© Blackholy iStockphoto

Neue wegweisende Optimierungsstudien und Therapiestrategien

<p class="article-intro">In der Hämatologie wurden in den letzten Jahren viele neue effektive Therapiestrategien etabliert und die Entwicklung neuer Substanzen geht weiter. Kaum eine Entität profitiert nicht von zielgerichteten oder immunonkologischen Konzepten. Damit verlieren aber die etablierten Therapien nicht ihren Stellenwert. Es ist nun vor allem wichtig, Altes und Neues sinnvoll zu verbinden und die Therapien entsprechend der Patientenklientel zu optimieren. Im Folgenden Erkenntnisse und Studienergebnisse von der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH), die kürzlich in San Diego stattfand.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Fortschritte beim multiplen Myelom und beim schwelenden multiplen Myelom</h2> <p>Die Erhaltungstherapie mit Lenalidomid nach autologer Stammzelltransplantation (ASCT) hat in verschiedenen Phase- III-Studien das &Uuml;berleben von Patienten mit multiplem Myelom (MM) verl&auml;ngert. Eine Erhaltungstherapie bis zum Therapieprogress k&ouml;nnte aber einen negativen Einfluss auf die Lebensqualit&auml;t haben. Die prospektive Beobachtungsstudie CONNECT MM untersuchte die Behandlungsmuster und deren Therapieerfolg bei neu diagnostizierten MM-Patienten unter Einbezug der gesundheitsbezogenen Lebensqualit&auml;t.<sup>1</sup> Die Lebensqualit&auml;tsanalyse wurde bei Patienten, die eine beliebige Erhaltungstherapie, Lenalidomid oder keine Erhaltungstherapie nach ASCT erhalten hatten, durchgef&uuml;hrt. In die Untersuchung wurden von September 2009 bis Dezember 2011 fast 1.500 Patienten eingeschlossen. 540 Patienten erhielten eine ASCT, unter diesen waren 238 mit beliebiger nachfolgender Erhaltungstherapie, 167 mit Lenalidomid-Erhaltung und 138 Patienten ohne Erhaltungstherapie. Die Erhaltungstherapien wurden f&uuml;r eine Dauer von im Mittel 23,0 bzw. 24,4 Monaten gegeben. Die Patienten f&uuml;llten im Median 4,5 bis 5,0 Frageb&ouml;gen aus. Es wurde kein Unterschied in der Lebensqualit&auml;t der drei Patientenkohorten festgestellt. Demnach darf gefolgert werden, dass eine Erhaltungstherapie die Lebensqualit&auml;t der Patienten zumindest nicht verschlechtert.<br /> Dass der fr&uuml;he Einsatz einer therapeutischen Ma&szlig;nahme beim Hochrisiko-SMM (schwelendes multiples Myelom) sinnvoll ist, wurde bereits f&uuml;r die Kombination von Lenalidomid und Dexamethason gezeigt.<sup>2</sup> Nun wurde in einer Phase-II-Studie die Intensivierung dieser Kombination mit der zus&auml;tzlichen Gabe von Elotuzumab untersucht.<sup>3</sup> Der prim&auml;re Endpunkt war das PFS nach zwei Jahren unter der Kombinationstherapie. Es wurden 47 Patienten im Alter von median 63 Jahren eingeschlossen, von denen ein Drittel eine schwere Kette von Typ IgA und zwei Drittel Typ IgG aufwiesen. Bei allen Patienten wurde wenigstens ein geringes Ansprechen (MR) beobachtet, 82,6 % hatten zumindest ein partielles Ansprechen (PR). Insgesamt verbesserte sich die Tiefe des Ansprechens im Laufe der Behandlung. Im Vergleich zur historischen Kohorte mit Lenalidomid und Dexamethason wurde ein numerischer Unterschied bez&uuml;glich des PFS gesehen (Abb. 1). Die Kombination wurde gut vertragen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s8_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="932" /></p> <h2>Innovationen beim Hodgkin-Lymphom</h2> <p>Die Immuntherapie mit dem PD- 1-Checkpoint-Inhibitor Nivolumab ist eine vielversprechende Option f&uuml;r die Behandlung des Hodgkin-Lymphoms. Die CheckMate-205-Studie untersuchte in Kohorte A Brentuximab-Vedotin-naive Patienten und in Kohorte B mit Brentuximab Vedotin vorbehandelte Patienten, jeweils nach ASCT.<sup>4</sup> Der prim&auml;re Endpunkt war das Ansprechen. Die beim ASH pr&auml;sentierten Ergebnisse zeigten erste Daten der Patienten der Kohorte A mit einer minimalen Nachbeobachtungszeit von 9 Monaten sowie aktualisierte Daten vorbehandelter Patienten der Kohorte B mit einer minimalen Nachbeobachtungszeit von mindestens 12 Monaten. Zur Zeit der Auswertung waren 62 % bzw. 54 % der Patienten beider Kohorten weiterhin unter Therapie. 25 % bzw. 24 % der Patienten hatten die Therapie mit Nivolumab aufgrund eines Krankheitsprogresses, 3 % bzw. 6 % aufgrund therapieassoziierter Nebenwirkungen abgebrochen. Bei 95 % der Patienten in Kohorte B wurde eine Reduktion der Tumorlast gesehen. Nach median 15 Monaten Nachbeobachtungszeit zeigten 68 % der Patienten ein Ansprechen mit einer medianen Dauer von 13 Monaten. Das mediane PFS betrug 15 Monate. Nach einem Jahr lebten noch 95 % der Studienteilnehmer in Kohorte B. In Kohorte A zeigten 68 % der Patienten ein Ansprechen, mit einer kompletten Remission (CR) bei 14 Patienten (22 % ) und einer PR bei 29 Patienten (46 % ). Bei 13 Patienten (21 % ) stabilisierte sich die Erkrankung. Die Rate des 9-Monats-PFS betrug 68 % , die Rate des 9-Monats-Gesamt&uuml;berlebens (OS) 97 % .<br /> Auch die Kombination von Brentuximab Vedotin und Nivolumab ist wirksam und vertr&auml;glich. Dies zeigten die Ergebnisse einer Phase-I/II-Studie mit Patienten, die einen R&uuml;ckfall nach vorangegangener Frontline-Therapie erlitten hatten.<sup>5</sup> Es wurden 42 Patienten in einem medianen Alter von 37 Jahren rekrutiert, von denen 40 % prim&auml;r refrakt&auml;r waren, 33 % einen R&uuml;ckfall innerhalb von einem Jahr und 26 % einen R&uuml;ckfall nach mehr als einem Jahr erlitten hatten. 88 % der Patienten hatten ABVD als Frontline- Therapie erhalten. Den Patienten wurden bis zu vier Zyklen der chemotherapiefreien Kombination aus Brentuximab Vedotin und Nivolumab appliziert. Nach abgeschlossener Therapie konnten sie eine Stammzelltransplantation erhalten. Alle Patienten erhielten wenigstens eine Dosis der Studienmedikation, 29 % waren zur Zeit der Auswertung unter Therapie, 67 % hatten die Therapie komplettiert und 21 % der Patienten wurden einer Stammzelltransplantation zugef&uuml;hrt. Ein Ansprechen wurde bei 90 % und eine CR bei 62 % der Patienten beobachtet. Insgesamt war das Nebenwirkungsprofil handhabbar, mit einer geringen Anzahl immunbezogener Nebenwirkungen.</p> <h2>Verbesserung der Prognose f&uuml;r CLL-Patienten</h2> <p>In der Behandlung der chronischen lymphatischen Leuk&auml;mie (CLL) konnte die Prognose von Patienten in der rezidivierten/ refrakt&auml;ren Situation und/oder mit spezifischen Mutationen mit den neuen Wirksubstanzen Ibrutinib, Idelalisib und Venetoclax erfreulich verbessert werden.<br /> Da CLL-Patienten in der Regel &auml;lter und h&auml;ufiger komorbide sind, wurde Ibrutinib speziell bei dieser Patientenklientel in der Erstlinientherapie untersucht. Laut einer aktualisierten Auswertung der Phase-IIIStudie RESONATE-2 mit einer Nachbeobachtungszeit von 29 Monaten betrug die 2-Jahres-PFS-Rate 89 % unter Ibrutinib versus 34 % unter Chlorambucil.<sup>6</sup> Das mediane PFS wurde unter Ibrutinib noch nicht erreicht und betrug im Chlorambucil- Arm 15 Monate (HR: 0,121; p&lt;0,0001). Im Vergleich zur Chemotherapie wurde das Risiko einer Progression bei Patienten mit del11q um 99 % (HR: 0,014; p&lt;0,0001) und ohne 11q-Deletion um 82 % (HR: 0,18; p&lt;0,0001) reduziert. Der Therapieerfolg unter Ibrutinib war unabh&auml;ngig vom IGHV-Mutationsstatus mit einer 2-Jahres- PFS-Rate von 90 % (mit Mutation) bzw. 89 % (ohne Mutation) versus 43 % bzw. 22 % unter Chlorambucil. Trotz der M&ouml;glichkeit zum Cross-over nach Krankheitsprogress lebten nach 24 Monaten mehr Patienten im Ibrutinib-Arm (95 % ) als im Chlorambucil-Arm (84 % ). Die H&auml;ufigkeit der Komplettremissionen erh&ouml;hte sich im Laufe der Studie von 7 % nach 12 Monaten Nachbeobachtungszeit auf 15 % nach 24 Monaten und auf 18 % nach 29 Monaten Nachbeobachtung. Auch die h&auml;matologische Funktion verbesserte sich h&auml;ufiger unter Ibrutinib verglichen mit Chlorambucil.<br /> Die Hinzunahme von Idelalisib zur Kombination BR verl&auml;ngerte das PFS von Patienten mit rezidivierter oder refrakt&auml;rer CLL. Die weltweite, randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie 115 wurde aufgrund der guten Ergebnisse nach der ersten Effektivit&auml;tsanalyse entblindet. Pr&auml;sentiert wurden die Ergebnisse zum OS mit einer Nachbeobachtungszeit von 21 Monaten.<sup>7</sup> 416 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen, von denen zur Zeit der Auswertung 31 % im Idelalisib-Arm und 0 % im BR-Arm noch unter Therapie waren. Das mediane OS war im Idelalisib-Arm noch nicht erreicht und betrug im BR-Arm 40,6 Monate (HR: 0,67; p=0,036). Der &Uuml;berlebensvorteil zeigte sich f&uuml;r alle untersuchten Risikokategorien. Auch Patienten ohne del17p oder TP53-Mutation profitierten von der zus&auml;tzlichen Idelalisib-Gabe (HR: 0,67; p=0,12). Das mediane PFS betrug in der aktuellen Analyse 23,0 versus 11,1 Monate (HR: 0,31; p&lt;0,0001) f&uuml;r die ITT-Population und 27,8 versus 11,2 Monate (HR: 0,25; p&lt;0,001), wenn weder del17p noch eine TP53-Mutation vorlagen.<br /> Patienten, die nach Ibrutinib oder Idelalisib rezidivieren oder refrakt&auml;r sind, haben die M&ouml;glichkeit, mit Venetoclax behandelt zu werden. In der Phase-II-Studie M14-032 wurde eine entsprechende Patientenklientel mit Venetoclax in einer Dosierung von 20&ndash;400 mg t&auml;glich therapiert.<sup>8</sup> Patienten mit hoher Tumorlast wurden f&uuml;r die ersten zwei Dosierungen station&auml;r aufgenommen und prophylaktisch mit Rasburicase und intraven&ouml;ser Hydration behandelt. Patienten mit nachgewiesener Richter-Transformation waren von der Studie ausgeschlossen. 70 % der 43 auf Ibrutinib rezidivierten/refrakt&auml;ren Patienten und 62 % der 21 auf Idelalisib rezidivierten/ refrakt&auml;ren Patienten sprachen auf Venetoclax an. Nach 11,8 Monaten Nachbeobachtungszeit waren die mediane Dauer des Ansprechens, das PFS und das OS noch nicht erreicht. Das gesch&auml;tzte 12-Monats-PFS betrug 80 % .<br /> Auch Optimierungen der etablierten Therapien verbessern die Prognose der Patienten. Die Studie CLLM1 der Deutschen CLL-Studiengruppe untersuchte, ob die Erhaltungstherapie mit Lenalidomid nach Erstlinientherapie die Prognose von k&ouml;rperlich fitten Patienten mit hohem Risiko verbessern kann.<sup>9</sup> 468 Patienten wurden gescreent, von denen 89 Patienten den Einschlusskriterien entsprachen und 2:1-randomisiert Lenalidomid oder Placebo erhielten. Die meisten Patienten hatten in der Erstlinie BR (61,7 % bzw. 58,6 % ) oder FCR (36,7 % bzw. 41,4 % ) erhalten. Das Risiko, einen Progress zu erleiden oder zu versterben, wurde unter Lenalidomid- Erhaltungstherapie um 86 % reduziert (PFS: HR: 0,148; p&lt;0,00001). Das mediane PFS betrug 13,3 Monate und war unter Lenalidomid mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 17,5 Monaten noch nicht erreicht.<br /> Auch nach einer Zweitlinientherapie verbessert die Erhaltungstherapie mit Lenalidomid die Prognose.<sup>10</sup> Die multizentrische, randomisierte, doppelblinde Phase- III-Studie CONTINUUM wurde nach der ersten Zwischenanalyse aufgrund des Erreichens des prim&auml;ren Endpunktes entblindet. 314 Patienten im Alter von median 63 Jahren erhielten randomisiert Lenalidomid oder Placebo. Knapp die H&auml;lfte der Patienten wies wenigstens einen negativen prognostischen Faktor auf. Das mediane PFS betrug 33,9 Monate im Lenalidomid- Arm und 9,2 Monate im Placebo-Arm (HR: 0,40; p&lt;0,001) (Abb. 2). Das OS war nicht verschieden (HR: 0,96; p=0,856). 36 % der Patienten im Lenalidomid-Arm versus 58 % im Placebo-Arm erhielten eine weitere Therapie, davon 16 % bzw. 20 % einen BTK- oder PI3K-Inhibitor.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 58. ASH Annual Meeting & Exposition, 3.–6. Dezember 2016, San Diego </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Abonour R et al: Health-related quality of life of patients with newly diagnosed multiple myeloma receiving any or lenalidomide maintenance after autologous stem cell transplant in the Connect<sup>&reg;</sup> MM Disease Registry. ASH 2016, Abstr. #537 <strong>2</strong> Mateos MV et al: Lenalidomide plus dexamethasone for high-risk smoldering multiple myeloma. N Engl J Med 2013; 369: 438-447 <strong>3</strong> Ghobrial I et al: Phase II trial of combination of elotuzumab, lenalidomid and dexamehtasone in high-risk smoldering multiple myeloma. ASH 2016, Abstr. #976 <strong>4</strong> Timmerman J et al: Checkmate 205 update with minimum 12-month follow up: A phase 2 study of nivolumab in patients with relapsed/ refractory classical Hodgkin lymphoma. ASH 2016, Abstr. #1110 <strong>5</strong> Herrera A et al: Preliminary results from a phase 1/2 study of brentuximab vedotin in combination with nivolumab in patients with relapsed or refractory Hodgkin lymphoma. ASH 2016, Abstr. #1105 <strong>6</strong> Barr P et al: Updated efficacy and safety from the phase 3 RESONATE- 2 study: Ibrutinib as first-line treatment option in patients 65 years and older with chronic lymphocytic leukemia/ small lymphocytic lymphoma. ASH 2016, Abstr. #234 <strong>7</strong> Zelenetz AD et al: Updated analysis of overall survival in randomized phase III study of idelalisib in combination with bendamustine and rituximab in patients with relapsed/refractory CLL. ASH 2016, Abstr. #231 <strong>8</strong> Jones J et al: Venetoclax monotherapy for patients with chronic lymphocytic leukemia (CLL) who relapsed after or were refractory to ibrutinib or idelalisib. ASH 2016, Abstr. #637 <strong>9</strong> Fink A et al: CLLM1 &ndash; Lenalidomide maintenance following firstline immunochemotherapy in patients with high risk-CLL. ASH 2016, Abstr. #229 <strong>10</strong> Foa R et al: Phase 3 study of lenalidomide versus placebo as maintenance therapy following second-line treatment for patients with chronic lymphocytic leukemia (CONTINUUM). ASH 2016, Abstr. #230</p> </div> </p>
Back to top