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Physiotherapeutische Maßnahmen bei CF-Patienten

Versorgung von DIOS, Pneumothorax, Hämoptysen und akutem respiratorischem Versagen

<p class="article-intro">Die Atemphysiotherapie spielt in der täglichen Therapie von Patienten mit zystischer Fibrose („cystic fibrosis“, CF) eine tragende Rolle. In diesem Artikel werden atemphysiotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten und Empfehlungen für diverse kritische Ausnahmesituationen dargestellt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Atemphysiotherapeutische Behandlungsstrategien zur Sekretf&ouml;rderung stellen eine der Haupts&auml;ulen der Therapie im Alltag von CF-Patienten dar. Die Adaptierung der Atemphysiotherapie in kritischen Situationen erfordert den Umst&auml;nden entsprechend viel Erfahrung und Fingerspitzengef&uuml;hl, da es kaum Literatur zu diesen Themen gibt.</p> <h2>Distales intestinales Obstruktionssyndrom (DIOS)</h2> <p>Das DIOS wird definiert als vollst&auml;ndige oder inkomplette intestinale Obstruktion durch ileoz&ouml;kale F&auml;kalmassen. Die Ursachen daf&uuml;r k&ouml;nnen sehr unterschiedlich sein. Zu den Leitsymptomen z&auml;hlen ein aufgetriebenes Abdomen, Schmerzen, &Uuml;belkeit und Erbrechen und eine palpable F&auml;kalmasse.<br /> Aus der Sicht der Atemphysiotherapie f&uuml;hren das gro&szlig;e Abdomen, die Immobilit&auml;t der Patienten und die anhaltenden starken Schmerzen zu einer Verminderung der funktionellen Residualkapazit&auml;t (FRC) und einem dadurch deutlich eingeschr&auml;nkten Sekrettransport.<br /> Zu den speziellen atemphysiotherapeutischen Herausforderungen z&auml;hlt der aufgetriebene Bauch, welcher einen Zwerchfellhochstand verursacht &ndash; weswegen es bei den verschiedenen atemphysiotherapeutischen Techniken zu einer verminderten Schwankung des Kalibers der Atemwege kommt, wodurch das Sekret weniger effektiv gef&ouml;rdert werden kann. Abdominelle Schmerzen k&ouml;nnen die Beweglichkeit des Zwerchfells ebenso einschr&auml;nken. Eine weitere Herausforderung in der Atemphysiotherapie ist die Expektoration des Sekrets. Sie wird oftmals wegen persistierender &Uuml;belkeit und Erbrechen von den Patienten vermieden. Ebenso wird das Husten von den Patienten bei und nach eventuell notwendigen Einl&auml;ufen vermieden; dies sollte vor allem beim Timing der Therapie ber&uuml;cksichtigt werden.<br /> F&uuml;r den Fall eines chirurgischen Eingriffs zur Behebung des DIOS ist die postoperative Betreuung essenziell. Wundschmerzen, Drainagen und Schonhaltungen beeintr&auml;chtigen dabei ma&szlig;geblich die Sekretf&ouml;rderung.<br /> Die Empfehlungen f&uuml;r die Atemphysiotherapie beinhalten modifizierte Techniken zur Sekretf&ouml;rderung, die allgemeine Mobilisation der Patienten und ein Bewegungsprogramm, welches speziell auf die untere K&ouml;rperpartie abgestimmt ist.</p> <h2>Pneumothorax</h2> <p>Zu den Ursachen eines Pneumothorax z&auml;hlen sowohl strukturelle Beeintr&auml;chtigungen, welche die Atemflussdynamik ver&auml;ndern, als auch durch Sekretansammlungen verursachtes &bdquo;air trapping&ldquo;, welches durch den resultierenden &Uuml;berdruck in einzelnen Lungenabschnitten zu einer Ruptur des Lungenparenchyms f&uuml;hren kann. Das Risiko f&uuml;r einen Pneumothorax wird aber auch durch Inhalationstherapie, nicht invasive Beatmung (NIV) und durch das Vorhandensein spezifischer Pathogene erh&ouml;ht. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass ein Pneumothorax in den meisten F&auml;llen bei CF-Patienten mit fortgeschrittener Grunderkrankung auftritt.<br /> Aktuell gibt es keine publizierten Studien zum atemphysiotherapeutischen Management bei Pneumothorax. Rezente Guidelines geben allerdings Empfehlungen f&uuml;r atemphysiotherapeutische Interventionen.<br /> Zu den speziellen Herausforderungen der Atemphysiotherapie bei Vorliegen eines Pneumothorax z&auml;hlt das Vermeiden von hohen intrathorakalen Drucksteigerungen (z.B. Husten). Ein weiteres Problem sind Thoraxdrainagen, welche aufgrund von Schmerzen zu einem ver&auml;nderten Atemmuster f&uuml;hren. Dieser Umstand wirkt sich prinzipiell kontraproduktiv auf die Sekretf&ouml;rderung aus.<br /> Ein Risiko stellt auch die Inhalationstherapie dar, da diverse inhalative Medikamente eine potenziell die Bronchien obstruierende Wirkung haben, was in weiterer Folge wieder zu vermehrtem Husten f&uuml;hrt. Da im Allgemeinen das Fortsetzen der Inhalationstherapie empfohlen wird, ist ein Bronchospasmus-Assessment bei Bedarf anzuraten.<br /> Bei einem kleinen Pneumothorax (welcher konservativ behandelt wird) wird in den verschiedenen Guidelines empfohlen, die sekretf&ouml;rdernden Ma&szlig;nahmen fortzusetzen; allerdings sind Techniken mit positivem exspiratorischem Druck (PEP) nur mit Vorsicht anzuwenden. Von forcierten endexspiratorischen Atemman&ouml;vern wird generell abgeraten, um paroxysmales Husten zu vermeiden. Bei der Sekretentfernung wird die Technik des Huffings dem Husten vorgezogen, um gro&szlig;e intrathorakale Drucksteigerungen zu verhindern. Zur Vermeidung von Minderbel&uuml;ftungsbezirken ist ein ad&auml;quates Schmerzmanagement erforderlich, um die Atemtechnik zu optimieren. Die meisten Guidelines empfehlen die Mobilisation der Patienten, raten aber von intensiver k&ouml;rperlicher Aktivit&auml;t ab.<br /> Bei einem gro&szlig;en Pneumothorax wird generell empfohlen, keine Atemphysiotherapie zu beginnen, bevor eine Drainage gelegt ist. Ebenso ist ein ad&auml;quates Schmerzmanagement essenziell zur Unterst&uuml;tzung vorsichtig durchgef&uuml;hrter sekretf&ouml;rdernder Ma&szlig;n ahmen. Die Sekretf&ouml;rderung spielt vor allem bei vermehrter Sekretproduktion eine wichtige Rolle, um unkontrollierbares Husten zu vermeiden.</p> <h2>H&auml;moptysen</h2> <p>H&auml;moptysen bei CF beruhen auf der persistierenden Inflammation der Atemwege, welche mit einer Hypertrophie der Bronchialarterien einhergeht.<br /> Ein Schema zur Quantifizierung von H&auml;moptysen ist in der Tabelle dargestellt. Es gibt keine publizierten Studien &uuml;ber das atemphysiotherapeutische Management bei H&auml;moptysen, deshalb werden hier Empfehlungen aus rezenten Guidelines aus Australien, Gro&szlig;britannien und Nordamerika herangezogen.<br /> Bei milden H&auml;moptysen sollen die &uuml;blichen sekretf&ouml;rdernden Techniken und die Inhalationstherapie fortgesetzt werden. Ebenso wird empfohlen, k&ouml;rperliche Anstrengung und eine NIV wie gewohnt weiter durchzuf&uuml;hren.<br /> Bei moderaten Blutungen gilt es, den intrathorakalen Druck niedrig zu halten. Das bedeutet, dass Techniken wie das Huffing (um das Husten zu vermeiden), die &bdquo;Autogene Drainage&ldquo; und &bdquo;Active Cycle of Breathing Techniques&ldquo; (statt PEPTechniken) bevorzugt zur Sekretf&ouml;rderung anzuwenden sind. Aus dem gleichen Grund wird im Allgemeinen von starker k&ouml;rperlicher Anstrengung 24&ndash;48 Stunden nach dem Auftreten moderater H&auml;moptysen abgeraten. Bei der Inhalationstherapie gibt es unterschiedliche Empfehlungen, da die Inhalation diverser Medikamente das Risiko f&uuml;r eine Verschlechterung der Gesamtsituation der Patienten erh&ouml;hen kann.<br /> Bei einer massiven Blutung wird nach M&ouml;glichkeit empfohlen, die sekretf&ouml;rdernde Therapie zu pausieren. Allerdings gibt es auch hierzu unterschiedliche Meinungen, da die Blutung auf Infektion und Inflammation beruht und liegen bleibendes Sekret beides unterh&auml;lt.<br /> Jedenfalls empfehlen alle Guidelines, bei massiven H&auml;moptysen von der Inhalation hypertoner Kochsalzl&ouml;sung und vom Einsatz bronchienprovozierender Medikamente Abstand zu nehmen, da dies zu vermehrtem Husten f&uuml;hren und somit erneut Blutungen ausl&ouml;sen kann.<br /> Von k&ouml;rperlicher Anstrengung und einer NIV wird &ndash; um den intrathorakalen Druck niedrig zu halten &ndash; ebenso abgeraten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1801_Weblinks_s18_tab.jpg" alt="" width="1417" height="356" /></p> <h2>Akutes respiratorisches Versagen</h2> <p>Das akute respiratorische Versagen stellt eine besondere Herausforderung f&uuml;r die Atemphysiotherapie dar. Hierbei geht es in erster Linie um symptomorientiertes (Be-)Handeln bei pulmonalen Exazerbationen (Bronchodilatatoren, inhalative Antibiotika und Sekretf&ouml;rderung), Schmerzen und Dyspnoe (NIV).<br /> Vorrangige Ziele sind die Reduktion der Atemarbeit und die Erholung der Atemmuskulatur zur Steigerung der Lebensqualit&auml;t. Die Steigerung des Atemzugvolumens tr&auml;gt dabei sowohl zur Sekretf&ouml;rderung und Bel&uuml;ftungsverbesserung als auch zur Steigerung der Leistungsf&auml;higkeit in der Vorbereitung auf eine Lungentransplantation bei.<br /> Die nicht invasive Beatmung spielt dabei eine gro&szlig;e Rolle. Empfohlen wird die Initialisierung einer NIV bei n&auml;chtlicher Hypoventilation in Kombination mit einer Hyperkapnie. Tags&uuml;ber wird die nicht invasive Beatmung angewendet, um die O2-S&auml;ttigung zu steigern, die Hyperkapniesymptome zu verringern und den klinischen Zustand des Patienten zu stabilisieren.<br /> Im Rahmen der Sekretf&ouml;rderung soll die NIV eingesetzt werden, wenn es zu einer Atemmuskelerm&uuml;dung und Sauerstoffabf&auml;llen kommt bzw. wenn es schwierig ist, mit anderen Techniken Sekret zu f&ouml;rdern. Hierbei wird die NIV zur Unterst&uuml;tzung der Atemmuskulatur und zur Stabilisierung der Luftwege bei langen exspiratorischen Man&ouml;vern eingesetzt. Gleichzeitig werden die alveol&auml;re Ventilation und die Compliance der Patienten bei der Sekretf&ouml;rderung gesteigert.<br /> Die NIV kann auch w&auml;hrend des k&ouml;rperlichen Trainings eingesetzt werden, um Dyspnoe und Muskelfatigue zu verringern.<br /> Der Einsatz einer NIV sollte fr&uuml;hzeitig geplant werden, um zu verhindern, dass eine invasive Beatmung notwendig wird. Die Applikation der NIV kann sowohl &uuml;ber eine Nasenmaske als auch &uuml;ber eine Gesichtsmaske erfolgen. Tags&uuml;ber kann auch &uuml;ber ein Mundst&uuml;ck (es erm&ouml;glicht leichteres Abhusten von Sekret) nicht invasiv beatmet werden. Bei der sehr individuellen Druckeinstellung der NIV ist zu beachten, dass der exspiratorische Atemwegsdruck (EPAP) h&ouml;her als der intrinsische PEEP (positiver endexspiratorischer Druck) gew&auml;hlt wird, um die &Uuml;berbl&auml;hung der Lunge zu vermindern. Prinzipiell ist davon auszugehen, dass das NIV-Setting tags&uuml;ber in verschiedenen Situationen anderen Anforderungen entsprechen muss als in der Nacht. Wesentliche Faktoren f&uuml;r den Erfolg einer NIV sind die Erw&auml;rmung und Befeuchtung des Atemgases sowie Behutsamkeit bei der Initialisierung.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Kritische Situationen bei CF-Patienten erfordern besondere Ma&szlig;nahmen. Speziell ausgebildetes Personal bildet die Basis der Behandlung und ist eine gro&szlig;e Unterst&uuml;tzung in diesen Situationen. Das Vertrauen der Patienten in das multidisziplin&auml;re Team und erfahrenes Personal in den jeweiligen CF-Zentren sind wesentlich f&uuml;r eine erfolgreiche Behandlung.</div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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