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Embolieprophylaxe – worauf muss der Allgemeinmediziner achten?

<p class="article-intro">Die orale Antikoagulation wird als elementare Therapie zur Verhinderung von Schlaganfällen bei Patienten mit Vorhofflimmern eingesetzt und ihr Nutzen steht außer Zweifel. Die Wahl der für den jeweiligen Patienten geeigneten Medikation stellt nicht zuletzt aufgrund der damit verbundenen massiven Einschränkungen eine verantwortungsvolle Aufgabe für den verordnenden Arzt dar.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Vorhofflimmern ist f&uuml;r bis zu ein F&uuml;nftel aller Schlaganf&auml;lle verantwortlich, und das Schlaganfallrisiko steigt mit der Zeit. Es scheint au&szlig;erdem, dass Frauen mit Vorhofflimmern gegen&uuml;ber der Kontrollgruppe ein h&ouml;heres Risiko haben als M&auml;nner mit dieser Erkrankung (Abb. 1). Der Nutzen einer oralen Antikoagulation (OAK) bei Vorhofflimmern zur Verhinderung einer (zerebralen) Embolie ist in der Literatur ausreichend gesichert. Dies inkludiert sowohl die l&auml;nger zur&uuml;ckliegenden Daten zur Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA; Marcoumar, Sintrom) als erst recht die Analyse an viel gr&ouml;&szlig;eren Patientenkohorten, bei denen Vita&shy;min-K-Antagonisten mit den neuen Substanzen, den sogenannten NOAK/DOAK (Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban), verglichen wurden (Abb. 2). Aufgrund dieser Datenlage empfiehlt die Europ&auml;ische kardiologische Gesellschaft auch, NOAK als Therapieform der ersten Wahl anzusehen, wenn ein Patient mit Vorhofflimmern einer OAK bedarf. Inzwischen ist auch durch sehr rezente Analysen gesichert, dass die Therapie mit ASS (Acetylsalicyls&auml;ure) keinerlei Nutzen zur Verhinderung von Schlaganf&auml;llen bringt und mit einem gleich hohen Risiko f&uuml;r Blutungen verbunden ist wie eine Behandlung mit OAK.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1606_Weblinks_Seite12_1.jpg" alt="" width="576" height="519" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1606_Weblinks_Seite12_2.jpg" alt="" width="577" height="520" /></p> <h2>Was soll der Allgemeinmediziner diesbez&uuml;glich wissen?</h2> <p>Ganz wichtig ist die Identifikation dieser Patienten, d.h. zun&auml;chst die Dokumentation von Vorhofflimmern mittels EKG. Dies kann besonders bei paroxysmalem Vorhofflimmern, das mit wenigen Symptomen assoziiert ist, durchaus problematisch sein (es dauert oft lange, bis eine EKG-Dokumentation gelingt!). Wichtig ist auch zu wissen, dass es f&uuml;r die Stellung einer Indikation zur OAK-Therapie egal ist, ob bei dem Patienten Vorhofflimmern sporadisch (paroxysmal) auftritt oder ob sich bereits permanentes Vorhofflimmern manifestiert hat.<br /> Im Folgenden gilt es, f&uuml;r jeden Patienten mittels des gut etablierten CHADS2- bzw. CHADS-Vasc-Scores das jeweils individuelle Risiko f&uuml;r einen Schlaganfall zu bestimmen (Abb. 3) und den Patienten von der Sinnhaftigkeit einer OAK-Therapie zu &uuml;berzeugen.<br /> Nat&uuml;rlich ist dem Embolierisiko prinzipiell das individuelle Blutungsrisiko gegen&uuml;berzustellen, anhand von anamnestischen Angaben &uuml;ber vorangegangene Blutungen, insbesondere zerebrale Blutungen. Von betreuenden Medizinern wird immer wieder eine diffuse Angst, einem Patienten durch OAK im Hinblick auf Blutungen zu schaden, zum Anlass genommen, einen Patienten nicht auf OAK einzustellen &ndash; das inkludiert auch die Neigung zu St&uuml;rzen, die nat&uuml;rlich bei &auml;lteren Patienten durchaus besteht. Allerdings gibt es auch dazu Untersuchungen. Patienten k&ouml;nnen durchaus h&auml;ufiger st&uuml;rzen und dennoch durch eine OAK weniger lebensbedrohlich gef&auml;hrdet sein, als wenn man ihnen diese vorenth&auml;lt. Dennoch mag es vereinzelt Patienten geben, bei denen man sich als Arzt aktiv gegen die Etablierung einer OAK entscheidet &ndash; sollte es bei diesen Patienten Hinweise auf ein deutlich erh&ouml;htes Schlaganfallrisiko geben (z.B. schon durchgemachter Insult), dann w&auml;ren auch alternative Therapiem&ouml;glichkeiten wie etwa die Implantation eines in den linken Vorhof platzierten Devices an einer kardiologischen Spezialklinik angezeigt.<br /> Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die Nierenfunktion vor Initiierung einer OAK. Denn trotz &Uuml;berlegenheit der neuen Substanzen (NOAK/DOAK) gegen&uuml;ber den Vitamin-K-Antagonisten gibt es klare Limitationen bzw. Kontraindikationen in Zusammenhang mit diesen Therapien. Dies betrifft zun&auml;chst Patienten mit Mitralstenose sowie Tr&auml;ger von mechanischen Herzklappeners&auml;tzen &ndash; diese Patienten m&uuml;ssen mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden. Eine relevant eingeschr&auml;nkte Nierenfunktion (eGFR &lt;30ml/min/m2) stellt ebenso eine klare Kontraindikation gegen DOAK dar. Niereninsuffiziente Patienten haben per se einerseits ein erh&ouml;htes Embolierisiko, andererseits ein erh&ouml;htes Blutungsrisiko, welches unter OAK noch zunimmt. Deshalb ist auch die Nierenfunktionskontrolle im Therapieverlauf wichtig: Die Initiierung einer DOAK-Therapie unter noch nicht wesentlich eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion (eGFR &gt;30 ml/min/m2) bedeutet nicht, dass sich gerade bei &auml;lteren Patienten, auch getriggert durch Infektion/Exsikkose, die Nierenfunktionswerte nicht dramatisch verschlechtern k&ouml;nnen.<br /> Bei Verschreibung von NOAK ist es ganz entscheidend, die &bdquo;richtige&ldquo; Dosis zu verordnen. Es ist bekannt, dass &Auml;rzte h&auml;ufig dazu neigen, Patienten mit der Indikationsstellung NOAK bei Vorhofflimmern die niedrigste verschreibbare Dosis zu verordnen &ndash; die Effizienz ist aber nur f&uuml;r die ad&auml;quate Dosis dokumentiert und niedrigere Dosen (also z.B. Pradaxa 2x 110mg statt 2x 150mg) sind nur bei Einschr&auml;nkung der Nierenfunktion oder in den seltenen F&auml;llen einer sogenannten Tripletherapie (also in Kombination mit ASS und Clopidogrel) indiziert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_DAM_Allgemeinm_1606_Weblinks_Seite14.jpg" alt="" width="567" height="382" /></p> <h2>Antidot f&uuml;r NOAK-Therapie</h2> <p>Bei der Einf&uuml;hrung der NOAK kam immer wieder der Ruf nach einem Antidot auf, nachdem man &uuml;ber viele Jahre in der Vorstellung gelebt hatte, dass im Notfall einer anstehenden dringlichen Operation oder einer schweren Blutungskomplikation mit der p.o. oder i.v. Gabe von Vitamin K ein wirksames &bdquo;Antidot&ldquo; gegen die Vitamin-K-Antagonisten zur Verf&uuml;gung st&uuml;nde. Nach Etablierung der Therapie mit NOAK sind mittlerweile zahlreiche Untersuchungen erfolgt, welche die H&auml;ufigkeit solcher Situationen in der klinischen Praxis und den Verlauf bei den betroffenen Patienten analysiert haben. Einerseits handelt es sich tats&auml;chlich um ein sehr seltenes Ereignis, Blutungskomplikationen sind mit den NOAK einfacher zu bew&auml;ltigen. Inzwischen steht aber tats&auml;chlich f&uuml;r Pradaxa ein &bdquo;echtes&ldquo; Antidot zur Verf&uuml;gung, das die Wirkung der Antikoagulation extrem schnell aufhebt &ndash; allerdings bisher wenig zum Einsatz gekommen ist.<br /> Schlie&szlig;lich erscheint mir ganz wichtig, bei den Patienten auch das n&ouml;tige Bewusstsein f&uuml;r diese Therapieform zu schaffen &ndash; der Einsatz von OAK in welcher Form auch immer bedeutet eine Ver&auml;nderung der Gerinnung, ein h&ouml;heres Blutungsrisiko etc. Es empfiehlt sich unbedingt, den Patienten die von den jeweiligen Firmen zur Verf&uuml;gung gestellten Gerinnungsausweise auszuh&auml;ndigen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Es ist nochmals zu betonen, dass die OAK mit den lange erprobten Vitamin-K-Antagonisten (Marcoumar, Sintrom) mit all ihren Einschr&auml;nkungen wie auch mit den neuen Substanzen, den NOAK/DOAK, eine elementare Therapie f&uuml;r Patienten mit Vorhofflimmern zur Verhinderung von &ndash; auch t&ouml;dlichen, aber in jedem Fall oft massiv beeintr&auml;chtigenden &ndash; Schlaganf&auml;llen darstellt. Der sorgf&auml;ltige Umgang damit obliegt dem verschreibenden Arzt.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>Literatur bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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