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Kardiovaskuläre Prävention und neue Guidelines

<p class="article-intro">Der Kongress der European Society of Cardiology in Paris fokussierte auf die Themen «weltweite kardiovaskuläre Prävention» und «Reduktion des kardiovaskulären Risikos». Nebst zahlreichen Studien wurden im Rahmen des Kongresses fünf neue Guidelines präsentiert, die zum Teil zu anhaltenden lebhaften Diskussionen führten. Die neuen Leitlinien zum Dyslipidämiemanagement folgen wie erwartet immer stärker dem Prinzip «the lower the better». Von einem Paradigmenwechsel kann man in der Diabetestherapie bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko sprechen. Auch die neuen Guidelines zum Management der koronaren Herzkrankheit, der supraventrikulären Tachykardien und der Lungenembolie haben verschiedene Neuerungen erfahren.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Eine immer gr&ouml;ssere F&uuml;lle von Daten zeigt mittlerweile, in welchem Ausmass sowohl Prim&auml;r- als auch Sekund&auml;rpr&auml;vention das individuelle kardiovaskul&auml;re (CV) Risiko reduzieren k&ouml;nnen. Hinweise auf eine gesundheitsf&ouml;rdernde Wirkung k&ouml;rperlicher Bewegung gibt es aus zahlreichen Arbeiten. Die HUNT-Studie<sup>1</sup> hat jedoch eine besondere methodische St&auml;rke: ein sehr langes Follow-up und mehrfache Evaluationen des Lebensstils. Zur Teilnahme an der Studie wurden alle in Norwegen lebenden Personen ab dem Alter von 20 Jahren in den Jahren 1984&ndash;1986, 1995&ndash; 1997 sowie 2006&ndash;2008 eingeladen. In allen Zeitr&auml;umen wurden alle in die Studie aufgenommenen Personen nach Ausmass und Dauer k&ouml;rperlicher Freizeitaktivit&auml;ten befragt. Damit kann die Studie auch Ver&auml;nderungen im Verhalten der Teilnehmer erfassen. F&uuml;r die aktuelle Auswertung von 23 146 Frauen und M&auml;nnern wurden Daten der ersten und der dritten Befragung herangezogen. Die Teilnehmer wurden gem&auml;ss der Intensit&auml;t ihrer k&ouml;rperlichen Bet&auml;tigung in die Gruppen &laquo;inaktiv&raquo;, &laquo;moderat aktiv&raquo; (bis zu zwei Stunden pro Woche) und &laquo;sehr aktiv&raquo; (mehr als zwei Stunden pro Woche) eingeteilt. Jene Probanden, die sowohl bei der ersten als auch bei der dritten Befragung ein hohes Aktivit&auml;tsniveau angaben, wurden als Referenzgruppe herangezogen.<br /> Die Daten wurden hinsichtlich bekannter St&ouml;rfaktoren adjustiert. Im Vergleich zur Referenzgruppe war das Risiko zu versterben bei allen anderen Gruppen deutlich erh&ouml;ht. Wer zu beiden Befragungen inaktiv war, hatte ein doppelt so hohes Risiko zu versterben sowie ein um den Faktor 2,7 erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Tod aus CV Ursache. Bei moderater Aktivit&auml;t war die Mortalit&auml;t im Vergleich zur Referenzgruppe immer noch signifikant erh&ouml;ht. Eine wichtige und positive Botschaft l&auml;sst sich aus den HUNT-Daten ableiten: Personen, die bei der ersten Befragung &laquo;inaktiv&raquo; waren und bei der zweiten Befragung einer der beiden aktiven Gruppen zugeordnet wurden, reduzierten ihr Risiko &ndash; wenn auch nicht ganz auf das Niveau permanent aktiver Studienteilnehmer.</p> <h2>&laquo;The lower the better&raquo; &ndash; Lipidzielwerte deutlich gesenkt</h2> <p>Die neue gemeinsame Leitlinie<sup>2</sup> der ESC und der European Atherosclerosis Society (EAS) zum Management der Dyslipid&auml;mie f&uuml;hrt f&uuml;r Patienten mit sehr hohem CV Risiko den noch niedrigeren Zielwert f&uuml;r LDL-Cholesterin (LDL-C) von 1,42 mmol/l ein. Basis dieser Empfehlung sind mehrere in den letzten Jahren publizierte Studien, die das Prinzip &laquo;the lower the better&raquo; untermauern.</p> <p><strong>Lebensstil, Statin, Ezetimib und PCSK9-Inhibitor</strong><br /> &laquo;Wir haben gelernt, dass eine LDL-C-Reduktion das CV Risiko unabh&auml;ngig vom Ausgangswert senkt. Das bedeutet, dass Patienten mit sehr hohem Risiko auch dann von einer LDL-C-Reduktion profitieren, wenn sie bereits ein niedriges LDL-C haben&raquo;, kommentiert Prof. Dr. Colin Baigent, Vorsitzender der Guidelines Task Force und Direktor der MRC Population Health Research Unit an der University of Oxford. Weiter wird nach wie vor eine Reduktion des LDL-C-Spiegels um mindestens 50 % gegen&uuml;ber dem Ausgangswert empfohlen, wenn der LDL-C-Zielwert nicht erreicht ist. Auch bei Patienten, die bereits nahe an ihrem Zielwert sind, soll die Therapie entsprechend intensiviert werden. Als Mittel zur LDL-C-Senkung empfiehlt die Leitlinie Lebensstilmodifikation, Statine, Ezetimib und PCSK9-Inhibitoren. Statine sind in den meisten F&auml;llen die Medikamente der Wahl.</p> <p><strong>&laquo;Very high risk&raquo;- und &laquo;High risk&raquo;-Status angepasst</strong><br /> In der Leitlinie wurden auch die Empfehlungen im Hinblick auf die Risikostratifizierung angepasst. Um in die Hochrisikokategorie zu fallen, ist es nun nicht mehr erforderlich, ein CV Ereignis durchgemacht zu haben. Atherosklerotische CV Erkrankung, famili&auml;re Hypercholesterin&auml;mie, Diabetes mit Endorganschaden und schwere chronische Nierenerkrankung definieren bereits einen &laquo;High risk&raquo;-Status und damit einen LDL-C-Zielwert von &lt;1,81 mmol/l plus eine LDL-C-Reduktion um mindestens 50 % . Der &laquo;Very high risk&raquo;-Status mit einer LDL-C-Empfehlung von &lt;1,42 mmol/l wird z. B. definiert durch dokumentierte KHK oder einen Diabetes mellitus mit Endorganschaden und mindestens drei weiteren schweren Risikofaktoren.</p> <p><strong>Lipoprotein (a): 1 x im Leben messen</strong><br /> Die Leitlinie weist auch auf die Bedeutung von Lp(a) hin, das ebenfalls deutlich mit atherosklerotischer CV Erkrankung assoziiert ist. Da der Lp(a)-Spiegel fast zur G&auml;nze genetisch determiniert ist, wird empfohlen, ihn zumindest einmal im Leben, vorzugsweise im Alter um die 40 Jahre, zu messen, um Personen mit hohem Risiko fr&uuml;hzeitig vor dem Eintreten eines CV Ereignisses identifizieren zu k&ouml;nnen. Leider l&auml;sst sich Lp(a) mit Statintherapie nicht beeinflussen, w&auml;hrend mit PCSK9-Inhibitoren eine Reduktion um 30&ndash;40 % gezeigt werden konnte.</p> <h2>Paradigmenwechsel in der Diabetestherapie bei hohem CV Risiko</h2> <p>Die Neuauflage der Diabetesleitlinien<sup>3</sup> der ESC wartet mit einigen Neuerungen auf: allen voran einer angepassten Klassifikation des CV Risikos bei Diabetikern und einer noch deutlicheren Empfehlung f&uuml;r Antidiabetika mit Studienevidenz f&uuml;r einen CV Benefit. Wie bereits 2013 hat die ESC die &laquo;Guidelines on diabetes, pre-diabetes, and cardiovascular diseases&raquo; in Kooperation mit der europ&auml;ischen Diabetesgesellschaft EASD erarbeitet.</p> <p><strong>Kardiovaskul&auml;rer Nutzen von Antidiabetika im Vordergrund</strong><br /> Eine zentrale Neuerung des Dokuments betrifft die Empfehlungen zur antidiabetischen Therapie, die nach den Ergebnissen der Studien zum CV Outcome der letzten Jahre grundlegend &uuml;berarbeitet wurden. &laquo;Mehrere Studien zum CV Outcome mit neueren Antidiabetika haben sehr positive Resultate hinsichtlich der Reduktion von CV Ereignissen, wie nicht fataler Myokardinfarkt, nicht fataler Schlaganfall, CV Tod, gezeigt. Diese Ergebnisse haben das Paradigma, wie Kardiologen an die Behandlung von Patienten mit Diabetes herangehen, wirklich ver&auml;ndert&raquo;, so Prof. Dr. med. Francesco Cosentino, ESC Chairperson der Task Force for diabetes, pre-diabetes, and cardiovascular diseases of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und manifester CV Erkrankung oder erh&ouml;htem CV Risiko soll bereits initial ein Antidiabetikum mit nachgewiesenem CV Benefit verabreicht werden, um das Risiko f&uuml;r CV Ereignisse zu reduzieren. Explizit erw&auml;hnt werden hier SGLT2-Inhibitoren (Empagliflozin, Canagliflozin, Dapagliflozin) sowie GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Liraglutid, Semaglutid, Dulaglutid).<br /> F&uuml;r die Therapieentscheidung in der Praxis ist die angepasste Klassifikation des CV Risikos relevant. &laquo;Ein weiterer wichtiger Aspekt ist eine neue Klassifikation des CV Risikos, die der Komplexit&auml;t dieses Risikos bei Diabetespatienten Rechnung tr&auml;gt. Wir wissen, dass das CV Risiko in dieser Patientengruppe mit Komorbidit&auml;ten und weiteren Risikofaktoren zusammenh&auml;ngt. Wir haben nunmehr drei Risikoniveaus: moderat, hoch und sehr hoch (Tab. 1). Die neue Klassifikation soll dazu beitragen, dass im Sinn einer individualisierten Versorgung von Patienten mit Diabetes und CV Komplikationen die jeweils erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Schritte gesetzt werden&raquo;, erkl&auml;rte Cosentino. Zur Beurteilung des Risikos sollte routinem&auml;ssig auf Mikroalbuminurie gescreent werden, um eine beginnende CV Erkrankung oder eine Nephropathie fr&uuml;hzeitig zu identifizieren. Ein Ruhe-EKG ist bei Diabetes und Hypertonie oder bei Verdacht auf CV Erkrankung angezeigt, weitere Tests bei Personen mit moderatem oder hohem Risiko. Messungen neuer Biomarker werden zur CV Risikostratifikation nicht routinem&auml;ssig empfohlen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1905_Weblinks_lo_innere_1905_s47_tab1.jpg" alt="" width="550" height="265" /></p> <h2>Koronare Syndrome sind mehr als nur koronare Herzkrankheit (KHK)</h2> <p>Die bekannte ESC-Leitlinie zum Management der KHK hat nicht nur ein Update, sondern auch gleich einen neuen Namen erhalten. Aktuell tr&auml;gt die Leitlinie den Titel &laquo;2019 Guidelines on chronic coronary syndromes&raquo;.<sup>4</sup><br /> Die Namens&auml;nderung soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die KHK ein sehr vielf&auml;ltiges Krankheitsbild sein kann, das eine grosse und diverse Patientenpopulation umfasst und dessen Management von Lebensstilmodifikation &uuml;ber die medikament&ouml;se Therapie bis zu interventionellen und chirurgischen Eingriffen reicht. Konkret werden in der Leitlinie die folgenden sechs klinischen Szenarien angesprochen:</p> <ul> <li>Patienten mit Verdacht auf KHK und stabiler Angina pectoris oder Dyspnoe,</li> <li>Patienten weniger als ein Jahr nach einem akuten Koronarsyndrom, symptomfrei bzw. mit stabiler Symptomatik,</li> <li>Patienten mehr als ein Jahr nach der initialen Diagnose einer KHK oder Revaskularisierung, unabh&auml;ngig von m&ouml;glichen Symptomen,</li> <li>Patienten mit neu diagnostizierter Herzinsuffizienz oder linksventrikul&auml;rer Dysfunktion und Verdacht auf KHK,</li> <li>Patienten mit Angina und Verdacht auf vasospastische oder mikrovaskul&auml;re Erkrankung,</li> <li>asymptomatische Patienten, bei denen die KHK im Rahmen einer Screening-Untersuchung gefunden wird.</li> </ul> <p><strong>Diagnostik</strong><br /> Hinsichtlich der Diagnostik wird ein 5-stufiger Algorithmus empfohlen, der von der Anamnese &uuml;ber das EKG und den Ultraschall allenfalls bis zur Koronar-CT oder zur Angiografie f&uuml;hrt. Die Entscheidung zwischen dem invasiven und dem nicht invasiven Vorgehen soll anhand von Verf&uuml;gbarkeit, lokaler Expertise und Patientenpr&auml;ferenzen erfolgen. Die Leitlinie h&auml;lt jedoch auch fest, dass mit zunehmender klinischer Wahrscheinlichkeit einer KHK die invasive Angiografie immer mehr zur Methode der Wahl wird, w&auml;hrend bei geringerer klinischer Wahrscheinlichkeit der CT der Vorzug zu geben ist. Die Autoren betonen, dass insbesondere bei j&uuml;ngeren Patienten mit atypischem oder nicht angin&ouml;sem Brustschmerz die Vortestwahrscheinlichkeit sehr gering ist. Die klinische Wahrscheinlichkeit orientiert sich an Risikofaktoren und klinischen Befunden. Ein Belastungs-EKG wird bei ausgew&auml;hlten Patienten zur Abkl&auml;rung von Belastungstoleranz, Symptomen, Arrhythmien, Risiko etc. empfohlen.</p> <p><strong>Therapie</strong><br /> Wird eine Revaskularisation erwogen, sind Anatomie und Funktion zu ber&uuml;cksichtigen. Betablocker oder Kalziumkanalblocker bleiben Medikamente erster Wahl bei Patienten mit &laquo;chronic coronary syndrome&raquo; (CCS). Betablocker werden bei Patienten mit einer LV Dysfunktion oder einer HFrEF empfohlen. Lang wirksame Nitrate sollten mit einem nitratfreien Intervall von 10&ndash;14 h oder nur in niedriger Dosierung verordnet werden. Die antithrombotische Therapie ist ein wichtiger Bestandteil der Sekund&auml;rpr&auml;vention bei CCS und muss sorgf&auml;ltig abgewogen werden. Bei Patienten mit einem fr&uuml;heren Myokardinfarkt, bei denen ein hohes Risiko f&uuml;r isch&auml;mische Ereignisse und ein geringes Risiko f&uuml;r t&ouml;dliche Blutungen besteht, sollte eine Langzeit-DAPT mit Aspirin und entweder einem P2Y12-Inhibitor oder einer sehr geringen Dosis Rivaroxaban in Betracht gezogen werden, sofern keine Indikation f&uuml;r eine orale Antikoagulation vorliegt. Statine werden bei allen Patienten mit CCS empfohlen. ACE-Hemmer (oder ARB) werden bei Vorliegen von Herzinsuffizienz, Diabetes oder Bluthochdruck empfohlen und sollten bei Hochrisikopatienten in Betracht gezogen werden.</p> <h2>Management supraventrikul&auml;rer Tachykardien</h2> <p>Mit ihrer neuen Leitlinie zum Management supraventrikul&auml;rer Tachykardien erneuert die ESC die Vorg&auml;nger-Leitlinie aus dem Jahr 2003.<sup>5</sup> &laquo;Angesichts neuer Daten und neu zugelassener Antiarrhythmika war es nun an der Zeit f&uuml;r eine Neuauflage &raquo;, so Prof. Dr. med. Josep Brugada von der Universit&auml;t Barcelona, der Vorsitzende der Guidelines Task Force. &laquo;Dank Katheterablation besteht heute bei vielen Patienten mit supraventrikul&auml;ren Tachykardien die Option einer kurativen Therapie. &raquo; Von einer Tachykardie spricht man bereits ab einem Ruhepuls von 100 Schl&auml;gen in der Minute. Die Pr&auml;valenz supraventrikul&auml;rer Tachykardien ist mit 0,2 % der Gesamtbev&ouml;lkerung relativ hoch, wobei das Risiko bei Frauen doppelt so hoch ist wie bei M&auml;nnern und Personen &uuml;ber 65 Jahre rund f&uuml;nfmal h&auml;ufiger betroffen sind als j&uuml;ngere Menschen. Die Inzidenz liegt bei 35 pro 100 000 Personenjahre.</p> <p><strong>Zahlreiche Neuerungen</strong><br /> Die neue Leitlinie gibt detaillierte Empfehlungen f&uuml;r jede einzelne der bekannten supraventrikul&auml;ren Tachykardien mit zahlreichen Neuerungen. So kommen Amiodaron und Digoxin in den Empfehlungen zu den Tachykardien mit schmalem QRS-Komplex nicht mehr vor. Kommt man mit Vagus-Man&ouml;vern nicht zum Ziel, sind i.v. Adenosin und bei Nichtansprechen Verapamil und Diltiazem die Medikamente der Wahl. Besteht h&auml;modynamische Instabilit&auml;t, ist die synchronisierte Kardioversion indiziert. Bei Tachykardien mit breitem QRS-Komplex sind nun Procainamid oder Amiodaron indiziert, wenn mit Vagus-Man&ouml;vern oder i.v. Adenosin nicht der gew&uuml;nschte Erfolg erzielt wird.</p> <p><strong>Sinus-Tachykardien</strong><br /> Bei Sinus-Tachykardien ist zun&auml;chst die Korrektur einer allf&auml;lligen reversiblen Ursache anzustreben. Ist dies nicht m&ouml;glich, kommen Ivabradin oder Betablocker zum Einsatz. Zahlreiche weitere Massnahmen und Medikamente erhielten keine Empfehlung mehr. Dazu geh&ouml;ren unter anderem Kompressionsstr&uuml;mpfe, Clonidin und Fluoxetin. In die gleiche Richtung gehen die Empfehlungen f&uuml;r die akute fokale atriale Tachykardie. Auch hier ist Adenosin erste Wahl, bei Nichtansprechen werden Verapamil oder Betablocker empfohlen. Diverse in der alten Leitlinie vorgeschlagene Substanzen wie zum Beispiel Flecainid bleiben Therapie der dritten Wahl, Procainamid, Sotalol und Digoxin kommen in der neuen Leitlinie nicht mehr vor. Bei h&auml;modynamischer Instabilit&auml;t besteht eine Empfehlung zur unmittelbaren synchronisierten Kardioversion. Als langfristige Therapie der fokalen atrialen Tachykardie wird die Katheterablation vorgeschlagen. Ist diese nicht m&ouml;glich oder wird sie nicht gew&uuml;nscht, bestehen mehrere Optionen der medikament&ouml;sen Prophylaxe. Amiodaron, Sotalol und Disopyramid kommen in der aktuellen Version der Leitlinie nicht mehr vor.</p> <p><strong>Therapie der Tachykardiomyopathie</strong><br /> Neue Empfehlungen bestehen auch f&uuml;r die Therapie der Tachykardiomyopathie. Hier ist die Katheterablation erste Wahl. Ist diese nicht m&ouml;glich oder nicht erfolgreich, sollen Betablocker zum Einsatz kommen. In refrakt&auml;ren F&auml;llen kann eine Ablation des AV-Knotens mit Schrittmacherimplantation indiziert sein.</p> <h2>Lungenembolie: Das Risiko bestimmt das Vorgehen</h2> <p>Die gemeinsam mit der European Respiratory Society (ERS) entwickelten neuen ESC-Guidelines zum Management der Lungenembolie (LE) definieren die Risikostratifizierung neu und weisen der Bildgebung einen h&ouml;heren Stellenwert zu als das Vorg&auml;ngerdokument.<sup>6</sup> Das Management der LE soll anhand von Risikostratifizierung erfolgen. Die f&uuml;r das weitere Vorgehen entscheidende h&auml;modynamische Instabilit&auml;t, entsprechend einer Hochrisiko-LE, wird nun definiert durch mindestens eines der folgenden drei Kriterien:</p> <ul> <li>erfolgte Reanimation,</li> <li>systolischer Blutdruck von &le;90 mmHg (bzw. Bedarf an Vasopressoren, um einen systolischen Druck &uuml;ber 90 mmHg zu erreichen) in Verbindung mit Endorganhypoperfusion,</li> <li>systolischer Blutdruck von &le;90 mmHg bzw. ein Blutdruckabfall von mindestens 40 mmHg, der nicht durch eine neu einsetzende Arrhythmie, Hypovol&auml;mie oder Sepsis erkl&auml;rbar ist.</li> </ul> <p>Bei klinischem Verdacht auf h&auml;modynamische Instabilit&auml;t ist mittels Ultraschall auf eine rechtsventrikul&auml;re Dysfunktion abzukl&auml;ren. Ist diese gegeben, entscheidet die unmittelbare Verf&uuml;gbarkeit von CT-Angiografie das weitere Vorgehen. Ist keine CTPA verf&uuml;gbar oder der Patient so instabil, dass er nicht in eine radiologische Abteilung gebracht werden kann, soll sofort eine Behandlung einer LE auf Verdacht eingeleitet werden. Das Management von Patienten mit Hochrisiko-LE sollte von einem interdisziplin&auml;ren Team durchgef&uuml;hrt werden.</p> <p><strong>LE ohne h&auml;modynamische Instabilit&auml;t</strong><br /> Besteht Verdacht auf LE ohne Anzeichen h&auml;modynamischer Instabilit&auml;t, wird ein etwas vorsichtigerer Algorithmus vorgegeben (Abb. 1). Bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit wird eine Abkl&auml;rung mittels CTPA empfohlen. Bei geringer klinischer Wahrscheinlichkeit ist ein D-Dimer- Test indiziert. Ist dieser negativ, erfolgt keine Behandlung. Bei positivem Test wird der Patient wiederum zur CTPA geschickt. Die Risikostratifizierung entscheidet auch &uuml;ber die Notwendigkeit einer Hospitalisierung. H&auml;modynamisch instabile Patienten m&uuml;ssen grunds&auml;tzlich hospitalisiert werden und ben&ouml;tigen h&auml;modynamische Unterst&uuml;tzung und allenfalls Reperfusion. Bei Patienten mit mittlerem Risiko entscheidet das Troponin dar&uuml;ber, ob ein Monitoring erforderlich ist, eine Hospitalisierung ist in jedem Fall angezeigt. Patienten mit geringem Risiko k&ouml;nnen fr&uuml;h entlassen und ambulant weiterbehandelt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1905_Weblinks_lo_innere_1905_s48_abb1.jpg" alt="" width="550" height="398" /></p> <p><strong>Orale Antikoagulation</strong><br /> Die OAK ist die Therapie der Wahl und sollte so fr&uuml;h wie m&ouml;glich begonnen werden. Dabei ist einem NOAK gegen&uuml;ber einem Vitamin-K-Antagonisten der Vorzug zu geben. Neue Empfehlungen gibt es in der aktuellen Fassung der Leitlinie auch hinsichtlich der Dauer der Antikoagulation. Bei Patienten, deren LE auf ein Antiphospholipid- Syndrom zur&uuml;ckgef&uuml;hrt werden kann, besteht nun die Empfehlung f&uuml;r den lebenslangen Einsatz eines NOAK. Hat ein Patient eine LE erlitten, ohne dass Risikofaktoren identifiziert werden k&ouml;nnen, ist eine verl&auml;ngerte Antikoagulation indiziert. Das gilt auch f&uuml;r Patienten mit bekannten, aber nicht korrigierbaren Risikofaktoren. Kommen Apixaban oder Rivaroxaban zum Einsatz, soll die Dosis nach den ersten sechs Monaten reduziert werden. Bei onkologischen Patienten k&ouml;nnen Edoxaban oder Rivaroxaban als Alternativen zu den niedermolekularen Heparinen eingesetzt werden. Ausgenommen sind Patienten mit gastrointestinalen Tumoren.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Kongress der European Society of Cardiology (ESC), 31. August bis 4. September 2019, Paris </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Moholdt T et al.: Patterns of physical activity over 22 years and mortality: the HUNT Study, Norway. Poster P627, Poster Session 1: Benefit and safety of physical activity, ESC 2019, 31. 8. 2019, Paris <strong>2</strong> Mach F et al.: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2019 [epub ahead of print] <strong>3</strong> Cosentino F et al.: 2019 ESC Guidelines on diabetes, pre-diabetes, and cardiovascular diseases developed in collaboration with the EASD. Eur Heart 2019 [epub ahead of print] <strong>4</strong> Knuuti J et al.: 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of chronic coronary syndromes. Eur Heart J 2019 [epub ahead of print] <strong>5</strong> Brugada J et al.: 2019 ESC Guidelines for the management of patients with supraventricular tachycardia. Eur Heart J 2019 [epub ahead of print] <strong>6</strong> Konstantinides SV et al.: 2019 ESC Guidelines for the diagnosis and management of acute pulmonary embolism developed in collaboration with the European Respiratory Society (ERS). Eur Heart J 2019 [epub ahead of print]</p> </div> </p>
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