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PneumoUpdate 2016

Muss man das Emphysem heute noch spezifischer beurteilen?

<p class="article-intro">Der Begriff Emphysem umschreibt mittlerweile eine Familie heterogener Phänotypen. Deren Differenzierung gewinnt in zunehmendem Maße an Bedeutung, da sie für die korrekte Auswahl und den Erfolg einer Therapie enorm wichtig ist.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Forderung nach einer differenzierteren Betrachtung des Emphysems ist begleitet von derjenigen nach geeigneten und einheitlichen Ma&szlig;nahmen zur Klassifizierung und Quantifizierung. Sie geht au&szlig;erdem einher mit dem Wunsch nach daraus ableitbaren Therapiem&ouml;glichkeiten. Trotz vielfach mangelnder Evidenz ist bereits heute die eine oder andere Therapieentscheidung aus der Bestimmung der einzelnen Emphysemtypen ableitbar.</p> <h2>Definition des Emphysems</h2> <p>Das Emphysem ist definiert als eine abnormale, permanente Erweiterung distal der terminalen Bronchien, begleitet von einer Zerst&ouml;rung der Bronchiolenarchitektur, jedoch unabh&auml;ngig von einer Fibrose.<sup>1</sup> Weitaus am h&auml;ufigsten werden Emphyseme im Zuge einer COPD diagnostiziert. Bei Asthma und Asthma-COPD-Overlap-Syndrom (ACOS) treten sie im Vergleich eher selten auf (8 bzw. 12 % ).<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite12.jpg" alt="" width="834" height="1351" /></p> <h2>Einteilung der Emphysemtypen</h2> <p>Grunds&auml;tzlich kann man heute zwischen drei Hauptarten von Emphysemen unterscheiden: zentrilobul&auml;ren, panlobul&auml;ren und paraseptalen (Tab. 1).<sup>3</sup> Dar&uuml;ber hinaus flie&szlig;en jedoch auch die regionale Emphysemverteilung und die Quantifizierung in die detaillierte Charakterisierung eines Emphysems ein.<br /> <br /><strong> Zentrilobul&auml;res Emphysem (CLE)</strong><br /> Alleine beim CLE differenziert man zwischen f&uuml;nf verschiedenen Emphysem&shy;untertypen (Tab. 1).<sup>3</sup> Diese werden anhand der im CT erkennbaren Aufhellungen (&bdquo;lucencies&ldquo;) emphysematischer Areale definiert. Die Entwicklung verl&auml;uft graduell und kann von der in Spuren vorhandenen (&lt;0,5 % Aufhellungen) &uuml;ber die maximal destruierende Form (ADE) bis hin zur panlobul&auml;ren Auspr&auml;gung fortschreiten. Das Lungengewebe ist dabei massiv zerst&ouml;rt, die Lungenarchitektur teilweise aufgehoben, sogar bis &uuml;ber die Lobulusgrenzen hinaus. Es gibt die unterschiedlichsten Auspr&auml;gungsformen: von apikal betont bis zu diffus verteilt. Dies macht eine rein visuelle Quantifizierung schwierig. Der Einsatz von geeigneter Software zur Quantifizierung der betroffenen Areale ist hier klar zu empfehlen, selbst wenn daf&uuml;r beachtliche Investitionssummen aufgewendet werden m&uuml;ssen.<br /> <br /><strong> Panlobul&auml;res Emphysem (PLE)</strong><br /> Bei der panlobul&auml;ren (auch panazin&auml;ren) Form des Emphysems sind zwar das Ausma&szlig; und die Schwere der Zerst&ouml;rung der Alveoli oft geringer als beim CLE, allerdings sind alle Acini eines Lungenlappens mehr oder weniger gleichm&auml;&szlig;ig davon betroffen.<sup>3</sup> Das panlobul&auml;re Emphysem ist charakteristisch f&uuml;r Patienten mit Alpha-1-Antitrypsin(AAT)-Mangel. Eine Abgrenzung ist therapeutisch bedeutsam, weshalb jeder Patient mit COPD oder Asthma bronchiale auf den AAT-Mangel im infektfreien Intervall getestet werden sollte. Im CT f&auml;llt das fortgeschrittene PLE bei AAT-Mangel h&auml;ufig durch vermehrtes Auftreten in den Unterlappen auf.<span style="text-decoration: line-through;">3</span><br /> <br /><strong> Paraseptales Emphysem (PSE)</strong><br /> Dieser Emphysemtyp beschreibt L&auml;sionen nahe der Pleuraoberfl&auml;che, der Thoraxwand und den interlobul&auml;ren Fissuren. In Reihen angeordnete PSE k&ouml;nnen dem &bdquo;honeycombing&ldquo; &auml;hneln, wie es bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) beobachtet wird, jedoch sind die Zysten beim PSE gr&ouml;&szlig;er und die typischen Anzeichen f&uuml;r Fibrose fehlen. Das PSE bleibt oft undiagnostiziert, da nicht selten signifikante Symptome oder physiologische Beeintr&auml;chtigungen ausbleiben.<sup>4</sup> Je nach Schweregrad unterscheidet man zwischen zwei Formen: der milden Auspr&auml;gung mit Ver&auml;nderungen &le;1cm sowie der substanziellen paraseptalen Form mit juxtapleuralen Ver&auml;nderungen &gt;1cm (Tab. 1).<sup>3</sup> Es ist angemessen, bis zu 4 oder 5 kleine Zys&shy;ten (&le;1cm) unber&uuml;cksichtigt zu lassen, da auch bei Nichtrauchern relativ h&auml;ufig minimale subpleurale, emphysemat&ouml;se Abnormalit&auml;ten auftreten k&ouml;nnen.<sup>5, 6</sup></p> <h2>Therapiem&ouml;glichkeiten beim Emphysem</h2> <p><strong>Medikament&ouml;se Therapie</strong><br /> Derzeit gibt es kein Medikament, das die durch ein Emphysem hervorgerufenen, strukturellen Ver&auml;nderungen r&uuml;ckg&auml;ngig machen oder therapieren k&ouml;nnte. Die vielversprechenden Ergebnisse, die mit Retinoid(RA)-Agonisten im Mausmodell erzielt worden waren, konnten bei Patienten bislang nicht best&auml;tigt werden.<sup>7, 8</sup> Die &Uuml;berbl&auml;hung als Folge der strukturellen Ver&auml;nderungen kann jedoch erfolgreich mit lang wirksamen Betamimetika (LABA) bzw. lang wirksamen Muskarinrezeptorantagonisten (LAMA) behandelt werden.<sup>9</sup> Bei einem Emphysem aufgrund eines AAT-Mangels hat sich im RAPID-Trial nach 24 Monaten gezeigt, dass die Lungenstruktur unter dem Alpha-1-Proteinase-Inhibitor weniger stark abnimmt als unter Placebo.<sup>10</sup><br /> <br /><strong> Trainingsempfehlungen</strong><br /> Es gibt bislang keine Daten, die belegen, dass Sport das Emphysem g&uuml;nstig beeinflusst. Geeignetes Training kann jedoch positive Auswirkungen auf die Mortalit&auml;t und die Lebensqualit&auml;t von Emphysempatienten haben. Die ATS/ERS-Leitlinien empfehlen eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining. Die Borgskala (Borg Dyspnea Scale 4&ndash;6) dient dabei als Orientierung hinsichtlich Trainingsintensit&auml;t (Tab. 2).<sup>11</sup><br /> Patienten mit schweren Atemwegsobstruktionen und geringer Leistungsf&auml;higkeit (&lt;60 % ), niedriger O<sub>2</sub>-S&auml;ttigung (&le;85 % ), starker Dyspnoe und geringer zeitlicher Belastbarkeit (&lt;10min) zeigen eine bessere Therapieadh&auml;renz bei einem Intervalltraining. Zus&auml;tzlich (wenn m&ouml;glich t&auml;glich) sollte auch ein Inspirationsmuskeltraining absolviert werden, ebenfalls in Intervallform.<sup>12</sup><br /> <br /><strong> Endoskopische Methoden</strong><br /> Der Einsatz von Ventilen und Coils wird nach wie vor sehr kontrovers diskutiert. In einer k&uuml;rzlich publizierten Studie konnte eine klinisch relevante Verbesserung von Lungenfunktion und Trainingskapazit&auml;t bei Patienten mit schwerem Emphysem ohne Kollateralventilation durch eine Ventilimplantation gezeigt werden.<sup>13</sup> Der Effekt von endobronchialen Coils bei Patienten mit Emphysem und schwerer &Uuml;berbl&auml;hung wurde in der RENEW-Studie untersucht.<sup>14</sup> Die beobachteten Verbesserungen waren nur moderat, das Risiko f&uuml;r schwere Komplikationen hingegen erh&ouml;ht. Nach Empfehlung der GOLD-Leitlinien (in denen diese Studien allerdings noch nicht ber&uuml;cksichtigt sind) sollten endoskopische Lungenvolumenreduktionen nicht au&szlig;erhalb von klinischen Studien durchgef&uuml;hrt werden.<sup>15</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1604_Weblinks_Seite11.jpg" alt="" width="1259" height="503" /></p> <p>Chirurgische Therapie<br /> Die schon lange bekannten Daten des National Emphysema Treatment Trial (NETT) von mehr als 1.200 Patienten zur Lungenvolumenreduktionschirurgie (LVRS) sind noch immer aktuell.<sup>16</sup> Sie zeigen, dass die Emphysemchirurgie nicht bei allen Patienten einen &Uuml;berlebensvorteil gegen&uuml;ber der medikament&ouml;sen Therapie bietet (Abb. 1a). Patienten mit apikal betontem Emphysem und geringer k&ouml;rperlicher Leistungsf&auml;higkeit profitieren allerdings mit einem deutlichen &Uuml;berlebensvorteil von einer chirurgischen Therapie (Abb. 1b). Dies halten mittlerweile auch die GOLD-Leitlinien fest.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Unter dem Begriff Emphysem sind mittlerweile sehr viele Ph&auml;notypen subsumiert. Eine korrekte Ph&auml;notypisierung ist somit Grundvoraussetzung, um f&uuml;r jeden Patienten die geeignete Therapie aus den aktuell zur Verf&uuml;gung stehenden auszuw&auml;hlen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Storbeck B et al: Rofo 2015; 187(7): 543-54 <br /><strong>2</strong> Gupta S et al: Chest 2009; 136(6): 1521-8 <br /><strong>3</strong> Lynch DA et al: Radiology 2015; 277(1): 192-205 <br /><strong>4</strong> Smith BM et al: Am j Med 2014; 127(1): 94.e7-e23 <br /><strong>5</strong> Mets OM et al: AJR Am J Roentgenol 2012; 199(2): 336-40 <br /><strong>6</strong> COPDGene CT Workshop Group; Barr RG et al: COPD 2012; 9(2): 151-9 <br /><strong>7</strong> Massaro GD et al: Nat Med 1997; 3: 675-7 <br /><strong>8</strong> Stolk J et al: Eur Respir J 2012; 40(2): 306-12 <br /><strong>9</strong> O&rsquo;Donnell DE et al: Eur Respir J 2004; 23: 832-40 <br /><strong>10</strong> Watz H et al: BMC Pulm Med 2009; 14: 158 <br /><strong>11</strong> Spruit MA et al: Am J Respir Crit Care Med 2013; 188(8): e13-64 <br /><strong>12</strong> Gloeckl R et al: Eur Respir Rev 2013; 22(128): 178-86 <br /><strong>13</strong> Klooster K et al: N Engl J Med 2015; 373(24): 2325-35 <br /><strong>14</strong> Sciurba FC et al: JAMA 2016; 315(20): 2178-89 <br /><strong>15</strong> The Global Strategy for Diagnosis, Management and Prevention of COPD (updated 2016). Available on the GOLD website <a href="http://www.goldcopd.org" target="_blank">www.goldcopd.org</a> <br /><strong>16</strong> Fishman A et al: N Engl J Med 2003; 348(21): 2059-73</p> </div> </p>
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