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Explorative Analyse zum Einsatz von Tafamidis

Kardiale Transthyretin-Amyloidose durch neue Therapieoption behandelbar

<p class="article-intro">Für die Behandlung der kardialen Transthyretin-Amyloidose (ATTR) liegt derzeit noch keine zugelassene Therapie vor. Neben den rezenten Ergebnissen der Zulassungsstudie des Wirkstoffs Tafamidis konnte auch im Rahmen einer explorativen Analyse gezeigt werden, dass sich eine entsprechende Behandlung positiv auf die „N-terminal prohormone of brain natriuretic peptide“(NT-proBNP)-Konzentration im Serum sowie auf die Leistungsfähigkeit von Patienten mit kardialer ATTR auswirken kann.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die kardiale Transthyretin- Amyloidose ist durch Ablagerungen von Amyloidfibrillen im Herzmuskel bedingt.</li> <li>Neue Therapieans&auml;tze k&ouml;nnen durch Stabilisierung des Transthyretin-Proteins die Progression der Erkrankung verlangsamen.</li> <li>In einer rezenten klinischen Studie konnten signifikante Vorteile hinsichtlich dekompensationsbedingter Hospitalisierungen sowie der Gesamtmortalit&auml;t in der Behandlungsgruppe festgestellt werden.</li> </ul> </div> <h2>Pathophysiologie</h2> <p>Die ATTR z&auml;hlt zu den h&auml;ufigsten Formen der kardialen Amyloidose.<sup>1</sup> Transthyretin (TTR) ist ein Transportprotein f&uuml;r Vitamin A und Schilddr&uuml;senhormone, welches vorwiegend in der Leber synthetisiert wird und eine Schl&uuml;sselrolle in der Pathogenese der kardialen ATTR einnimmt. Dabei l&auml;sst sich eine erblich bedingte Form (hATTR) von einer nicht erblich bedingten, altersassoziierten Form (&bdquo;wild-type&ldquo; oder wtATTR) unterscheiden.<sup>1</sup> W&auml;hrend die Pathogenese der wtATTR noch nicht vollst&auml;ndig gekl&auml;rt ist, geht die hATTR mit einer mutationsbedingten St&ouml;rung im Faltungsprozess des Transportproteins TTR einher.<sup>1</sup> Dies f&uuml;hrt zu einer zunehmenden Instabilit&auml;t der TTR-Tetramere im Blutplasma mit anschlie&szlig;ender Dissoziation zu TTR-Monomeren, wodurch eine Diffusion in das umliegende Gewebe und Organe beg&uuml;nstigt wird. Dort bilden sich durch enzymatische Umwandlungsvorg&auml;nge unl&ouml;sliche Komplexe in Form von Amyloidfibrillen, welche sich in weiterer Folge im Herzen ablagern k&ouml;nnen.<sup>1</sup></p> <h2>Klinische Pr&auml;sentation</h2> <p>Die Einlagerung der Amyloidfibrillen f&uuml;hrt zu einer Verdickung des Herzmuskels, welche mit einer erh&ouml;hten Steifigkeit und dadurch bedingter diastolischer und systolischer Funktionseinschr&auml;nkung einhergeht.<sup>2</sup> Klinisch pr&auml;sentieren sich betroffene Patienten mit Symptomen der Herzinsuffizienz.<sup>3</sup> Des Weiteren k&ouml;nnen Ablagerungen in den Herzkranzgef&auml;&szlig;en zu Angina-pectoris- Symptomen f&uuml;hren.<sup>4</sup> Durch Ablagerung der Amyloidfibrillen im Reizleitungssystem k&ouml;nnen sich auch Herzrhythmusst&ouml;rungen manifestieren, welche wiederum Schwindel und Synkopen beg&uuml;nstigen. Begleitend kann auch eine Polyneuropathie (ATTRPNP) auftreten, die durch Ablagerungen der Amyloidfibrillen im peripheren Nervensystem bedingt ist.<sup>5</sup></p> <h2>Diagnose</h2> <p>Die klinische Pr&auml;sentation der Patienten kann erste Hinweise auf das Vorliegen einer Amyloidose liefern. Die weitere Abkl&auml;rung wird vorwiegend von bildgebenden Untersuchungsmodalit&auml;ten dominiert. Dabei nimmt aufgrund ihrer breiten Verf&uuml;gbarkeit die Echokardiografie ein wichtige Rolle ein. Zu den sogenannten &bdquo;red flags&ldquo;, die auf eine kardiale Amyloidose hinweisen k&ouml;nnen, z&auml;hlen eine biventrikul&auml;re Verdickung, ein vor allem basal reduzierter Strain (&bdquo;apical sparing&ldquo;) sowie ein hypertrophiertes interatriales Septum (Abb. 1). H&auml;ufig findet sich auch ein Perikarderguss. Ein weiterer wichtiger Schritt im Rahmen der Diagnosefindung liegt in der Durchf&uuml;hrung einer kardialen Magnetresonanztomografie. Hierbei lassen sich mittels &bdquo;Late enhancement&ldquo;-Aufnahmen und T1-Mapping- Sequenzen m&ouml;gliche Amyloidablagerungen quantifizieren.<sup>6, 7</sup> Die wichtigste nicht invasive bildgebende Untersuchungsmethode zur Diagnose einer kardialen ATTR stellt die Knochenszintigrafie mit radioaktiv markierten Tracern dar (z. B. 99mTc-markiertem &bdquo;3,3-diphosphono-1,2- propanodicarboxylic acid&ldquo;, Abb. 2).<sup>8</sup> Neben den bildgebenden Verfahren bilden Serum- und Urinanalysen die zweite diagnostische S&auml;ule. Diese k&ouml;nnen einerseits wichtige Informationen &uuml;ber das zugrunde liegende Amyloidprotein und andererseits Informationen &uuml;ber m&ouml;gliche Organbeteiligungen geben.<sup>8, 9</sup> So kann das Vorliegen von Paraprotein in der Serum- und/oder Harndiagnostik hinweisend auf eine Leichtketten- assoziierte Amyloidose (AL-Amyloidose) sein, welche differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden muss. Des Weiteren k&ouml;nnen erh&ouml;hte Werte von NT-proBNP sowie Troponin auf eine kardiale Mitbeteiligung im Rahmen einer Amyloidose hindeuten.<sup>10</sup> Aufgrund moderner diagnostischer M&ouml;glichkeiten ist heute in den meisten F&auml;llen eine korrekte Diagnosefindung bereits ohne Myokardbiospie m&ouml;glich. Bei unklaren Befundkonstellationen oder speziellen Fragestellungen gilt die Herzmuskelbiopsie jedoch nach wie vor als Goldstandard in der Amyloidosediagnostik.<sup>9</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1904_Weblinks_jatros_kardio_1904_s9_abb1.jpg" alt="" width="500" height="297" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1904_Weblinks_jatros_kardio_1904_s10_abb2.jpg" alt="" width="250" height="307" /></p> <h2>Therapeutischer Ansatz</h2> <p>Da die Dissoziation des TTR-Tetramers in Monomere einen der wichtigsten pathophysiologischen Schritte bei der kardialen ATTR darstellt, ist die Stabilisierung des Tetramers ein valider therapeutischer Ansatz. Tafamidis fungiert mittels kleiner Molek&uuml;le als Stabilisator und wirkt somit in weiterer Folge der Bildung von Amyloidfibrillen und ihren Ablagerungen im Herzen entgegen. Dies wiederum tr&auml;gt wom&ouml;glich zu einer Verlangsamung der Progression der Erkrankung bei.</p> <h2>Therapeutischer Ausblick</h2> <p>Im Rahmen einer rezenten placebokontrollierten, internationalen, multizentrischen Phase-III-Studie mit 440 kardialen ATTR-Patienten konnten signifikante Vorteile hinsichtlich dekompensationsbedingter Hospitalisierungen (52,3 % vs. 60,5 %) wie auch der Gesamtmortalit&auml;t (29,5 % vs. 42,9 %) durch eine Behandlung mit Tafamidis aufgezeigt werden.<sup>11</sup> Der Behandlungszeitraum erstreckte sich &uuml;ber 30 Monate. Dabei zeigte sich auch, dass die Behandlungsgruppe in Bezug auf die Leistungsf&auml;higkeit durch besseres Abschneiden im 6-Minuten-Gehtest profitierte. So konnte erstmals nach 6-monatiger Therapie ein Unterschied hinsichtlich der Leistungsf&auml;higkeit im Vergleich zur Kontrollgruppe erfasst werden, welcher im Verlauf des Therapiezeitraumes gr&ouml;&szlig;er wurde (medianer Unterschied der Gehdistanz nach 30 Monaten: 75,68 &plusmn; 9,24 m [Standardabweichung]; p&lt;0,001). Dieser Effekt spiegelte sich auch im Rahmen der erhobenen Lebensqualit&auml;t mittels Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire- Overall Summary (KCCQ-OS) Score wider und zeigte, dass Patienten in der Therapiegruppe durch die Progression der Erkrankung weniger an Lebensqualit&auml;t einb&uuml;&szlig;en als Patienten in der Placebogruppe (medianer Unterschied im KCCQ-OS Score nach 30 Monaten: 13,65 &plusmn; 2,13 [Standardfehler]; p&lt;0,001).</p> <h2>Explorative Analyse</h2> <p>Eine explorative Analyse der klinischen Abteilung f&uuml;r Kardiologie an der Medizinischen Universit&auml;t Wien beleuchtete die Auswirkungen von Tafamidis im Vergleich zu einer Kohorte ausgew&auml;hlter kardialer ATTRPatienten ohne entsprechende Therapie. In deren Rahmen wurden 21 Patienten mit diagnostizierter kardialer ATTR &uuml;ber einen Zeitraum von 6 Monaten mit 20 mg Tafamidis behandelt. Dabei konnte neben einer signifikanten Reduktion der Serumkonzentration von NT-proBNP in der Behandlungsgruppe auch eine signifikante Verbesserung der Leistungsf&auml;higkeit hinsichtlich der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest beobachtet werden. Des Weiteren zeigten sich in den bildgebenden Verfahren (Echokardiografie, kardiale Magnetresonanztomografie) leichte kardiostrukturelle Verbesserungen im Vergleich zur unbehandelten Kontrollkohorte.</p> <h2>Therapie vor Zulassung</h2> <p>Derzeit liegt noch keine zugelassene konservative Therapie zur Behandlung der kardialen ATTR vor. Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse der ATTR-ACTStudie<sup>11</sup> wird jedoch mit einer Zulassung von Tafamidis zur Behandlung der kardialen ATTR mit sp&auml;testens 2020 gerechnet. Weitere vielversprechende Therapien, welche die TTR-Proteinsynthese bereits auf molekularer Ebene hemmen, befinden sich derzeit in klinischer Erprobung.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Die Ergebinsse der explorativen Analyse wurden auch im Rahmen des ESC-Kongresses 2019, 31. August bis 4. September 2019 in Paris, vorgestellt. </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gertz MA et al.: Pathophysiology and treatment of cardiac amyloidosis. Nat Rev Cardiol 2015; 12(2): 91-102 <strong>2</strong> Falk RH et al.: AL (light-chain) cardiac amyloidosis: a review of diagnosis and therapy. J Am Coll Cardiol 2016; 68: 1323-41 <strong>3</strong> Damy T et al.: Prevalence and clinical phenotype of hereditary transthyretin amyloid cardiomyopathy in patients with increased left ventricular wall thickness. Eur Heart J 2016; 37: 1826-34 <strong>4</strong> Tanskanen M et al.: Senile systemic amyloidosis affects 25 % of the very aged and associates with genetic variation in alpha2-macroglobulin and tau: a populationbased autopsy study. Annals of medicine 2008; 40: 232-9 <strong>5</strong> Gonz&aacute;lez-L&oacute;pez E et al.: Diagnosis and treatment of transthyretin cardiac amyloidosis. Progress and hope. Rev Esp Cardiol (Engl Ed) 2017; 70(11): 991-1004 <strong>6</strong> Duca F et al.: JACC Cardiovasc Imaging 2018; 11(12): 1924-6 <strong>7</strong> Plante-Bordeneuve V et al.: Familial amyloid polyneuropathy. Lancet Neurol 2011; 10: 1 086-97 <strong>8</strong> Sekijima Y et al.: Hereditary transthyretin amyloidosis. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA et al., eds. GeneReviews&reg;. Seattle (WA): University of Washington, Seattle; 1993-2019 <strong>9</strong> Coelho T et al.: Mechanism of action and clinical application of tafamidis in hereditary transthyretin amyloidosis. Neurol Ther 2016; 5: 1-25 <strong>10</strong> Hund E et al.: Familial amyloidotic polyneuropathy: current and emerging treatment options for transthyretin-mediated amyloidosis. Appl Clin Genet 2012; 5: 37-41 <strong>11</strong> Maurer MS et al.: Tafamidis treatment for patients with transthyretin am</p> </div> </p>
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