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Spezielle Hygienemaßnahmen bei Problemkeimen in Langzeitpflegeeinrichtungen

<p class="article-intro">Am Beispiel der pulmologischen Abteilung des Pflegewohnhauses Donaustadt mit langzeitbeatmeten Patienten sollen die spezielle Problematik der multiresistenten Keime und der Umgang mit „infektiösen“, besser „MRE-Träger“ genannten Patienten gezeigt werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die &bdquo;Keimerfassung&ldquo; im PDO umfasst das Screenen aller neu aufgenommenen/ wieder aufgenommenen Patienten auf Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), ein erweitertes Screening auf multiresistente Erreger (MRE) bei entsprechenden (Vor-)Befunden bei allen Risikopatienten (seit Beginn 2018) sowie zus&auml;tzliche mikrobiologische Probenabnahme bei Infektionsverdacht. Alle &bdquo;infekti&ouml;sen&ldquo; Patienten (MRE, Hepatitis/HIV, CD) werden monatlich erfasst und laufend evaluiert. Weiters erfolgt eine Infektionserfassung zu einem Stichtag laut Kriterien des Europ&auml;ischen Zentrums f&uuml;r die Pr&auml;vention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC; zuletzt November 2016). Auch der Antibiotikaeinsatz der bettenst&auml;rksten Abteilung wird monatlich erfasst und der Desinfektionsmittelverbrauch (Hand-KISS) aufgezeichnet. In Erg&auml;nzung zu den bestehenden Richtlinien des Krankenanstaltenverbundes der Gemeinde Wien (KAV) wird im Pflegewohnhaus Donaustadt (PDO) fallweise auch ein Wasserstoffperoxidvernebler eingesetzt.</p> <h2>Welche Keime sind gemeint?</h2> <p>Es handelt sich vor allem um MRSA, Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und multiresistente gramnegative St&auml;bchen mit Resistenz gegen 3 bzw. 4 von 4 Antibiotikagruppen (3/4MRGN; am h&auml;ufigsten sind dies Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa, E. coli, Proteus mirabilis, seltener Acinetobacter baumanii und Morganella morganii).<br /> Exemplarisch sind hier Eckdaten der pulmologischen Abteilung im PDO zu einem Stichtag 2017 angef&uuml;hrt: Von 64 Patienten, von denen 94 % bettl&auml;gerig bzw. nur passiv mobilisierbar waren, wurden 86 % mit Cystofix oder DK versorgt. Dabei fanden sich bei 31 Patienten 8x MRSA, 23x 3MRGN, 9x 4MRGN, 0 VRE. Die angef&uuml;hrten Keime waren vor allem im Tracheal-/ Bronchialsekret (17), im Harntrakt (13) sowie in Nasen-/Rachen- und Hautabstrichen nachzuweisen. Somit sind ca. 48 % der betreuten Patienten mit MRE besiedelt (Tab. 1) &ndash; zum Vergleich: 19 % an der neurologischen Abteilung des PDO und 6 % in der Langzeitpflege.</p> <h2>Vorgesehene Ma&szlig;nahmen</h2> <p>Dem MRE-Plan 2017/2018 des KAV zufolge sind bei MRE-Nachweis die folgenden zus&auml;tzlichen Ma&szlig;nahmen durchzuf&uuml;hren:</p> <ul> <li>Informationsweitergabe: Alle involvierten Mitarbeiter m&uuml;ssen informiert werden (z.B. Ambulanzen, andere Fachabteilungen usw.). Die Zieleinrichtungen m&uuml;ssen bereits im Vorhinein informiert werden, um notwendige Ma&szlig;nahmen treffen zu k&ouml;nnen. MRE m&uuml;ssen im Entlassungs- und Transferierungsbericht des Patienten bei den Entlassungsdiagnosen angef&uuml;hrt werden.</li> <li>R&auml;umliche Unterbringung: Die Notwendigkeit einer Isolierung ist vom Erreger, &Uuml;bertragungsweg, von der Patienten-Compliance und vom Risikoprofil der Mitpatienten abh&auml;ngig.</li> <li>Pflege- und Behandlungsutensilien sind patientenbezogen zu verwenden und bis zur Aufhebung der Isolation im Zimmer zu belassen.</li> <li>Laufende Desinfektionsma&szlig;nahmen: Mindestens 2x t&auml;glich ist eine Wischdesinfektion der patientennahen Fl&auml;chen sowie der Sanit&auml;reinrichtungen vorzunehmen, bei sichtbarer Kontamination hat dies umgehend zu erfolgen, mindestens 1x t&auml;glich ist eine Wischdesinfektion des Fu&szlig;bodens durchzuf&uuml;hren.</li> <li>Schlussdesinfektion: nach Aufhebung der Isolierung sowie nach Entlassung/ Transferierung oder Tod des Patienten.</li> </ul> <p>Au&szlig;erdem sind Untersuchungsintervalle (inkl. Kontrollkulturen) bis zur Entlassung vorgeschrieben. Bei einer Aufenthaltsdauer von bis zu mehreren Jahren muss in Kenntnis der Unm&ouml;glichkeit einer Eradikation insbesondere von 3/4MRGN und VRE im Langzeitpflegebereich (inkl. Neurologie mit Wachkomapatienten, Pulmologie mit Langzeitbeatmeten) eigentlich von Dauertr&auml;gern gesprochen werden.<br /><br /> So wird die Aufhebung der strikten Isolierungsma&szlig;nahmen unter speziellen Auflagen die Regel sein, um eine Isolierung bis zum Lebensende zu vermeiden, wobei auf das Streurisiko besonderes Augenmerk gerichtet werden sollte (Versorgung mit IKP, Tracheostomaabdeckung bzw. Mund-/Nasen-Schutz, H&auml;ndedesinfektion der Betroffenen, &hellip;).<br /><br /> Bez&uuml;glich MRSA wird entgegen den Richtlinien im Einzelfall doch eine Dekolonisierung durch systemische Antibiotikagabe versucht &ndash; insbesondere bei kooperationsunf&auml;higen Patienten (Demenz) und vor geplanten Operationen, Transferierungen in Rehabilitationszentren oder Entlassungen in private Heime, die eine &Uuml;bernahme bei bekanntem MRE-Tr&auml;gerstatus verweigern.</p> <h2>Spezielle Herausforderungen</h2> <p>Im Rahmen der vorgesehenen Reinigung und Desinfektion gibt es im Vergleich zu Akutkrankenh&auml;usern einige Problemstellen. Dazu z&auml;hlt die Oberfl&auml;chendesinfektion technischer Ger&auml;te und Monitore, schwer zug&auml;ngliche/erreichbare/desinfizierbare Oberfl&auml;chen wie Anschl&uuml;sse, Steckdosen, private Gegenst&auml;nde (AVGer&auml;te, Bilderrahmen etc.).<br /><br /> Bei laufendem Betrieb sind Reinigung und Desinfektion 2x t&auml;glich sehr zeitaufwendig. Eine eventuell gelungene Dekolonisierung kann durch den Verbleib des Patienten gef&auml;hrdet werden. Bei notwendiger Wiederbelegung, bei Zimmertausch etc. besteht ein Zeitdruck, der gegebenenfalls zu Nachl&auml;ssigkeit f&uuml;hren kann.<br /><br /> Ohne wissenschaftlichen Beweis, dass eine Rekontamination durch die obgenannten Gegenst&auml;nde passieren kann, haben wir den Eindruck, dass speziell bei MRSADekolonisierung trotz (bem&uuml;hter) Endreinigung im laufenden Betrieb oft schon nach einem Monat MRSA am gleichen Patienten wieder auftritt. Weiters haben wir an Touchscreenmonitoren schon MRSA gefunden, obwohl 2x pro Tag wischdesinfiziert wurde.<br /><br /> Es ist au&szlig;erdem bekannt, dass VRE trotz gr&uuml;ndlicher Endreinigung offenbar auf Nachfolgepatienten &uuml;bertragen wurde.<br /><br /> Im Einzelfall erfolgt im PDO deshalb als Versuch zur Erg&auml;nzung und Unterst&uuml;tzung der Desinfektionsleistung der Einsatz der sogenannten Nocolyse<sup>&reg;</sup> mit Nocospray<sup>&reg;</sup> (Tab. 2). Das Ziel ist die Erm&ouml;glichung einer raschen Wiederbelegung des Zimmers nach Endreinigung wegen MRSA, VRE, MRGN oder nach gelungener MRSA-Dekolonisierung, da im laufenden Betrieb bei bestehender Zimmereinrichtung (Privatger&auml;te, Problemstellen) eine l&auml;nger dauernde intensive Endreinigung kaum m&ouml;glich ist.<br /><br /> Zum Nachweis der Wirksamkeit gibt es nur wenige Studien bzw. einzelne Erfahrungen der Hygieneteams des DSP/PDO. Der Nachweis der H<sub>2</sub>O<sub>2</sub>-Konzentration erfolgt derzeit nur durch Indikatorstreifchen mittels Farbumschlag. Die maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Wert) von Wasserstoffperoxid darf in &Ouml;sterreich 2ppm oder 2,8mg/m<sup>3</sup> innerhalb von 15 Minuten (Kurzzeitwert, MAK-KZW) bzw. 1ppm oder 1,4 mg/m<sup>3</sup> im Tagesmittel gemessen &uuml;ber 8 Stunden (MAK-TMW) nicht &uuml;berschreiten.<br /> Problematisch aus unserer Sicht ist, dass eine H<sub>2</sub>O<sub>2</sub>-Konzentrationsmessung von au&szlig;en derzeit nicht m&ouml;glich ist (vor dem Betreten des Raumes zur L&uuml;ftungsherstellung). Auch der Arbeitsschutz (wer darf wann was und wie?) ist fraglich. Das Verfahren ist auch personal- und zeitaufwendig und es bedarf bei laufendem Betrieb guter Planung. Obwohl diesbez&uuml;gliche Untersuchungen laufen, fehlt letztendlich noch der Nachweis, dass nosokomiale Infektionen reduziert werden.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Ziel des standardisierten Umgangs mit Problemkeimen ist die Verhinderung von nosokomialen Infektionen bzw. von Keim&uuml;bertragung. Dies gelingt einerseits durch die Einhaltung der Standardhygienema&szlig;nahmen und der erweiterten Ma&szlig;nahmen eines MRE-Hygieneplans, andererseits durch sinnvoll modifizierte Richtlinien, die das Streurisiko und die Lebensqualit&auml;t (Stichworte &bdquo;Isolierung&ldquo; und &bdquo;Kontrollintervalle&ldquo;) ber&uuml;cksichtigen. Dar&uuml;ber hinausgehende Ma&szlig;nahmen wie systemische Antibiotikatherapie und Raumdesinfektion (Nocolyse<sup>&reg;</sup>) sind im Einzelfall eine sinnvolle Erg&auml;nzung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1801_Weblinks_s33_tab1_2.jpg" alt="" width="1417" height="1763" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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