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Auswirkungen der Sarkopenie auf das Frakturrisiko

<p class="article-intro">Die Sarkopenie wird gegenwärtig im Rahmen der grossen europäischen Altersstudie DO-HEALTH unter der Leitung der Universität Zürich intensiv erforscht. Ziel der in DO-HEALTH verankerten Arbeitsgruppe von internationalen Wissenschaftlern ist unter anderem, einen internationalen Standard in der Definition der Sarkopenie voranzubringen, um dringend notwendige Therapiemassnahmen in der Primär- und Sekundärprävention der Sarkopenie zu ermöglichen, wie Prof. Dr. med. Heike Bischoff-Ferrari, Studienleiterin DO-HEALTH und Direktorin der Klinik für Geriatrie am Universitätsspital in Zürich, an der SVGO-Jahrestagung ausführte. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Zwischen dem 20. und dem 80. Lebensjahr schrumpft die Muskelmasse um etwa 40 % , wobei die Anzahl sowie der Durchmesser der Muskelfasern abnehmen. Auch die Anzahl an Neuronen, die das Muskelgewebe innervieren, reduziert sich und die Myosteatose, die Infiltration von Fett in das skelettale Muskelgewebe, nimmt zu.<sup>1</sup> Ab dem 25. Lebensjahr gehen j&auml;hrlich durchschnittlich 0,5&ndash;1 % der Muskelmasse verloren, nach dem 50. Lebensjahr 1&ndash;2 % .<sup>2, 3</sup> Die klinischen Konsequenzen sind gut untersucht.<sup>4&ndash;6</sup> &laquo;Der Verlust an Muskelmasse und -qualit&auml;t hat einen direkten Zusammenhang mit Muskelschw&auml;che, funktionellen Einschr&auml;nkungen, St&uuml;rzen, Gebrechlichkeit, Frakturen und damit verbunden mit dem Verlust an Autonomie&raquo;, erl&auml;uterte Bischoff-Ferrari. &laquo;Um diese Kettenreaktion (Abb. 1) aufzuhalten, m&uuml;ssen wir die Muskelmasse fr&uuml;hzeitig durch wirksame Massnahmen erhalten oder wenigstens den weiteren Verlust aufhalten&raquo;, so die Referentin.<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Innere_1605_Weblinks_seite52.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Definitionen der Sarkopenie im Pr&uuml;fstand</h2> <p>Sarkopenie ist weitverbreitet. Die Pr&auml;valenz betr&auml;gt bei Senioren zwischen 60 und 70 Jahren 5&ndash;13 % und bei &uuml;ber 80-J&auml;hrigen 11&ndash;50 % . &laquo;Die grossen Schwankungen der H&auml;ufigkeitsangaben sind unter anderem auf die vielen unterschiedlichen Definitionen der Sarkopenie zur&uuml;ckzuf&uuml;hren&raquo;, f&uuml;hrte Bischoff-Ferrari aus. International werden in Expertenkreisen neun Definitionen vorgeschlagen. Die meisten ber&uuml;cksichtigen die appendikul&auml;re Skelettmuskelmasse oder &laquo;lean mass&raquo; (ALM), die sich wie die Knochendichte einfach mittels DXA messen l&auml;sst. Einige Wissenschaftler schlagen f&uuml;r die Sarkopeniedefinition eine Kombination aus abnehmender Muskelmasse und -funktion, wie die Gehgeschwindigkeit oder Greifkraft, vor. &laquo;Gegenw&auml;rtig versuchen verschiedene Gruppen die neun verschiedenen Definitionen zu validieren&raquo;, sagte Bischoff-Ferrari. Das grosse Interesse belegt die Bedeutung der Sarkopenie als Risikofaktor. Ziel der laufenden Forschung ist es, eine Definition zu entwickeln, die eine gute Pr&auml;diktion des Krankheitsverlaufes erm&ouml;glicht. &laquo;Solange wir keine international anerkannte griffige Definition der Sarkopenie haben, verl&auml;uft die Entwicklung m&ouml;glicher Therapien schleppend&raquo;, betonte die Professorin. Immerhin besteht schon einmal unter internationalen Experten ein Konsens dar&uuml;ber, dass sowohl St&uuml;rze als auch Frakturen wichtige Endpunkte sind.</p> <h2>Geeignete Kriterien f&uuml;r die Pr&auml;diktion</h2> <p>Die Bedeutung einer praxistauglichen Sarkopeniedefinition konnte die Forscherin mit einer eigenen k&uuml;rzlich publizierten Studie zeigen. In der Arbeit hatte sie mit ihren Kollegen aus dem DO-HEALTH-Forschungsnetzwerk f&uuml;r jede der neun vorgeschlagenen Definitionen untersucht, inwieweit sie die Sturzinzidenz bei 445 Senioren (Alter 65+) &uuml;ber drei Jahre vorhersagen k&ouml;nnen.<sup>7</sup> &laquo;Wir stellten fest, dass nur zwei der neun Definitionen eine signifikante Vorhersage der St&uuml;rze erm&ouml;glichen. Eine basiert auf ALM (Muskelmasse) allein, die andere auf ALM in Kombination mit Funktionsabnahme&raquo;, f&uuml;hrte Bischoff-Ferrari aus. Auch ergab die Studie, dass die erfolgreiche Definition, die auf ALM alleine beruht, eine fr&uuml;here Krankheitsphase erfassen kann als die erfolgreiche Definition ALM plus Funktionsabnahme. &laquo;Dies ist f&uuml;r die Praxis relevant, da mit einer fr&uuml;hen Diagnose auch fr&uuml;h eine Therapie eingeleitet werden kann.&raquo; Eine Definition basierend auf der Muskelmasse ohne Einsch&auml;tzung der Funktion hat zudem den Vorteil, dass sie unabh&auml;ngig von der Testperson und der Motivation ist.</p> <h2>Geschlechtsspezifische Unterschiede?</h2> <p>Erste Studien haben den Zusammenhang zwischen Muskelmasse und H&uuml;ftfrakturrisiko untersucht. Eine Arbeit zeigt, dass eine gr&ouml;ssere Muskelmasse nur bei M&auml;nnern das H&uuml;ftfrakturrisiko reduziert, eine andere, gr&ouml;ssere Studie zeigt diesen Zusammenhang auch f&uuml;r Frauen. &laquo;Wir werden nun die geschlechtsspezifische Validierung der verschiedenen Definitionen weiter ausdehnen&raquo;, sagte Prof. Bischoff-Ferrari. Zudem werden weitere Parameter &uuml;berpr&uuml;ft, um die Komponenten der Sarkopenie (Masse und Qualit&auml;t) m&ouml;glichst fr&uuml;h erfassen und verbessern zu k&ouml;nnen. &laquo;Denkbar ist beispielweise, dass auch die Menge des subkutanen Fettgewebes und/oder der Anteil des Fettgewebes in den Muskeln das Frakturrisiko beeinflussen&raquo;, so die Referentin. Im Rahmen der grossen europ&auml;ischen DO-HEALTH-Studie, an der Zentren in Z&uuml;rich, Basel, Genf, Berlin, Innsbruck, Toulouse und Coimbra beteiligt sind, werden derzeit drei gesundheitsf&ouml;rdernde Interventionen (Vitamin D, Omega-3-Fetts&auml;uren und ein Trainingsprogramm) f&uuml;r die Pr&auml;vention der Sarkopenie und deren Folgen bei mehr als 2000 &uuml;ber 70-j&auml;hrigen Personen getestet. Die Ergebnisse werden f&uuml;r 2017 erwartet.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Verdijk LB1 et al: Satellite cell content is specifically reduced in type II skeletal muscle fibers in the elderly. Am J Physiol Endocrinol Metab 2007; 292: E151-7 <strong>2</strong> Lexell J et al: What is the cause of the ageing atrophy? Total number, size and proportion of different fiber types studied in whole vastus lateralis muscle from 15- to 83-year-old men. J Neurol Sci 1988; 84: 275-94 <strong>3</strong> Koopman R1, van Loon LJ: Aging, exercise, and muscle protein metabolism. J Appl Physiol 2009; 106: 2040-8 <strong>4</strong> Goodpaster BH et al: The loss of skeletal muscle strength, mass, and quality in older adults: the health, aging and body composition study. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 2006; 61: 1059-64 <strong>5</strong> Bischoff-Ferrari HA: Relevance of vitamin D in muscle health. Rev Endocr Metab Disord 2012; 13: 71-7 <strong>6</strong> Cesari M et al: Pharmacological interventions in frailty and sarcopenia: report by the international conference on frailty and sarcopenia research task force. J Frailty Aging 2015; 4: 114-20 <strong>7</strong> Bischoff-Ferrari HA et al: Comparative performance of current definitions of sarcopenia against the prospective incidence of falls among community-dwelling seniors age 65 and older. Osteoporos Int 2015; 26: 2793-802</p> </div> </p>
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