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Histiozytosen und dendritische Neoplasien – Update der Klassifikation

<p class="article-intro">Die sogenannten Histiozytosen sind sehr seltene Erkrankungen mit Ansammlungen von läsionalen Zellen in ganz unterschiedlichen Geweben. Seit der ersten Klassifikation durch die „Histiocyte Society“ im Jahre 1987 sind etliche Jahre vergangen, in welchen histomorphologische, radiologische, molekularbiologische sowie neue klinische Erkenntnisse ein Update der Klassifikation notwendig gemacht haben, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlicht wurde. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die neu definierten fünf Kategorien mit Schwerpunkt auf der klinisch-pathologischen Diagnostik gegeben werden. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die urspr&uuml;nglich drei Kategorien umfassende Einteilung (1. Langerhans-Zell[LC]-Histiozytose, 2. Non-LC-Histiozytose und 3. maligne Histiozytose [MH]) wurde 2016 um zwei Kategorien auf die nun insgesamt f&uuml;nf Subkategorien umfassende neue Klassifikation erweitert. Demnach werden die mehr als 100 verschiedenen histiozyt&auml;ren Erkrankungen nach Ursprungsgewebe, pathohistologischen, genetischen und klinischen Charakteristika klassifiziert.</p> <h2>L-Gruppe</h2> <p>Die erste Kategorie der neuen Klassifikation ist die &bdquo;L&ldquo;(-Langerhans)-Gruppe, sie umfasst Proliferationen der dendritischen Zelllinien (DC) (Tab. 1). In fr&uuml;heren Histiozytoseklassifikationen wurde streng zwischen LC- und Non-LC-Erkrankungen unterteilt, diese strenge Abgrenzung wird jedoch in der neuen Klassifikation nicht mehr getroffen, da eine betr&auml;chtliche Anzahl an Erdheim-Chester-Krankheit(ECD)-Patienten (bis zu 20 % ) auch typische LC-L&auml;sionen aufweist. Dar&uuml;ber hinaus sind nahezu alle Neoplasien der L-Gruppe mit Mutationen im MAPK-Pathway assoziiert, wobei die aktivierende BRAF V600E-Mutation als h&auml;ufigste genetische Aberration in mehr als 50 % der F&auml;lle nachgewiesen werden kann. Alle bisher beschriebenen Mutationen d&uuml;rften direkt oder indirekt zu einer konstitutiven Aktivierung des MAPK-Pathways mit Aktivierung von ERK und onkogener Transformation f&uuml;hren.<br />Klinisch tritt die Langerhans-Zell-Histiozytose (LCH) vorwiegend im Kindesalter, seltener auch bei Erwachsenen auf. Die LCH inkludiert ein Spektrum von Manifestationen mit lokalisierten, teils indolenten und sogar selbstheilenden L&auml;sionen bis zu multisystemischen aggressiven Manifestationen. <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s71_1.jpg" alt="" width="685" height="1891" /><br />Histologisch werden &ndash; unabh&auml;ngig von der klinischen Manifestation &ndash; Akkumulationen von typischen LCH-Zellen nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um histiozyt&auml;re Zellen mit bohnen- oder nierenf&ouml;rmigen Zellkernen, scharf gezeichneter Kernmembran und breiten, unscharf abgegrenzten Zytoplasmen (Abb. 1). Im Begleitinfiltrat dominieren eosinophile Granulozyten neben Lymphozyten und Plasmazellen. Der Nachweis der Expression von CD1a und Langerin (CD207) auf den morphologisch typischen l&auml;sionalen Zellen ist f&uuml;r die definitive Diagnostik erforderlich, er erfolgt am Paraffinschnitt. Die BRAF V600E-Mutation kann gleichfalls auf dem Schnittmaterial mit einem mutationsspezifischen Antik&ouml;rper dargestellt werden (Abb. 1). Im Falle einer BRAF V600E-Mutations-positiven LCH zeigen die l&auml;sionalen Zellen ein eindeutiges zytoplasmatisches Anf&auml;rbemuster.<br />Sowohl die morphologische Identifikation als auch die Immunhistologie mit den diagnostischen Antik&ouml;rpern gegen CD1a/CD207 kann jedoch im Falle einer diskreten Knochenmarksbeteiligung, wie sie f&uuml;r disseminierte LCH-Formen typisch ist, f&uuml;r die Diagnostik nicht sensitiv genug sein. In diesen F&auml;llen empfiehlt sich die molekularbiologische Untersuchung mittels qPCR zur Detektion der BRAF V600E-Mutation, wobei hiermit die Detektion auch von &lt;1 % LCH-Zellen m&ouml;glich ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s71_2.jpg" alt="" width="1417" height="887" /><br />Die zweite Erkrankung der L-Gruppe stellt die Erdheim-Chester-Erkrankung (ECD) dar. Sie ist eine Erkrankung des Erwachsenenalters, die nur sporadisch im Kindesalter auftritt. Die Erkrankung tritt in &gt;95 % der F&auml;lle im Skelettsystem auf. Die Diagnostik st&uuml;tzt sich auf die Histologie im Kontext mit typischen klinisch-radiologischen Befunden. Histologisch werden schaumige mononukle&auml;re Histiozyten, gelegentlich mit Beimengung einzelner mehrkerniger Zellen, detektiert. Im Begleitinfiltrat sind viele Lymphozyten, Plasmazellen und Neutrophile vorhanden, oft besteht eine ausgepr&auml;gte Fibrose. Die Histiozyten sind &ndash; im Gegensatz zur LCH &ndash; negativ bez&uuml;glich CD1a und Langerin. Interessanterweise zeigen jedoch ca. 20 % der ECD-Patienten auch eine simultane LCH, manchmal sogar in derselben Biopsie. Die Verwandtschaft mit der LCH wird auch in der identen Genetik widergespiegelt: Circa 50 % der ECD zeigen &ndash; analog zur LCH &ndash; eine Mutation von BRAF V600E bzw. Mutationen, die den MAPK-Pathway aktivieren. <br />Zur Gruppe der L-Histiozytosen wird nunmehr auch das extrakutane oder disseminierte juvenile Xanthogranulom (dJXG) gez&auml;hlt, da es die gleichen morphologischen, ph&auml;notypischen und genetischen Ver&auml;nderungen wie L&auml;sionen der ECD aufweist. In einzelnen seltenen systemischen Histiozytosen aus dieser Gruppe wurde eine ALK-Translokation nachgewiesen, daher empfiehlt sich bei klinisch progressiven Histiozytosen, bei denen keine MAPK-Aktivierung nachgewiesen werden kann, die Testung auf ALK, welche mittels monoklonaler Antik&ouml;rper gegen ALK am Paraffinschnitt erfolgen kann.</p> <h2>C-Gruppe</h2> <p>Die Gruppe der &bdquo;C&ldquo;-Histiozytosen umfasst kutane und mukokutane Histiozytosen. Hierzu z&auml;hlen zahlreiche beschriebene Formen, mit den Hauptvertretern Xanthogranulom-Familie (XG) und Non-JXG-Familie. Bei der XG-Familie handelt es sich um sowohl solit&auml;re als auch multiple und disseminierte Formen, die in unterschiedlichen Lebensabschnitten auftreten. Die h&auml;ufigste Form ist das kutane, nicht disseminierte JXG, welche im fr&uuml;hen Kindesalter auftritt. Histologisch sind die klinischen Formen nicht zu unterscheiden. Es handelt sich um gut abgegrenzte dermale L&auml;sionen, in der &bdquo;reifen&ldquo; Form mit Schaumzellen, Fremdk&ouml;rperriesenzellen und Touton-Zellen. Immunhistologisch exprimieren die Zellen neben Makrophagenmarkern auch Fascin und Faktor XIIIa, jedoch nicht S100, Langerin oder CD1a. Andere Vertreter dieser Gruppe sind u.a. die benigne zephalische Histiozytose (selbstheilende L&auml;sionen des Kopf/Halsbereichs, in den ersten 3 Lebensjahren auftretend), generalisierte eruptive Histiozytosen und Xanthoma disseminatum (XD) mit typischerweise mukosaler und viszeraler Komponente.<br />Die zweite Gruppe der Non-JXG-Familie umfasst eine Reihe von sehr seltenen Erkrankungen wie z.B. die ausschlie&szlig;lich kutane Rosai-Dorfman-Erkrankung (RDD), das nekrobiotische Xanthogranulom oder die multizentrische Retikulohistiozytose.</p> <h2>M-Gruppe</h2> <p>Die &bdquo;M&ldquo;-Gruppe umfasst die Erkrankungen der malignen Histiozytose (MH) sowie Sarkome, die sich von dendritischen Zellen ableiten, wie interdigitierende Retikulumzellsarkome (IRCS), LC-Sarkome oder indeterminierte Zellsarkome (ICS). Interessanterweise sind die malignen Tumoren, welche von follikul&auml;ren dendritischen Retikulumzellen stammen, nicht in der Klassifikation gelistet. <br />Prim&auml;re MH sind Tumoren mit eindeutig anaplastischer Morphologie; definitionsgem&auml;&szlig; m&uuml;ssen zumindest zwei histiozyt&auml;re Marker exprimiert werden (CD68, CD163, CD4 oder Lysozym), basierend auf der Expression von S100, CD1a und CD207 erfolgt dann die genauere Zuordnung. Die Diagnose wird oft erst nach Ausschluss anderer Tumoren gestellt und ist h&auml;ufig schwierig, da die F&auml;lle einerseits sehr selten sind und andererseits keine einheitlichen (immun-)ph&auml;notypischen Marker existieren.</p> <h2>R-Gruppe</h2> <p>Die &bdquo;R&ldquo;-Gruppe umfasst als Hauptvertreter die Rosai-Dorfman-Erkrankung (RDD), vorwiegend mit nodalem zervikalem schmerzlosem Befall. Morphologisch stehen haupts&auml;chlich intrasinusoidale Ansammlungen von gro&szlig;en Histiozyten mit breiten blassen Zytoplasmen im Vordergrund, welche auffallende Zeichen der Emperipolese aufweisen. Diese Zellen zeigen ein typisches Immunprofil mit Expression von S100, Fascin, CD14 und CD163, ohne Expression von CD1a und CD207. Extranodale Beteiligung kommt in fast der H&auml;lfte der F&auml;lle vor und betrifft Haut, Nasenh&ouml;hle, Knochen und retroorbitales Gewebe. Bemerkenswert ist eine h&auml;ufige Assoziation von RDD mit Erkrankungen aus dem Formenkreis der IgG4-assoziierten Syndrome. Aus diesem Grund wird empfohlen, in allen F&auml;llen von RDD eine Evaluierung von IgG4 im Gewebe und auch im Serum durchzu&shy;f&uuml;hren.</p> <h2>H-Gruppe</h2> <p>Die letzte Gruppe, die &bdquo;H&ldquo;-Histiozytosen, umfasst den Formenkreis der h&auml;mophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH) und des Makrophagen-Aktivierungs-Syndroms (MAS). Diese Erkrankungen sind durch massive Aktivierung des Immunsystems charakterisiert, mit den Leitsymptomen Fieber, Hepatosplenomegalie, Zytopenie und Hyperferritin&auml;mie, und sind mit einer hohen Mortalit&auml;tsrate verbunden. Es gibt eine Vielzahl an erblichen (prim&auml;ren) und nicht erblichen (sekund&auml;ren) Ursachen, allen gemeinsam sind jedoch die Immundysregulation mit Zytokinsturm sowie die Akkumulation von aktivierten Makrophagen in unterschiedlichen Geweben. Die prim&auml;ren HLH zeigen typische genetische Ver&auml;nderungen, z.B. mit lymphozyt&auml;ren zytotoxischen Defekten oder Abnormit&auml;ten der inflammasomen Aktivierung, und werden mittels molekularer Methoden charakterisiert. Die sekund&auml;ren HLH sind h&auml;ufig (Virus-)Infektions-, Neoplasie-, Transplantations- oder Autoimmunit&auml;ts-assoziiert und werden anhand eines klinischen Algorithmus durch die Erf&uuml;llung von mindestens 5 von 8 Kriterien diagnostiziert. Erw&auml;hnenswert ist aus Sicht des Pathologen, dass h&auml;mophagozytierende Makrophagen auch bei Nicht-HLH-Erkrankungen, wie z.B. Sepsis, vor allem im Knochenmark regelm&auml;&szlig;ig gefunden werden k&ouml;nnen und dass ihr Vorkommen per se nicht diagnostisch f&uuml;r eine HLH ist. Der Begriff des MAS wird streng genommen ausschlie&szlig;lich f&uuml;r F&auml;lle von sekund&auml;ren HLH verwendet, in welchen eine rheumatische Erkrankung als zugrunde liegende Krankheit vorliegt.</p> <p><strong>Diagnostische Empfehlungen bei unklaren Histiozytosen:</strong></p> <ol> <li class="Kasten-Copy">Zuordnung der L&auml;sionen zu zumindest einer der 5 Kategorien</li> <li class="Kasten-Copy">Bei nicht zuordenbaren histiozyt&auml;ren L&auml;sionen Testung auf BRAF V600E (IHC oder Sequencing; cave ECD!), bei disseminierten Histiozytosen ohne Nachweis von MAPK-assoziierten Mutationen ALK-Testung</li> <li class="Kasten-Copy">Bei RDD immer Untersuchungen bez&uuml;glich IgG4 inkludieren</li> <li class="Kasten-Copy">HLH-Diagnostik: klinische Kriterien ausschlaggebend, Histologie sekund&auml;r!</li> </ol> <div class="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Insgesamt erlaubt die neue Klassifikation der Histiozytosen eine zumeist eindeutige Zuordnung zu einer der 5 Hauptgruppen. Am bedeutendsten ist in diesem Zusammenhang die Zuordnung der Formen der &bdquo;L&ldquo;-Gruppe (hier v.a. neben der LCH die schwieriger zu diagnostizierende ECD), da in fast allen F&auml;llen eine klonale Mutation mit Aktivierung des MAPK-Pathways vorliegt, welche die M&ouml;glichkeit einer therapeutischen Option mit MEK-Inhibitoren zul&auml;sst.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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