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Der Einsatz von präoperativer 3D-Planung und PSI in der Schulterendoprothetik

<p class="article-intro">Trotz der Fortschritte beim Implantatdesign und bei der Operationstechnik sind fehlimplantierte Glenoidkomponenten, unvollständige Korrektur der Ausgangsdeformität und anhaltende Subluxation des Humeruskopfes die Hauptursachen für das Langzeitversagen von Schulterprothesen. Präoperative 3D-Planung und patientenspezifische Instrumente (PSI) erfreuen sich in einem breiten Spektrum der Orthopädie wachsender Beliebtheit mit unterschiedlichen Erfolgen. Aktuelle Studien zeigen, dass PSI die Platzierung von Glenoidkomponenten sowohl in der Version als auch in der Neigungsebene im Vergleich zur 2D-chirurgischen Standardplanung verbessern.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Verwendung von PSI liefert eine wesentlich genauere Positionierung und Ausrichtung der Glenoidkomponente.</li> <li>ie deutliche Verringerung von Fehlpositionierungen f&uuml;hrt zu einer Reduktion von Komplikationen, Subluxationen und Reoperationen.</li> <li>ntsprechender Simulation und Berechnung kann vom Chirurgen selbst durchgef&uuml;hrt werden.</li> </ul> </div> <h2>Historie</h2> <p>Ein Blick in die aktuelle Literatur zeigt, dass besonders die Positionierung und Orientierung der Glenoidkomponente wesentlich f&uuml;r die Erfolgschance des Prothesensystems sind, wodurch die pr&auml;operative Planung immer weiter in den Vordergrund r&uuml;ckt. Hierzu haben sich die pr&auml;-, aber auch intraoperativen Ma&szlig;nahmen zur Bestimmung der Position, Inklination und Version im Laufe der letzten 20 Jahre deutlich weiterentwickelt.<br /> In den 1980er-Jahren stellte die pr&auml;operative Planung mittels R&ouml;ntgen den Standard dar. Auch zu dieser Zeit war die Bedeutung der Glenoidimplantatposition in ihren Grundz&uuml;gen bekannt. Zur intraoperativen Bestimmung der richtigen Orientierung und Positionierung des Implantats wurde &uuml;ber einen langen Zeitraum die Fingerpositionstechnik nach Dr. Frederick Matsen f&uuml;r die Bestimmung der 90&deg;-Ebene auf die Glenoidachse angewendet, um die Zielbohrung f&uuml;r die Basisplatte festzulegen.<br /> In darauffolgenden Untersuchungen wurden besonders die Wichtigkeit der Retroversion und die entsprechende Ausgangslage bei arthrotischen Gelenken untersucht. Bei einer physiologischen glenoidalen Retroversion von ca. 5&ndash;10&deg; kann es besonders bei arthrotischen Gelenken zu einer pr&auml;operativen Retroversion von bis zu 40&deg; kommen, was auch f&uuml;r den erfahrenen Schulterchirurgen oft Probleme bei der Glenoidimplantation bedeutet. Hierzu wurden verschiedene Auflagem&ouml;glichkeiten bzw. Pinsysteme entwickelt, um die Positionierung genauer und reproduzierbarer zu machen.<br /> Eine weitere Innovation stellte die Entwicklung von konzentrischem Reaming dar, wodurch die zentrale Ausrichtung und die Positionierung verbessert werden konnten (Collins et al. 1992). In weiteren biomechanischen Untersuchungen wurden die Optimierung der Implantatverankerung und die Entwicklung von zementierten Glenoidimplantaten untersucht und etabliert (Gerber et al.).<br /> Darauffolgend konnten mittels der pr&auml;operativen CT-Untersuchung und der Vermessungstechnik anhand der Technik nach Friedmann et al. genauere Implantatergebnisse erzielt werden. Basierend auf pr&auml;operativen CT-Vermessungen konnten dann auch besonders schwierige Defekt- und Deformit&auml;tssituationen mit Knochenblockaugmentation oder augmentierten Glenoidkomponenten therapiert werden.<br /> Die aktuellsten Innovationen stellen die 3D-Planungstechniken nach Walch bzw. Ianotti dar, welche beide auf unterschiedlichen Referenzpunkten funktionieren und durch ihren Einbezug von 3D-rekonstruierten CT-Templates eine wesentlich genauere Planung und Vermessung zulassen (Walch et al. 2014, Ianotti et al. 2012).</p> <h2>Ursachen des Implantatversagens nach Schulterprothesen</h2> <p>Die h&auml;ufigste Ursache eines Prothesenversagens beim anatomischen Schulterersatz stellen neben Rotatorenmanschettenrupturen und schlechtem Weichteilbalancing besonders die Subluxation und die Fehlpositionierung des Glenoidimplantats dar (Moska 1998). Die aktuelle Literatur empfiehlt eine Retroversion von ca. 5&ndash;15&deg; sowie ein Tilt nach oben/unten zu vermeiden, wobei die Idealposition noch immer in Diskussion ist (Ianotti et al. 2012).<br /> Auch nach Implantation einer inversen Schulterprothese kann eine schlechte Glenosph&auml;renposition mit einer reduzierten Range of Motion und einem Notching der humeralen Epiphysenkomponente an der Scapula einhergehen sowie auch zu einer Instabilit&auml;t und Lockerung f&uuml;hren.<br /> In einer Arbeit von Gerber und Nyffeler et al. 2006 konnte gezeigt werden, dass bereits wenige Grade an Fehlstellung in der horizontalen Version einer Glenoidkomponente zu einer vermehrten Translation des Humeruskopfes von bis zu einigen Millimetern f&uuml;hren k&ouml;nnen, was mit deutlich erh&ouml;htem Implantatversagen einhergeht.</p> <h2>Entwicklung von CT-gest&uuml;tzten Planungstools mittels 3D-Rekonstruktion</h2> <p>Ianotti et al. konnten 2012 in einer multizentrischen Studie mittels postoperativer Computertomografien (CT) zeigen, dass auch bei besonders erfahrenen Chirurgen bei der Positionierung der Glenoidkomponente im Vergleich zur pr&auml;operativ geplanten Inklination und Retroversion deutliche Abweichungen von 5&ndash;15&deg; in der Retroversion zustande kommen k&ouml;nnen. Dies stellte die Grundlage zur weiteren Entwicklung von CT-gest&uuml;tzten Planungs- und Positionerungstools dar, die intraoperativ eine genauere Ausrichtung der Glenoidkomponente erm&ouml;glichen sollen. Hierzu wurde im Jahr 2013 erstmalig eine standardisierte Implantationstechnik einer Glenoidkomponente mithilfe eines 3D-gedruckten Guides, nach entsprechender CT-Planung, zugelassen und damit die Glenoid- oder Glenosph&auml;renimplantation auf einen neuen Level gehoben.<br /> Unsere eigenen Erfahrungen in der Wiener Schulter- und Sportklinik seit 2016 mit CT-basierten Planungs und Positionierungstools sowie aktuelle Studien, vergleichend zwischen konventioneller und personalisierter Instrumentierung der Glenoidkomponente, zeigen einen deutlichen Vorteil f&uuml;r die PSI-Technik in der Glenoidpositionierung und Ausrichtung in Version und Inklination (Gauci et al., Heylen et al., Hendel et al., Walch et al., Levy et al., Verborgt et al., Ianotti et al., Suero et al., Emery et al.).</p> <h2>Workflow einer PSI-Technik</h2> <p>Anhand eines in den Markt eingef&uuml;hrten Produktes (Glenosys&reg;, Tornier) wollen wir den entsprechenden Workflow darstellen. Zu Beginn steht die standardisierte Vermessung des Schultergelenks bzw. der Scapula mittels CT. Hierzu werden die entsprechenden CT-Aufnahmen des Schultergelenkes in das Verarbeitungsprogramm integriert, um eine 3D-Rekonstruktion durchzuf&uuml;hren. Der Chirurg kann dann anhand eines 3D-Modells sowie einer 2DCT- Schichtebenendarstellung die Planung durchf&uuml;hren (Abb. 1). Die Glenoidretroversion und Inklination werden anhand der Skapular- und Glenoidebene gemessen. Eine Berechnung der Glenoidneigung wird aus der Querachse des Schulterblatts (Mittelpunkt Glenoid und Schulterblatt-Trigonum) durchgef&uuml;hrt.<br /> Nach Validierung wird die entsprechende Prothese mit glenoidaler und humeraler Schablone virtuell dargestellt (Abb. 2). Nun kann der Chirurg die Inklination und Retroversion manuell anpassen und jeweilige Implantatkomponenten f&uuml;r Glenoid und Humerus bestimmen. Sitzoberfl&auml;che und Reaming-Tiefe sowie berechnete Beweglichkeit werden angegeben und virtuell dargestellt.<br /> Anschlie&szlig;end werden die Kontaktpositionen am Glenoid f&uuml;r die Stabilit&auml;t des Guides bestimmt (Abb. 3). Diese Daten werden nun an die Firma &uuml;bermittelt und der Guide mit Probeglenoid 3D-gedruckt (Kunststoff oder Metall). F&uuml;r den Operationssaal m&uuml;ssen beide noch sterilisiert werden.<br /> Intraoperativ m&uuml;ssen die vorhin ausgew&auml;hlten Kontaktpunkte des Guides zum Glenoid von Weichteil/Knorpel befreit werden. Dieser wird mit Pins am Glenoid befestigt und der Zielpin f&uuml;r die weitere Bearbeitung des Glenoids kann in der vorhin vermessenen Position eingebracht werden. Das weitere Procedere der Prothesenimplantation entspricht dem Standardprocedere.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1905_Weblinks_j_ortho_1905_abb1_und_abb2_s9_anderl.png" alt="" width="760" height="391" /></p> <h2>Vor- und Nachteile der personalisierten Systeme</h2> <p>Ein klarer Vorteil liegt in der entsprechend genauen Ausrichtung und Positionierung der Glenoidkomponente sowie in klarer Planungsm&ouml;glichkeit und Visualisierung pr&auml;operativ. Dadurch wird eine Anpassung bei besonders schwierigen F&auml;llen erleichtert. Daraus resultiert eine deutliche Reduktion der Fehlimplantationen, die in vielen F&auml;llen zu fr&uuml;hzeitiger Lockerung, Subluxation und/oder Implantatversagen f&uuml;hren, was meistens mit Revisionsoperationen verbunden ist. Einen weiteren Vorteil liefert die Planung f&uuml;r den Chirurgen selbst, der entsprechende &Auml;nderungen pr&auml;operativ durchf&uuml;hren und die Implantierung simulieren kann.<br /> Die Verwendung von PSI in der Schulterendoprothetik stellt f&uuml;r die Infrastruktur der jeweiligen Klinik einen entsprechenden Mehraufwand dar. Hier m&uuml;ssen sowohl die pr&auml;operative Planung durchgef&uuml;hrt als auch die notwendigen Guides sterilisiert werden. Einen weiteren negativen Faktor bei den derzeit auf dem Markt befindlichen Systemen stellen die erh&ouml;hten Kosten f&uuml;r die Anfertigung der 3D-Modelle sowie der Positionierungsguides dar. Zus&auml;tzlich muss besonders bei Implementierung mit etwas verl&auml;ngerten Operationszeiten gerechnet werden. Weiters verwenden die verschiedenen Systeme unterschiedliche Referenzwerte am Glenoid, was eine Vergleichbarkeit deutlich erschwert.</p> <h2>Ausblick in die Zukunft</h2> <p>Einen besonderen Fortschritt stellt die Entwicklung eines wiederverwendbaren Zieltools der Firma Arthrex (VIP, Arthex Inc., Naples, FL, USA) (Abb. 4 a, b, c) dar, welches seit Juli 2019 auf dem Markt erh&auml;ltlich ist. Hierzu k&ouml;nnen nach entsprechender 3D-Planung mit dem VIP-System der Firma Arthrex die Justierdaten f&uuml;r einen wiederverwendbaren Positionierungsguide schon innerhalb von 24 Stunden an den Chirurgen &uuml;berliefert werden, was f&uuml;r den logistischen Aufwand in der Klinik einen deutlichen Fortschritt bedeutet. Die intraoperative Adaptierung dieses wiederverwendbaren Positionierungsguides kann &uuml;ber einen 5D-Kalibrator oder durch ein 3D-Scapulamodell des Patienten ohne zus&auml;tzliche Kosten erfolgen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1905_Weblinks_j_ortho_1905_abb3_und_abb4_s10_anderl.png" alt="" width="780" height="403" /></p> <h2>Fazit f&uuml;r die Praxis</h2> <p>Mithilfe der PSI-Technologie kann die Implantation von Glenoidkomponenten sowohl bei anatomischen als auch inversen Prothesen zuverl&auml;ssig und korrekt durchgef&uuml;hrt werden. Vor allem bei deutlichen Deformit&auml;ten und ausgiebigen Knochensubstanzverlusten am Glenoid kann diese Technologie eine Hilfestellung bei der Planung sein und die optimale Ausrichtung des Glenoids gew&auml;hrleisten.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Autoren</p> </div> </p>
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