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Leben retten – was ist ärztliche Kunst und was ist wirklich evidenzbasiert?

Medikamentöse Kreislaufunterstützung auf der ICU

<p class="article-intro">Schock ist nicht gleich Schock! Ein neues Modell, entwickelt von der SCAI, trägt diesem Umstand Rechnung und ermöglicht eine differenzierte Behandlung. Die medikamentöse Kreislauftherapie wird durch wenig Evidenz gestützt – Richtlinien ermöglichen aber einen zielgerechten Einsatz.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Der klassische kardiogene Schock ist durch Gewebehypoperfusion mit Hypotension definiert.</li> <li>Katecholamine sind bei der Behandlung von profunderen Schockstadien unverzichtbar und dienen zur &Uuml;berbr&uuml;ckung eines myokardialen Stunnings nach erfolgreicher Revaskularisation bis zur ad&auml;quaten Erholung bzw. als &bdquo;Bridging&ldquo; bis zu einer extrakorporalen Kreislaufunterst&uuml;zung.</li> <li>H&auml;modynamische Zielkorridore erm&ouml;glichen einen ad&auml;quaten Einsatz von Katecholaminen &ndash; zum Monitoring ist neben dem Blutdruck ein Ma&szlig; f&uuml;r das Herzminutenvolumen notwendig.</li> </ul> </div> <p>W&auml;hrend wir uns in vielen Gebieten der Kardiologie auf robuste Evidenz st&uuml;tzen k&ouml;nnen, beruht die Behandlung des kritisch kranken kardiologischen Patienten im Wesentlichen auf Empirie erg&auml;nzt durch kleine und wenige statistisch ad&auml;quat dimensionierte Studien. Diese sind allerdings oft in der Studienpopulation heterogen und bieten somit nicht immer Antworten auf spezifische Krankheitssituationen. Die medikament&ouml;se Kreislaufunterst&uuml;tzung geh&ouml;rt zu den Ecksteinen der Intensivbehandlung an jeder ICU. Aber wird sie auch richtig eingesetzt?</p> <h2>Kardiogener Schock</h2> <p>Bezogen auf den kardiogenen Schock (kS) zeigen sich hier mehrere Schwierigkeiten. Vereinfacht k&ouml;nnte man sagen: &bdquo;Schock ist nicht gleich Schock.&ldquo; Eine interessante Einteilung dieses Krankheitsbildes erfolgte durch die Society of Angiography and Interventions (SCAI), das US-amerikanische Pendant zur europ&auml;ischen interventionellen Gesellschaft (EAPCI): Sie unterteilt die Schockpr&auml;sentation in die 5 Stadien A&ndash;E. (Abb. 1). Stadium C ist die klassische Form des kS mit Gewebehypoperfusion und relativer Hypotension, Stadien A und B Vorstufen und D&ndash;E fulminante Verlaufsformen. Wir wissen durch die IABPShock- Studie, dass die Anwendung der intraaortalen Ballonpumpe als Routinema&szlig;nahme bei Patienten mit Myokardinfarkt, kompliziert durch kS, keinen Benefit zeigt. Allerdings waren in dieser Studie mit 600 Patienten &gt;40 % post CPR. Im Vergleich dazu zeigt eine kleine randomisierte Studie bei Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz, welche, wenn man die Patientencharakteristika betrachtet, auch dem Schock-Stadium B (zum Teil auch C) zugeordnet werden k&ouml;nnten, eine &Uuml;berlegenheit der IABP hinsichtlich einer rascheren h&auml;modynamischen Stabilisierung im Vergleich zu einer Inotropika-Therapie mit Dobutamin oder Enoximon (Abb. 2). Dies wird zwar kein Revival der IABP einl&auml;uten, zeigt aber, dass robuste Evidenz insbesondere im Bereich der ICU eben vielschichtig sein kann. Fakt ist: Ohne medikament&ouml;se Kreislaufunterst&uuml;tzung ist eine kontempor&auml;re Medizin nicht vorstellbar. Sei es im Intensivsetting oder im Bereich der An&auml;sthesie, wir m&uuml;ssen auf die wohlbekannten Vasopressoren und Inotropika zur&uuml;ckgreifen (Abb. 3). Die gemeinsame Endstrecke bei allen Katecholaminen ist eine Erh&ouml;hung bzw. eine verbesserte Verf&uuml;gbarkeit (Levosimendan) des intrazellul&auml;ren Kalziums.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Kardio_2001_Weblinks_jat_kardio_2001_s24_abb1_delle-karth.jpg" alt="" width="550" height="376" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Kardio_2001_Weblinks_jat_kardio_2001_s25_abb2_delle-karth.jpg" alt="" width="550" height="373" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2020_Jatros_Kardio_2001_Weblinks_jat_kardio_2001_s25_abb3_delle-karth.jpg" alt="" width="550" height="451" /></p> <h2>Empfehlungen bei infarktbedingtem kardiogenem Schock</h2> <p>Die in &Uuml;berarbeitung befindlichen deutsch-&ouml;sterreichischen S3-Richtlinien zur Behandlung des infarktbedingten kardiogenen Schocks bieten Anweisungen zur Steuerung der Inotropika und Vasopressortherapie: Ecksteine sind Dobutamin und Noradrenalin, falls es damit zu keinem gew&uuml;nschten h&auml;modynamischen Ansprechen kommt, kann Levosimendan oder ein PDE-Hemmer gegeben werden, wobei Levosimendan der Vorzug gegeben werden soll, da hier die Datenlage besser ist. Zu beachten ist, dass das Monitoring des Blutdrucks zur Beurteilung des h&auml;modynamischen Ansprechens nicht ausreicht, sondern dass das Herzminutenvolumen und damit die Gewebeperfusion miteinflie&szlig;en m&uuml;ssen. Pulskonturanalysen sind bei Patienten im kardiogenen Schock wenig erprobt (und ohne Indikatordilutionsverfahren unzuverl&auml;ssig), der Pulmonaliskatheter ist in den meisten ICUs fast verschwunden, sodass meistens eine Kombination aus zentralven&ouml;ser S&auml;ttigung, Echokardiografie und Laktatmessung verwendet wird. Zum Kalzium-Sensitizer Levosimendan konnte in mehreren Arbeiten gezeigt werden, dass sein Einsatz im kardiogenen Schock &bdquo;on top&ldquo; von Katecholaminen zu einer Zunahme der myokardialen Kontraktilit&auml;t und einer Abnahme der Vor- bzw. Nachlast f&uuml;hrt. Obwohl die gro&szlig;en Studien zum Einsatz von Levosimendan bei dekompensierter Herzinsuffizienz keinen Mortalit&auml;tsbenefit zeigen konnten, ist sein Einsatz im kS vielfach erprobt und auf vielen ICUs Routine. Klare Evidenzen vermissen wir allerdings auch hier.</p> <h2>Rationale einer medikament&ouml;sen Kreislaufunterst&uuml;zung im kS</h2> <p>Die Rationale zum Einsatz einer medikament&ouml;sen Kreislaufunterst&uuml;zung im kS ist die &Uuml;berbr&uuml;ckung eines myokardialen Stunnings nach erfolgreicher Revaskularisation bis zur ad&auml;quaten Erholung bzw. das &bdquo;Bridging&ldquo; zu einer extrakorporalen Kreislaufunterst&uuml;zung, wobei wir uns auch hier auf keine Evidenz berufen k&ouml;nnen. Wichtig bei allen Betrachtungen ist, den kS nicht nur als mechanisches Modell zu sehen, sondern ihn als Syndrom mit verschieden stark ausgepr&auml;gter inflammatorischer Komponente zu begreifen, wobei als Faustregel gilt: Je profunder das Schockgeschehen, desto profunder die Inflammationsreaktion, welche wiederum negative h&auml;modynamische Auswirkungen verursacht.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Der zielgerichtete Einsatz einer medikament&ouml;sen Kreislaufunterst&uuml;tzung ist auf der ICU unverzichtbar. Modelle und Zielkorridore erm&ouml;glichen es, ihn rational zu gestalten, und helfen negative Auswirkungen zu reduzieren. Eine Kombination aus Blutdruckmessung, zentralven&ouml;ser S&auml;ttigung, Laktatmessung und Echokardiografie ist eine pragmatische kurzfristige Alternative zu invasiveren und aufwendigeren h&auml;modynamischen Monitoring-Tools.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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