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Bronchuskarzinom

Die Entwicklung geht in Richtung einer individualisierten Therapie

<p class="article-intro">Das Motto des diesjährigen ASCO lautete „Collective wisdom: the future of patient-centered care and research“. Dementsprechend standen heuer zahlreiche Studien zur zielgerichteten Therapie auf dem Programm, neben weiterführenden Ergebnissen und neuen Ansätzen in der Immunonkologie. Außerdem wurden Übersichten präsentiert, welche teilweise einen Vergleich zwischen gelebter Praxis und den Anforderungen aus Studienergebnissen zogen. Vieles befindet sich derzeit in der frühen Phase der Entwicklung, sodass es nur in einzelnen Bereichen abgeschlossene Studien gab, welche eine baldige Zulassung von Medikamenten erwarten lassen und damit eine neue Therapiemöglichkeit.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>NSCLC, Stadium II/III: bessere Differenzierung der Chemoradiatio und M&ouml;glichkeiten der Protonentherapie</li> <li>Neue Targets &ndash; neue Medikamente, bis auf Alectinib aber derzeit in Phase I oder&nbsp;II</li> <li>Immuntherapie &ndash; der n&auml;chste Schritt: Kombinationen bei NSCLC und SCLC, Studien in der Erstlinie</li> <li>SCLC: in Phase-I-Studie erstmals zielgerichtete Therapie mit Wirksamkeit in Monotherapie bei Patienten nach Chemotherapie</li> </ul> </div> <h2>Immunonkologie</h2> <p>Zur Immuntherapie wurden vor allem Updates der bekannten Zulassungsstudien und Subgruppenanalysen daraus von Nivolumab oder Pembrolizumab gezeigt, welche im Wesentlichen die gute Wirksamkeit samt niedriger Nebenwirkungsrate best&auml;tigen (Abstracts #3070, 9015, 9024, 9025, 9026, 9028, 9038). Nachdem der erste Hype des Vorjahres abgeklungen scheint, beginnt sich die onkologische Community dar&uuml;ber Gedanken zu machen, was mit den &uuml;brigen 70&ndash;80 % der Patienten mit NSCLC passieren soll, welche keine lang anhaltende Remission erreichen. Neben verschiedensten Kombinationen der PD1-/PD-L1-Inhibitoren mit bekannten Substanzen oder Methoden (CTLA-4-Inhibitoren, z.B. Abstract #3001 &ndash; Abb. 1; #100, #9027; Chemotherapie #9016; Strahlentherapie) werden verschiedene, teilweise ziemlich futuristisch anmutende M&ouml;glichkeiten vorgestellt, die Pr&auml;senz der Lymphozyten im Tumorgewebe und ihre antitumor&ouml;se Aktivit&auml;t zu steigern. Kurz gesagt geht es vor allem darum, einen &bdquo;kalten&ldquo; Tumor in einen &bdquo;hei&szlig;en&ldquo; und damit vom Immunsystem erkennbaren Tumor umzuwandeln. <br /> Auch in der Immunonkologie geht die Entwicklung damit in Richtung einer st&auml;rker individualisierten Therapie mit Ber&uuml;cksichtigung der pers&ouml;nlichen Ausgangslage des Patienten. Was hier immer noch fehlt, ist allerdings ein verl&auml;sslicher pr&auml;diktiver Marker, da PD-L1 diese Anspr&uuml;che nicht vollst&auml;ndig erf&uuml;llt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite124_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>NSCLC Stadium IV</h2> <p><strong>&bdquo;Targeted therapies&ldquo;</strong><br /> In der Therapie des fortgeschrittenen NSCLC im Stadium IV mit einer Mutation gab es Pr&auml;sentationen zu zahlreichen Substanzen der neueren Generation, auch in speziellen Indikationen. Inzwischen wurden auch neue Targets (RET #9012 &bdquo;Luret&ldquo;, 9013, 9014; cMET #9020, 9021, 9067; <em>BRAF</em>, HER2) besser definiert und die ersten Inhibitoren dagegen sind in Entwicklung.<br /> F&uuml;r NSCLC-Patienten mit einem ALK-1-Rearrangement wurden die Ergebnisse einer gro&szlig;en Phase-III-Studie mit Alectinib (Abstract #9008) pr&auml;sentiert: Alectinib ist ein hoch selektiver ALK-Inhibitor mit Aktivit&auml;t im ZNS und bei erworbener ALK-Resistenz und wurde als First-Line-Therapie mit Crizotinib in dieser Indikation verglichen. Die Ergebnisse stammen aus dem japanischen Anteil der weltweiten Studie (J-ALEX) und zeigen eine deutliche &Uuml;berlegenheit des Alectinib gegen&uuml;ber Crizotinib in den Bereichen Ansprechrate und progressionsfreies &Uuml;berleben (HR: 0,34, ZNS-Meta: HR: 0,08). Besonders die Ergebnisse bei den Patienten mit ZNS-Metastasen beeindruckten, da es bei diesem Tumortyp in bis zu 60 % zum Auftreten von zerebralen Metastasen kommt und diese durch Crizotinib nicht ausreichend behandelbar sind. Zus&auml;tzlich ergab sich eine deutlich geringere Toxizit&auml;t.<br /> Da es sich um eine geplante Interimsauswertung handelte, lagen noch keine Daten zum Gesamt&uuml;berleben vor. Diskutiert wurde, ob es sich dabei um einen neuen Standard in der First-Line-Therapie bei ALK-Mutation handeln k&ouml;nnte, was mit einem verhaltenen &bdquo;Ja&ldquo; beantwortet wurde. Es scheint so zu sein, dass nach den bisherigen Daten eine Upfront-Therapie mit Alectinib zumindest beim PFS einer Abfolge von Crizotinib und anschlie&szlig;end Alectinib &uuml;berlegen sein k&ouml;nnte (&gt;20 Monate versus 11 Monate + 9 Monate). Es werden jedenfalls die Ergebnisse der weltweiten ALEX-Studie mit Spannung erwartet.<br /> Weitere zielgerichtete Substanzen gegen ALK/ROS1 wie Brigatinib (#9007, 9057, 9060) und Lorlatinib (#9009) befinden sich in Phase I und II mit vielversprechender Wirksamkeit (auch im ZNS) und guter Tolerabilit&auml;t bei mit Crizotinib vorbehandelten Patienten.<br /> Diskutiert wurden auch die Phase-I-Studien mit den neuen EGFR-Inhibitoren (Osimertinib: #9002, AZD3759: #9003 &bdquo;BLOOM&ldquo;) bei ZNS- oder leptomeningealen Metastasen. Diese zeigen eine gute ZNS-G&auml;ngigkeit mit positiven Ergebnissen, sodass die weitere Entwicklung und spezifische Studien in dieser Indikation erw&uuml;nscht sind.<br /> <br /> <strong>Allgemein</strong><br /> Abstract #9004 war einer Phase-II-Studie gewidmet, welche die lokale konsolidierende Therapie zur Verbesserung des PFS bei Patienten mit oligometastasierendem NSCLC nach systemischer Induktionstherapie untersuchte. Dabei erhielten Patienten mit maximal 3 Metastasen (LK als 1 Site) und ohne Erguss sowie ohne Progress nach der systemischen Erstlinientherapie entweder eine lokale Konsolidierung in Form eines chirurgischen Eingriffs und/oder einer Strahlentherapie oder sie wurden entsprechend dem Standard mit einer Erhaltungstherapie oder mit Beobachtung weitergef&uuml;hrt (lokale Ma&szlig;nahmen bei PD waren erlaubt). Die Patienten mit der Lokaltherapie hatten ein um 8 Monate l&auml;ngeres PFS &ndash; bemerkenswert, wenn auch nur wenige Patienten randomisiert worden waren. Die Daten zum Gesamt&uuml;berleben werden erwartet, jedenfalls erscheint das Stadium IV heterogen und sollte in diesen F&auml;llen interdisziplin&auml;r diskutiert werden.<br /> Die franz&ouml;sische Studiengruppe pr&auml;sentierte die Ergebnisse der Phase-III-Studie ULTI&shy;MATE (Abstr. # 9005), in welcher die w&ouml;chentliche Gabe von Paclitaxel in Kombination mit Bevacizumab als Zweit- oder Drittlinientherapie gegen&uuml;ber Docetaxel verglichen wurde. Der prim&auml;re Endpunkt &ndash; das progressionsfreie &Uuml;berleben &ndash; wurde erreicht, der Studienarm schnitt signifikant besser ab mit einer HR von 0,62 (PFS 5,4 versus 3,9 Monate), das OS war allerdings gleich (ein Cross-over war erlaubt). Es gab unterschiedliche Toxizit&auml;tsprofile, die Lebensqualit&auml;t war vergleichbar. Letztendlich wurde diese Kombination als weitere Option im Relapse nach First-Line-Therapie bezeichnet.<br /> <br /><strong> Fr&uuml;he Stadien</strong><br /> In einer gepoolten Analyse der Teilnehmer an den Studien der U.S. Cooperative Group wurde die konkomitante Radiochemotherapie im Stadium III (Abstract #8508) hinsichtlich der Ergebnisse f&uuml;r Patienten &uuml;ber und unter 70 Jahren untersucht. Dabei ist diese Therapie f&uuml;r Patienten &uuml;ber 70 Jahre offenbar mit einer h&ouml;heren Rate an Toxizit&auml;t und mit einem k&uuml;rzeren OS verbunden (PFS gleich). Trotz der diskutierten Schw&auml;chen der Studie scheint es ratsam, bei &auml;lteren Patienten auf eine konkomitante Radiochemotherapie zu verzichten. Es wurde auch empfohlen, eine Risikostratifizierung, z.B. mittels eines geriatrischen Assessments, vorzunehmen, wie auch im Abstract #8509 untersucht wurde. Dabei wurden Werkzeuge des geriatrischen Assessments mit dem VES-13 (&bdquo;vulnerable elders survey&ldquo;) kombiniert, wodurch eine Vorhersage f&uuml;r das Eintreten schwerer Nebenwirkungen m&ouml;glich war, im Gegensatz zu den Einzelfaktoren wie Alter, ECOG PS, Komorbidit&auml;ten oder Gewichtsverlust.<br /> Weitere strahlentherapeutische Studien befassten sich mit dem Vergleich zwischen einer Photonen- und einer Protonentherapie (Abstracts #8500/8501). Die erste Pr&auml;sentation brachte eine Phase-II-Studie mit negativem Ausgang, da die angenommenen Vorteile einer Protonentherapie nicht erreicht werden konnten. Dies wurde in der Diskussion im Detail besprochen, vor allem das Design und die statistische Analyse kritisiert. Im zweiten Fall wurde eine retrospektive Auswertung der National Cancer Data Base gezeigt, wobei sich hier bei den mit Protonen behandelten Patienten ein l&auml;ngeres &Uuml;berleben im Stadium II und III zeigen lie&szlig;. Neben der retrospektiven Auswertung sind vor allem der limitierte Zugang zur Protonentherapie &ndash; hier spielen sozio&ouml;konomische Unterschiede eine gro&szlig;e Rolle &ndash; und die damit verbundene vergleichsweise kleine Patientenzahl ein Problem (Abb. 2). Eine Level-1-Evidenz in dieser Frage wird von der laufenden Phase-III-Studie RTOG 1308 erwartet.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite124_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC)</h2> <p>Mit dem Stadium &bdquo;limited disease&ldquo; und der Radiochemotherapie beim SCLC befasste sich die Studie CONVERT, wie in Abstract #8504 dargestellt: konkomitante Radiochemotherapie 1x (66GHD) versus 2x (45GHD) t&auml;glich bei Patienten mit kleinzelligem N. bronchi (Phase III).<br /> Bei gutem PS ist die konkomitante CHRT Standard in einer Dosis von 40&ndash;50Gy, wobei die hyperfraktionierte Gabe (2x tgl.) in derselben Gesamtdosis einen &Uuml;berlebensvorteil bringt. In den USA wird dies aber nur bei 21 % der Patienten durchgef&uuml;hrt und ist auch mit h&ouml;herer Toxizit&auml;t behaftet. Es wurde angenommen, dass die 1x tgl. Gabe mit h&ouml;herer GHD (bis 70Gy theoretisch m&ouml;glich) ein besseres OS bringen sollte. Es fand sich aber kein signifikanter Unterschied im medianen OS und 2-Jahres-&Uuml;berleben zwischen beiden Armen, die Grad-3/4-&Ouml;sophagitis war vergleichbar. Damit bleibt die Frage, ob eine hoch dosierte 1x t&auml;glich verabreichte Radiatio vorteilhaft w&auml;re, bis auf Weiteres ungekl&auml;rt.<br /> Seit Jahrzehnten gibt es keinen Fortschritt in der Chemotherapie des SCLC, nun wurde ein m&ouml;gliches neues Target in dieser Histologie entdeckt: DLL3 ist ein atypischer inhibitorischer Notch-Ligand und wird in 80 % der SCLC und LCNEC (gro&szlig;zellige neuroendokrine Tumore) spezifisch exprimiert. Im Abstract #LBA8505 wurde Rovalpituzumab tesirine (&bdquo;DLL3-targeted antibody-drug conjugate&ldquo;; Abb. 3) bei rezidivierendem und therapierefrakt&auml;rem SCLC vorgestellt. In dieser Phase-I-Studie fanden sich vielversprechende Ansprechraten in der Zweit- und Drittlinie im Vergleich zu Standardtherapien, besonders bei Expression von DLL3 &gt;50 % . Diese Substanz zeigt vor allem im Vergleich mit fr&uuml;heren Versuchen derartiger AK-Medikamenten-Konjugate ein akzeptables Nebenwirkungsprofil und wird weiter untersucht.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Onko_1604_Weblinks_Seite125.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Im Bereich des Lungenkarzinoms gab es heuer besonders vielf&auml;ltige und zahlreiche Beitr&auml;ge, aus denen hier nur eine kleine Auswahl getroffen werden konnte. Wie immer waren auch negative Ergebnisse dabei, womit einige Fragen weiter offen bleiben, aber auch durchaus interessante innovative Ans&auml;tze, die f&uuml;r die Zukunft die Hoffnung er&ouml;ffnen auf eine effizientere Behandlung dieses weitverbreiteten Karzinoms.</p> </div></p>
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