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Serie EKG

QT-Syndrom und die Gefahr des plötzlichen Herztods

<p class="article-intro">Das Long-QT-Syndrom (LQTS) und das seltener diagnostizierte Short-QT-Syndrom (SQTS) sind Ionenkanalerkrankungen der Herzmuskelzellen, die aufgrund ihres prädisponierenden Faktors für ventrikuläre Tachyarrhythmien mit einem hohen Risiko für die schwerwiegende und gefürchtete Komplikation eines plötzlichen Herztodes einhergehen.<sup>1</sup></p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Diagnose erfolgt anhand der EKGInterpretation (Abb. 1), bei der die QT-Zeit, auch genannt QT-Intervall oder QT-Dauer, ermittelt wird (Tab. 1). Sie wird ab dem Beginn des QRS-Komplexes bis zum Ende der T-Welle gemessen und repr&auml;sentiert die Dauer der Depolarisation und Repolarisation der ventrikul&auml;ren Kardiomyozyten &ndash; das zellul&auml;re Aktionspotenzial. Eine vorliegende U-Welle w&uuml;rde nicht in die Dauer miteinbezogen werden und der Normwert der Zeitdauer liegt bei 350&ndash;450 Millisekunden (ms). Zur genaueren Interpretation m&uuml;ssen die ermittelten Werte aufgrund der starken Abh&auml;ngigkeit von der vorliegenden Frequenz mittels Formel korrigiert werden, man spricht dann von der QTc-Zeit. Die derzeit g&auml;ngigste Gleichung daf&uuml;r wurde vom englischen Physiologen H. C. Bazett (1885&ndash; 1950) aufgestellt, sie errechnet sich aus dem Quotienten der QT-Zeit (in ms) und der Wurzel aus 60/Frequenz (f), wobei die &Uuml;bersch&auml;tzung des QT-Intervalls bei hoher Herzfrequenz und seine Untersch&auml;tzung bei niedriger Herzfrequenz kritisiert werden (Abb. 2).<sup>1, 2</sup> 2015 wurden zur Diagnostik in den ESC-Guidelines f&uuml;r beide Geschlechter ein oberes Limit von 480ms und ein unteres Limit von 360ms der frequenzkorrigierten QT-Zeit empfohlen.<sup>3</sup> Eine pathologische Verl&auml;ngerung oder Verk&uuml;rzung dieses Zeitintervalls wird als Long-QT- oder Short-QT-Syndrom bezeichnet. Beide Syndrome k&ouml;nnen kongenitalen oder erworbenen Ursprungs sein.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1703_Weblinks_kardio_1703_s48_abb1+2.jpg" alt="" width="2150" height="1004" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1703_Weblinks_kardio_1703_s49_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1881" /></p> <h2>Pathologische Mechanismen</h2> <p>Das LQTS wurde erstmals im Jahr 1957 von A. Jervell und F. Lange-Nielsen diagnostiziert. Bei den davon betroffenen Patienten geht die QT-Verl&auml;ngerung mit einer sensomotorischen Taubheit einher. Das nach Jervell und Lange-Nielsen benannte Syndrom unterliegt einem autosomal- rezessiven Erbgang. Das Romano- Ward-Syndrom (1963/1964 erstmals beschrieben) wird autosomal-dominant vererbt und bietet das klinische Bild eines LQTS ohne H&ouml;rst&ouml;rung.<sup>4</sup></p> <p>Zwei pathologische Mechanismen k&ouml;nnen ein LQTS ausl&ouml;sen: ein reduzierter Elektronenstrom in der Repolarisationsphase oder ein erh&ouml;hter Elektronenstrom in der Depolarisation eines Aktionspotenzials.</p> <p>Auf genetischer Ebene sind derzeit 13 Subtypen mit einem LQTS assoziiert, die &bdquo;Loss of funktion&ldquo;-Mutationen in K+-Kan&auml;len, &bdquo;Gain of function&ldquo;-Mutationen in Na+- oder L-Typ-Ca2+-Kan&auml;len oder Mutationen in bestimmten Proteinen zeigen. Studien beschreiben Calmodulin-Mutationen als weitere diagnostizierte Ursache und das LQTS wird, bedingt durch erh&ouml;hte, versp&auml;tete Natriumeinstr&ouml;me, assoziiert mit dem pl&ouml;tzlichen Tod von Epilepsiepatienten.<sup>1</sup></p> <p>Deutlich h&auml;ufiger als kongenitale LQTS werden erworbene LQTS beobachtet. Hierzu z&auml;hlen Elektrolytst&ouml;rungen, wie Hypokali&auml;mie, -kalzi&auml;mie und -magnesi&auml;mie, die in 4 % der F&auml;lle medikament&ouml;s bedingt sind. Antiarrhythmika, deren proarrhythmogene Wirkung auf eine Verl&auml;ngerung der Repolarisationszeit zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist, sind die Klasse-I- (Chinidin) und Klasse- III-Antiarrhythmika (Amiodaron, Sotalol) sowie der Kalziumkanalblocker Verapamil (Klasse-IV-Antiarrhythmikum). Weitere iatrogene Ursachen sind eine Diuretika- oder Laxanzientherapie, die mit Hypokali&auml;mie einhergeht, und diverse nicht kardiovaskul&auml;r indizierte Medikamente wie Antibiotika (Erythromycin), Antihistaminika und Psychopharmaka.</p> <p>Kardiale Erkrankungen, beispielsweise ein akuter Myokardinfarkt oder ein Zustand nach Myokardinfarkt oder Mitralklappenprolaps, sowie extrakardiale Ursachen (Subarachnoidalblutung, Ventrikeleinbruch) werden seltener als Ausl&ouml;ser beobachtet.<sup>2</sup></p> <h2>Hohes Risiko f&uuml;r pl&ouml;tzlichen Herztod</h2> <p>Die Symptomatik h&auml;ngt mit der ausgel&ouml;sten ventrikul&auml;ren Tachykardie zusammen. Patienten berichten von Synkopen, Schwindel und Herzrasen, getriggert durch seelische oder k&ouml;rperliche Belastungen. Deutlich schwerwiegender ist die Gefahr der Torsades-de-pointes-Arrhythmien und des Kammerflimmerns, die ohne Reanimation zum Herz-Kreislauf-Stillstand f&uuml;hren. Oftmals ist die Diagnose von LQTS und der damit assoziierten Tachykardien aufgrund des asymptomatischen Verlaufs auch ein Zufallsbefund.<sup>2</sup><br /> Aufgrund des hohen Risikos f&uuml;r einen pl&ouml;tzlichen Herztod sollte in jedem Fall eine Therapie erfolgen. Studien belegen f&uuml;r die Betablockergabe zur Vorbeugung einer ventrikul&auml;ren Tachykardie bei LQTS-Patienten eine Wirksamkeit von 70 % ; 30 % der Patienten sprechen nicht auf diese Therapie an und sind weiterhin anf&auml;llig f&uuml;r Arrhythmien. Falls das LQTS medikamenteninduziert ist, sollte das ausl&ouml;sende Agens abgesetzt werden; Betablocker sind in diesem Zusammenhang aufgrund des erh&ouml;hten Risikos, Bradykardien zu verursachen, kontraindiziert. Weitere M&ouml;glichkeiten sind, bestehende Hypokali&auml;mien durch Verabreichung von Kalium und Magnesium auszugleichen sowie die Herzfrequenz mit Sympathomimetika zu steigern. Die effektivste und sicherste Methode ist die Implantation eines ICD.<sup>1, 4</sup></p> <p>Die Patienten sind dazu anzuhalten, k&ouml;rperliche Belastungen, Stresssituationen, K&auml;lte und Druckschwankungen, wie sie etwa beim Tauchen auftreten, zu vermeiden. Ein diagnostiziertes LQTS ist bei Wettk&auml;mpfen ein Disqualifikationsgrund und auch Freizeitathleten wird von leistungsorientierten Sportarten, wie Tennis, Squash, Gewichtheben und Laufen, abgeraten. Die Empfehlung, hinsichtlich der k&ouml;rperlichen Fitness einen Mittelweg mit einem gem&auml;&szlig;igten sportlichen Programm wie Walken oder Joggen einzuschlagen, ist vor allem f&uuml;r asymptomatische Patienten oder Patienten mit geringf&uuml;gigen Symptomen oft schwer zu akzeptieren.<sup>5</sup></p> <h2>SQTS -Therapie der Wahl: ICD-Implantation</h2> <p>Die ICD-Implantation stellt auch beim SQTS sowohl in der Prim&auml;r- als auch in der Sekund&auml;rpr&auml;vention nach einer Reanimation oder beim Auftreten von Synkopen das Mittel der Wahl dar.<sup>6</sup> Wird die Implantation abgelehnt oder ist sie als Therapie problematisch, wie bei sehr jungen Kindern, ist als Alternative eine medikament&ouml;se Therapie erforderlich. Hierf&uuml;r haben sich als effektivstes Mittel Chinidin sowie Disopyramid, ein weiteres Ia-Antiarrhythmikum, etabliert. Die Wirksamkeit dieser Pr&auml;parate wurde in einer Studie von Gaita et al. belegt. Es konnte von vier getesteten Antiarrhythmika nur unter Hydrochinidin eine Verl&auml;ngerung der QT-Zeit gezeigt werden. Im Ein-Jahres-Follow-up blieben die Patienten asymptomatisch und ohne Arrhythmien. Im Gegensatz dazu zeigte sich bei Klasse-Ic- und -III-Antiarrhythmika keine Wirksamkeit.<sup>7</sup> Mangelnde Langzeitstudienergebnisse legen jedoch die Empfehlung einer medikament&ouml;sen Therapie als Erg&auml;nzung zum ICD nahe.<sup>6</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Tse G et a l.: Electrophysiological m echanisms of l ong and short QT syndromes. Int J Cardiol Heart Vasc 2017; 14: 8-13 <strong>2</strong> Schuster HP et al.: E KG-Kurs f&uuml;r Isabel. Thieme, 2005 <strong>3</strong> Priori SG et al.: 2015 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death: The Task Force for the Management of Patients with Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death of the European Society of Cardiology (ESC). Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC). Eur Heart J 2015; 36(41): 2793-867 <strong>4</strong> Schwartz PJ et al.: Long-QT syndrome: from genetics to management. Circ Arrhythm Electrophysiol 2012; 5(4): 868-77 <strong>5</strong> Maron BJ et al.: Recommendations for physical activity and recreational sports participation for young patients with genetic cardiovascular diseases. Circulation 2004; 109(22): 2807-16 <strong>6</strong> Patel C et al.: Short QT syndrome: from bench to bedside. Circ Arrhythm Electrophysiol 2010; 3(4): 401-8 <strong>7</strong> Gaita F et al.: Short QT syndrome: pharmacological treatment. J Am Coll Cardiol 2004; 43(8): 1494-9 <strong>8</strong> Nader A et al.: Inherited arrhythmic disorders: long QT and Brugada syndromes. Tex Heart Inst J 2007; 34(1): 67-75 <strong>9</strong> van Noord C et al.: Drug- and non-drug-associated QT interval prolongation. Br J Clin Pharmacol 2010; 70(1): 16-23</p> </div> </p>
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