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Noppawan Laisuan
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„From bench to bedside“ – Forschung für eine bessere Patientenversorgung
Jatros
30
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17.04.2018
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<p class="article-intro">Die Abteilung für Innere Medizin am Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz ist vor allem eine Schwerpunktklinik mit der Aufgabe, Patienten zu betreuen. Doch auch die wissenschaftliche Arbeit kommt nicht zu kurz. Prim. Univ.-Prof. Martin Clodi und Dr. Michael Resl erläutern im Gespräch mit JATROS Diabetologie & Endokrinologie die Forschungsschwerpunkte im Bereich Diabetes und Endokrinologie.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Herr Professor Clodi, Herr Dr. Resl, Sie sind beide in der Diabetesforschung sehr aktiv. Welches sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?<br /><br /> M. Clodi:</strong> Einer der Schwerpunkte unserer Arbeitsgruppe ist die Vorhersage von kardiovaskulären Risiken bei Diabetikern anhand von Biomarkern. Das heißt, dass wir geeignete Marker suchen, um kardiovaskuläre Risiken zuverlässig anzuzeigen. Damit einher geht die Forschung dazu, wie man kardiovaskuläre Komplikationen bei Diabetikern reduzieren kann.<br /><br /> <strong>M. Resl:</strong> Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist der Ernährungsstatus von Patienten im Spital. Dabei geht es vorwiegend um Mangelernährung, die – und das ist kein Widerspruch – auch bei übergewichtigen Patienten vorkommt. Außerdem machen wir Probandenstudien mit gesunden Teilnehmern, zum Beispiel aktuell eine Studie, die den Zusammenhang zwischen dem Cholesterinsystem und dem Auftreten einer Sepsis untersucht.<br /><br /><strong> Welche Biomarker für kardiovaskuläre Risiken bei Diabetes konnten Sie identifizieren?<br /><br /> M. Resl:</strong> Zuverlässige Biomarker sind zum Beispiel das N-terminale pro-B-Typnatriuretische Peptid (NT-proBNP), der „growth differentiation factor“ 15 (GDF15), Troponin T, das mittregionale pro-atriale natriuretische Peptid (MRproANP) und das C-terminale Proendothelin- 1 (CT-proET-1). Wir haben jedoch festgestellt, dass ihre Aussagekraft nicht für alle Patienten gleich ist, sondern mit der Krankheitsdauer variiert. So sind für Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer andere Marker relevant als für solche, die bereits länger an Diabetes leiden.<br /><br /><strong> In dieses Gebiet gehört auch die sogenannte personalisierte Medizin. Spielt sie beim Diabetes eine Rolle?<br /><br /> M. Resl:</strong> Das ist ein etwas schwieriges Thema. Der Begriff „personalisierte Medizin“ ist gerade sehr modern und in aller Munde. In der Diabetestherapie kommt es natürlich auch darauf an, für jeden Patienten die passende Therapiestrategie zu finden. Das ist viel einfacher geworden, weil wir inzwischen zahlreiche Medikamente mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen zur Verfügung haben. Trotzdem müssen wir die Pathophysiologie noch besser verstehen und noch mehr wissen, um tatsächlich personalisiert behandeln zu können.<br /><br /> <strong>M. Clodi:</strong> Dem stimme ich zu. Wir arbeiten daran, die Grundlagenforschung noch besser mit der klinischen Forschung zu vernetzen und so wichtige Erkenntnisse für die Therapie zu gewinnen.<br /><br /> <strong>In einer alternden Bevölkerung steigt auch die Zahl der (multimorbiden) Diabetiker an. Gibt es Forschungsinitiativen für diese Patienten?<br /><br /> M. Resl:</strong> Daran wird geforscht, aber es bleibt noch viel zu tun. Ich warne aber davor, die Gleichung „Alt ist gleich multimorbid“ aufzustellen. Wir sehen auch jüngere Patienten, die bereits mehrere Begleiterkrankungen haben, und ältere, die noch sehr fit sind. Das hat unter anderem viel mit dem Lebensstil zu tun. Wir können versuchen, mit unserer Behandlung das Auftreten von diabetesbedingten Komplikationen hinauszuzögern oder sie zu reduzieren.<br /><br /><strong> M. Clodi:</strong> Das ist richtig. Dabei ist auch zu beachten, dass wir die Patienten in der Regel erst dann sehen, wenn sie bereits krank sind und unter Komplikationen leiden. Eine Primärprävention mit Lebensstiländerungen könnte in vielen Fällen sicher diabetesbedingte Komplikationen verhindern.<br /><br /> <strong>Wenn Sie bereits abgeschlossene Studien aus der letzten Zeit betrachten, welche interessanten Ergebnisse haben Sie für uns?<br /><br /> M. Clodi:</strong> Wir forschen hauptsächlich auf nationaler Ebene. Allerdings nehmen wir auch an industriefinanzierten Phase-III-Studien teil und waren auch an der PONTIAC-Studie beteiligt, die unter der Leitung von Prof. Martin Hülsmann vom AKH Wien lief. Sie untersuchte die Primärprävention mit einer neurohumoralen Therapie bei Diabetikern mit hohem kardiovaskulärem Risiko, die anhand von NT-proBNP selektioniert worden waren. Es zeigte sich, dass der Marker gut geeignet ist, um Patienten zu identifizieren, die von dieser Intervention profitieren.<br /><br /><strong> Haben Sie aktuell Studien aufgelegt? Zu welchen Themen?<br /><br /> M. Resl:</strong> Im Rahmen einer Probandenstudie untersuchen wir gerade bei zehn gesunden Männern die Einflüsse einer „Modell-Sepsis“, welche mit Lipopolysacharid induziert wird, auf den Cholesterinmetabolismus. Das ist sehr interessant, denn das Cholesterinsystem ist offenbar am Abfangen von Endotoxinen beteiligt. Gerät es aus dem Gleichgewicht, kann dies dem Entstehen einer Sepsis Vorschub leisten. Außerdem läuft derzeit eine Untersuchung zur Hypoglykämie in Kooperation mit Dr. Lars Stechemesser vom Uniklinikum Salzburg. Und in Planung sind momentan eine Studie zur Ernährung von alten, kranken Patienten, die PONTIAC-II-Studie in Zusammenarbeit mit dem AKH Wien und ein Register für Diabetes und Herzkrankheiten nach akutem Koronarsyndrom.<br /><br /><strong> Wo liegen die Herausforderungen im Bereich Diabetesforschung speziell am Spital der Barmherzigen Brüder in Linz?<br /><br /> M. Resl:</strong> Die große Herausforderung ist, neben dem klinischen Betrieb die Zeit für die Umsetzung von wissenschaftlichen Projekten zu generieren. Wir sind ein Schwerpunktspital und versorgen daher sehr viele Patienten. Wir sind jedoch in der glücklichen Lage, dass wir von der Krankenhausleitung große Unterstützung bekommen, um zu forschen. Die Bedingungen, die wir dafür hier geboten bekommen, sind sehr gut.<br /><br /><strong> M. Clodi:</strong> Dem kann ich nur zustimmen. Wir konnten unsere Forschungsaktivitäten in den vergangenen ein bis zwei Jahren deutlich steigern. Was wünschen Sie sich für die Zukunft hinsichtlich der Diabetesforschung? M. Resl: Wir haben zwar schon eine gute Kooperation mit anderen Diabeteszentren, aber ich würde mir wünschen, dass diese Zusammenarbeit landesweit noch intensiver wird. Dies würde es uns ermöglichen, mehr Projekte zu entwickeln, damit Österreich in der internationalen Diabetesforschung eine noch größere Rolle spielt. Wir haben bereits ein gutes Standing, das aber noch besser werden kann.<br /><br /><strong> M. Clodi:</strong> Ich würde mir außerdem wünschen, dass die Wege zur Finanzierung von Studien in der Diabetesforschung vereinfacht werden, damit wir Projekte schneller und besser umsetzen können.<br /><br /> <strong>Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p></p>
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