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SABCS 2017: Pathologie

From bench to bedside: neue Therapieansätze auf molekularbiologischer Basis

<p class="article-intro">Beim letztjährigen San Antonio Breast Cancer Symposium wurden zahlreiche neue Therapieansätze im Rahmen von präklinischen und klinischen Studien präsentiert. Bei vielen konnte man die Entwicklung der Behandlungskonzepte von der Laborbank bis zum Patientenbett nachvollziehen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Verl&auml;ngerung einer adjuvanten Gabe von Zoledrons&auml;ure von 2 auf 5 Jahre nach adjuvanter Chemotherapie brachte keine Verl&auml;ngerung des krankheitsfreien und des Gesamt&uuml;berlebens; es kam zu einer erh&ouml;hten Toxizit&auml;t und infolgedessen zu Kieferosteonekrosen im experimentellen Arm.</li> <li>Der multigenomische Assay Endo- Predict war in der Lage, die Effizienz einer neoadjuvanten endokrinen Therapie und einer Chemotherapie bei Patientinnen mit luminalen Tumoren in der ABCSG-34-Studie vorherzusagen. Sowohl im Arm mit der endokrinen Therapie als auch im Chemotherapie-Arm konnten Patientinnen identifiziert werden, die kein ad&auml;quates Ansprechen auf die Therapie zeigten.</li> <li>&bdquo;Selective estrogen receptor covalent antagonists&ldquo; (SERCAs) k&ouml;nnten eine durch ER-Mutationen verursachte Resistenz gegen Aromatase- Inhibitoren &uuml;berwinden.</li> <li>Der zellbasierte &bdquo;homologydirected repair assay&ldquo;, entwickelt durch die Mayo Clinic, ist in der Lage, BRCA2-Mutationen mit bisher unbekannter Signifikanz in Hinblick auf ihr Risiko f&uuml;r die Karzinogenese genau einzustufen.</li> <li>Die lobul&auml;re Neoplasie/Carcinoma lobulare in situ (LCIS) konnte auch molekulargenetisch als eine Vorstufe invasiv-lobul&auml;rer Mammakarzinome identifiziert werden.</li> <li>Die intratumorale Heterogenit&auml;t betrifft einen Teil der Mammakarzinome, wobei alle Subtypen vertreten sind. Punktmutationen entwickeln sich schrittweise, w&auml;hrend Ver&auml;nderungen der Genkopienanzahl schubweise auftreten.</li> </ul> </div> <h2>SUCCESS A: Negativstudie zur verl&auml;ngerten Gabe von Zoledrons&auml;ure</h2> <p>Einen der meisterwarteten Beitr&auml;ge hat Wolfgang Janni aus Ulm &uuml;ber die SUCCESS- A-Studie pr&auml;sentiert. Die Phase-IIIStudie ging der Frage nach, ob nach adjuvanter Chemotherapie bei Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko die verl&auml;ngerte Gabe von Zoledrons&auml;ure &uuml;ber 5 anstatt 2 Jahren die Prognose verbessern kann. F&uuml;r die Studie war ein 2x2-Design gew&auml;hlt worden: Zur chemotherapeutischen Behandlung wurden die Patientinnen in zwei Arme randomisiert. Im Kontrollarm wurde standardm&auml;&szlig;ig mit einem Anthrazyklinund Taxan-haltigen Schema behandelt, erg&auml;nzt durch Gemcitabin im experimentellen Arm. Nach Beendigung der Chemotherapie wurden die Teilnehmerinnen erneut randomisiert und erhielten f&uuml;r 2 bzw. 5 Jahre Zoledrons&auml;ure.<br /> Obwohl die Studie einzelne Schwachstellen, wie z.B. die insgesamt niedrige Rezidivrate, aufwies, konnten wertvolle Konklusionen aus den Ergebnissen gezogen werden: Die Verl&auml;ngerung der Zoledrons&auml;ure- Therapie brachte in allen analysierten Subgruppen keine Verl&auml;ngerung des krankheitsfreien oder Gesamt&uuml;berlebens. Im experimentellen Arm traten zudem mehr unerw&uuml;nschte Medikamentennebenwirkungen auf. So verdoppelte sich die Rate an Kieferosteonekrosen nach 5 Jahren Zoledrons&auml;ure-Gabe. Ein experimenteller sekund&auml;rer Endpunkt der Studie war der Nachweis zirkulierender Tumorzellen 5 Jahre nach Chemotherapie. Auch in dieser Hinsicht war das Ergebnis der Studie negativ, es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Therapiearmen.</p> <h2>Multigenomische Assays</h2> <p>Nach etlichen Forschungsbeitr&auml;gen in den vergangenen Jahren wurde es beim 40. San Antonio Breast Cancer Symposium still um multigenomische Assays. Ein einziger Beitrag dazu wurde in einer der Plenarsitzungen pr&auml;sentiert; in diesem berichtete Peter Dubsky &uuml;ber die Effizienz des EndoPredict-Tests zur Vorhersage des Therapieansprechens im Rahmen der neoadjuvanten ABCSG-34-Studie. In seiner Analyse waren alle Patientinnen mit &Ouml;strogenrezeptor(ER)-positiven Tumoren erfasst, die im Rahmen der ABCSG- 34-Studie eine neoadjuvante endokrine Therapie oder Chemotherapie erhalten hatten. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass der EndoPredict-Test in der Lage ist, das Therapieansprechen nach der &bdquo;Residual cancer burden&ldquo;-Methode vorherzusagen. Bei Patientinnen mit Luminal-A-Mammakarzinomen mit niedriger Proliferationsrate, die neoadjuvant mit Letrozol behandelt wurden, sagte ein hoher EndoPredict- Score (hohes Rezidivrisiko) ein schlechtes Tumoransprechen vorher. Bei Patientinnen mit Luminal-B-Mammakarzinomen, die mit neoadjuvanter Chemotherapie behandelt wurden, identifizierte ein niedriger EndoPredict-Score (niedriges Risiko) ebenfalls diejenigen Patientinnen, die keine ad&auml;quate Tumorreduktion erfahren hatten. In diesem Therapiearm wiesen alle Patientinnen mit gutem Ansprechen einen hohen EndoPredict-Score auf. Somit kann der EndoPredict-Test bei zuk&uuml;nftigen neoadjuvanten Studien zur Patientenselektion herangezogen werden.</p> <h2>Synergismen zwischen Grundlagenwissenschaft und klinischer Forschung</h2> <p>Neben diesen bedeutenden klinischen Studien wurden mehrere innovative molekularbiologische Erkenntnisse pr&auml;sentiert, die zwar noch keinen Eingang in die klinische oder diagnostische Routine gefunden haben, aber in weiterer Folge die Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms ver&auml;ndern k&ouml;nnten. Ein Hauptaugenmerk des Jubil&auml;umskongresses lag auf jeden Fall auf der Herstellung von Synergismen zwischen Grundlagenwissenschaft und Medikamentenforschung. In mehreren Vortr&auml;gen ging es darum, neue Wege aufzuzeigen, wie aktuelle molekularbiologische Entdeckungen zur Entwicklung effektiver neuer Therapiem&ouml;glichkeiten beitragen k&ouml;nnten.<br /> Markus Warmuth, Gesch&auml;ftsf&uuml;hrer der Biotechnologie-Firma H3 Biomedicine (www.h3biomedicine.com), hat in seiner Pr&auml;sentation eine neue Substanzgruppe vorgestellt, die eine endokrine Resistenz aufgrund von &Ouml;strogenrezeptor(ER)-Mutationen &uuml;berwinden k&ouml;nnte. Mit fortschreitender Erkrankung entwickeln etwa 30 % aller endokrin resistenten Mammakarzinome Mutationen des ESR1-Gens, das f&uuml;r ER kodiert. Diese Mutationen bewirken eine konstitutive Aktivierung des Rezeptors auch ohne Liganden und vermitteln Resistenz gegen Aromataseinhibitoren. &bdquo;Selective estrogen receptor covalent antagonists&ldquo; (SERCAs) binden kovalent an den mutierten Rezeptor, verhindern somit dessen Aktivierung und unterbinden seine Wirkung. Eine bereits getestete Substanz mit diesem Wirkungsmechanismus zeigte im Tierversuch sowohl als Einzelsubstanz als auch in Kombination mit dem CDK-Inhibitor Palbociclib erfolgreich eine Antitumorwirkung.<br /> Fergus Coach von der Mayo Clinic hat &uuml;ber die Charakterisierung von BRCA2- Mutationen mit bisher unklarer Signifikanz berichtet. Diese Genmutationen bereiten viele Probleme im klinischen Alltag, weil ihre Konsequenzen f&uuml;r das klinische Management bez&uuml;glich des Brustkrebsscreenings und prophylaktischer Operationen unklar sind. Obwohl statistische Modelle existieren, die das individuelle Risiko zu kalkulieren verm&ouml;gen, gibt es bei vielen Varianten zu wenig betroffene Familien, um die Wirkung der Mutationen mit Sicherheit einsch&auml;tzen zu k&ouml;nnen. Hier k&ouml;nnten funktionelle Assays Abhilfe schaffen. Durch die Entwicklung des zellbasierten &bdquo;homology-directed repair assay&ldquo; kann die Funktionsf&auml;higkeit des BRCA2-Proteins nachgewiesen werden, das invers mit dem onkogenen Potenzial korreliert. Der Assay weist eine 100 % ige Sensitivit&auml;t und Spezifit&auml;t auf und k&ouml;nnte Familien mit bisher nicht charakterisierbaren BRCA2-Mutationen nun eine sichere Aussage &uuml;ber ihr Karzinomrisiko bieten.<br /> Der Pathologe Jorge Reis-Filho vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center hat zwei Vortr&auml;ge &uuml;ber die Mutationslandschaften von unterschiedlichen Mammakarzinomen gehalten. Diese betrafen zwei umstrittene Fragen der Mammakarzinogenese. In seinem ersten Vortrag ging er der Frage nach, ob die lobul&auml;re Neoplasie tats&auml;chlich eine Vorstufe von invasiven lobul&auml;ren Mammakarzinomen darstellt (Abb. 1). Seine Arbeitsgruppe konnte mittels &bdquo;whole exome sequencing&ldquo; bei insgesamt 43 F&auml;llen von lobul&auml;rer Neoplasie/Carcinoma lobulare in situ zeigen, dass diese L&auml;sionen zum Teil das gleiche Mutationsspektrum wie invasiv-lobul&auml;re Mammakarzinome aufweisen und somit als nicht obligatorische Karzinomvorstufen zu verstehen sind.<br /> In seinem zweiten Vortrag befasste er sich mit der Entstehung der intratumoralen Heterogenit&auml;t. Es ist bereits bekannt, dass intratumorale Heterogenit&auml;t in allen Mammakarzinomsubtypen auftreten kann und h&auml;ufig Therapietargets, wie z.B. HER2, betrifft. Somit spielt sie eine Rolle in der Entstehung von Resistenzmechanismen. K&uuml;rzlich wurde eine neue Technologie zum &bdquo;single-cell genomic sequencing&ldquo; entwickelt, die die Sequenzierung einzelner Zellen aus Formalin-fixiertem, Paraffin-eingebettetem Tumormaterial erlaubt. Mithilfe dieser Technologie ist es gelungen, die genomische Evolution einzelner Mammakarzinome nachzuvollziehen und daraus wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Demnach betrifft die intratumorale Heterogenit&auml;t nur einen Teil der Mammakarzinome. Bei diesen treten zwei Arten von Ver&auml;nderungen auf: Punktmutationen werden schrittweise akquiriert, w&auml;hrend Genkopienanzahlver&auml;nderungen schubweise auftreten und bereits bei In-situ-L&auml;sionen (DCIS) nachweisbar sind. Zus&auml;tzlich konnte gezeigt werden, dass disseminierte Tumorzellen eine &auml;hnliche Mutationslandschaft aufweisen, aber auch neue Ver&auml;nderungen enthalten k&ouml;nnen.<br /> Obwohl diese &Uuml;berlegungen derzeit eher geringe Relevanz in der Praxis haben, k&ouml;nnen sie die Entwicklung neuer Therapieoptionen zu personalisierter Mammakarzinombehandlung vorantreiben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1802_Weblinks_jatros_onko_1802_s39_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="591" /></p></p>
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