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Neuropathische Schmerzen: ein Fallbericht über den Umgang mit Generika

<p class="article-intro">Eine 59-jährige Patientin, die seit zehn Jahren an Diabetes mellitus Typ 2 leidet, klagt über unerträgliche Schmerzen in den Beinen bei bekanntem depressivem Zustandsbild. Es wird ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Rahmen der diabetischen Neuropathie (DPNP) diagnostiziert. </p> <p class="article-content"><div id="s31KP.html" xml:lang="de-DE"> <div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>F&uuml;r die Aufarbeitung des Falls neuropathische Schmerzen und Medikamenteneinstellung sollten mindestens 30 Minuten Untersuchungszeit eingeplant werden.</li> <li>Es sollten Frageb&ouml;gen, Unter&shy;suchungsb&ouml;gen und Unter&shy;suchungswerkzeuge eingesetzt werden, die f&uuml;r neuropathischen Schmerz spezifisch sind.</li> <li>Der Patient sollte akzeptieren, dass Behandlung und Linderung, nicht Heilung das Therapieziel ist.</li> <li>Es werden entsprechende Richtlinien zur Behandlung neuropathischer Schmerzen bei DPNP eingesetzt.</li> <li>Die Umstellung von Originalpr&auml;parat auf Generikum wird erkl&auml;rt (gleicher Wirkstoff bei gleicher Dosierung und Wirkung) und erfolgt komplikationslos.</li> <li>Die Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin erfolgt entsprechend dem Umstellungsschema innerhalb von 2 Tagen.</li> <li>Der Patient ist mit- und eigenverantwortlich und soll zu &bdquo;self-empowerment&ldquo; animiert werden.</li> <li>Ganzheitlicher multiprofessio&shy;neller Ansatz im Rahmen des biopsychosozialen Modells.</li> <li>Fixe Wiedervorstellungstermine beim Hausarzt und ggf. auch in der Schmerzambulanz.</li> </ul> </div> </div> <h2>Der Fall</h2> <p>Die Patientin Maria M. ist 59 Jahre alt, verheiratet und leidet seit zehn Jahren an Diabetes mellitus Typ 2 und seit 20 Jahren an einem gut eingestellten Hypertonus. Frau M. ist krankhaft &uuml;bergewichtig (BMI 41), da sie sich wenig bewegt und gr&ouml;&szlig;te Schwierigkeiten hat, Gewicht zu verlieren. Eine Kniegelenkarthrose bds. sowie bds. Fu&szlig;&ouml;deme sind bekannt. Gelegentlich nimmt sie wegen Knie- und Fu&szlig;schmerzen Paracetamol und relativ regelm&auml;&szlig;ig Dic&shy;lofenac ein. Derzeitige Beschwerden sind Schmerzen in beiden F&uuml;&szlig;en, eine Gangst&ouml;rung und eine subdepressive Stimmungslage. Frau M. kann sich kaum noch motivieren, aufzustehen und ihre t&auml;gliche Hausarbeit zu verrichten, und wird immer mehr von der Hilfe anderer abh&auml;ngig. Es gibt ein pflegebed&uuml;rftiges Familienmitglied, das von der Patientin mitbetreut werden muss.</p> <h2>Erstvorstellung</h2> <p>Frau M. klagt &uuml;ber sehr starke Schmerzen in den Beinen. Auf der visuellen Analogskala (VAS) wird ein Schmerzwert von 7 angegeben. Es folgt eine gezielte neurologische Untersuchung, die Folgendes ergibt: einen unauff&auml;lligen Hirnnervenstatus, allseits ausgefallene Reflexe, keine pathologischen Reflexe, keine motorischen Ausf&auml;lle (wobei die Fu&szlig;muskeln atroph erscheinen), eine distal symmetrische Sensibilit&auml;tsst&ouml;rung, die bis zu den Knien reicht &ndash; aber keine Blasen- und Mastdarmst&ouml;rung &ndash;, sowie einen sehr unsicheren Gang. Es wird eine Reihe von Blutuntersuchungen durchgef&uuml;hrt (Entz&uuml;ndungszeichen, Blutbild, Differenzialblutbild, HbA1c, Elektrolyte etc.), die als einzige pathologische Werte einen HbA1c-Wert von 8,9 und eine beginnende Niereninsuffizienz ergeben. Da es au&szlig;er der Sensibilit&auml;tsst&ouml;rung der F&uuml;&szlig;e keine neurologischen Ausf&auml;lle gibt, wird auf eine Bildgebung (CT oder MRT der LWS) verzichtet. <br />Mit der Verdachtsdiagnose eines neuropathischen Schmerzsyndroms bei diabetischer Neuropathie (DPNP) wird die Patientin mit folgendem Therapieschema entlassen: Gabapentin 300mg dreimal t&auml;glich.<br />Nach zwei Wochen wird die Patientin von ihrem Hausarzt an die neurologische Schmerzambulanz &uuml;berwiesen, da f&uuml;r ihn die heftigen Schmerzen der Patientin nicht alleine durch eine diabetische Neuropathie erkl&auml;rbar sind und die Therapie nicht greift.</p> <h2>Neurologische Schmerzambulanz</h2> <p>Die neurologische Schmerzambulanz erhebt nochmals eine genaue Anamnese und Schmerzanamnese anhand des zweiseitigen Schmerzfragebogens der Dolor-Schmerzanamnese<sup>1</sup> und geht auch gezielt auf die psychischen Probleme von Frau M. mithilfe von Depressionsfrageb&ouml;gen ein.<sup>2</sup> Da ein neuropathischer Schmerz im Rahmen der diabetischen Neuropathie vermutet wird, wird der DN4-Fragebogen<sup>3</sup> zur Beurteilung neuropathischer Schmerzen eingesetzt, der die Verdachtsdiagnose sichern soll. <br />Alternativ k&ouml;nnten auch folgende Frageb&ouml;gen eingesetzt werden: Leeds Assessment of Neuropathic Symptoms and Signs Scale (LANSS), PainDetect und Neuropathic Pain Scale (NPS). Dabei ist es wichtig, dem Patienten mit einfachen Worten die Mechanismen und Ursachen neuropathischer Schmerzen zu erkl&auml;ren, die zu Taubheitsgef&uuml;hl und Schmerzen, gleichzeitig im selben Gebiet (F&uuml;&szlig;e und Beine), f&uuml;hren k&ouml;nnen. Typisch f&uuml;r die diabetische Polyneuropathie ist, dass die F&uuml;&szlig;e trocken und warm sind. Fu&szlig;- und Nagelpilzbefall, vereinzelt Hornhautrhagaden bis hin zu neurogenen Ulcera, verminderte Wahrnehmung auf Ber&uuml;hrung (Wattest&auml;bchen-Test) und auf Nadelstiche (Neurotips&reg;)sowie symmetrische sockenf&ouml;rmige Taubheit beider F&uuml;&szlig;e (&bdquo;bamstiges&ldquo; Gef&uuml;hl) werden gefunden.<br />Die Untersuchung und die Frageb&ouml;gen ergeben bei der Patientin M. einen hohen Depressionsscore; der DN4-Fragebogen spricht mit sieben positiven Antworten von zehn eindeutig f&uuml;r ein neuropathisches Schmerzsyndrom. Die Laboruntersuchungen werden noch mit einer Borrelienserologie und einer quantitativen Immunglobulinbestimmung erg&auml;nzt, fallen jedoch negativ aus. Eine PAVK im Rahmen des Diabetes mellitus wird weiterf&uuml;hrend abgekl&auml;rt, erbringt jedoch keinen pathologischen Befund.</p> <h2>Weiteres Vorgehen und Therapieplan</h2> <p>Es wird mit der Patientin ein realistisches Therapieziel besprochen: Das Taubheitsgef&uuml;hl (Bamstigkeit) der Zehen und F&uuml;&szlig;e kann kaum beeinflusst werden, Schmerzen, Missempfindungen und der unsichere Gang hingegen sehr wohl. Entsprechend g&uuml;ltigen nationalen und internationalen Guidelines<sup>4&ndash;8</sup> zur Behandlung neuropathischer Schmerzen bei schmerzhafter diabetischer Neuropathie (Tab. 1) wird ein Therapieversuch mit Duloxetin 30mg am Morgen in Kombination mit den schon initial empfohlenen 300mg Gabapentin dreimal t&auml;glich begonnen. Frau M. wird erkl&auml;rt, dass es sich um einen Therapieversuch handelt und es ca. 10&ndash;14 Tage dauern wird, bis die erw&uuml;nschte Wirkung (Schmerzlinderung und D&auml;mpfung der Missempfindungen) einsetzen wird. Die Nebenwirkungen (Benommensein, M&uuml;digkeit und Schwindel) k&ouml;nnen jedoch schon ab dem ersten Tag sp&uuml;rbar sein. Um die Nebenwirkungen nicht zu verst&auml;rken, wird Duloxetin langsam (30mg pro Woche) bis zu einer maximalen Dosis von 90mg erh&ouml;ht. Die Dosierung von Gabapentin bleibt wie gehabt bei 300mg dreimal t&auml;glich.<br />Die Frage von Frau M., warum sie ein Antidepressivum erhalte, wo sie doch nicht depressiv sei, sondern nur Schmerzen habe, wird ihr dahingehend beantwortet, dass neuropathische Schmerzen und Depression die gleiche Sprache mit den gleichen W&ouml;rtern (sprich Neurotransmitter) ben&uuml;tzen und somit sowohl die Schmerzen als auch eine m&ouml;gliche depressive Verstimmung erfolgreich behandelt werden k&ouml;nnen. Hierzu gibt es sehr gute Studienergebnisse und auch positive eigene Erfahrungen bei anderen Patienten mit neuropathischen Schmerzen.<sup>2</sup> <br />Zus&auml;tzlich erh&auml;lt Frau M. Vorschl&auml;ge, wie sie ihre Aktivit&auml;ten des t&auml;glichen Lebens besser gestalten kann, damit sie wieder eine bessere Lebensqualit&auml;t hat. Der Zusammenhang zwischen Motivation, Aktivit&auml;t, Diabetes mellitus, Schmerz und Neuropathie sowie Adipositas wird ihr erkl&auml;rt. Adressen einer Diabetes- und Fu&szlig;ambulanz werden ihr mitgegeben. Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass Schmerzen und Symptome gelindert werden sollen, eine absolute Schmerzfreiheit jedoch nur selten erreicht wird und dass sich das Taubheitsgef&uuml;hl nicht oder nur wenig &auml;ndern wird. <br />&Uuml;ber den Hausarzt werden eine intensive Diabetesschulung und ein Gewichtsreduktionsprogramm eingeleitet. Sowohl der Patientin als auch dem Hausarzt wird empfohlen, wenn m&ouml;glich ganz auf die Gabe von Diclofenac zu verzichten, da darunter die Nierenfunktion verschlechtert, der Hypertonus verst&auml;rkt und das Risiko f&uuml;r gastrointestinale Blutungen und kardiovaskul&auml;re Ereignisse erh&ouml;ht wird. Alternativ zu Diclofenac und Paracetamol sollte die Patientin, wenn n&ouml;tig, Novalgin&reg; (Metamizol) 500mg einnehmen und einen Magenschutz bekommen. <br />Frau M. kommt nach 4 Wochen zum Kontrolltermin in die Ambulanz. In der Zwischenzeit war Duloxetin auf 90mg pro Tag erh&ouml;ht worden, was zu einer Linderung der Positivsymptome und einer Verbesserung der Stimmungslage der Patientin f&uuml;hrte, jedoch die Schmerzen nicht in einem f&uuml;r die Patientin ausreichenden Ausma&szlig; reduzierte, sodass ein Therapieversuch mit Gabapentin (von bis dato 3x 300mg auf 3x 900mg entsprechend 1800mg) eingeleitet wird. Da der Erfolg von 3x 900mg Gabapentin nach 6 Wochen nur sehr m&auml;&szlig;ig war, wird Frau M. gem&auml;&szlig; dem unten angef&uuml;hrten Schema auf 150mg Pregabalin zweimal t&auml;glich umgestellt. Dies sieht die Patientin sehr positiv, denn nun hat sie nicht mehr dreimal t&auml;glich die gro&szlig;en Kapseln einzunehmen, sondern nur noch zweimal t&auml;glich eine kleinere Kapsel. Unter der Kombination von Duloxetin 90mg und Pregabalin 2x 150mg sind die neuropathischen Beschwerden gelindert, aber der Schwindel und die Gangunsicherheit unver&auml;ndert. Das Schlafverhalten hat sich gebessert, aber die Bein&ouml;deme haben zugenommen, sodass die Patientin wegen dieser Nebenwirkung die Medikation absetzen will. Durch Gespr&auml;che mit ihrem Hausarzt und mit der Schmerzambulanz kann die Patientin vorerst davon abgehalten werden. Die Diabetesschulung f&uuml;hrt zu einer Verbesserung des HbA1c-Wertes und zu einer geringen Gewichtsreduktion. Beides wird auch von der Patientin positiv gesehen, aber sie erwartet sich nun auch eine rasche Besserung ihrer durch die DPNP bedingten Beschwerden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Neuro_1704_Weblinks_s31_1.jpg" alt="" width="1419" height="1396" /></p> <h2>Grunds&auml;tzliche &Uuml;berlegungen zum Fall</h2> <p>Die Diagnose &bdquo;neuropathische Schmerzen&ldquo; ist dank Leitlinien und entsprechenden Untersuchungstools gut etabliert. Auch die Therapie stellt meist kein Problem mehr dar, wobei die zu erwartenden Effekte der Therapie nicht &uuml;bersch&auml;tzt werden sollten. Negativsymptome k&ouml;nnen in der Regel nicht behandelt werden. Eine Beeinflussung der Positivsymptome im Rahmen einer Reduktion von 30 bis 40 % wird laut aktuellen Leitlinien schon als Therapieerfolg gewertet. <br />Neu ist, dass nun alle Medikamente zur Therapie des neuropathischen Schmerzes auch als Generika zur Verf&uuml;gung stehen, was die Verordnung erleichtert und womit diese nicht bestimmten Fachdisziplinen vorbehalten bleibt. So gibt es die Antidepressiva, alte wie neue, sowie Antiepileptika als Generika in der gr&uuml;nen Box. Eine direkte Umstellung von Originalpr&auml;paraten auf Generika erfolgt in der Regel problemlos, wobei darauf geachtet werden muss, ob neue Nebenwirkungen oder Ver&auml;nderungen in der Wirkung auftreten.</p> <h2>Richtige Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin</h2> <p>Es gibt verschiedene Argumente daf&uuml;r, dass man bei der Therapie neuropathischer Schmerzen Patienten von Gabapentin auf Pregabalin umstellen sollte. In der klinischen Praxis gibt es Unsicherheiten, wie und wann diese Umstellung erfolgen soll, obwohl es &ndash; wenn auch wenige &ndash; klinische Studien zu diesem Thema gibt.<sup>9&ndash;13</sup> Eine dieser Kohortenstudien hat den Nutzen einer Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen, verursacht durch periphere Neuropathien, eruiert.<sup>9</sup> Die Studie untersuchte Patienten, die von Gabapentin auf Pregabalin umgestellt worden waren, und verglich sie mit den Patienten, die bei der Gabapentin-Therapie geblieben waren. In dieser Untersuchung wurde die Prega&shy;balin-Gruppe zus&auml;tzlich unterteilt: in eine Subgruppe mit den Patienten, die auf Gabapentin gut, und eine mit denjenigen, die darauf schlecht angesprochen hatten. Die Gabapentin-Therapie wurde mit der Abendgabe gestoppt und Pregabalin am n&auml;chsten Morgen begonnen.<br />Die Dosierungen wurden nach dem folgenden Algorithmus umgestellt:<br />&bull; Gabapentin &le;900mg/Tag &rarr; Pregabalin 150mg/Tag<br />&bull; Gabapentin 901&ndash;1500mg/Tag &rarr; Pregabalin 225mg/Tag<br />&bull; Gabapentin 1501&ndash;2100mg/Tag &rarr; Pregabalin 300mg/Tag<br />&bull; Gabapentin 2101&ndash;2700mg/Tag &rarr; Pregabalin 450mg/Tag<br />&bull; Gabapentin &gt;2700mg/Tag &rarr; Pregabalin 600mg/Tag<br />(Gabapentin: 3 Gaben &uuml;ber den Tag verteilt; Pregabalin: 2 Gaben, eine morgens, die andere abends)<br />Die rasche Umstellung (innerhalb von zwei Tagen) wurde von den Patienten im Allgemeinen gut vertragen. Die Autoren fanden heraus, dass diejenigen, die unter Gabapentin gut eingestellt waren, keinen zus&auml;tzlichen Nutzen (bis auf die zweimalige Medikamenteneinnahme unter Prega&shy;balin gegen&uuml;ber einer dreimaligen unter Gabapentin) hatten, aber auch keine Verschlechterung erlitten, als sie auf Prega&shy;balin umgestellt wurden. Patienten, die Pregabalin erhielten, hatten insgesamt eine verbesserte Schmerzkontrolle, verglichen mit den Patienten, die weiterhin unver&auml;ndert Gabapentin erhielten. Die Umstellung auf Pregabalin f&uuml;hrte zu einer verbesserten Schmerzlinderung ohne vermehrte Nebenwirkungen. Besonders signifikant war dies bei Patienten, bei denen zuvor unter Gabapentin signifikante Nebenwirkungen trotz guter Wirkung aufgetreten waren.<br />Bei Patienten, die unter Gabapentin an ausgepr&auml;gten Nebenwirkungen (Schwindel, Benommenheit) gelitten hatten, traten auch unter Pregabalin &auml;hnliche Nebenwirkungen auf, jedoch zum gr&ouml;&szlig;ten Teil weniger stark ausgepr&auml;gt. Diese Patienten brachen auch unter Pregabalin die Therapie wegen Nebenwirkungen ab, obwohl sie sowohl unter Gabapentin als auch unter Pregabalin eine gute Schmerzlinderung erfahren hatten.<sup>9</sup><br />Eine weitere kleine Studie hat den Grad der Schmerzlinderung unter Gabapentin im Vergleich zu Pregabalin bei Patienten mit postherpetischer Neuralgie verglichen.<sup>11</sup> Hier sollte die &auml;quivalente Dosierung der beiden Medikamente n&auml;her bestimmt werden. Die Patienten wurden von Gabapentin mit einem Sechstel der Gabapentin-Dosis auf Pregabalin mit unver&auml;nderter Dosierungsfrequenz (dreimal t&auml;glich) umgestellt. Nach dem Umstellen der Medikamente berichteten die Patienten &uuml;ber &auml;hnliche Schmerzlinderung und Nebenwirkungen, mit Ausnahme einer erh&ouml;hten Inzidenz von peripheren &Ouml;demen in der Pregabalin-Gruppe. Die Autoren folgerten, dass die analgetische Wirkung von Pregabalin etwa das 6-Fache derjenigen von Gabapentin ist.<sup>11</sup><br />Andere Studien haben andere Schemata zur Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin untersucht.<sup>12, 13</sup> Eine der Studien verwendete populationsbasierte pharmakokinetische Modelle zur Untersuchung dieser Fragestellung mit zwei m&ouml;glichen Szenarien, wobei ein Verh&auml;ltnis von Gabapentin zu Pregabalin von 6:1 gew&auml;hlt worden war.<sup>12</sup> Das erste Szenario beinhaltete das sofortige Absetzen von Gabapentin und die unmittelbare Umstellung auf Pregabalin im Verh&auml;ltnis 6:1 f&uuml;r die n&auml;chste Medikamentengabe. Das zweite Szenario beinhaltete einen allm&auml;hlichen &Uuml;bergang von Gabapentin zu Pregabalin. Unter diesen Bedingungen wurde die Gabapentin-Dosis um 50 % verringert und 50 % der gew&uuml;nschten Pregabalin-Dosis gleichzeitig &uuml;ber 4 Tage gegeben.<sup>13</sup> Nach dieser Zeit wurde Gabapentin v&ouml;llig abgesetzt und Pregabalin auf die volle gew&uuml;nschte Dosis erh&ouml;ht. Die Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin erfolgte nach folgendem Schema:<br />&bull; Gabapentin 900mg/Tag &rarr; Pregabalin 150mg/Tag<br />&bull; Gabapentin 1800mg/Tag &rarr; Pregabalin 300mg/Tag<br />&bull; Gabapentin 3600mg/Tag &rarr; Pregabalin 600mg/Tag<br />Beide Szenarien waren schnell und erm&ouml;glichten eine nahtlose Umstellung, sodass die Autoren zu dem Schluss gelangten, dass beide Schemata eine effektive Methode sein k&ouml;nnten, um Patienten von Gabapentin auf Pregabalin umzustellen.<sup>12, 13</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Neuro_1704_Weblinks_s32_1.jpg" alt="" width="2157" height="1589" /></p> <h2>Abschlie&szlig;ende Anmerkungen und Tipps f&uuml;r die Praxis</h2> <p>Obwohl Pregabalin und Gabapentin &auml;hnliche pharmakokinetische und pharmakodynamische Profile haben, gibt es doch auch deutliche bzw. signifikante Unterschiede.<sup>10, 14&ndash;16</sup> Insgesamt hat Prega&shy;balin eine besser vorhersagbare Pharmakokinetik und zeigt auch eine st&auml;rkere Bindungsaffinit&auml;t zu seinem Zielrezeptor. Es hat eine erh&ouml;hte Potenz und eine steilere Dosis-Wirkungs-Kurve bei neuropathischen Schmerzen, die im Bereich bis zu 600mg kein Plateau und somit S&auml;ttigung erreicht.<br />Inzwischen gibt es mehr Studien und Erfahrungen mit Pregabalin als mit der &auml;lteren Substanz Gabapentin. Ein paar Studien haben festgestellt, dass Prega&shy;balin insgesamt weniger Nebenwirkungen und bessere Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen als Gabapentin erbringt. Mehrere Studien zur Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin zeigen, dass ein grobes Verh&auml;ltnis von etwa 6:1 f&uuml;r die Umstellung praxisrelevant ist.<sup>9, 11&ndash;13</sup> Dar&uuml;ber hinaus scheint ein direkter Wechsel von Gabapentin zu Pregabalin gut vertr&auml;glich zu sein, was die Umstellung einfach macht. <br />Sowohl f&uuml;r Gabapentin als auch f&uuml;r Pregabalin ist eine langsame Einstellung erforderlich, damit die Patienten die Therapie nicht vorzeitig wegen Nebenwirkungen beenden. Eine Einstellungsphase von mindestens 14 Tagen mit Nebenwirkungen kann sowohl bei Gabapentin als auch bei Pregabalin als normal angesehen werden. Kliniker sollten beachten, dass Pregabalin gegen&uuml;ber Gabapentin pharmakokinetische und pharmakodynamische Vorteile hat und eine Umstellung von dem einen auf das andere der beiden Medikamente komplikationslos und oft gut vertr&auml;glich ist. Im Gegensatz zu Gabapentin, das dreimal t&auml;glich eingenommen werden muss, um einen Wirkspiegel zu erreichen, sollte Pregabalin nur zweimal t&auml;glich (morgens und abends) eingenommen werden.<br />Die gleichzeitige Einnahme von Gabapentin und Pregabalin als fixes therapeutisches Schema ist nicht zu empfehlen und hat gegen&uuml;ber der Monotherapie keine Vorteile.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Neuropathische Schmerzen k&ouml;nnen entsprechend den Leitlinien sicher diagnostiziert werden. F&uuml;r die Therapie gibt es ebenfalls eindeutige Leitlinien. Dadurch, dass alle Medikamente zur Therapie neuropathischer Schmerzen als Generika vorliegen, ist eine Verschreibung allen Fachbereichen m&ouml;glich. Die Umstellung von einem Originalpr&auml;parat auf ein Generikum stellt in der Regel kein Problem dar. Bei &auml;hnlichen Substanzen (z.B. Gabapentin und Pregabalin) sollte die wirksamere und einfacher zu handhabende Substanz ausgew&auml;hlt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Dolor-Schmerzanamnese: <a href="http://www.dolor.ch">www.dolor.ch</a> <strong>2</strong> Bach M et al.: Update Europe Nr. 4, 2010 <strong>3</strong> Bouhassira D et al.: Comparison of pain syndromes associated with nervous or somatic lesions and development of a new neuropathic pain diagnostic questionnaire (DN4). Pain 2005; 114(1-2): 29-36 <strong>4</strong> &Ouml;sterreichische Schmerzgesellschaft (Hg.): Konsensus-Statement der &Ouml;sterreichischen Schmerzgesellschaft. Empfehlungen zur Schmerztherapie bei Peripherer Diabetischer Polyneuropathie. Schmerznachrichten 2010; Nr. 4b <strong>5</strong> National Institute for Health and Clinical excellence: Neuropathic pain. <a href="http://www.nice.org.uk/guidance/CG96">www.nice.org.uk/guidance/CG96</a> <strong>6</strong> Attal N et al.: EFNS guidelines on the pharmacological treatment of neuropathic pain: 2010 revision. Eur J Neurology 2010; 17: 1113-23 <strong>7</strong> Diener HC, Putzki N: Leitlinien f&uuml;r Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Stuttgart: 4. &uuml;berarbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag, 2008: S. 654 ff. <strong>8</strong> Jensen ST et al: New perspectives on the management of diabetic peripheral neuropathic pain. Diab Vasc Dis Res 2006; 3(2): 108-19 <strong>9</strong> Toth C: Substitution of gabapentin therapy with pregabalin therapy in neuropathic pain due to peripheral neuropathy. Pain Med 2010; 11(3): 456-65 <strong>10</strong> Bockbrader HN et al.: A comparison of the pharmacocinetics and pharmacodynamics of prega&shy;balin and gabapentin. Clin Pharmacokinetics 2010; 49(10): 661-9 <strong>11</strong> Ifuku M et al.: Replacement of gabapentin with pregabalin in postherpetic neuralgia therapy. Pain Med 2011; 12(7): 1112-6 <strong>12</strong> Bockbrader HN et al: Gabapentin to pregabalin therapy transition: a pharmacokinetic simulation. Am J Ther 2013; 20(1): 32-6 <strong>13</strong> Yilmaz B et al: Gabapentin vs pregabalin for the treatment of neuropathic pain in patients with spinal cord injury: a cross over study. Eur J Pain Suppl 2011; 5(1): 239 <strong>14</strong> Blommel ML, Blommel AL: Pregabalin: an antiepileptic agent useful for neuropathic pain. Am J Health Syst Pharm 2007; 64(14): 1475-82 <strong>15</strong> Neurontin [Package insert]. New York, NY: Park-Davis, Division of Pfizer; December 2013 <strong>16</strong> Lyrica [Package insert]. New York, NY: Park-Davis, Division of Pfizer; December 2013</p> </div> </p>
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