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Urologische Tumoren

Zeitgemässes Management des nicht muskelinvasiven Blasenkarzinoms

<p class="article-intro">Das nicht muskelinvasive Blasenkarzinom (NMIBC) spannt sich vom harmlosen, nicht wiederkehrenden bis zum tödlichen Tumor über einen weiten Bogen. Die Herausforderung besteht darin, die Hinweise zu erkennen und richtig zu deuten, um die richtige Therapie in die Wege zu leiten. So simpel es scheinen mag, so komplex ist die Sachlage – auch aufgrund fehlender Evidenz.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Grundlage f&uuml;r eine pr&auml;zise Diagnose und die daraus resultierende Therapie ist eine exakte transurethrale Resektion.</li> <li>Die TURB allein kann die Intermediate- und High-Risk-Tumoren nicht heilen, es bedarf adjuvanter chemotherapeutischer Massnahmen, wobei das Progressionsverhalten des Tumors unbeeinflusst bleibt.</li> <li>Die BCG-Therapie ist der Chemotherapie nur bei einer Erhaltungstherapie &uuml;berlegen und sollte 3 Jahre dauern. In der H&auml;lfte der F&auml;lle treten betr&auml;chtliche Nebenwirkungen auf.</li> <li>Beim Versagen der Immuntherapie sollte zeitig eine Zystektomie in Betracht gezogen werden. Verz&ouml;gerung schl&auml;gt sich in einer betr&auml;chtlichen Reduktion der langfristigen &Uuml;berlebenswahrscheinlichkeit nieder.</li> </ul> </div> <h2>Transurethrale Resektion</h2> <p>Zu Beginn des Managements eines Blasenkarzinoms steht immer die transurethrale Resektion der tumor&ouml;sen L&auml;sion. Damit wird eine Doppelstrategie verfolgt. <br />Zum einen soll der ganze Tumor entfernt werden und zum anderen wird damit die Voraussetzung f&uuml;r eine histopathologische Beurteilung des Tumors geschaffen. Dies hat sowohl prognostische Bedeutung als auch therapeutische Konsequenzen. <br />Die klassische Resektionstechnik ist jene nach Nesbit, bei welcher der Tumor fraktioniert lamelliert abgetragen wird, um dann den Tumorgrund getrennt zu resezieren. Dies gestattet dem Pathologen, eine Aussage &uuml;ber den exophytischen Anteil ebenso wie &uuml;ber die Eindringtiefe zu treffen. Dieser vermeintlich so vertraute wie standardisierte Vorgang wird &uuml;ber die EAU-Guidelines mit einer Vielzahl von Hinweisen reglementiert.<sup>1</sup> Und dennoch stellt sich die Frage, ob wir Urologen diesem Anspruch qualitativ gerecht werden. Oder anders: Wie gut sind wir wirklich? Das Bild, das in verschiedenen Studien gezeichnet wird, scheint ern&uuml;chternd. Seit Brausi et al.<sup>2</sup> wissen wir, dass quer &uuml;ber den Kontinent Europa nach einer TUR eines T1-Bla&shy;sen&shy;karzinoms (BC) in 33&ndash;55 % der F&auml;lle bei tumor&ouml;se Zellen zur&uuml;ckbleiben und in ca. 40 % bei Ta-Tumoren. In bis zu einem Viertel der F&auml;lle findet ein Up-Staging zu einem muskelinfiltrierenden BC statt (MIBC). Dies passiert umso h&auml;ufiger, wenn der Detrusor in der prim&auml;ren TUR fehlt. Als Einwand k&ouml;nnte man anf&uuml;hren, dass viele Ausbildungskliniken in dieser Studie miteinbezogen waren und dass die Lernkurve diese Ergebnisse erkl&auml;ren k&ouml;nnte. Aber selbst im Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, einem der renommiertesten Spit&auml;ler weltweit, wurde bei einer zweiten TURB in 76 % der F&auml;lle noch Tumor im Nachresektat gefunden, was in einem Drittel der F&auml;lle ein Up-Staging zu einem MIBC erforderlich machte.<sup>3</sup> Mian et al. zeigten, dass, je nach Institution, in 14 bis zu 78 % in der Nachresektion noch zur&uuml;ckgelassener Tumor gefunden wurde.<sup>4</sup> So sind heute die Indikationen f&uuml;r eine Re-TURP &uuml;ber alle Urologengesellschaften weltweit einheitlich: <br />&bull; bei allen T1- und G3-BC,<br />&bull; bei Fehlen des Detrusors im histologischen Pr&auml;parat,<br />&bull; bei einer positiven Zytologie und einer Low-Risk-Histologie und <br />&bull; bei allen unklaren Umst&auml;nden bei einer High-Risk-Situation.</p> <h2>Technische Entwicklungen</h2> <p>Es stellt sich nun die Frage, ob mit besserer Technik auch ein besseres TUR-Ergebnis erzielt werden kann und ob dies Einfluss nimmt auf den nat&uuml;rlichen Verlauf der Krankheit. <br />Die photodynamische Diagnostik (PDD) war ein wichtiger Schritt hin zur Verbesserung der diagnostischen Qualit&auml;t. Burger et al. konnten in einer Meta&shy;analyse, die sechs prospektive Studien und insgesamt 1345 Patienten mit einem durchschnittlichen Follow-up (FU) von einem Jahr einschliesst, zeigen, dass mittels PDD um 14,7 % mehr Ta-Tumoren und 40,8 % mehr Carcinomata in situ (Cis) entdeckt werden.<sup>5</sup> Die Rezidivrate war in der PDD-Gruppe mit 34,5 % deutlich geringer als mit 45,5 % in der Weiss&shy;lichtgruppe. Nach Risikogruppen aufgeteilt zogen aber nur die Low- und die High-Risk-Gruppe einen Vorteil aus PDD, w&auml;hrend bei den Intermediate-Risk-Gruppen kein Unterschied auszumachen war. Bei der Zeitspanne bis zum Rezidiv waren die unterschiedlichen Gruppen sogar kontr&auml;r.<br />Auch die britische Gruppe um O&rsquo;Brien konnte in ihrer prospektiv randomisierten Studie, in der PDD + TUR + &laquo;single shot&raquo; Mitomycin C (MMC) mit TUR + &laquo;single shot&raquo; MMC verglichen wurde, eine h&ouml;here Rate von Cis-Detektionen (um 12 % ) best&auml;tigen, aber die Rezidivrate nach 3 bzw. 12 Monaten war identisch.<sup>6</sup> So scheint es, dass durch die &laquo;Single shot&raquo;-Therapie die h&ouml;here Tumordetektionsrate durch PDD neutralisiert wird. Klinisch verschwindet dadurch jeder Vorteil.<br />Weitere technische Verbesserungen, die eine breitere Anwendung finden, sind das &laquo;narrow band imaging&raquo; (NBI), das mittels der Wellenl&auml;ngen 415nm und 540nm, die in der Blasenwand unterschiedlich absorbiert werden, zu einer verbesserten Kontrastierung besonders im Tumorrandbereich im Vergleich mit der Weisslichtzystoskopie f&uuml;hrt. NBI liefert &auml;hnliche Ergebnisse wie die PDD mit der Dom&auml;ne in der Cis-Detektion, letztlich ist aber laut einer Metaanalyse von Zheng et al. die Rezidivrate nach einem Jahr nicht signifikant unterschiedlich zum Weisslicht.<sup>7</sup><br />Das &laquo;Storz Professional Image En&shy;hancement System&raquo; (SPIES) arbeitet ebenfalls mit unterschiedlich einstellbaren Programmen an einer deutlicheren Kontrastierung zwischen tumor&ouml;sem und gesundem Gewebe. Die Datenlage ist d&uuml;rftig, die verf&uuml;gbaren Studien sind wenig aussagekr&auml;ftig, aber es d&uuml;rfen Resultate vergleichbar mit PDD und NBI zu erwarten sein.<sup>8</sup><br />Einen Quantensprung d&uuml;rfte man mit der &laquo;optical coherence tomography&raquo; (OCT) und der &laquo;confocal laser endomicroscopy&raquo; (CLE) erreichen. Hiermit erh&auml;lt man Histologie-&auml;hnliche Bilder, die sicher zukunftsweisend sind, derzeit in der Urologie aber nur experimentell eingesetzt werden und heute grossen universit&auml;ren Zentren vorbehalten sind.<br />Brauchen wir Urologen aber immer Hilfsmittel oder ist unser Urteilsverm&ouml;gen, gespeist von der Erfahrung, gross genug, um eine verl&auml;ssliche Aussage nach einer Zystoskopie treffen zu k&ouml;nnen? In einer Beobachtungsstudie an 1623 konsekutiven BC-Patienten zwischen 2002 und 2005 an unserer Klinik wurde vom resezierenden Urologen am Ende des Eingriffes eine Klassifizierung des Tumors in &laquo;high risk&raquo;, &laquo;low risk&raquo; oder &laquo;unclear&raquo; gefordert. In 87 % der F&auml;lle war die Beurteilung des Urologen konkordant mit dem histologischen Befund (unver&ouml;ffentlichte eigene Daten). Offenbar ist das klinische Urteilsverm&ouml;gen bei Weitem besser als angenommen. Deshalb sollte man dem prim&auml;ren klinischen Eindruck folgen und etwaige Befundabweichungen kritisch hinterfragen und diskutieren.</p> <h2>Resektionstechnik</h2> <p>Liegen vielleicht die d&uuml;rftigen TURB-Ergebnisse an der Resektionstechnik an sich? In den letzten Jahren wurde die En-bloc-Resektion als valide Technik f&uuml;r eine Ergebnisverbesserung propagiert. Mittels J-Schlinge oder gerader Schlinge werden BC in einem St&uuml;ck mit einer Detrusormanschette um den Tumorstiel herum entfernt. In einer kleinen Studie an 37 Patienten konnten Lodde et al. zeigen, dass diese Technik sicher durchf&uuml;hrbar ist.<sup>9</sup> Limitationen ergeben sich durch Lokalisationen wie Blasendom oder Blasenvorderwand wie auch durch den Tumordurchmesser. Tumorgr&ouml;ssen &uuml;ber 2,5cm sind sehr schwer durch den Resektionsschaft evakuierbar. Der unbestrittene Vorteil liegt in der genauen Beurteilung der Eindringtiefe des Tumors durch den Pathologen. In einer prospektiv randomisierten Studie von 21 En-bloc- im Vergleich mit 24 traditionellen Resektionen fiel die Rezidivrate mit 28,6 % versus 62,5 % eindeutig zugunsten der En-bloc-Resektion aus,<sup>10</sup> w&auml;hrend in einem gr&ouml;sseren Kollektiv (50 En-bloc- vs. 40 traditionelle TUR) eine chinesische Gruppe keinen statistischen Unterschied in der Rezidivrate nach einem FU von 18 Monaten feststellen konnte. Puppo et al. stellen in einer rezenten Publikation &uuml;ber 1192 En-bloc-Resektionen sogar die These auf, dass &laquo;en bloc&raquo; der neue Standard in der TURB sei.<sup>11</sup> Valide Studien an einem gr&ouml;sseren Kollektiv mit Kontrollgruppe fehlen, sodass alle onkologischen Schlussfolgerungen, abgesehen von der technischen Machbarkeit, spekulativ bleiben. Aber selbst diese Technik ist nicht wirklich neu, denn bereits Mauermayr, einer der Pioniere der transurethralen Resektion in Eu&shy;ropa, hat diese Technik mit der geraden &bdquo;M&auml;hschlinge&ldquo; in seiner Operationslehre von 1981 beschrieben.</p> <h2>Fr&uuml;hinstillation</h2> <p>Da bei der TURB zirkulierende Tumorzellen in Umlauf gesetzt werden, teilweise Tumorreste akzidentell zur&uuml;ckbleiben und kleine Tumoren sogar &uuml;bersehen werden, folgt der Einsatz eines lokalen Chemotherapeutikums aufgrund seines Tumor-ablativen Effektes einer stringenten Logik, um vorbeugend das Rezidivrisiko zu minimieren oder adjuvant die TURB zu unterst&uuml;tzen. In allen Guidelines wird eine m&ouml;glichst fr&uuml;hzeitige Instillation angemahnt, und dies gr&uuml;ndet sich auf die Studie von Kaasinen et al., die bei 2005 Patienten mit einem mittleren FU von 47 Monaten zeigen konnten, dass die Verz&ouml;gerung der Instillation um einen Tag die Rezidivrate verdoppelt.<sup>12</sup> Eine holl&auml;ndische prospektiv randomisierte multizentrische Studie an 2243 Patienten verglich die unmittelbare &laquo;Single shot&raquo;-Instillation mit MMC 40mg gegen eine Instillation mit zweiw&ouml;chiger Verz&ouml;gerung.<sup>13</sup> Endpunkte der Studie waren die Rezidivraten nach 3 und 5 Jahren. Die Ergebnisse zeigten, dass die unmittelbare MMC-Instillation das Risiko f&uuml;r ein Rezidiv um 27 % senkte, und wenn es auftrat, dann deutlich sp&auml;ter. In einer EORTC-Metaanalyse von Sylvester et al. von 11 randomisierten Studien mit 2278 Patienten wurde TURB + &laquo;single shot&raquo; mit alleiniger TURB verglichen.<sup>14</sup> Endpunkte waren Rezidiv- und Progressionsrate. Obschon die Rezidivrate in der &laquo;Single shot&raquo;-Gruppe um 13,7 % niedriger war und die Risikoreduktionsrate in Bezug auf ein Rezidiv 39 % betrug, blieb die Progressionsrate davon unbeeinflusst, ebenso wie die tumorspezifische Todesursache. Was aber auffiel, war die Tatsache, dass die &laquo;Single shot&raquo;-Gruppe eine signifikant erh&ouml;hte globale Mortalit&auml;t aufwies. Da dies aber kein prim&auml;rer Endpunkt zu Studienbeginn war, verweigerte die EORTC trotz vorhandener Dateneinsicht eine diesbez&uuml;gliche Stellungnahme. Leider war auch hiermit eine Chance vertan, ein &auml;usserst relevantes Detail zu kl&auml;ren.<br />Ein weiterer Ansatzpunkt, um die &laquo;Single shot&raquo;-Therapie zu verbessern, w&auml;re eine Optimierung der Pharmakokinetik. Hierzu wurde in einer randomisierten Phase-III-Studie gezeigt, dass Alkalisierung des Harns, Fl&uuml;ssigkeitseinschr&auml;nkung 12 Stunden vor der Instillation und v&ouml;llige Blasenentleerung mittels Katheter vor der Instillation zu einer Effizienzsteigerung f&uuml;hren k&ouml;nnen. 119 derart &laquo;optimierte&raquo; Patienten wurden 111 &laquo;normalen&raquo; gegen&uuml;bergestellt. In der optimierten Gruppe trat das Rezidiv im Schnitt 15,1 Monate sp&auml;ter auf und 10 % mehr Patienten blieben ohne Rezidiv. Diese Studie beinhaltet aber einen grundlegenden methodischen Fehler: Die optimierte Gruppe erhielt 40mg MMC, die normale Gruppe nur 20mg MMC.<sup>15</sup> Insofern liegt es nahe, anzunehmen, dass die Effizienzsteigerung auf die Dosisdiskrepanz zur&uuml;ck&shy;zuf&uuml;hren ist und nicht auf die flankierenden pharmakokinetischen Mass&shy;nahmen. <br />So l&auml;sst sich bez&uuml;glich &laquo;Single shot&raquo;-Therapie zusammenfassend feststellen: <br />&bull; &laquo;Single shot&raquo;-Chemotherapie verringert das reale Risiko eines Rezidivs um 14 % ,<br />&bull; wobei der h&ouml;chste Effekt bei jenen Tumoren erzielt wird, die das geringste R&uuml;ckfallrisiko haben. <br />&bull; Alle verwendeten Chemotherapeutika sind gleichermassen effektiv.</p> <h2>Pathologische Aufarbeitung</h2> <p>Der histopathologische Befund ist ein essenzieller Baustein im richtigen Management des NMIBC. Die Problematik der Interobserver-Varianz ist hinl&auml;nglich bekannt und konnte auch mit dem neuen, 2004 eingef&uuml;hrten WHO-Grading-System nicht behoben werden. Zus&auml;tzlich wird immer klarer, dass h&auml;ufig Mischtumoren vorliegen. Im Urotheltumor sind Areale mit unterschiedlicher Differenzierung vorhanden. Man spricht von Varianten. Sie k&ouml;nnen eine plattenepitheliale oder adenokarzinomat&ouml;se Differenzierung haben. Diese sind noch relativ einfach zu diagnostizieren. Die mikrozellul&auml;ren, mikropapill&auml;ren, &laquo;nested&raquo; und plasmozytoiden Varianten sind schwer zu diagnostizieren und werden in bis zu 44 % der F&auml;lle &uuml;bersehen.<sup>16</sup> Sie sind aber von herausragender prognostischer Bedeutung. So ist ein mikropapill&auml;res NMIBC mit der gleichen Prognose behaftet wie ein prim&auml;res T2-Urothelkarzinom. Zeitgerechte und aggressive Therapie ist hier lebensrettend.<br />Zudem gew&auml;hrt die histopathologische Aufarbeitung auch die Erstellung von sogenannten Risikogruppen. Am bekanntesten sind die EORTC-Risk-Tables, die sich an 6 morphometrischen Kriterien orientieren und nur indirekt der Tumorbiologie Rechnung tragen.<sup>1</sup> Sie sind sicherlich von akademischem Interesse, werden in der t&auml;glichen Praxis aber wenig angewandt und sind kaum praktikabel.<br />Sinnreicher w&auml;re eine Risikostratifizierung nach tumorbiologischen Gesichtspunkten. Solche Modelle existieren, sind praktikabel und werden in kleinen Realit&auml;ten auch angewandt.<sup>17</sup> Ziel sind die Risikoabsch&auml;tzung und daraufhin eine individualisierte angepasste Nachsorge. Auch die WHO hat versucht, mit dem neuen System von 2004 die Gruppen auf High- und Low-Risk-Grade zu reduzieren, indem sie molekularbiologische Gesichtspunkte in die Morphologie zu integrieren versuchte. Die Kategorie &bdquo;papill&auml;re Neoplasie mit niedrigem malignem Potenzial (PUNLMP)&ldquo; war dann allerdings ein R&uuml;ckfall in alte Gewohnheiten.</p> <h2>Adjuvante lnstillationstherapie</h2> <p>Da das NMIBC mit intermedi&auml;rem Risiko und das High-Risk-NMIBC mit der TURB allein nicht zu heilen sind, braucht es adjuvante Chemo-/Immuninstillationstherapien. Eine prospektive, randomisierte multizentrische EORTC-Studie verglich bei 2535 Patienten mit NMIBC die adjuvante mit keiner Therapie.<sup>18</sup> Endpunkte der Studie waren Rezidiv- und Progressionsrate sowie die Entwicklung von Metastasen. Der Zeitraum bis zum Rezidiv war in der adjuvanten Gruppe, die 6 % weniger Rezidive aufwies, l&auml;nger. Hinsichtlich Progression und Metastasenentwicklung zeigten beide Gruppen keine Differenz, ebenso hinsichtlich der unterschiedlichen verwendeten Chemotherapeutika.<br />F&uuml;r Patienten mit High-Risk-NMIBC bleibt die BCG-Therapie, die aus mitigiertem Mycobakterium-bovis-St&auml;mmen entwickelte Immuntherapie, die Behandlung der Wahl. Seit 1966 wurde mit BCG bei Blasentumoren experimentiert. Erst 1976 stellte Morales seine Studie mit einer 12-fach verringerten Rezidivrate aufgrund der BCG-Therapie vor.<sup>19</sup> Die noch heute g&uuml;ltige Induktionstherapie mit sechs Instillationen geht auf den Umstand zur&uuml;ck, dass das Institut Armand Frappier die BCG-Packungen mit sechs Phiolen auslieferte. Seither wurden verschiedene Versuche unternommen, die Therapie zu optimieren, indem man Dosisreduktionen und Zeitrahmenver&auml;nderungen, der Immunantwort angepasst, vornahm oder unterschiedliche BCG-St&auml;mme verwendete. Letztlich konnte nichts die Originalvariante verdr&auml;ngen. Heute besteht breiter Konsens, dass die BCG-Therapie nur durch eine Erhaltungstherapie bessere Resultate liefert als die Chemotherapie. Dies geht auf die Studie SWOG 8507 zur&uuml;ck.<sup>20</sup> Letztlich beendeten jedoch nur 37 Patienten die dreij&auml;hrige Erhaltungstherapie, w&auml;hrend die &uuml;brigen wegen Nebenwirkungen die Therapie abbrechen mussten. Dennoch zogen die Autoren folgende Schlussfolgerungen: Die Erhaltungstherapie ist fundamental f&uuml;r eine lang anhaltende Immunantwort, da diese nach sechs Monaten nachlassen w&uuml;rde. Mit ihr kann die rezidivfreie Zeit verdoppelt werden.<sup>20</sup><br />Dieser Studie steht die spanische Studie CUETO 9801 gegen&uuml;ber, die &ndash; methodisch sicher besser und straffer gef&uuml;hrt &ndash; bei 195 Patienten mit Erhaltungstherapie im Vergleich mit 202 Patienten, die eine solche nicht erhielten, weder ein l&auml;ngeres krankheitsfreies Intervall noch eine verminderte Progressionsrate noch ein l&auml;ngeres krankheitsspezifisches &Uuml;berleben nachweisen konnte. Hinsichtlich des globalen &Uuml;berlebens schnitt die Erhaltungstherapiegruppe sogar deutlich schlechter ab.<sup>21</sup> Damit schliesst sich der Kreis zur Chemotherapie. Auch nach vier Dekaden BCG-Therapie bleiben die optimale Dosis, Verabreichungsintervalle und -dauer Gegenstand heftiger Diskussion. Letztlich geht man von einem 5 % igen 5-Jahres-&Uuml;berlebensvorteil durch die Maintenance-Therapie aus.<sup>20</sup> <br />Demgegen&uuml;ber steht die eingehende Erfahrung mit den Komplikationen, mit denen in 55 bis 83 % der F&auml;lle gerechnet werden muss. Sie reichen von der simplen Zystitis &uuml;ber die granulomat&ouml;sen Erkrankungen der Hoden und deren Anhangsgebilde bis hin zur generalisierten systemischen BCGitis oder Sepsis mit t&ouml;dlichem Ausgang. Insofern ist eine BCG-Therapie bei immunsupprimierten Patienten absolut kontraindiziert.</p> <h2>BCG-Versager</h2> <p>Die BCG-Versager-Quote betr&auml;gt 41,3 % und 19,8 % zeigen unter BCG-Therapie eine Progression.<sup>22</sup> Hierbei w&auml;re die sinnreichste Konsequenz die Fr&uuml;hzystektomie. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Patienten mit einem therapierefrakt&auml;ren und verz&ouml;gert auf die Therapie ansprechenden T1-Tumor, der zur Zystektomie kommt, eine schlechtere Prognose hat als ein prim&auml;res T2-Karzinom.<sup>23</sup><br />Als Alternative kann man einen neuerlichen Induktionsversuch starten, die Responserate liegt um die 30 % . Ansonsten bietet sich die EMDA-Verabreichungstechnik von MMC an, in Alternanz mit BCG, oder die Thermochemotherapie.<sup>24</sup></p> <p>&nbsp;</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die Schwierigkeit liegt im Detail. NMIBC vereint eine ganz heterogene Gruppe von Tumoren. Es obliegt dem Arzt, mit Wissen und K&ouml;nnen die gef&auml;hrlichen Varianten herauszufiltern und mit entsprechender Aggressivit&auml;t zu therapieren. Selbst die adjuvanten Massnahmen in der High-Risk-Gruppe sind mit betr&auml;chtlichen bis schwersten Nebenwirkungen verbunden. So ist nicht blindes Befolgen der Guidelines n&uuml;tzlich, sondern individuelles Ausrichten der Therapie nach Tumorcharakteris&shy;tika und Patientenbed&uuml;rfnissen. Die rote Linie zwischen iatrogener Sch&auml;digung und lebensrettenden und/oder die Lebensqualit&auml;t erhaltenden Massnahmen ist dabei sehr schmal.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Babjuk M et al.: EAU Guidelines on non-muscle invasive urothelial carcinoma of the bladder: update 2016. Eur Urol 2017; 71: 447-61 <strong>2</strong> Brausi M et al.: Variability in the recurrence rate at first follow up cystoscopy after TUR in Stage Ta T1 transitional cell carcinoma of the bladder: A combined analysis of seven EORT Studies. Eur Urol 2002; 41: 523-31 <strong>3</strong> Herr HW: The value of a second transurethral resection in evaluating patients with bladder tumors. J Urol 1999; 162: 74-6 <strong>4</strong> Mian C, Pycha A: Risk stratification in superficial bladder cancer: fact and fiction. EAU Updates Series 2007; 5: 63-9 <strong>5</strong> Burger M et al.: Photodynamic diagnosis of non-muscle-invasive bladder cancer with Hexaminolevulinate cystoscopy: a meta-analysis of detection and recurrence based on raw data. Eur Urol 2013; 64: 846-54 <strong>6</strong> O&rsquo;Brien T et al.: Prospective randomized trial of hexylaminolevulinate photodynamic-assisted transurethral resection of bladder tumour (TURBT) plus single-shot intravesical mitomycin C vs conventional white-light TURBT plus mitomycin C in newly presenting non-muscle invasive bladder cancer. BJU Int 2013; 112: 1096-104 <strong>7</strong> Zheng C et al.: Narrow band imagning diagnosis of bladder cancer: systematic review and meta-analysis. BJU Int 2012; 110: 1464 <strong>8</strong> Gravas S, Stenzl A: The Storz professional image enhancement system (spies) nonmuscle-invasive bladder cancer study: a multicenter international randomized controlled study. J Endourol 2014; 28: 1254-8 <strong>9</strong> Lodde M et al.: En-bloc TUR-B: use and limits in the transurethral resection of bladder tumors. Urology 2003; 62: 1089-91 <strong>10</strong> Sureka SK et al.: Is en-bloc transurethral resection of bladder tumor for non-muscle invasive bladder carcinoma better than conventional technique in terms of recurrence and progression? A prospective study. Indian J Urol 2014; 30: 144-9 <strong>11</strong> Naselli A, Puppo P: En bloc transurethral resection of bladder tumors: a new standard? J Endourol 2017; 31: 20-4 <strong>12</strong> Kaasinen E et al.: Factors explaining recurrence in patients undergoing chemoimmunotherapy regimes for frequently recurring superficial bladder carcinoma. Eur Urol 2002; 42: 167-74 <strong>13</strong> Bosschieter J et al.: Value of an immediate intravesical instillation of mitomycin C in patients with non-muscle-invasive bladder cancer: a prospective multicentre randomised study in 2243 patients. Eur Urol 2017; pli: S0302-2838(17)30538-9 <strong>14</strong> Sylvester RJ et al: Systematic review and individual patient data meta-analysis of randomized trial comparing a single immediate instillation of chemotherapy after transurethral resection with transurethral resection alone in patients with stage pTa-pT1 urothelial carcinoma of the bladder: which patients benefit from the instillation? Eur Urol 2016; 69: 231-44 <strong>15</strong> Au JL et al.: Methods to improve efficacy of intravesical mitomycin C: results of a randomized phase III trial. J Natl Cancer Inst 2001; 18; 93: 597-604 <strong>16</strong> Shah RB et al.: Variant (divergent) histologic differentiation in urological carcinoma is under-recognized in community practice: impact of mandatory central pathology review at a large referral hospital. Urol Oncol 2013; 31: 1650-5 <strong>17</strong> Pycha A et al.: Intermediate risk urothelial carcinoma: an unresolved problem? Urology 2004; 63: 472-5 <strong>18</strong> Pawinski A et al.: A combined analysis of European Organization for Research and Treatment of Cancer, and Medical Research Council randomized clinical trials for the prophylactic treatment of stage TaT1 bladder cancer. J Urol 1996; 156: 1934-40 <strong>19</strong> Morales A: BCG: a throwback from the stone age of vaccines opened the path for bladder cancer immunotherapy. The Canadian Journal of Urology 2017; 24: 8788-93 <strong>20</strong> Lamm DI et al.: Maintenance bacillus Calmette-Guerin immunotherapy for recurrent TaT1 and carcinoma in situ transitional cell carcinoma of the bladder: a randomized Southwest oncology group study. J Urol 2000; 163: 1124-9 <strong>21</strong> Martinez-Pineiro L et al.: Maintenance therapy with 3 monthly bacillus calmette-guerin for 3 years is not superior to standard induction therapy in high-risk non-muscle-invasive Urothelial bladder carcinoma: final results of randomized CUETO study 98013. Eur Urol 2015; 68: 256-62 <strong>22</strong> Cambier S et al.: EORTC nomograms and risk groups for predicting recurrence, progression, and disease-specific and overall survival in non-muscle-invasive stage TaT1 urothelial bladder cancer patients treated with 1-3 years of maintenance bacillus calmette-guerin. 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