglobulin Fc fusioniertes Protein aus einer GLP-1- und einer FGF21(&bdquo;fibroblast growth factor&ldquo; 21)- Variante. FGF21 ist ein potenziell vielversprechendes Therapieziel, da es die Insulinsensitivit&auml;t erh&ouml;ht. <br />In vitro wurde die cAMP-Aktivierung von YH25724 an CHO-Zellen f&uuml;r den GLP-1-Rezeptor und die Aktivierung des FGF21-Rezeptors durch Bestimmung der Phosphorylierung an HEK293-Zellen erfasst. Die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik wurden an db/db-M&auml;usen und Streptozotocin-behandelten M&auml;usen bestimmt und dar&uuml;ber hinaus auch im Affenmodell untersucht. Aufgrund der Resultate der untersuchten Pharmakokinetik stellte sich heraus, dass eine 1x w&ouml;chentliche Applikation bei Menschen ein geeignetes Verabreichungsmodell sein d&uuml;rfte. YH25724 kann die FGF21-Resistenz &uuml;berwinden, die mit &Uuml;bergewicht und Typ-2-Diabetes assoziiert ist. Au&szlig;erdem kam es bei den M&auml;usen zu einem starken Absinken der Glukosespiegel; ebenso trat ein Gewichtsverlust ein, der ausgepr&auml;gter und anhaltender war als mit Dulaglutid (Abb. 2). Die Auswertung ergab dar&uuml;ber hinaus eine Verbesserung der Lipidprofile, der hepatischen Steatose, der Leberhistologie und der NASH-Marker. Aus den Daten erhofft sich die Gruppe auch, dass die Therapie arm an Nebenwirkungen sein k&ouml;nnte. <br />Zusammenfassend: Die Autoren sehen in der synergistischen Verbesserung der Insulinsekretion und der Insulinsensitivit&auml;t ein betr&auml;chtliches Potenzial zur Therapie des Typ-2-Diabetes durch YH25724. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite16_1.jpg" alt="" width="435" height="615" /></p> <h2>Dualer GIP-/GLP-1-Rezeptoragonist</h2> <p>Jacqueline Naylor<sup>4</sup> aus Cambridge, UK, pr&auml;sentierte Daten zu einem neuen, dualen Agonisten f&uuml;r den GIP-/GLP-1-Rezeptor, der gemeinsam von den Firmen Med&shy;Immune und AstraZeneca erforscht wird. Die Forschung zu diesem dualen Agonisten befindet sich noch im Grundlagenstadium, interessant ist jedoch eine Entdeckung, die zeigt, weshalb es eine Rationale f&uuml;r einen solchen Therapieansatz geben k&ouml;nnte. An von der Gruppe mit der CRISPR/Cas-9-Technologie hergestellten Knock-out-Zelllinien INS-1 832/3 (pankreatischen Betazellen) f&uuml;r den GIP- und den GLP-1-Rezeptor zeigte sich, dass das Fehlen eines der beiden Rezeptoren durch den anderen kompensiert werden kann. In vivo wurden drei duale Agonisten mit unterschiedlich starker Wirkung auf den GLP-1- und GIP-Rezeptor untersucht. Die Daten zu einem der drei untersuchten dualen Agonisten, der auf beide Rezeptoren gleich starke Wirkung aus&uuml;bt, zeigen, dass es m&ouml;glich ist, einen solchen Agonismus auch in vivo zu erzielen.</p> <h2>Direkter AMPK-Aktivator PXL770</h2> <p>Neben dualen Wirkprinzipien standen auch andere Mechanismen auf dem Programm. So pr&auml;sentierte S&eacute;bastien Bolze<sup>5</sup>, Lyon, von der Firma Poxel Daten zu einem neuen direkten AMPK-Aktivator PXL770, der in Zusammenarbeit mit der Gruppe um Michael Roden vom Deutschen Diabetes-Zentrum in D&uuml;sseldorf im Mausmodell untersucht wird. Die Rationale dahinter: PXL770 aktiviert direkt die Adenosinmonophosphat-aktivierte Proteinkinase (AMPK), ein Enzym, das den zellul&auml;ren Energiestoffwechsel reguliert, indem es den Energieverbrauch hemmt und die Energieerzeugung in der Zelle stimuliert. Daher k&ouml;nnte eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Diabetes und Hyperlipid&auml;mie PXL770 spielen. Es zeigte sich, dass PXL770 eine De-novo-Lipogenese sowohl in vitro als auch in vivo im Mausmodell inhibiert. PXL770 verbesserte die glyk&auml;mische Kontrolle signifikant, das Lipidprofil und eine hepatische Steatose bei den untersuchten ob/ob-M&auml;usen. Unter PXL770 kam es trotz einer fettreichen Di&auml;t au&szlig;erdem zu einem Gewichtsverlust bei den M&auml;usen, der auf eine Reduktion der Fettmasse der M&auml;use zur&uuml;ckgef&uuml;hrt werden konnte (Abb. 3). Die Ursache daf&uuml;r waren ein erh&ouml;hter Energieverbrauch und Fettoxidation. <br />PXL770 ist derzeit in Phase I, wobei der SAD-Teil (Steigerung von Einzeldosierungen bei gesunden freiwilligen Probanden) bereits abgeschlossen ist und von den Probanden gut toleriert wurde. Dar&uuml;ber hinaus wurde auch kein Sicherheitssignal gefunden. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite16_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Glukokinase-Aktivator MK-0941</h2> <p>Weniger vielversprechend zeigte sich ein von Akinobu Nakamura<sup>6</sup> von der Hokkaido University Graduate School of Medicine in Sapporo, Japan, pr&auml;sentierter Glukokinase-Aktivator (MK-0941), der darauf abzielen sollte, den Glukosestoffwechsel zu verbessern und eine Wirkung auf Betazellproliferation und auch Betazellfunktion auszu&uuml;ben. Allerdings konnte nur eine transiente Betazell-proliferierende Wirkung erzielt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lindauer K et al: Early clinical development of the dual GLP-1/glucagon receptor agonist SAR425899 and esta&shy;b&shy;lishment of a population PK/PD model. EASD-Kongress 2016, Oral Presentation: OP 109 <strong>2</strong> Rossi A et al: Pharmacological characterisation of MEDI0382, a dual GLP-1/glucagon receptor agonist for the treatment of obesity and type 2 diabetes. EASD-Kongress 2016, Oral Presentation: OP 110 <strong>3</strong> Nam YN et al: YH25724, a novel long-acting GLP-1/FGF21 dual agonist provides potent and sustained glycaemic control, body weight loss and lipid profile improvement in animal models. EASD-Kongress 2016, Oral Presentation: OP 111 <strong>4</strong> Naylor J et al: CRISPR/Cas-9 engineered pancreatic beta cell lines can delineate the pharmacology of novel dual GIPR/GLP-1R agonists. EASD-Kongress 2016, Oral Presentation: OP 112 <strong>5</strong> Bolze S et al: PXL770, a novel direct AMPK activator, improves metabolic disorders in a diet-induced mice model of obesity and diabetes. EASD-Kongress 2016, Oral Presentation: OP 113 <strong>6</strong> Nakamura A et al: Transient effect of glucokinase activator on beta cell proliferation. EASD-Kongress 2016, Oral Presentation: OP 114</p> </div> </p>
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