<p class="article-intro">Über den Einsatz eines technischen artifiziellen Pankreas bei Kleinkindern unter acht Jahren an drei österreichischen pädiatrischen Diabeteszentren im Rahmen einer von der Europäischen Union finanzierten Studie.<sup>1</sup></p>
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<p class="article-content"><h2>Noch keine Daten zu Closed-Loop- Systemen bei Kleinkindern</h2> <p>Trotz Fortschritten in der Behandlung von Typ-1-Diabetes ist das Erreichen empfohlener Behandlungsziele speziell für Kinder mit Typ-1-Diabetes eine besondere Herausforderung. Automatisierte Insulinpumpensysteme (sogenannte „künstliche Bauchspeicheldrüse“ oder „Closed-Loop-Systeme“) könnten Vorteile im Vergleich zu existierenden Behandlungsmodalitäten bieten.<br /> Closed-Loop-Systeme bestehen aus einer am Körper getragenen Insulinpumpe und einem Glukosesensor, welche über eine App am Handy gesteuert werden. Die Glukose wird im subkutanen Fettgewebe kontinuierlich gemessen und ein Algorithmus berechnet automatisch die optimale Menge an Basalinsulin, welches durch die Pumpe abgegeben wird. Resultate aus klinischen Studien zu Closed-Loop-Systemen, die bisher hauptsächlich bei Erwachsenen, zum Teil aber auch bei Jugendlichen und Schulkindern durchgeführt wurden, sind vielversprechend im Hinblick auf eine Verbesserung der Stoffwechsellage bei gleichzeitiger Reduktion der Hypoglykämie-Häufigkeit. Der zur Steuerung verwendete mathematische Algorithmus kann beispielsweise via Handy mittels einer App die Insulinzufuhr steuern.<br /> Ein erstes dieser Systeme, das Medtronic- 670G-System, ist nun auch in Österreich verfügbar. Bei Kleinkindern wurde das System in Studien noch nicht eingesetzt, das Gleiche gilt auch für das kommerziell verwendete Hybrid-Closed-Loop-System. Daher liegen noch keine Daten betreffend den Einsatz von Closed-Loop-Systemen bei Klein- und Vorschulkinder (1- bis 7-Jährige) im alltäglichen Leben ohne Überwachung durch Studienpersonal vor.<br /> In der Altersgruppe der sehr jungen Kinder können Insulininfusionsraten an der Pumpe von weniger als 0,1 E/h erforderlich sein, also sehr viel weniger verglichen mit den höheren Raten von 1,0 E/h und mehr bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Einzelberichten zufolge scheint die Verwendung von verdünntem Insulin bei Kleinkindern von Vorteil zu sein, v. a. was die Reduktion der glykämischen Variabilität, des Auftretens ungeklärter Hyperglykämien sowie von Pumpenkatheter-Fehlern betrifft.</p> <h2>Pilotstudie zu Closed-Loop-System bei Kleinkindern</h2> <p>Basierend auf dieser limitierten Datenlage und fehlender Evidenz wurde „KidsAP“ initiiert, ein multinationales Projekt finanziert durch die Europäische Kommission im Rahmen des Horizon-2020-Programms, koordiniert durch die Universität Cambridge, UK, unter der Leitung von Prof. Dr. Roman Hovorka. Unter den internationalen Projektpartnern finden sich auch die Medizinischen Universitäten in Graz, Innsbruck und Wien. Ziel ist die Testung eines durch die Universität Cambridge entwickelten Closed-Loop-Systems bei Kleinkindern und Vorschulkindern (1- bis 7-Jährige) mit Typ-1-Diabetes in Europa.<br /> In die nun abgeschlossene Pilotstudie des Projektes mit multizentrischem, multinationalem, randomisiertem Crossover- Studiendesign konnten 24 Kinder mit Typ- 1-Diabetes eingeschlossen werden. Diese wiesen ein medianes Alter von 5 Jahren (Range: 3 bis 6 Jahre), ein mittleres HbA<sub>1c</sub> 7,4 ± 0,7 % (57 ± 8 mmol/mol) und einen Gesamtinsulinbedarf von 13,2 ± 4,8 E/Tag auf. Jedes Kind absolvierte zwei 21-tägige Perioden unter Verwendung eines Closed- Loop-Systems mit verdünntem Insulin (U20) bzw. eines Closed-Loop-Systems mit Standardinsulin (U100) in zufälliger Reihenfolge. Die Systeme wurden von den Familien im alltäglichen Leben ohne Überwachung durch das Studienteam verwendet.<br /> In beiden Studienarmen zeigte sich ein hoher Zeitanteil mit Sensorwerten im Zielbereich zwischen 70 und 180 mg/dl (primärer Endpunkt; 72 ± 8 % mit Standardinsulin vs. 70 ± 7 % mit verdünntem Insulin; p = 0,16; Abb. 1). Auch die erreichten mittleren Glukosespiegel waren vergleichbar (144 ± 14 mg/dl vs. 148 ± 11 mg/dl; p = 0,14). Der Anteil der Zeit mit Sensorglukosewerten im hypoglykämischen Bereich war in beiden Studienarmen gering und fast ident (<70 mg/dl: 4,5 ± 1,7 % vs. 4,7 ± 1,4 % ; p = 0,47). Des Weiteren kam es zu keinen mit dem System assoziierten schweren Hypoglykämien oder Ketoazidosen.<br /> Somit konnten wir in der bis zum Zeitpunkt der Publikation längsten und größten Closed-Loop-Studie in dieser Studienpopulation von ganz jungen Kindern nachweisen, dass der Einsatz eines Closed- Loop-Systems bei Klein- und Vorschulkindern mit Typ-1-Diabetes zu Hause im Alltag ohne Überwachung durch das medizinische Team machbar, sicher und effektiv ist. Die Verwendung von verdünntem Insulin in Closed-Loop-Systemen schien jedoch keine zusätzlichen Vorteile im Vergleich zu Standardinsulin zu bringen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_jatros_dia_1905_s31_abb1.jpg" alt="" width="550" height="450" /></p> <h2>Einfluss auf die Lebensqualität</h2> <p>Das Diabetesmanagement bei sehr jungen Kindern stellt für Eltern, Familien und Betreuungspersonen in Kindergärten eine große Herausforderung dar.<br /> In dieser vulnerablen Population ist das Erreichen einer guten Blutzuckereinstellung durch besondere Herausforderungen wie unvorhersehbare Portionsgrößen der Nahrung und unregelmäßiges Bewegungsverhalten geprägt. Eine verminderte Hypoglykämiewahrnehmung gepaart mit elterlicher Angst vor Hypoglykämien erschweren eine weitgehend normoglykäme Stoffwechseleinstellung bei jungen Kindern.<sup>2</sup><br /> Die Inzidenz von Hypoglykämien bei Kindern unter 6 Jahren ist daher hoch, wobei vor allem in den Nachtstunden ein besonders hohes Hypoglykämierisiko beschrieben ist. Dieses Wissen zwingt viele betroffene Eltern zu nächtlichen Glukosemessungen bei ihren jungen Kindern mit Diabetes. Der gestörte Nachtschlaf führt zu erheblichen Belastungen im familiären Alltag und geht mit einer Einschränkung der Lebensqualität einher.<sup>2</sup><br /> Im Rahmen der beschriebenen KidsAPStudie wurden die Erfahrungen der teilnehmenden Eltern erfragt und ausgewertet (Tab. 1). 20 der 24 teilnehmenden Kinder (7 aus Österreich, 2 aus Deutschland, 4 aus Luxemburg und 7 aus England) haben an der Befragung teilgenommen. Die Eltern der an der Studie teilnehmenden Kinder benannten einige positive Effekte des Closed-Loop- Systems. Die Zufriedenheit der Teilnehmer mit dem System war beeindruckend, 90 % der Teilnehmer würden das Closed-Loop- System weiterempfehlen. Vor allem die erreichten Blutglukosewerte im Sinne einer hohen „time-in range“ (Glukose im Zielbereich zwischen 70 und 180 mg/dl) waren für die Eltern überzeugend. 95 % gaben an, mit der Blutzuckereinstellung des Kindes während der Verwendung des Closed-Loop-Systems zufrieden gewesen zu sein. Die Frage nach dem zeitlichen Aufwand für die Verwendung des Closed-Loop-Systems wurde eindeutig als nicht zusätzlich belastend eingestuft, die Eltern gaben an, nicht mehr Zeit für das Diabetesmanagement unter Closed Loop aufwenden zu müssen.<br /> Hervorzuheben ist die Zufriedenheit, die Eltern hinsichtlich der Verbesserung ihres Nachtschlafes berichteten. Die stabile nächtliche Glukoseeinstellung steigerte das Vertrauen in das System, reduzierte den Stresslevel und steigerte das Wohlbefinden.<br /> Als einschränkend wurde die Größe des mobilen Gerätes (Mobiltelefon mit eingebautem USB-Stick und Schutzhülle) genannt. In der nun folgenden zweiten Studie wird ein normales Android- Telefon verwendet, bei dem die bei der Pilotstudie notwendige zusätzliche vergrößernde Hülle nicht mehr benötigt wird. Damit erhoffen wir, die Anwenderzufriedenheit im Rahmen des zweiten Studienteiles weiter verbessern zu können.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_jatros_dia_1905_s31_tab1.jpg" alt="" width="550" height="415" /></p> <h2>Ausblick</h2> <p>Nach erfolgreicher Durchführung der Pilotstudie werden derzeit in allen drei österreichischen Studienzentren (Wien, Graz und Innsbruck) Kinder bis zum Alter von 7 Jahren für die Teilnahme am zweiten Teil der Studie rekrutiert. In dieser Hauptstudie soll nun überprüft werden, ob das Tragen des Closed-Loop- Systems versus dem Open-Loop-System im Crossover-Design für jeweils 4 Monate die Zeit der Glukosespiegel im Zielbereich („time in range“) verbessert. Wie schon im Rahmen der Pilotstudie werden die Eltern gebeten, Fragebögen hinsichtlich der Anwenderzufriedenheit und hinsichtlich des Einflusses auf die Lebensqualität zu beantworten. Bei Interesse kann mit den Autoren des Artikels Kontakt aufgenommen werden.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Tauschmann M et al.: Home use of day and night hybrid closed loop insulin delivery in very young children: a multicenter 3-week, randomized trial. Diabetes Care 2019; 42(4): 594-600. doi: org/10.2337/dc18-1881 <strong>2</strong> Musolino G et al.: Reduced burden of diabetes and improved quality of life: experiences from unrestricted day-and-night hy brid closedloop use in very young children with type 1 diabetes. Pediatric Diabetes 2019; 20(6): 794- 799; doi: 10.1111/pedi.12872</p> <p><br />This project has received funding from the European Union´s Horizon 2020 research and innovation programme under the grant agreement No 731560. The Jaeb Centre for Health Research is funded by JDRF under the grant 3-SRA-2016-297-M-N. This material reflects only the autor´s views and the Commission is not liable for any use that may be made of the information contained therein.</p>
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