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ÖGP 2019

Unklarheiten bei der Therapie einer CTEPH

<p class="article-intro">Die chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertension (CTEPH) ist eine seltene, aber prognostisch bedeutsame Erkrankung. Obwohl die pulmonale Endarterektomie die kurative Therapie der Wahl darstellt, werden wenigstens die Hälfte aller CTEPH-Patienten nicht operiert oder leiden nach einer Operation weiterhin an Lungenhochdruck.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Goldstandarddiagnostik der CTEPH umfasst Lungen- Perfusions-Szintigrafie, CTAngiografie und Rechtsherzkatheter mit Angiografie.</li> <li>Die pulmonale Endarterektomie kann bei operablen Patienten zur Heilung f&uuml;hren, der Erfolg ist aber pr&auml;operativ nicht mit Sicherheit vorherzusagen.</li> <li>Die BPA stellt in erfahrener Hand eine sichere Option f&uuml;r CTEPH-Patienten dar, die durch ein interdisziplin&auml;res PH-Zentrum als inoperabel eingestuft werden.</li> <li>BPA erlaubt eine PVR-Reduktion von 60 % des Ausgangswerts und vermag gegen&uuml;ber der medikament&ouml;sen Behandlung den pulmonalarteriellen Mitteldruck zu senken.</li> <li>Es ist aber unklar, wie und wann medikament&ouml;se Therapien mit mechanischen Verfahren als Erstlinientherapien kombiniert werden sollen.</li> </ul> </div> <h2>Epidemiologie und Pathophysiologie</h2> <p>Die CTEPH ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung der pulmonalarteriellen Gef&auml;&szlig;e und ist Teil der Gruppe 4 der WHO-Klassifikation f&uuml;r pulmonale Hypertension. CTEPH ist die Folge von Thromboembolien der Lungenarterien, die sich nicht aufl&ouml;sen und in fibr&ouml;ses Material umwandeln, wodurch es zu einer chronischen Obliteration der Pulmonalarterien kommt. Dies f&uuml;hrt schlussendlich auch zu einem Remodelling der Mikrozirkulation. Dies verst&auml;rkt wiederum die pulmonale Hypertension, bedingt durch die fibrotische Verlegung der Gef&auml;&szlig;e und durch eine sekund&auml;r beeintr&auml;chtigte Mikrozirkulation. Organisierte Gerinnsel sind bis zu einer Gef&auml;&szlig;gr&ouml;&szlig;e von 500 &mu;m zu erkennen.<br />Die Inzidenz von CTEPH nach akuter Lungenembolie ist schwierig zu erfassen und schwankt je nach Studie zwischen 0,1 bis 9,1 % . Dies legt nahe, dass der direkte &Uuml;bergang von einer symptomatischen akuten Lungenembolie zu einer CTEPH selten passiert und nicht vorauszusagen ist.<sup>1</sup></p> <h2>Klinik und Diagnostik</h2> <p>Es gibt keine verl&auml;sslichen CTEPH-spezifischen Symptome, die es erlauben, die Erkrankung von anderen Formen der pulmonalen Hypertension zu unterscheiden. Die Diagnostik gestaltet sich selbst an spezialisierten Zentren schwierig, mit einer durchschnittlichen Dauer von 14 Monaten zwischen Symptombeginn und Diagnose.<br /> Nicht alle CTEPH-Patienten berichten in ihrer Vorgeschichte &uuml;ber eine akute Lungenembolie. Die wichtigsten pr&auml;disponierenden Faktoren f&uuml;r eine CTEPH sind ventrikuloatriale Shunts oder Schrittmachersonden, Zustand nach Splenektomie, gro&szlig;e und rezidivierende ven&ouml;se Thromboseereignisse, Hypothyreose mit Hormonersatz, entz&uuml;ndliche Darmerkrankungen und Karzinome.<sup>2</sup><br />Die diagnostischen Kriterien umfassen eine invasiv best&auml;tigte pulmonale Hypertension mit einem pulmonalen Mitteldruck (mPAP) von &gt;20 mmHg und einem Wedge- Druck &le;15 mmHg, segmentale Perfusionsdefizite bei erhaltener Ventilation im V/QSzintigramm (Abb. 1C) sowie eine CT (Abb. 1A, B) oder invasive Angiografie mit den typischen vaskul&auml;ren L&auml;sionen einer CTEPH. Dazu geh&ouml;ren ringf&ouml;rmige Stenosen, Webs, hochgradige oder chronische Verschl&uuml;sse und Tortuosit&auml;ten. Diese Ver&auml;nderungen sind mittels CT oder der nicht selektiven Pulmonalisangiografie teilweise schwierig zu erkennen, weswegen diese Verfahren alleine nicht zum Ausschluss einer CTEPH gen&uuml;gen.<br /> Vorteilhaft sind die Anwendung des Dual Energy CT (Abb. 1D), welches sowohl Anatomie als auch Perfusion darstellt, und/oder die Anwendung der selektiven Angiografie einzelner Pulmonalarterien. Symptomatische Patienten nach akuter Lungenembolie mit einem Perfusionsdefizit im V/Q-Scan &gt;3 Monate nach der Lungenembolie sollten am PH-Zentrum abgekl&auml;rt werden. Das Screening f&uuml;r CTEPH bei asymptomatischen Risikopatienten ist gem&auml;&szlig; den neuesten ESCRichtlinien eine Klasse-IIb-C-Indikation.<sup>3</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1906_Weblinks_jatros_pneumo_1906_s32_abb1_lang.jpg" alt="" width="550" height="547" /></p> <h2>Chirurgie und BPA</h2> <p>Die Therapie der Wahl bei der symptomatischen CTEPH ist die pulmonale Endarterektomie. Der Eingriff bedingt eine tiefe Hypothermie mit Kreislaufstillstand. Die 30-Tages-Mortalit&auml;t der chirurgischen BPA ist circa 5 % und an sehr erfahrenen Zentren weniger als 2 % . Die Operabilit&auml;t sollte von einem interdisziplin&auml;ren Team beurteilt werden. Die Thromben sollten der Chirurgie zug&auml;nglich sein, d. h. im Hauptstamm, lob&auml;r und segmental, und es sollten keine prohibitiven Komorbidit&auml;ten vorhanden sein und keine sonstigen Limitationen, die das Nutzen-Risiko-Verh&auml;ltnis relevant einschr&auml;nken (z. B. Gebrechlichkeit).<br /> Gem&auml;ss dem europ&auml;ischen CTEPH-Register waren von 679 untersuchten Patienten 36,5 % als nicht operabel eingestuft und von den operablen Patienten wiederum wurden 14 % nie operiert. Mit der Operation wird meistens eine Normalisierung des mPAP und Symptomfreiheit erreicht, der Therapieansatz ist also durchaus kurativ. In 17 bis 31 % der F&auml;lle kommt es allerdings zu einer nicht ausreichenden Drucksenkung wegen inkompletter Entfernung der Obstruktionen, Reperfusions&ouml;dem oder schwerer sekund&auml;rer Mikrovaskulopathie. Wer nach Operation weiterhin Lungenhochdruck hat, kann pr&auml;operativ nicht sicher vorausgesagt werden.<br />Zusammenfassend werden also fast 50 % der CTEPH-Patienten keiner Operation unterzogen und weitere 20 % haben weiterhin einen Lungenhochdruck.<sup>4</sup> Als Alternative f&uuml;r diese Patienten hat sich in der letzten Dekade die Ballonangioplastie der Lungenarterien etabliert, f&uuml;r welche die aktuellen PH-Richtlinien eine Klasse- IIb-C-Indikation vorsehen, da die Technik aus Japan kommend in Europa erst gerade Fu&szlig; fasst. Welche Patienten am besten von einer BPA profitieren, bleibt derzeit unklar. Die erste BPA wurde 1988 in Leiden, Holland, bei einem 30-J&auml;hrigen mit CTEPH erfolgreich durchgef&uuml;hrt, mit einer mPAPSenkung von 46 auf 35 mmHg.<sup>5</sup> Eine erste, 18 Patienten umfassende Serie wurde an der Harvard Medical School in Boston zwischen 1994 und 1999 behandelt.<sup>6</sup> Hinsichtlich der Effizienz war die BPA nach durchschnittlich nur 2,6 Interventionen in insgesamt 6 Segmenten erfolgreich (mPAPSenkung von 43 auf 34 mmHg), allerdings traten Reperfusions&ouml;deme in 61 % der F&auml;lle auf, was in 17 % eine mechanische Ventilation bedingte, und die Mortalit&auml;t war mit 5,7 % deutlich zu hoch. Die Sicherheitsbedenken verhinderten eine Entwicklung der Therapie l&auml;ngerfristig. Erst eine modifizierte Form der BPA, entwickelt in Okayama, Japan, hat der Methode neuen Aufwind gegeben und die aktuelle Entwicklung weltweit erst erm&ouml;glicht.<br />Zusammengefasst l&auml;sst sich eine Widerstandssenkung um 50 % erreichen, bei einer periprozeduralen Mortalit&auml;t von durchschnittlich 1,8 % . W&auml;hrend bei einem mPAP &gt;40 nicht mehr als 2 bis 3 L&auml;sionen angegangen werden sollten, sind bei tieferen L&auml;sionen einzig das Kontrastmittel, die Bestrahlungszeit und die Erm&uuml;dung des Patienten das Limitierende. W&auml;hrend der BPA k&ouml;nnen in ca. 1 bis 2 % der F&auml;lle Lungenblutungen auftreten, bedingt durch Drahtperforation der distalen &Auml;ste oder Perforation bei zu gro&szlig;en Ballonen. Bereits sehr kleine Blutungen, die angiografisch nicht zwingend erkennbar sind, f&uuml;hren zu Husten (mit oder ohne H&auml;moptoe), womit dieser ein wichtiges Kriterium darstellt, die Intervention zu pausieren. Ein konventionelles Lungenr&ouml;ntgen zwecks Ausschluss von Infiltraten wird routinem&auml;&szlig;ig durchgef&uuml;hrt. Die Entlassung kann in der Regel am Folgetag stattfinden.</p> <h2>Medikament&ouml;se Behandlung</h2> <p>Die medikament&ouml;se Therapie beinhaltet konventionelle orale Antikoagulanzien (OAK; Klasse-I-Indikation) und meist den Guanylatzyklase-Stimulator Riociguat, das einzige zugelassene Medikament f&uuml;r die Behandlung der inoperablen oder persistenten/ wieder auftretenden CTEPH.<sup>3</sup> Die Frage, wie medikament&ouml;se Therapien, zum Beispiel mit Riociguat im Vergleich zu BPA bei inoperabler CTEPH wirken, wurde durch eine rezente Studie (NCT02634203) beantwortet: Der Effekt der BPA auf den Lungengef&auml;&szlig;widerstand ist nach 26 Wochen Therapie gr&ouml;&szlig;er als der durch Riociguat in H&ouml;chstdosis erreichbare Effekt. Durch BPA kommt es zu einer deutlichen Reduktion des pulmonalarteriellen Mitteldrucks, w&auml;hrend Riociguat vor allem das Herzzeitvolumen erh&ouml;ht.<sup>7</sup> Ob die medikament&ouml;se Therapie mit Riociguat nach erfolgreicher BPA sistiert werden kann, bleibt derzeit noch unklar.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Coquoz N et al.: Multicentre observational screening survey for the detection of CTEPH following pulmonary embolism. Eur Respir J 2018; 51: 1702505<strong> 2</strong> Lang I et al.: Balloon pulmonary angioplasty in chronic thromboembolic pulmonary hypertension. Eur Respir Rev 2017; 26: 165119<strong> 3</strong> Gali&egrave; N et al.: 2015 ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Eur Heart J 2016; 37: 67-119 <strong>4</strong> Pepke-Zaba J et al.: Chronic thromboembolic pulmonary hypertension (CTEPH) : results from an international propspective registry. Circulation 2011; 124: 1973-81 <strong>5</strong> Voorburg JA et al.: Balloon angioplasty in the treatment of pulmonary hypertension caused by pulmonary embolism. Chest 1988; 94: 1249-53 <strong>6</strong> Feinstein JA et al.: Balloon pulmonary angioplasty for treatment of chronic thromboembolic pulmonary hypertension. Circulation 2001; 103: 10-3 <strong>7</strong> Jais X et al.: Late Breaking Clinical Trial Presentation. ERS 2019, 30. September 2019, Madrid, Spanien</p> </div> </p>
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