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Epitheliale Ovarialtumoren: Bekanntes und Neues

<p class="article-intro">Bei der Diagnostik der Ovarialtumoren kommt der Pathologie eine besondere Rolle zu. Mangels präoperativer Möglichkeiten ist die intraoperative Diagnostik wegweisend für die Therapie. Die WHO-Klassifikation 2014 basiert auf neuen molekularpathologischen Erkenntnissen. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Histogenetisch entstammen die epithelialen Ovarialtumoren zwei wesentlichen Quellen: Einschl&uuml;ssen des Tubenepithels, zum Teil mit weiterf&uuml;hrender Differenzierung, sowie Endometriose. Letztere entsteht m&ouml;glicherweise unter anderem durch sogenannte retrograde Menstruation. Im Vergleich mit den Keimstrangstromatumoren und den Keimzelltumoren machen die epithelialen Ovarialtumoren insbesondere im Erwachsenenalter der Frau das Gros der Tumoren aus (70&ndash;80 % ). Von den prim&auml;ren epithelialen Ovarialtumoren abzugrenzen sind Karzinommetastasen, die mit zunehmendem Alter geh&auml;uft vorkommen k&ouml;nnen. Die meisten epithelialen Ovarialtumoren sind zystisch gebaut, seltener sitzen sie dem Ovar als papill&auml;re L&auml;sionen auf, sind also exophytisch entwickelt. Einen &Uuml;berblick &uuml;ber die Klassifikation enth&auml;lt die Tabelle 1. Die h&auml;ufigsten epithelialen Ovarialtumoren, etwa 50 % , sind ser&ouml;s differenziert, gefolgt von den muzin&ouml;sen Tumoren mit etwa 30 % . Endometrioide, klarzellige Tumoren und Brenner-Tumoren sind selten.<br />Auf Basis des biologischen Verhaltens werden folgende Tumorgruppen unterschieden:</p> <ul> <li>Benigne Tumoren (Zystadenome, Zystadenofibrome, Oberfl&auml;chenpapillome)</li> <li>Maligne Tumoren (Adenokarzinome)</li> <li>Tumoren mit unsicherem biologischem Verhalten (atypisch proliferierte oder Borderline-Tumoren)</li> </ul> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s24_1.jpg" alt="" width="686" height="780" /></p> <h2>Molekularpathologie der Ovarialkarzinome einschlie&szlig;lich molekularer Tumorgenese</h2> <p>Pathogenetisch gibt es f&uuml;r Karzinome zwei Entstehungspfade (Pathways), einerseits &uuml;ber die Zwischenstufe von Borderline-Tumoren (Typ I), andererseits de novo (Typ II) (Tab. 2). Ersteres trifft auf gut differenzierte (&bdquo;low grade&ldquo;) ser&ouml;se, muzin&ouml;se und endometrioide Karzinome zu, Letzteres auf schlecht differenzierte (&bdquo;high grade&ldquo;) ser&ouml;se Karzinome (Abb. 1). Diese beiden Typen unterscheiden sich auch in ihrem klinischen Verhalten. Typ-I-Karzinome verlaufen symptomarm und werden oft zuf&auml;llig und im Stadium I diagnostiziert, w&auml;hrend sich Typ-II-Karzinome mit akuten Symptomen pr&auml;sentieren und ein meist bereits fortgeschrittenes Stadium aufweisen. <br />Mit diesen Entstehungswegen sind auch unterschiedliche genetische Alterationen verbunden: Bei den niedrig differenzierten ser&ouml;sen, aber auch bei den niedrig differenzierten endometrioiden Karzinomen finden sich h&auml;ufig p53-Mutationen, w&auml;hrend bei Borderline-Tumoren und hoch differenzierten ser&ouml;sen Karzinomen h&auml;ufig KRAS- und BRAF-Mutationen sowie eine Mikrosatelliteninstabilit&auml;t, jedoch nur selten p53-Mutationen nachweisbar sind. Die H&auml;ufigkeit genetischer Alterationen nimmt zwischen Zystadenomen, Borderline-Tumoren und Karzinomen zu. Eine wesentliche Erkenntnis der letzten Jahre ist die genetische Heterogenit&auml;t der einzelnen histologischen Typen des Ovarialkarzinoms, die auf unterschiedlichen Entstehungsmechanismen beruht. Die ser&ouml;sen Tumoren scheinen sich aus Einschlusszysten zu entwickeln, deren Epithel wahrscheinlich aus dem Bereich des Fimbrienendes der Tube stammt. Beim ser&ouml;sen Ovarialkarzinom werden zwei Entstehungswege (Pathways) unterschieden: Die h&auml;ufigen niedrig (schlecht) differenzierten ser&ouml;sen Ovarialkarzinome entstehen aus hochgradig atypischen Ver&auml;nderungen des Zystenepithels (&bdquo;high grade pathway&ldquo;: Typ II), w&auml;hrend sich die seltenen hoch (gut) differenzierten Karzinome aus Zystadenomen &uuml;ber die Zwischenstufe eines Borderline-Tumors, entsprechend einer Adenom-Karzinom-Sequenz entwickeln (&bdquo;low grade pathway&ldquo;: Typ I). Eine Adenom-Karzinom-Sequenz kennt man auch bei den muzin&ouml;sen und den endometrioiden Karzinomen. Muzin&ouml;se Karzinome entstehen typischerweise auf Basis muzin&ouml;ser Zystadenome &uuml;ber Borderline-Tumoren, endometrioide Karzinome auf Basis von endometrioiden Zystadenomen oder Endometriosezysten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s24_2.jpg" alt="" width="1419" height="784" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1703_Weblinks_s24_3.jpg" alt="" width="2150" height="970" /></p> <h2>Borderline-Tumoren (atypisch proliferierte Tumoren)</h2> <p>Die Borderline-Tumor-Kategorie ist eine Besonderheit der epithelialen Ovarialtumoren und umfasst eine Gruppe von Tumoren, die durch zellul&auml;re Atypien charakterisiert sind, die am ehesten mit einer intraepithelialen Neoplasie oder Dysplasie vergleichbar sind. Obwohl der Begriff Borderline in der Gyn&auml;kologie stark verwurzelt ist, sollte bevorzugt die Bezeichnung atypisch proliferierte Tumoren verwendet werden. Im Gegensatz zu Karzinomen fehlt ein invasives Wachstum. W&auml;hrend bei den ser&ouml;sen und seromuzin&ouml;sen Borderline-Tumoren in etwa 10&ndash;15 % der F&auml;lle Rezidive auftreten k&ouml;nnen (oft erst nach vielen Jahren), sind alle anderen histologischen Typen durch ein mehr oder weniger rezidivfreies gutartiges Verhalten charakterisiert.</p> <h2>Borderline-Tumoren mit mikropapill&auml;rer Morphologie</h2> <p>Mittlerweile gibt es einen weit reichenden Konsens &uuml;ber die Sonderstellung der atypisch proliferierten bzw. Borderline-Tumoren mit mikropapill&auml;rer Morphologie, der in den letzten Jahren auch durch molekulare Daten best&auml;tigt wurde. Diese unterscheiden sich von den konventionellen oder klassischen Borderline-Tumoren sowohl in histomorphologischer als auch in molekularer Hinsicht. Sie zeigen eine starke epitheliale Proliferation mit Ausbildung mikropapill&auml;rer Strukturen, w&auml;hrend beim klassischen Borderline-Tumor plumpe Papillen mit astartiger Verzweigung vorliegen. Weiters gehen die mikropapill&auml;ren Borderline-Tumoren h&auml;ufiger mit einer Invasion sowie mit extraovariellen L&auml;sionen (zum Teil mit Invasion) einher als konventionelle Borderline-Tumoren. Daher werden sie auch als spezielle, fr&uuml;he Form gut differenzierter (&bdquo;low grade&ldquo;) ser&ouml;ser Karzinome angesehen und k&ouml;nnen synonym als nicht invasive &bdquo;low grade&ldquo; ser&ouml;se Karzinome bezeichnet werden. Nach einem g&auml;ngigen Tumorgenesemodell entstehen gut differenzierte ser&ouml;se Karzinome auf dem Boden von Borderline-Tumoren, zum Teil &uuml;ber die Zwischenstufe mikropapill&auml;rer ser&ouml;ser Tumoren.</p> <h2>Die Diversit&auml;t der Ovarialkarzinome erfordert eine spezielle Diagnostik</h2> <p>Die exakte Klassifikation der Ovarialkarzinome erfordert in einem Teil der F&auml;lle die Durchf&uuml;hrung immunhistochemischer Untersuchungen. Die Haupttypen unterscheiden sich ganz wesentlich in ihrem immunreaktiven Profil. Ser&ouml;se Tumoren zeigen typischerweise eine Positivit&auml;t f&uuml;r WT-1 und &Ouml;strogenrezeptoren, endometrioide Tumoren eine Positivit&auml;t f&uuml;r &Ouml;strogenrezeptoren bei Negativit&auml;t f&uuml;r WT-1. Muzin&ouml;se Tumoren sind &Ouml;strogenrezeptor- und WT-1-negativ, ebenso die klarzelligen Tumoren. &Ouml;strogenrezeptoren und WT-1 z&auml;hlen somit zu den wesentlichen zu untersuchenden Parametern. Muzin&ouml;se Ovarialtumoren zeigen eine unterschiedliche Expression von Zytokeratin (CK) 7, CK 20 und CDX2. H&auml;ufig finden sich eine Koexpression von CK7 und CK20 und eine Positivit&auml;t f&uuml;r CDX2. Auch f&uuml;r die Abgrenzung gegen&uuml;ber Metastasen ist die Immunhistochemie hilfreich, allerdings nicht in allen F&auml;llen zielf&uuml;hrend. Wenn muzin&ouml;se Tumoren aber mit einem Teratom assoziiert sind, ist das CK7 meist negativ, wodurch eine Abgrenzung zu Metastasen aus dem Dickdarm erschwert sein kann. Aber auch Metastasen von Tumoren aus dem oberen Gastrointestinaltrakt k&ouml;nnen schwer von prim&auml;ren muzin&ouml;sen Ovarialtumoren abgegrenzt werden. F&uuml;r Metastasen typisch sind oft die Bilateralit&auml;t und der kleine Durchmesser, der in der Regel unter 10cm betr&auml;gt, wobei diese Regel von einem Teil der F&auml;lle durchbrochen wird. <br />Transitionalzellige Karzinome werden von der WHO nicht mehr aufgef&uuml;hrt, da sie von &bdquo;high grade&ldquo; ser&ouml;sen Karzinomen nicht unterschieden werden k&ouml;nnen. Vielmehr gibt es eine Subgruppe der &bdquo;high grade&ldquo; ser&ouml;sen Karzinome, die ein transitionalzelliges Muster aufweisen. Ein Teil dieser Tumoren ist geh&auml;uft mit BRCA-Keimbahnmutationen assoziiert.<br />Die Gruppe der seromuzin&ouml;sen Tumoren ist neu und ersetzt den endozervikalen Typ der muzin&ouml;sen Tumoren, speziell der muzin&ouml;sen Borderline-Tumoren. Neben einer Mischung ser&ouml;ser und muzin&ouml;ser Epithelien findet sich ein gegen&uuml;ber den muzin&ouml;sen Tumoren unterschiedliches immunreaktives Verhalten mit Positivit&auml;t f&uuml;r &Ouml;strogenrezeptoren und partieller Positivit&auml;t f&uuml;r WT-1, wobei ein Teil der Tumoren WT-1-positiv oder zumindest teilweise WT-1-positiv ist. Seromuzin&ouml;se Karzinome sind selten und k&ouml;nnen endometrioiden Karzinomen &auml;hneln. Es gibt Bestrebungen, diese Gruppe in M&uuml;ller&rsquo;sche Tumoren umzubenennen, allerdings besteht hier die Gefahr einer Verwechslung mit M&uuml;ller&rsquo;schen Mischtumoren.</p> <h2>Grading von Ovarialkarzinomen</h2> <p>Es gibt verschiedene Gradingsysteme, jenes von Silverberg und Shimizu, das f&uuml;r alle Karzinomtypen verwendet werden kann, jenes von Malpica und Silva (MD Anderson) speziell f&uuml;r die ser&ouml;sen Karzinome. Ersteres ber&uuml;cksichtigt 3 Kriterien: Architektur, Kernatypie und Mitosegehalt, Letzteres ist zweistufig. Klarzellige Karzinome werden nach WHO nicht graduiert, eine japanische Gruppe hat dies k&uuml;rzlich versucht.</p> <h2>Genetik der Ovarialkarzinome</h2> <p>Bei famili&auml;rer Belastung ist die Wahrscheinlichkeit, ein Ovarialkarzinom zu entwickeln, bis zu 20-mal h&ouml;her als im Normalfall. Etwa 5 bis 10 % aller Ovarialkarzinome sind mit einer heredit&auml;ren Genese vergesellschaftet. In Familien mit geh&auml;uftem Vorkommen von Mamma- und Ovarialkarzinomen finden sich oft Keimbahnmutationen der BRCA1- bzw. BRCA2-Gene. Ovarialkarzinome mit BRCA1/2-Mutationen im Tumor oder in der Keimbahn sind &uuml;berwiegend ser&ouml;s, seltener endometrioid differenziert, muzin&ouml;se Karzinome und Borderline-Tumoren sind ungew&ouml;hnlich. Auch das HNPCC-(Lynch-)Syndrom kann mit Ovarialkarzinomen assoziiert sein, die &uuml;berwiegend endometrioid und klarzellig differenziert sind.</p> <h2>Schnellschnittuntersuchung</h2> <p>Da eine pr&auml;operative bioptische Diagnostik obsolet ist, kommt der intraoperativen Schnellschnittdiagnostik eine wesentliche Rolle zu. Insbesondere sind die Bestimmung der Dignit&auml;t und der Ausschluss von Metastasen von gro&szlig;er Bedeutung. Die Schnellschnittdiagnostik hat allerdings ihre Grenzen, da vor allem aus zeitlichen Gr&uuml;nden nur eine begrenzte Anzahl von Proben untersucht werden kann und Zusatzuntersuchungen nicht m&ouml;glich sind. Die Ergebnisse der Schnellschnittuntersuchung variieren abh&auml;ngig vom Tumortyp. Die Diagnostik eines schlecht differenzierten, meist ser&ouml;sen Karzinoms (&bdquo;high grade&ldquo; ser&ouml;ses Karzinom) ist in mindestens 90 % der F&auml;lle m&ouml;glich, die Diagnostik eines Borderline-Tumors in etwa 80 % der F&auml;lle, wohingegen die Diagnose von Metastasen nur in etwa der H&auml;lfte der F&auml;lle gelingt.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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