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Nachlese zum 6. Österreichischen Pankreastag

<p class="article-intro">Seit bereits 10 Jahren gibt es den Österreichischen Pankreastag, ein Zusammentreffen aller an Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse interessierten Ärzte und Experten, bei dem die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Entität in praxisrelevanter Weise diskutiert werden. Dieses Jahr standen die chronische Pankreatitis, zystische Tumoren des Pankreas sowie das Pankreaskarzinom im Fokus des Programms. Der folgende Bericht ist eine Zusammenfassung der Highlights des Kongresses.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Am 6. &Ouml;sterreichischen Pankreastag gab Univ.-Prof. Dr. Gerhard Stark, KH der Barmherzigen Br&uuml;der, Wien, in der Sitzung &uuml;ber Epidemiologie, Diagnostik und Zysten einen &Uuml;berblick &uuml;ber die Epidemiologie und Versorgung von Bauchspeicheldr&uuml;senkrebs. Das Pankreaskarzinom macht 4 % aller b&ouml;sartigen Tumoren in &Ouml;sterreich aus, ist aber aufgrund der hohen Letalit&auml;t die vierth&auml;ufigste Krebstodesursache. Grund daf&uuml;r ist auch, dass ein Drittel der Erkrankungsf&auml;lle in einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium diagnostiziert wird. Erfreulich ist hingegen, dass die relativen &Uuml;berlebensraten (1-j&auml;hriges &Uuml;berleben) von 22 % im Zeitraum 1997&ndash;2001 auf 36 % im Zeitraum 2012&ndash;2014 anstiegen. In &Ouml;sterreich wurden Fallzahlen f&uuml;r bestimmte Operationen an der Bauchspeicheldr&uuml;se als Qualit&auml;tskriterium definiert. Die Operationen m&uuml;ssen in einer Mindestzahl pro Jahr stattfinden, damit eine Abteilung auch in Zukunft diese Eingriffe durchf&uuml;hren darf. F&uuml;r die bekanntesten Operationen &ndash; Pankreaskopfresektion und Pankreaslinksresektion &ndash; sind das jeweils 10 Operationen pro Jahr. Prof. Stark zeigte eine Studie &uuml;ber die Situation in Amerika, wo die Bildung von Schwerpunktzentren in den Bundesstaaten zu einer Steigerung der Operationszahlen in diesen Zentren f&uuml;hrte, verbunden mit einem R&uuml;ckgang der schweren perioperativen Komplikationen, der 30-Tages-Sterblichkeit und des Versagens bei der Rettung nach einer schweren Komplikation (&bdquo;failure to rescue rate&ldquo;). Letzteres ist ein zunehmend gebr&auml;uchlicher Wert, um die Expertise von Zentren untereinander zu vergleichen und ihre Performance zu messen.</p> <h2>Worauf kommt es bei der Bildgebung des Pankreaskarzinoms an?</h2> <p>Univ.-Prof. Dr. Ahmed Ba-Salamah von der Radiologischen Universit&auml;tsklinik der Medizinischen Universit&auml;t Wien stellte eindrucksvoll dar, worauf es bei der Bildgebung von Pankreastumoren ankommt. Eine verl&auml;ssliche Verdachtsdiagnose und die Beurteilung in Bezug auf Malignomverdacht k&ouml;nnen meistens bereits durch die kontrastmittelverst&auml;rkte Computertomografie (CT) in arterieller und ven&ouml;ser Phase erfolgen. Dar&uuml;ber hinaus erlaubt die CT eine Aussage &uuml;ber den Kontakt zu Blutgef&auml;&szlig;en und damit &uuml;ber die lokale Resektabilit&auml;t bzw. das Vorhandensein von Metastasen in Leber, Lunge, Lymphknoten und Peritoneum. Als &bdquo;Probleml&ouml;ser&ldquo; f&uuml;r spezielle Fragestellungen dient die kontrastverst&auml;rkte Magnetresonanztomografie (MRT), die bei nicht eindeutigen soliden Raumforderungen oder diffusen Ver&auml;nderungen des Pankreasgewebes eine Unterscheidung zwischen einer Entz&uuml;ndung und einer Neoplasie bzw. einem Verdacht auf ein Karzinom erm&ouml;glicht. Eine weitere Dom&auml;ne der MRT liegt in der detaillierten Abkl&auml;rung von zystischen Raumforderungen der Bauchspeicheldr&uuml;se, insbesondere von zystischen Erweiterungen der Bauchspeicheldr&uuml;seng&auml;nge durch die intraduktale papill&auml;r-muzin&ouml;se Neoplasie (IPMN). Dabei k&ouml;nnen durch die gleichzeitige Stimulation der Bauchspeicheldr&uuml;sensekretion Darstellungen des Gangsystems in hoher Aufl&ouml;sung erhalten werden und die IPMN der entsprechenden Lokalisation &ndash; Hauptgang, Seiteng&auml;nge und gemischter Typ &ndash; zugeordnet und verd&auml;chtige Zeichen f&uuml;r Entartung (&bdquo;worrisome features&ldquo;) und Zeichen erh&ouml;hten Risikos f&uuml;r das Vorhandensein eines Malignoms (&bdquo;high-risk stigmata&ldquo;) erkannt werden. Gegenw&auml;rtig sind verschiedene Methoden der hybriden Bildgebung in Erprobung, vor allem Kombinationen von Positronenemissionstomografie (PET) mit CT oder MRT. Dar&uuml;ber hinaus gibt es Versuche, die Ortsaufl&ouml;sung bei PET und MRT mit Informationen &uuml;ber Stoffwechselvorg&auml;nge im Gewebe zu kombinieren. Das soll zuk&uuml;nftig die Unterscheidung zwischen Narben- und Tumorgewebe eindeutiger erm&ouml;glichen, als es mit CT und MRT alleine m&ouml;glich ist.</p> <h2>Indikationen f&uuml;r endoskopischen Ultraschall und endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie beim Pankreaskarzinom</h2> <p>Univ.-Prof. Dr. Maximilian Sch&ouml;niger- Hekele von der Abteilung f&uuml;r Gastroenterologie und Hepatologie an der MUW gab einen &Uuml;berblick &uuml;ber die Indikationen f&uuml;r endoskopischen Ultraschall (EUS) und endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP) beim Pankreaskarzinom. Der EUS ist die Methode der ersten Wahl, wenn es darum geht, eine solide oder zystische Raumforderung in der Bauchspeicheldr&uuml;se im Detail abzukl&auml;ren und eine Gewebeprobe oder Zystenfl&uuml;ssigkeit zur weiteren Analyse zu entnehmen. Die ERCP bleibt Situationen vorbehalten, in denen durch eine Raumforderung eine Cholestase besteht und der Galleabfluss wiederhergestellt werden soll. Dies ist nur dann von Bedeutung, wenn keine zeitnahe Resektion erfolgen kann bzw. eine Vorbehandlung mit Chemotherapie oder Radiochemotherapie erfolgen soll oder eine unklare Situation im Gallengang besteht, die weiter abgekl&auml;rt werden muss.</p> <p>Dr. Wolfgang Pokieser, Pathologischbakteriologisches Institut, Wilhelminenspital, Wien, sprach &uuml;ber die Schwierigkeiten der zytopathologischen Diagnosesicherung am Pankreas und die M&ouml;glichkeiten, die durch molekularpathologische Analysen an einzelnen Zellen oder Zellverb&auml;nden zuk&uuml;nftig bestehen. Durch die Weiterentwicklung der Zytopathologie soll in Zukunft die Aussagekraft bez&uuml;glich Malignit&auml;t und Unterscheidung von der Entz&uuml;ndung selbst in Biopsien mit einzelnen Zellverb&auml;nden deutlich erh&ouml;ht werden.</p> <h2>Zystische Erkrankungen der Bauchspeicheldr&uuml;se</h2> <p>Priv.-Doz. Dr. Klaus Sahora, Univ.-Klinik f&uuml;r Chirurgie, Wien, gab einen aktuellen &Uuml;berblick &uuml;ber die Klassifikation und Einsch&auml;tzung zystischer Erkrankungen der Bauchspeicheldr&uuml;se und wies darauf hin, dass zumindest die H&auml;lfte aller in der Bauchspeicheldr&uuml;se diagnostizierten zystischen Ver&auml;nderungen, IPMN und muzin&ouml;s zystischen Neoplasien ein Entartungsrisiko aufweist und daher chirurgisch entfernt werden sollte.</p> <p>In der zweiten Sitzung zur interdisziplin&auml;ren Behandlung des Pankreaskarzinoms wurden von Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter G&ouml;tzinger, Abteilung f&uuml;r Chirurgie, Universit&auml;tsklinikum St. P&ouml;lten, und Univ.-Prof. Dr. Gerald Prager, Univ.-Klinik f&uuml;r Innere Medizin I, Medizinische Universit&auml;t Wien, die Behandlungsoptionen bei grenzwertig resektablen, nicht resektablen und metastasierten Pankreaskarzinomen dargestellt. Dabei ist im lokal fortgeschrittenen Erkrankungsstadium die neoadjuvante Chemotherapie mit den Substanzkombinationen FOLFIRINOX oder Gemcitabin/Nab-Paclitaxel die erste Wahl, je nach Allgemeinzustand des Patienten. Bei der Beurteilung der Resektabilit&auml;t nach neoadjuvanter Therapie kann nicht allein der bildgebenden Diagnostik vertraut werden, sondern es sind bei stabiler Situation eine explorative Operation und nach M&ouml;glichkeit die komplette Resektion durchzuf&uuml;hren. Die Mitresektion ven&ouml;ser Blutgef&auml;&szlig;e zur kompletten Tumorentfernung geh&ouml;rt mittlerweile zum chirurgischen Standard, hingegen bleibt die Resektion arterieller Blutgef&auml;&szlig;e nach wie vor wegen der hohen Komplikationsraten und fehlender Prognoseverbesserung die Ausnahme. Im metastasierten Erkrankungsstadium kommt zus&auml;tzlich zu den genannten Therapiekombinationen auch einer Kombination von Fluorouracil/ Leucovorin mit liposomalem Irinotecan (NAPOLI-1 Trial) Bedeutung zu.</p> <h2>Partikeltherapie und Strahlentherapie beim Pankreaskarzinom</h2> <p>Univ.-Prof. Dr. Eugen Hug von Med- Austron gab einen &Uuml;berblick &uuml;ber die Partikeltherapie, also Strahlentherapie mit Protonen oder Kohlenstoffionen, beim Pankreaskarzinom. Bisher gibt es weltweit wenig Erfahrung mit dieser neuen Therapiemethode in der pr&auml;operativen Behandlungsphase. Die Vorteile dieser Bestrahlungsmodalit&auml;t liegen auf der Hand, weil damit zielgenau eine hohe Dosis mit geringer Nebenwirkung auf das umgebende Gewebe verabreicht werden kann und damit die Bestrahlungstherapie beim Pankreaskarzinom eine h&ouml;here Wirksamkeit erreichen k&ouml;nnte.</p> <p>Prim. Univ.-Doz. Dr. Annemarie Schratter- Sehn, Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wien, zeigte die M&ouml;glichkeiten und Ergebnisse konventioneller Bestrahlung beim Pankreaskarzinom sowohl in der neoadjuvanten als auch in der adjuvanten Behandlung. So geh&ouml;ren die CT-basierte Planung und die konformale Strahlentherapie bereits zum klinischen Standard. Weiters werden als Weiterentwicklung moderne intensit&auml;tsmodulierte und stereotaktische Bestrahlungstechniken eingesetzt.</p> <p>Derzeit l&auml;uft die erste &ouml;sterreichweite, randomisierte Studie, welche die sekund&auml;re Resektabilit&auml;t bei lokal fortgeschrittenem, zun&auml;chst nicht resektablem Pankreaskarzinom nach neoadjuvanter Therapie mit FOLFIRINOX alleine oder FOLFIRINOX gefolgt von Radiochemotherapie vergleicht.</p> <p>Die erste &ouml;sterreichische Selbsthilfegruppe f&uuml;r Patienten mit Pankreaskarzinom und deren Angeh&ouml;rige wurde von Mag. Michaela Hartenstein vor mehr als einem Jahr ins Leben gerufen. Anl&auml;sslich des Pankreastages gab sie einen &Uuml;berblick &uuml;ber die bisherigen Aktivit&auml;ten und einen Ausblick auf das Angebot der Gruppe.</p> <h2>Akute und chronische Pankreatitis</h2> <p>In der abschlie&szlig;enden Sitzung zu Entz&uuml;ndung, Ern&auml;hrung und Schmerz wurde die State-of-the-Art-Behandlung der akuten und chronischen Pankreatitis dargestellt. F&uuml;r beide Erkrankungen gilt ein Step-up-Konzept, bei der akuten Pankreatitis &bdquo;delay &ndash; drain &ndash; debride&ldquo;, das bedeutet zun&auml;chst Abwarten mit interventionellen Ma&szlig;nahmen in den ersten 1&ndash;3 Wochen, CT-gezielte Drainage oder transgastrische Drainage, wenn notwendig gefolgt von einer Nekrosektomie &uuml;ber die minimal invasiven Zug&auml;nge. Bei der chronischen Pankreatitis ist neben medikament&ouml;ser und di&auml;tologischer Therapie eine endoskopische Intervention zur Behandlung von Stenosen zu w&auml;hlen, jedoch rechtzeitig auf den chirurgischen Behandlungspfad mit Ableitungsoperation oder Resektion zu wechseln, um damit eine dauerhafte Beschwerdefreiheit zu erreichen.</p> <h2>Ern&auml;hrung und Schmerztherapie</h2> <p>Ern&auml;hrung und Schmerzbehandlung bei Tumoren und Entz&uuml;ndungen der Bauchspeicheldr&uuml;se sind wichtige Behandlungsfelder, welche die Lebensqualit&auml;t nachhaltig beeinflussen. Die Di&auml;tologin Anna Eisenberger f&uuml;hrte aus, dass die Abstimmung der Nahrungsbestandteile auf die jeweilige Ern&auml;hrungs- und Erkrankungssituation enorm wichtig ist, ebenso wie die ausreichende Substitution von Pankreasenzym, um die zugef&uuml;hrte Nahrung zu verdauen. Univ.-Prof. Dr. Andrea Michalek-Sauberer, Univ.-Klinik f&uuml;r An&auml;sthesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, Medizinische Universit&auml;t Wien, berichtete, dass die moderne Schmerzbehandlung einerseits die drei S&auml;ulen der WHO &ndash; Nichtopioidanalgetika, schwache und starke Opioidanalgetika &ndash; als Standard in der perioperativen und adjuvanten Schmerztherapie bei Patienten mit Pankreaskarzinom hat, w&auml;hrend nach einer Operation besonders die r&uuml;ckenmarknahe Schmerzausschaltung, wie etwa durch Epiduralan&auml;sthesie, aber auch die patientenkontrollierte systemische Schmerzbehandlung eine wichtige Rolle spielen. Die Coeliacusblockade ist bei chronischen Schmerzen durch Tumor oder Entz&uuml;ndung wichtig.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 6. Österreichischer Pankreastag, 23. September 2017, Campus Altes AKH, Wien </p>
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