© baona iStockphoto

„Mehr als ein Viertel ist adipös“

<p class="article-intro">Eine Auswertung von Daten des RABBIT-Registers zeigte die unterschiedliche Wirksamkeit von Biologika bei rheumatoider Arthritis in Abhängigkeit vom Gewicht und vom Geschlecht der Patienten.<sup>1</sup> Erstautor Dr. Martin Schäfer erklärt die Hintergründe und Folgerungen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Warum fanden Sie es wichtig, die Wirkung von Biologika bei &Uuml;bergewicht zu untersuchen?</strong><br /> <strong>M. Sch&auml;fer:</strong> Im deutschen Biologika-Register RABBIT untersuchen wir die Sicherheit und Langzeitwirksamkeit neuer Therapien bei rheumatoider Arthritis. Unser Ziel ist es, anhand unserer umfangreichen Datenbasis Fragen f&uuml;r die Versorgung von Rheumapatienten zu beantworten. Dabei m&ouml;chten wir zunehmend die spezifischen Bed&uuml;rfnisse von Patientengruppen mit bestimmten Merkmalen &ndash; beispielsweise Alter, Geschlecht oder eben auch &Uuml;bergewicht &ndash; in den Blick nehmen, um die Rheumatologen bei ihren Behandlungsentscheidungen noch besser zu unterst&uuml;tzen.<br /> Mehr als ein Viertel der Patienten im RABBIT-Register ist adip&ouml;s &ndash; das ist eine relevante Patientengruppe. Es ist biologisch plausibel, dass Adipositas als eine milde chronisch-entz&uuml;ndliche Erkrankung Auswirkungen auf die Therapie der rheumatoiden Arthritis hat. Eine Reihe von Studien hat auch bereits Hinweise darauf geliefert. Trotz dieser Hinweise war die Datenlage bisher aber nicht ausreichend, um individualisierte Therapieentscheidungen f&uuml;r stark &uuml;bergewichtige Patienten auf sie zu st&uuml;tzen. Auch wurden beispielsweise potenzielle Unterschiede zwischen M&auml;nnern und Frauen bisher kaum ber&uuml;cksichtigt, und einige der fr&uuml;heren Studien basierten auf deutlich weniger untersuchten Patienten, als wir in unserer RABBIT-Studie haben. All das hat uns motiviert, die Studie zu starten.</p> <p><strong>Wirken die TNF-Hemmer bei &Uuml;bergewichtigen gar nicht?</strong><br /> <strong>M. Sch&auml;fer:</strong> Doch, sie wirken auch, aber nicht so gut. Von den Patientinnen, die TNF-Blocker bekommen, reduzieren die adip&ouml;sen Frauen ihre Krankheitsaktivit&auml;t innerhalb eines halben Jahres nach Therapiebeginn im Mittel um 0,22 DAS28-Punkte weniger als die nicht adip&ouml;sen Frauen. Die Reduktion der Krankheitsaktivit&auml;t f&auml;llt bei Frauen geringer aus. Es k&ouml;nnte beispielsweise bedeuten, dass die adip&ouml;sen Frauen nach einem halben Jahr Therapie im Mittel zwei druckschmerzhafte Gelenke mehr h&auml;tten als die nicht adip&ouml;sen.</p> <p><strong>Warum wirkt sich das &Uuml;bergewicht bei Frauen mehr aus?</strong><br /> <strong>M. Sch&auml;fer:</strong> Definitiv beantworten k&ouml;nnen wir das anhand unserer Studiendaten leider nicht. Ich k&ouml;nnte mir verschiedene Gr&uuml;nde vorstellen. Frauen haben im Durchschnitt einen h&ouml;heren K&ouml;rperfettanteil als M&auml;nner. Wir konnten in unserer Studie die Adipositas lediglich mithilfe des Body-Mass-Indexes definieren. Es w&auml;re gut, auch den K&ouml;rperfettanteil zu betrachten. Der ist aber ziemlich aufwendig zu bestimmen. Weitere Erkl&auml;rungen f&uuml;r Unterschiede zwischen Frauen und M&auml;nnern k&ouml;nnten das Ausma&szlig; der k&ouml;rperlichen Aktivit&auml;t sein oder die Therapieadh&auml;renz. Zu diesen beiden Faktoren haben wir in der RABBIT-Studie jedoch leider keine Daten. Ein eher mit den Charakteristika der Studie zusammenh&auml;ngender m&ouml;glicher Grund: Da deutlich mehr Frauen als M&auml;nner unter rheumatoider Arthritis leiden, haben wir auch in RABBIT deutlich mehr Frauen als M&auml;nner. Durch die h&ouml;here Zahl von Frauen ist die Chance, einen vorhandenen Effekt der Adipositas auf die Therapiewirksamkeit auch tats&auml;chlich statistisch nachweisen zu k&ouml;nnen, bei den Frauen h&ouml;her als bei den M&auml;nnern, das hei&szlig;t: Bei den Frauen haben wir eine h&ouml;here statistische Power. Es k&ouml;nnte also sein, dass wir bei den M&auml;nnern allf&auml;llige vorhandene Effekte zu einem gewissen Grad lediglich nicht nachweisen konnten.</p> <p><strong>Ab welchem Ausma&szlig; des &Uuml;bergewichts muss man Einbu&szlig;en der Wirksamkeit bef&uuml;rchten?</strong><br /> <strong>M. Sch&auml;fer:</strong> Unsere Auswertungen deuten auf einen &ndash; wenn auch geringeren &ndash; Effekt selbst von weniger starkem &Uuml;bergewicht hin. Auf Ebene der Biologie betrachtet: Je gr&ouml;&szlig;er das &Uuml;bergewicht, desto gr&ouml;&szlig;er ist auch die Menge der vom Fettgewebe zus&auml;tzlich produzierten entz&uuml;ndungsf&ouml;rdernden Substanzen, die die Wirksamkeit von Medikamenten, die diese hemmen, entsprechend st&auml;rker beeintr&auml;chtigen k&ouml;nnen. Insofern macht f&uuml;r adip&ouml;se Patientinnen und Patienten eine Gewichtsabnahme auch nur um wenige Kilogramm Sinn.</p> <p><strong>Was raten Sie Rheumatologen f&uuml;r die klinische Praxis?</strong><br /> <strong>M. Sch&auml;fer:</strong> Wenn ein adip&ouml;ser Patient oder insbesondere eine adip&ouml;se Patientin unter der begonnenen Therapie keine Besserung der Symptome und sp&auml;testens nach einem halben Jahr Behandlung keine Remission der Krankheit erreicht, sollte der behandelnde Arzt auf ein Medikament mit einem anderen Wirkprinzip umstellen. F&uuml;r die &uuml;bergewichtigen Patienten bedeutet dies: Es ist f&uuml;r sie ratsam, begleitend zu einer Therapie mit einer Ern&auml;hrungsumstellung zu beginnen und Gewicht abzunehmen.</p> <p><br /><a href="https://at.universimed.com/fachthemen/1000002681">Lesen Sie auch: Adip&ouml;se Rheumapatienten wirksamer therapieren</a></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Sch&auml;fer M et al.: Obesity reduces the real-world effectiveness of cytokine-targeted but not cell-targeted disease-modifying agents in rheumatoid arthritis. Rheumatology 2019 [Epub ahead of print]</p> </div> </p>
Back to top