© DavidBGray iStockphoto

AML – ready for targeted treatment?

<p class="article-intro">In den vergangenen Jahren gab es einige erfolgreiche klinische Studien zum Einsatz neuer Substanzen bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML). Der folgende Artikel gibt einen Überblick über vier Substanzen als mögliche neue Behandlungsoptionen für diese Patientengruppe.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Einleitung</h2> <p>Seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts besteht die Induktionsbehandlung von jungen Patienten mit AML in einer Kombination eines Anthrazyklins mit Cytarabin. Dabei wird eine Dauerinfusion mit 100&ndash;200mg/m<sup>2</sup> Cytarabin &uuml;ber sieben bis zehn Tage erg&auml;nzt mit einer Anthrazyklin-Verabreichung an drei Tagen, gemeinhin zusammengefasst als &laquo;3+7&raquo;-Regime. W&auml;hrend sich dieses Schema im Wesentlichen bis heute als Standard erhalten hat, haben sich Toleranz und Ansprechen auf diese Behandlung kontinuierlich verbessert. Noch in den Achtzigerjahren lag die Rate damit erreichter kompletter Remissionen deutlich unter 50 % , w&auml;hrend die Mortalit&auml;t in den ersten 30 Tagen weit &uuml;ber 20 % betrug. Die weitgehend unver&auml;nderte &laquo;3+7&raquo;-Induktionstherapie erzielte schliesslich im 2017 publizierten Hovon-102/SAKK-30/10-Protokoll eine Rate an kompletten Remissionen (CR-Rate) von 90 % , bei einer 30-Tages- Mortalit&auml;t von gerade noch 4 % .<sup>1</sup> Parallel hat sich in den letzten Dekaden auch das &laquo;overall survival&raquo; (OS) von jungen Patienten mit AML verbessert, wenn auch klar nicht in gleichem Masse. Die OS-Rate im erw&auml;hnten Protokoll der HOVON/ SAKK-Studiengruppe nach vier Jahren liegt bei 45 % . Es ist offensichtlich, dass eine weitere Verl&auml;ngerung des OS von jungen Patienten mit AML dringend zu w&uuml;nschen ist.</p> <h2>Neue Optionen in der Induktionsbehandlung</h2> <p>Vor &uuml;ber 10 Jahren wurden hypomethylierende Therapien (HMA) in die Behandlung von AML-Patienten aufgenommen. Dabei wurden HMA vorwiegend im palliativen Setting eingesetzt, also bei &auml;lteren AML-Patienten, welche keine intensive Therapie in kurativer Intention tolerierten. HMA sind heute Standard in der Palliativtherapie von AML-Patienten, w&auml;hrend ihr Stellenwert in der Therapie von j&uuml;ngeren Patienten mit kurativer Zielsetzung unklar bleibt. HMA stellten &uuml;ber l&auml;ngere Zeit die letzte erw&auml;hnenswerte Innovation in der medikament&ouml;sen Behandlung von AML-Patienten dar. 2017 hat die FDA nun vier Substanzen f&uuml;r die Behandlung f&uuml;r AML-Patienten innerhalb von nur sechs Monaten zugelassen. Diese Entwicklung ist f&uuml;r das Gebiet der Therapie der AML gleichermassen neu wie vielversprechend.</p> <h2>CPX-351 &ndash; ein besseres &laquo;3+7&raquo;?</h2> <p>Seit L&auml;ngerem ist bekannt, dass die Kombination von Cytarabin und Daunorubicin sowohl zu synergistischen wie auch antagonistischen Effekten in Zelltoxizit&auml;ts- Assays in vitro f&uuml;hrt. Dabei unterscheidet sich das Ausmass dieser unterschiedlichen Effekte je nach molarer Ratio der beiden Wirksubstanzen. Ein molares fixes 5:1-Verh&auml;ltnis zwischen Cytarabinund Daunorubicin-Molek&uuml;len scheint dabei die vorteilhafteste Kombination darzustellen. Auf dieser Basis wurde der Wirkkomplex CPX-351 entwickelt. CPX-351 stellt einen bilamellaren liposomalen Komplex dar mit einer fixen molaren 5:1-Ratio von Cytarabin- und Daunorubicin- Molek&uuml;len.<br /> Zwei randomisierte Phase-II-Studien (bei AML-Patienten &uuml;ber 65 Jahre in erster Linie sowie bei AML-Patienten im ersten Rezidiv, die fit f&uuml;r eine weitere intensive Behandlung sind) zeigten zwar gegen&uuml;ber einer Standardtherapie keinen &Uuml;berlebensvorteil. Hingegen profitierte in beiden Studien die prognostisch ung&uuml;nstige Subgruppe der AML-Patienten von CPX-351 bez&uuml;glich PFS und OS. Von CPX- 351 profitierten &ndash; bei gleichem Nebenwirkungsprofil &ndash; also Patienten mit sekund&auml;ren Leuk&auml;mien (aus MDS oder &laquo;therapyrelated &raquo;) sowie solche mit &laquo;Poor risk&raquo;-Risikoprofil, w&auml;hrend die Gesamtgruppe der AML-Patienten keinen &Uuml;berlebensvorteil hatte. Aufbauend auf diesen Phase-II-Studien best&auml;tigte nun eine Phase-III-Studie bei ausschliesslich Hochrisiko-AML-Patienten (60 bis 75 Jahre) in der First Line diesen spezifischen &Uuml;berlebensvorteil durch CPX-351 verglichen mit einer &laquo;7+3&raquo;-Standardinduktionstherapie bei j&uuml;ngeren Patienten.<sup>2</sup></p> <h2>Midostaurin f&uuml;r AML-Patienten mit mutiertem FLT3</h2> <p>Mutationen im FLT3-Gen, als interne Tandem-Duplikation (ITD) oder als Punktmutation (TKD), werden bei etwa 30 % aller AML-Patienten bei Erstdiagnose identifiziert. Die Blockierung aberranter FLT3-Kinase-Aktivit&auml;t stellt deshalb ein offensichtliches Ziel therapeutischer Intervention bei AML-Patienten dar. Der RATIFY- Trial hat nun die randomisierte Zugabe des (unspezifischen und eher m&auml;ssig aktiven) FLT3-Inhibitors Midostaurin zur Standardtherapie in der Induktion und in der Konsolidation untersucht, wie auch gegen Placebo in der Maintenance &uuml;ber 12 Monate. Die Publikation im Sommer 2017 zeigte einen OS-Vorteil f&uuml;r die Midostaurin- Gruppe im prim&auml;ren Endpunkt (OS nach 24 Monaten; p=0,009) (Abb. 1).<sup>3</sup> Die 4-Jahres-OS-Rate betrug in der Midostaurin- Gruppe 51 % gegen&uuml;ber 44 % in der Placebo-Gruppe. Angesichts der Vielzahl negativer Phase-III-Studien bei AML-Patienten in der Vergangenheit ist dieser Befund schon einmal an sich bemerkenswert, wie auch immer die Gewichtung des OS-Vorteils von 7 % ausfallen mag. Zudem stellt die Studie &ndash; ausserhalb der Literatur zur Therapie der APL/AML-M3 &ndash; die erste positive Studie mit einer &laquo;targeted therapy &raquo; innerhalb einer molekular definierten Subgruppe von AML-Patienten dar. Die Bedeutung des unspezifischen FLT3- Inhibitors Midostaurin f&uuml;r AML-Patienten ohne FLT3-Mutationen ist Gegenstand laufender Studien.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1707_Weblinks_s33_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="820" /></p> <h2>Enasidenib f&uuml;r AML-Patienten mit IDH2-Mutationen</h2> <p>IDH1 und IDH2 sind im Isozitrat-Stoffwechsel involviert. Defiziente IDH-Funktion f&uuml;hrt dabei zur Akkumulation von 2-Hydroxyglutarat, welches seinerseits zur Akkumulation von nukle&auml;rem 5-Methylcytosin f&uuml;hrt und damit zur Hypermethylierung des Genoms und zur malignen Transformation. Mit Enasidenib (AG-220) steht ein spezifischer IDH2-Inhibitor zur Verf&uuml;gung. Eine Monotherapie mit Enasidenib bei relapsierten/refrakt&auml;ren AMLPatienten zeigt eine Ansprechrate von 40,3 % .<sup>4</sup> Das mediane &Uuml;berleben dieser Patienten lag bei 9,3 Monaten. 26 % der Patienten erreichten eine komplette Remission, mit einem doch bemerkenswerten medianen OS in dieser Gruppe von 19,7 Monaten. Die IDH1- und IDH2-Inhibitoren zusammen mit intensiver Induktionstherapie (wie auch in der Maintenance eingesetzt) m&uuml;ssen allerdings ihre Wirksamkeit in den anlaufenden Phase-III-Studien erst beweisen. In der Schweiz wird die Er&ouml;ffnung solcher Studien im ersten Quartal 2018 im Rahmen der Leuk&auml;miegruppe der SAKK erwartet.</p> <h2>Anti-CD33-Antik&ouml;rper-Therapie bei AML-Patienten</h2> <p>&Uuml;ber 90 % der AML-Zellen sind positiv f&uuml;r das Oberfl&auml;chenantigen CD33. Es stellt deshalb einen offensichtlichen Ansatz f&uuml;r &laquo;targeted treatment&raquo; dar. Gemtuzumab- Ozogamicin (GO) ist ein konjugierter CD33-Antik&ouml;rper der ersten Generation und wird seit mittlerweile &uuml;ber 20 Jahren bei AML-Patienten untersucht. Dabei erlebte die Substanz eine ebenso unterhaltende wie wechselhafte Geschichte.<br /> Randomisierte Phase-III-Studien waren durchwegs negativ in der Monotherapie bei unfitten De-novo-AML-Patienten. Auch fielen randomisierte Studien mit GO zur Konsolidation in erster Remission zusammen mit Chemotherapie negativ aus, wie auch als Monotherapie in der Maintenance in erster Remission. Die Resultate von GO zusammen mit intensiver Induktionstherapie waren widerspr&uuml;chlich. In der Dosis von 6mg/m<sup>2</sup> wurde in drei Phase- III-Studien kein &Uuml;berlebensvorteil gezeigt, w&auml;hrend klare Toxizit&auml;tssignale aufhorchen liessen. Hingegen sind drei Phase-III-Studien mit der reduzierten Dosis von 3mg/m2 positiv ausgefallen. Hier scheinen insbesondere Patienten mit g&uuml;nstigem oder intermedi&auml;rem Risikoprofil pr&auml;ferenziell zu profitieren. Basierend darauf wurde GO deshalb 2017 wieder in der Dosis von 3mg/m<sup>2</sup> zusammen mit Cytarabin und Daunorubicin f&uuml;r die Induktionstherapie von der FDA zugelassen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Nach jahrelanger Stagnation in der medikament&ouml;sen Therapie von jungen AMLPatienten mit kurativer Intention haben m&ouml;glicherweise die vier oben vorgestellten Substanzen neue Optionen f&uuml;r rationale Behandlungsm&ouml;glichkeiten f&uuml;r Patienten mit AML angestossen. Es ist davon auszugehen, dass f&uuml;r weitere molekular definierte Entit&auml;ten geeignete Substanzen in die klinische Studient&auml;tigkeit Einzug halten werden. Das Gebiet scheint spannender als auch schon!</div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> L&ouml;wenberg B et al.: Therapeutic value of clofarabine in younger and middle-aged (18-65 years) adults with newly diagnosed AML. Blood 2017; 129(12): 1636-45 <strong>2</strong> Lancet JE et al.: Phase 2 trial of CPX-351, a fixed 5:1 molar ratio of cytarabine/daunorubicin, vs cytarabine/daunorubicin in older adults with untreated AML. Blood 2014; 123(21): 3239-46 <strong>3</strong> Stone RM et al.: Midostaurin plus chemotherapy for acute myeloid leukemia with a FLT3 mutation. N Engl J Med 2017; 377(5): 454-64 <strong>4</strong> Stein EM et al.: Enasidenib in mutant IDH2 relapsed or refractory acute myeloid leukemia. Blood 2017; 130(6): 722-31</p> </div> </p>
Back to top