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Progressionsverzögerung der chronischen Niereninsuffizienz

Was können wir tun und warum sollten wir es tun?

<p class="article-intro">Die Prävalenz chronischer Nierenerkrankungen („chronic kidney diseases“, CKD), die zu terminaler Niereninsuffizienz und damit Dialysepflichtigkeit oder Nierentransplantation führen können, nimmt seit Jahrzehnten weltweit zu.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_14_beitragsbild.jpg" alt="" width="2518" height="1730" /></p> <p>Etwa 5&ndash;10 % aller &Ouml;sterreicher weisen eine eingeschr&auml;nkte Nierenfunktion auf (d.h. eine glomerul&auml;re Filtrationsrate, eGFR, &lt;60ml/min/1,73 m&sup2;), wobei Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, aber auch Adipositas die wesentlichen Risikofaktoren bei der Entwicklung des Nierenfunktionsverlustes darstellen. Prognostisch sind vor allem die mit Zunahme der Nierenfunktionseinschr&auml;nkung (insbesondere ab CKD-Stadium G3b) drastisch ansteigende kardiovaskul&auml;re Morbidit&auml;t und Mortalit&auml;t f&uuml;r die Patienten ausschlaggebend. Der Fokus liegt daher auf der Fr&uuml;herkennung der Nierenfunktionseinschr&auml;nkung, ad&auml;quater Diagnostik und Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankungen und ihrer evidenzbasierten Versorgung.</p> <h2>Diagnostik einer Niereninsuffizienz</h2> <p>Werden zweimal im Abstand von mehr als 90 Tagen pathologische Werte f&uuml;r die glomerul&auml;re Filtrationsrate (eGFR) und/ oder den Albumin/Kreatinin-Quotienten aus dem Spontanharn bestimmt, gilt eine Niereninsuffizienz als gesichert (Tab. 1).<img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_15_tab_1.jpg" alt="" width="1417" height="895" /></p> <h2>Therapieziele bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung</h2> <p>Den internationalen Leitlinien zur chronischen Nierenerkrankung (z.B. &bdquo;Kidney Disease &ndash; Improving Global Outcomes&ldquo;, KDIGO; &bdquo;European Renal Best Practice&ldquo;, ERBP) entsprechend werden bei niereninsuffizienten Patienten Zielblutdruckwerte von unter 140/90mmHg bzw. von unter 130/80mmHg bei Albuminurie empfohlen (Tab. 2). Die Empfehlung niedrigerer Blutdruckwerte, wie unl&auml;ngst in der SPRINT-Studie publiziert, l&auml;sst sich nicht pauschal auf die Gruppe der nierenkranken Patienten anwenden, weil kein Studienansatz gew&auml;hlt wurde, der die Heterogenit&auml;t von niereninsuffizienten Patienten mit all ihren Komorbidit&auml;ten ber&uuml;cksichtigte. Mittel der Wahl zur Hypertonietherapie sind RAAS-Blocker (allerdings nicht in Kombination), insbesondere bei Patienten mit begleitendem Diabetes mellitus oder einer Albuminurie.<br /> Die &Ouml;sterreichische Diabetes Gesellschaft (&Ouml;DG) empfiehlt bei jungen Patienten ohne kardiovaskul&auml;re Erkrankungen, bei denen sich der Diabetes neu manifestiert hat und die Krankheitsdauer noch kurz ist, einen HbA<sub>1c</sub>-Wert von &lt;6,5 % anzustreben; bei Patienten mit manifesten kardiovaskul&auml;ren Erkrankungen ein Ziel- HbA<sub>1c</sub> von &lt;7,5 % . Bei langj&auml;hrig erkrankten Patienten in h&ouml;herem Lebensalter mit kardiovaskul&auml;ren Erkrankungen und durchgemachten Hypoglyk&auml;mien ist ein HbA<sub>1c</sub>-Zielwert von 8&ndash;9 % ausreichend; insbesondere, weil eine striktere glyk&auml;mische Kontrolle keine nephroprotektive Wirkung zeigt und die Patienten nicht im Sinne eines kardiovaskul&auml;ren Benefits profitieren. Metformin wird aufgrund seiner die Gesamtmortalit&auml;t und auch die Morbidit&auml;t senkenden Wirkung (Herzinfarkt, makrovaskul&auml;re Ereignisse) auch bei niereninsuffizienten Patienten bis zu einer GFR von 45ml/min favorisiert; Sulfonylharnstoffe, DPP-4-Hemmer und Insulin k&ouml;nnen ebenfalls eingesetzt werden. Da das Risiko f&uuml;r eine Mikroalbuminurie bei Rauchern um 30&ndash;50 % h&ouml;her als bei Nichtrauchern ist und gleichzeitig das Risiko f&uuml;r eine reduzierte GFR f&uuml;r Raucher um 60 % steigt, ist eine Nikotinkarenz zur Progressionsverz&ouml;gerung der chronischen Nierenerkrankung unabdingbar.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_15_tab_2.jpg" alt="" width="685" height="680" /><br /> Wegen des 7-fach erh&ouml;hten Risikos f&uuml;r Adip&ouml;se, eine terminale Niereninsuffizienz zu entwickeln, sollten lebensstilmodifizierende Ma&szlig;nahmen, welche Ern&auml;hrung, Bewegung und Gewichtsoptimierung umfassen, empfohlen werden.<br /> Eine Statintherapie, bei h&ouml;hergradiger Nierenfunktionseinschr&auml;nkung ggf. auch in Kombination mit Ezetimib, ist f&uuml;r niereninsuffiziente Patienten indiziert, da in der SHARP-Studie positive Effekte hinsichtlich der prim&auml;ren Endpunkte Herzinfarkt, myokardiale Mortalit&auml;t, Schlaganfall und revaskularisierendes Prozedere gezeigt werden konnten. F&uuml;r den therapeutischen Einsatz von Urikosurika bei Hyperurik&auml;mie existiert keine klare Evidenz und Empfehlung; man sollte sich gegebenenfalls den harns&auml;uresenkenden Effekt von Medikamenten wie Atorvastatin, Losartan oder Amlodipin zunutze machen. Neben einer der eGFR angepassten Dosierung aller Medikamente sollten bei interkurrenten Erkrankungen wie z.B. hohem Fieber, Gastroenteritis und schweren Infekten unter anderem folgende Medikamente pausiert werden: RAAS-Blocker, Diuretika, NSAR, Metformin, Lithium und Digoxin.<br /> Aufgrund zunehmender Immunsuppression ist bei chronisch nierenkranken Patienten m&ouml;glichst noch vor Erreichen des Stadiums der terminalen Niereninsuffizienz (&bdquo;end stage renal disease&ldquo;, ESRD) ein wirksamer Impfschutz gegen Pneumokokken, Influenza und Hepatitis B anzustreben. Eine Substitution mit Vitamin D sollte bei nachgewiesenem Mangel erfolgen, die Gabe von Calcitriol ist nur bei nachgewiesenem sekund&auml;rem Hyperparathyreoidismus indiziert. Eine An&auml;mie bei chronischer Nierenerkrankung wird priorit&auml;r, falls indiziert, mit einer Eisensubstitution therapiert, ESA (EPO) wird nach Risiko-Nutzen-Abw&auml;gung und erst ab einem Hb unter 10g/dl empfohlen.<br /> Di&auml;tetische Ma&szlig;nahmen sollten die Serumphosphatwerte m&ouml;glichst bis zur ESRD in einem normalen Bereich halten, indem die Patienten dazu angehalten werden, den Anteil phosphatreicher Lebensmittel wie Ei, Fisch, Fleisch, Wurst und Milchprodukte auf dem Speiseplan zu reduzieren. Zus&auml;tzlich ist eine ausreichende Trinkmenge empfehlenswert, die sich individuell an den Komorbidit&auml;ten des Patienten orientiert. Auch eine Kochsalzreduktion auf bis zu 6g NaCl/Tag und eine proteinreduzierte Ern&auml;hrung (nicht unter 0,8g/Tag/kgKG) werden als sinnvoll erachtet (Tab. 3).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_DAM_Allgemeinm_1708_Weblinks_dam_1707_seite_16_tab_3.jpg" alt="" width="685" height="680" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Kardiovaskul&auml;re Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit (KHK), linksventrikul&auml;re Hypertrophie, Atherosklerose und Herzinsuffizienz sind die Haupttodesursache bei allen Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, wobei die Mortalit&auml;t mit zunehmender Nierenfunktionseinschr&auml;nkung exponentiell ansteigt, weil bei CKD zus&auml;tzlich zu den typischen kardiovaskul&auml;ren Risikofaktoren untypische Risikofaktoren auftreten, die mit der eingeschr&auml;nkten Nierenfunktion oder deren Behandlung zusammenh&auml;ngen.<br /> Unter diesem Aspekt ist die fr&uuml;hestm&ouml;gliche Detektion einer eingeschr&auml;nkten Nierenfunktion sinnvoll, um suffiziente progressionsverz&ouml;gernde therapeutische Ma&szlig;nahmen zum gr&ouml;&szlig;tm&ouml;glichen Benefit f&uuml;r die Patienten ergreifen zu k&ouml;nnen.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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