© Shidlovski iStockphoto

Herzinsuffizienz und Diabetes

<p class="article-intro">Unter einer Herzinsuffizienz versteht man die Unfähigkeit des Herzens, eine ausreichende Blutversorgung des Körpers zu gewährleisten. Daten aus dem deutschen DPV(Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation)- Register zeigen, dass die Prävalenz der Herzinsuffizienz bei Menschen mit Typ-2-Diabetes deutlich mit dem Alter ansteigt und in der Altersgruppe über 60 Jahre eine Häufigkeit von knapp 15 % erreicht.<sup>1</sup></p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Das Risiko f&uuml;r Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz bei Diabetes mellitus ist im Vergleich zu einem nichtdiabetischen Kollektiv um zumindest 33 % erh&ouml;ht.</li> <li>Nahezu die H&auml;lfte der Patienten, die wegen einer Herzinsuffizienz station&auml;r aufgenommen werden, sind auch an Diabetes mellitus erkrankt.</li> <li>Bei Menschen mit Diabetes mellitus wurden positive Effekte hinsichtlich der Herzinsuffizienz durch SGLT2-Hemmer gezeigt.</li> <li>Die Studie DAPA-HF zeigte k&uuml;rzlich eine 26 % -Reduktion im prim&auml;ren Endpunkt Verschlechterung der Herzinsuffizienz oder kardiovaskul&auml;rer Tod sowohl bei Menschen mit vorbekanntem Diabetes also auch bei jenen ohne.</li> </ul> </div> <h2>Risikofaktor Herzinsuffizienz</h2> <p>Daten aus dem REACH(REduction of Atherothrombosis for Continued Health)- Registry zeigen, dass das Risiko f&uuml;r Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz bei Personen mit Diabetes mellitus um zumindest 33 % erh&ouml;ht ist (adjustierte Analyse).<sup>2</sup> Dazu kommt, dass Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2, die wegen Herzinsuffizienz hospitalisiert werden, eine signifikant h&ouml;here Mortalit&auml;t im Vergleich zu nicht diabetischen Patienten aufweisen.<sup>3</sup> Es liegen auch Daten f&uuml;r Personen mit Typ-1-Diabetes vor, die ebenfalls ein circa 4-fach erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Krankenhausaufnahmen aufgrund von Herzinsuffizienz zeigen.<sup>4</sup><br /> Analysen aus einem gro&szlig;en Datensatz des schwedischen Diabetesregisters legen auch nahe, dass die Kontrolle der etablierten Risikofaktoren (wie z. B. Blutdruck, Lipide, Blutzucker, Rauchen) einen entscheidenden Einfluss auf die H&auml;ufigkeit einer Herzschw&auml;che bei Menschen mit Diabetes mellitus hat. Je mehr dieser Risikofaktoren unkontrolliert sind, desto ausgepr&auml;gter ist das Herzinsuffizienzrisiko.<sup>5</sup><br /> Es sollte aber auch nicht unerw&auml;hnt bleiben, dass nahezu die H&auml;lfte all jener Patienten, die wegen einer Herzinsuffizienz station&auml;r aufgenommen werden, auch an einem Diabetes mellitus erkrankt sind.<sup>6</sup></p> <h2>Pathophysiologischer Zusammenhang</h2> <p>Wie in Abbildung 1 dargestellt, f&uuml;hrt Diabetes mellitus Typ 2 &uuml;ber mehrere pathophysiologische Komponenten nicht nur zur Hyperglyk&auml;mie, sondern ist auch in den meisten F&auml;llen mit arterieller Hypertonie und einer Form der Dyslipid&auml;mie assoziiert. Diese Risikokonstellation beg&uuml;nstigt die Entstehung einer Makroangiopathie mit nachfolgender Myokardisch&auml;mie, die langfristig in einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion resultieren kann (HFrEF). Dar&uuml;ber hinaus resultiert die Hyperglyk&auml;mie aber auch in der Bildung von Advanced-Glycation- Endprodukten, die neben Inflammationsprozessen die myokardiale Fibrose und linksventrikul&auml;re Restriktion beg&uuml;nstigen und somit zu einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion f&uuml;hren (HFpEF).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_jatros_dia_1905_s16_abb1.jpg" alt="" width="550" height="450" /></p> <h2>Blutzuckersenkende Medikamente und Herzinsuffizienz</h2> <p><strong>Metformin</strong><br /> W&auml;hrend &uuml;ber Jahre die Verwendung von Metformin generell bei Herzinsuffizienz f&auml;lschlich in Verruf war, gibt es Daten aus mehreren retrospektiven Analysen, in denen f&uuml;r mit Metformin behandelte, herzinsuffiziente Patienten eine signifikant geringere Mortalit&auml;t nachgewiesen wurde.<sup>7, 8</sup> Vorsicht hinsichtlich der sehr seltenen Laktatazidose bleibt allerdings weiterhin bei akuten, h&auml;modynamisch instabilen Herzinsuffizienzpatienten geboten.</p> <p><strong>Pioglitazon</strong><br /> Pioglitazon hat in klinischen Studien ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz gezeigt, was wohl prim&auml;r durch die substanzbeg&uuml;nstigte Fl&uuml;ssigkeitsretention bedingt ist.<sup>9</sup> Laut Fachinformation ist die Verwendung von Pioglitazon bei Herzinsuffizienz NYHA I&ndash;IV kontraindiziert.<sup>10</sup></p> <p><strong>DPP-4-Hemmer (Tab. 1)</strong><br /> In der ersten kardiovaskul&auml;ren Endpunktstudie (SAVOR-TIMI 53) mit einem Vertreter dieser Substanzklasse, n&auml;mlich Saxagliptin, wurde ein um 27 % h&ouml;heres Risiko f&uuml;r eine Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz unter dieser Substanz beobachtet (sekund&auml;rer Endpunkt).<sup>11</sup><br /> Alogliptin, Sitagliptin und Linagliptin sind hinsichtlich Herzinsuffizienz als neutral einzustufen, f&uuml;r Vildagliptin liegt keine derartige Endpunktstudie vor, sodass keine Beurteilung hinsichtlich des Herzinsuffizienzrisikos abgegeben werden kann.</p> <p><strong>GLP-1-Rezeptoragonisten (Tab. 1)</strong><br /> Die Daten aus den einzelnen Endpunktstudien legen einen weitgehend neutralen Effekt dieser Substanzen auf die Hospitalisierungsraten f&uuml;r Herzinsuffizienz nahe. Auch eine kleinere Studie bei 300 Personen mit HFrEF zeigte keinen Nutzen von Liraglutid auf die Mortalit&auml;t oder Hospitalisierungsraten.<sup>12</sup></p> <p><strong>SGLT2-Hemmer (Tab. 1)</strong> Nachdem die EMPA-REG-OUTCOMEStudie die erste Outcomestudie war, die eine beeindruckende Reduktion f&uuml;r Hospitalisationen f&uuml;r Herzinsuffizienz zeigte (HR: 0,61; CI: 0,47&ndash;0,79; p=0,001),<sup>13</sup> zeigten sich sowohl im CANVAS-Studienprogramm als auch in der DECLARE-Studie sehr &auml;hnliche positive Effekte hinsichtlich der Herzinsuffizienz. Diese Studien wurden nat&uuml;rlich ausschlie&szlig;lich bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 durchgef&uuml;hrt und Daten zur kardialen Pumpfunktion wurden weder zu Beginn noch im Verlauf systematisch erhoben. Dementsprechend wurde mit allen Vertretern dieser Substanzklasse Endpunktstudien initiiert, die den Effekt dieser Substanzen bei Patienten mit Herzinsuffizienz (HFrEF und HFpEF) mit und ohne Diabetes mellitus untersuchen. Die erste von mehreren Studien, DAPA-HF, zeigte k&uuml;rzlich eine 26 % -Reduktion im prim&auml;ren Endpunkt Verschlechterung der Herzinsuffizienz (Hospitalisierung oder iv. Therapie) oder kardiovaskul&auml;rer Tod (HR: 0,74; 95 % CI: 0,65&ndash;0,85).<sup>14</sup> Der Effekt zeigte sich gleicherma&szlig;en bei Menschen mit vorbekanntem Diabetes als auch bei jenen ohne.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1905_Weblinks_jatros_dia_1905_s17_abb1.jpg" alt="" width="550" height="373" /></p> <p><strong>Insulin</strong><br /> In epidemiologischen Studien wird Insulintherapie immer wieder mit einer erh&ouml;hten Rate an Herzinsuffizienz assoziiert, jedoch unterliegen diese Daten wohl einer beachtlichen Bias-Gefahr, da nat&uuml;rlich die Insulintherapie entsprechend den aktuellen Leitlinienempfehlungen erst sp&auml;ter im Verlauf einer Diabeteserkrankung eingesetzt wird. In der randomisierten, kontrollierten Studie ORIGIN, die das Insulin Glargin versus Standard of Care im fr&uuml;hen Stadium der Glukosestoffwechselst&ouml;rung untersuchte, zeigte sich kein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Herzinsuffizienz (HR: 0,90; 95 % CI: 0,77&ndash;1,05).<sup>15</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Stoyanova D et al.: Diabet Med 2019; Jan 30. doi: 10.1111/ dme.13915. [Epub ahead of print]. <strong>2</strong> Cavender MA et al.: Circulation 2015; 132(10): 923-31 <strong>3</strong> From AM et al.: Am J Med 2006; 119(7): 591-9 <strong>4</strong> Rosengren A et al.: Lancet Diabetes Endocrinol 2015; 3(11): 876-85 <strong>5</strong> Rawshani A et al.: N Engl J Med 2018; 379(7): 633-44 <strong>6</strong> Echouffo-Tcheugui JB et al.: Am Heart J 2016; 182: 9-20 <strong>7</strong> Crowley MJ et al.: Ann Intern Med 2017; 166(3): 191-200 <strong>8</strong> Andersson C et al.: Diabetologia 2010; 53(12): 2546-53 <strong>9</strong> Lincoff AM et al.: JAMA 2007; 298(10): 1180-8 <strong>10</strong> Clodi M et al.: Wien Klin Wochenschr 2019; 131(Suppl 1): 169-73 <strong>11</strong> Scirica BM et al.: N Engl J Med 2013; 369(14): 1317-26 <strong>12</strong> Margulies KB et al.: JAMA 2016; 316(5): 500-8 <strong>13</strong> Zinman B et al.: N Engl J Med 2015; 373(22): 2117-28 <strong>13</strong> McMurray JJV et al.: N Engl J Med 2019; Sep 19. doi: 10.1056/NEJMoa1911303. [Epub ahead of print] <strong>13</strong> Investigators Origin Trial et al.: N Engl J Med 2012; 367(4): 319-28</p> </div> </p>
Back to top