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34 Annual Congress of the European Association of Urology (EAU) 15.–19. März 2019, Barcelona

Neuigkeiten zu urologischen Entitäten aus Barcelona

<p class="article-intro">Der jährliche Kongress der European Association of Urology (EAU) verbindet Wissenschaft und Praxis auf allen Gebieten der urologischen Bereiche. In den Sitzungen zu den wissenschaftlichen Fortschritten urologisch-onkologischer Erkrankungen konnten viele Aspekte diskutiert werden, die den klinischen Alltag betreffen oder in naher Zukunft betreffen könnten. Im Folgenden ein Überblick zu Neuigkeiten insbesondere bei den selteneren urologischen Entitäten.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Therapiestrategien beim Urothelkarzinom</h2> <p>Die intravesikale Instillation mit BCG (Bacillus Calmette Gu&eacute;rin) ist eine akzeptierte Strategie, um ein Rezidiv beim nicht muskelinvasiven Harnblasenkarzinom zu verhindern. Da die optimale Anzahl der Induktionsinstillationen und die optimale Frequenz und Dauer der Erhaltungsinstillationen nicht bekannt sind, wird in der Phase-III-Studie NIMBUS eine reduzierte Anzahl von BCG-Instillationen gegen&uuml;ber der Standardanwendung gepr&uuml;ft. Die Ergebnisse sind wichtig, da gerade in einer Zeit, in der BCG rar ist, der geringere Verbrauch zur Behandlung einer gr&ouml;&szlig;eren Patientenzahl f&uuml;hren k&ouml;nnte. Auch werden mit der reduzierten BCG-Gabe weniger Nebenwirkungen erwartet. Beim EAU wurde ein Bericht zum Stand der Studie abgegeben.<sup>1</sup> Bislang konnten 279 der geplanten 824 Patienten rekrutiert werden. 252 Patienten erhielten eine Re-TUR (wiederholte transurethrale Resektion). T-Kategorie nach der Ma&szlig;nahme waren T0 (81 %), Ta (13,6 %), T1 (4,5 %) und Tis (0,9 %). Bei 7 der insgesamt 24 Patienten mit hochgradiger Erkrankung nach Re-TUR wurde eine Re-Re-TUR durchgef&uuml;hrt, was zur Kategorie T0 bei 6 Patienten und T1 bei einem Patienten f&uuml;hrte.<br /> In der Breaking-News-Sitzung wurden als ein Highlight des EAU 2019 die Ergebnisse der prospektiven, einarmigen SAULStudie pr&auml;sentiert, die die Sicherheit des PD-L1-Inhibitors Atezolizumab bei insgesamt 997 Patienten mit lokal fortgeschrittenem/ metastasiertem Urothelkarzinom pr&uuml;fte.<sup>2</sup> Eingeschlossen waren auch Patienten mit ECOG PS 2 und anderen Faktoren, die in klinischen Studien Ausschlusskriterien sind, wie Hirnmetastasierung, Niereninsuffizienz, Steroidgebrauch bei Studieneinschluss, Anamnese einer Autoimmunerkrankung sowie HIV-positive Patienten. Atezolizumab best&auml;tigte sich als tolerierbare und effektive Therapie. 6 % der Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Das mediane Gesamt&uuml;berleben (OS) betrug 8,7 Monate und nach 12 Monaten waren 41 % der Patienten am Leben (Abb. 1). Das progressionsfreie &Uuml;berleben nach 12 Monaten betrug 17 %. 13 % der Patienten sprachen auf die Therapie an und bei 26 Patienten stabilisierte sich die Erkrankung. Die Ergebnisse best&auml;tigten die Daten der Zulassungsstudie IMvigor211-Studie. Patienten, die den Einschlusskriterien der IMvigor211 entsprachen, zeigten ein medianes OS von 10,0 Monaten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_a1-abb1.jpg" alt="" width="647" height="391" /></p> <h2>Adjuvante Therapie bei Hodentumoren</h2> <p>Etwa 95 % der Hodenkrebspatienten k&ouml;nnen geheilt werden, allerdings leiden die M&auml;nner k&ouml;rperlich und psychisch unter den Folgen der Erkrankung und der Therapie. Um den Effekt der adjuvanten Therapie auf die Lebensqualit&auml;t zu untersuchen, wurden 453 Patienten, die innerhalb der letzten 20 Jahre einer radikalen Orchidektomie unterzogen wurden und eine adjuvante Therapie oder eine aktive Beobachtung erhielten, befragt.<sup>3</sup> 161 der Patienten beantworteten den EORTC QLQ-C30 und den EORTC QLQ-T26. Die einzigen Lebensqualit&auml;tsbereiche, die durch die Therapiewahl beeinflusst wurden, waren die Zukunftsperspektive und die Infertilit&auml;t. Was die Lebensqualit&auml;t positiv beeinflusste, waren eine h&ouml;here Bildung, eine Vollzeitbesch&auml;ftigung und in einer Beziehung zu leben. Negativ auf die Lebensqualit&auml;t wirkten sich ein j&uuml;ngeres Alter und eine fortgeschrittene Erkrankung (&ge; Stadium 2) aus. Die Wissenschaftler schlossen aus ihren Ergebnissen, dass behandelnde &Auml;rzte ihren Patienten beteuern k&ouml;nnen, dass die Therapiemodalit&auml;t die langfristige Lebensqualit&auml;t nicht wesentlich beeinflusst.<br /> Zu den molekularen Mechanismen, die eine Metastasierung bei Hodenkarzinomen bedingen, ist bisher nicht viel bekannt. Beim EAU wurden nun Studienergebnisse zur regionalen Differenzierung von Hodentumorsubtypen beim Seminom pr&auml;sentiert, die zu einem besseren Verst&auml;ndnis des Metastasierungsprozesses f&uuml;hren.<sup>4</sup> Eingeschlossen wurden 21 Patienten mit Seminom im Stadium I, die keine adjuvante Therapie erhalten hatten und wenigstens 2 Jahre keinen Tumorprogress zeigten, sowie 14 Patienten mit Seminomen in den Stadien II und III, die adjuvant behandelt wurden. Zellen der Gewebeproben wurden entsprechend ihrer Lage dem tumorinvasiven Frontbereich oder dem Tumorzentrum entnommen, die RNA wurde aus den Zellen isoliert und eine Genexpressionsanalyse durchgef&uuml;hrt. Im Ergebnis zeigten sich Gene mit mehr als 1,5-facher Hochregulierung haupts&auml;chlich im tumorinvasiven Frontbereich (n=164) und weniger h&auml;ufig im Tumorzentrum (n=85). Nur zwei Gene in beiden Gruppen waren herunterreguliert. Der IL-6-Signalweg war der am deutlichsten hochregulierte Signalweg bei metastasierter im Vergleich zu nicht metastasierter Erkrankung und k&ouml;nnte als therapeutische Zielstruktur f&uuml;r die personalisierte Therapie dienen. M&ouml;glicherweise hat IL-6 auch das Potenzial zum diagnostischen Marker.</p> <h2>Optimierte Behandlung beim Plattenepithelkarzinom des Penis</h2> <p>Aufgrund der ungen&uuml;genden Evidenz f&uuml;r die optimale Nachsorge bei Lymphknotenpositiven Penistumoren wurden die Frequenz und L&auml;nge der computertomografischen Untersuchung sowie die L&auml;nge der Nachbeobachtungszeit basierend auf dem Ort und der Zeit des ersten Rezidivs untersucht.<sup>5</sup> Dazu wurden alle Peniskarzinompatienten, die zwischen 2002 und 2017 am St. George&rsquo;s University Hospital NHS Trust in London behandelt wurden, retrospektiv ausgewertet. Eingeschlossen wurden 224 Patienten mit neu diagnostizierter pathologischer, Lymphknoten-positiver Erkrankung, die unter Beobachtung krankheitsfrei waren. Innerhalb der 48 pN1-Patienten wurde in 6 F&auml;llen ein Rezidiv nach 1 bis 11 Monaten identifiziert, bei 33 pN2-Patienten waren es 10 F&auml;lle innerhalb der Monate 0 bis 12. Von den 143 Patienten mit pN3-Tumoren zeigten 84 Patienten einen R&uuml;ckfall, davon 66 im ersten Jahr, 15 im zweiten Jahr und 3 Patienten in den Jahren 3&ndash;5. Rezidivlokalisationen waren in 21 % der F&auml;lle die Leistengegend, in 28 % das Becken, in 31 % der Thorax und in 20 % der Bereich des Retroperitoneums und der Nieren. Die Wissenschaftler schlagen aufgrund ihrer Ergebnisse vor, Patienten mit Tumoren im Stadium pN1 und pN2 f&uuml;r zwei Jahre mit 3-monatigem Rhythmus im ersten und 6-monatigem Rhythmus im zweiten Jahr nachzubeobachten. Da 97 % der Patienten mit pN3-Tumoren nach 2 Jahren keinen R&uuml;ckfall erlitten, sollten diese f&uuml;r insgesamt 3 Jahre nachbeobachtet werden.<br /> Eine weitere retrospektive Studie von zwei belgischen Zentren, die eUROGENKohortenstudie, untersuchte die Prognose von Patienten mit Mikrometastasen (&le; 2 mm) in den W&auml;chterlymphknoten, die daraufhin einer kompletten Entfernung der inguinalen Lymphknoten unterzogen wurden.<sup>6</sup> Die 240 eingeschlossenen Patienten wiesen nicht palpable inguinale Lymphknoten auf. In 50 F&auml;llen wurden positive W&auml;chterlymphknoten identifiziert, davon wiederum 9 mit Mikrometastasen (Diameter 0,2 bis 2,0 mm). Es erfolgte eine komplette Entfernung der inguinalen Lymphknoten bei 7 Patienten ohne Nachweis weiterer positiver Lymphknoten und ohne lokale Rezidive nach durchschnittlich 33 Monaten (Spanne: 12&ndash;76 Monate). In den zwei F&auml;llen ohne komplette Entfernung der inguinalen Lymphknoten nach Identifizierung von Mikrometastasen wurden bei einem Patienten isolierte Tumorzellen ohne Evidenz f&uuml;r ein Rezidiv nach 11 Monaten festgestellt und ein zweiter Patient entwickelte eine progressive Erkrankung der kontralateralen Seite. Die Studie gibt somit Hinweise darauf, dass bei Mikrometastasierung von W&auml;chterlymphknoten ein weiterer Befall der inguinalen Lymphknoten und das Auftreten eines Lokalrezidivs sehr unwahrscheinlich sind.<br /> Die operative Behandlung des Peniskarzinoms zeigt in Deutschland einen Trend zur h&auml;ufigeren Operation und Lymphknotendissektion sowie zur Zentralisierung in spezialisierten Zentren.<sup>7</sup> Das ist das Ergebnis der Auswertung der deutschlandweiten Krankenhausabrechnungen von 2006 bis 2015. Insgesamt wurden 10 157 F&auml;lle von Penisoperationen mit einer ansteigenden H&auml;ufigkeit von 886 F&auml;llen im Jahr 2006 bis zu 1208 F&auml;llen im Jahr 2015 sowie 4583 F&auml;llen von Lymphknotendissektion mit ansteigender H&auml;ufigkeit von 332 auf 607 F&auml;lle beobachtet. Die Behandlung erfolgte in 21,7 % der F&auml;lle in einem Krankenhaus mit weniger als 4 F&auml;llen pro Jahr, in 64,8 % in einem Krankenhaus mit 4&ndash;10 F&auml;llen pro Jahr und in 12,1 % der F&auml;lle in spezialisierten Zentren mit mehr als 10 F&auml;llen pro Jahr. Die Behandlung in spezialisierten Zentren stieg dabei von 9,0 % im Jahr 2006 auf 13,5 % im Jahr 2015 an, wogegen die Behandlung in Krankenh&auml;usern mit wenigen behandelten F&auml;llen pro Jahr entsprechend abnahm. Die operative Behandlung des Penistumors bestand in 38,7 % der F&auml;lle in einer lokalen Exzision oder Zerst&ouml;rung des Tumors (zunehmend mit Lasertechnik), in 49,8 % kam es zu einer partiellen und in 11,5 % zu einer totalen Amputation des Penis. Eine radikale inguinale Lymphknotendissektion wurde in 43,7 % der F&auml;lle durchgef&uuml;hrt, eine regional modifizierte Lymphknotendissektion in 37,5 % der F&auml;lle sowie eine inguinale W&auml;chterknotenbiopsie in 18,8 % der F&auml;lle. Spezialisierte Zentren f&uuml;hrten eine W&auml;chterknotenbiopsie h&auml;ufiger durch als Krankh&auml;user mit geringer oder mittlerer Fallzahl (27,8 % vs. 20,2 % vs. 18,2 %).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1902_Weblinks_a1-abb2.jpg" alt="" width="636" height="347" /></p> <h2>Testosteron f&uuml;r Prostatakarzinompatienten</h2> <p>Die Testosteronersatztherapie (TRT) wird derzeit f&uuml;r Prostatakarzinompatienten nicht empfohlen, obwohl gezeigt wurde, dass freies Testosteron mit geringergradigen Tumoren assoziiert ist und m&ouml;glicherweise protektiv gegen einen fr&uuml;hen biochemischen R&uuml;ckfall wirkt. In einer Studie mit 824 Patienten, die eine radikale Prostatektomie erhalten hatten, wurde der Einfluss von Testosteron auf den Krankheitsprogress untersucht.<sup>8</sup> 152 der Patienten waren zwischen 2009 und 2018 mit einer Testosteronersatztherapie behandelt worden. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,75 Jahre. Ein biochemisches Rezidiv wurde bei 9,2 % der Patienten mit TRT und bei 22,6 % der Patienten ohne TRT beobachtet. Innerhalb eines Jahres nach der Operation wurde bei insgesamt 85 Patienten ein Krankheitsr&uuml;ckfall festgestellt, davon bei 4 Patienten unter TRT (4,7 %) versus 81 Patienten ohne TRT (95,3 %) (p &lt; 0,0001). In einer multivariaten Analyse, die auf Alter und Tumorstadium angepasst war, konnte f&uuml;r Patienten mit Rezidiv eine Verz&ouml;gerung des Progresses um 1,5 Jahre ermittelt werden (Abb. 2). Diese Ergebnisse st&auml;rken die Evidenz f&uuml;r den Einsatz von Testosteron bei Prostatakarzinompatienten und fordern eine neue Beurteilung des Prostatakarzinoms als Kontraindikation f&uuml;r eine Testosteronersatztherapie.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 34<sup>th</sup> Annual Congress of the European Association of Urology (EAU), 15.–19. März 2019, Barcelona </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Grimm MO et al.: Treatment of high grade non-muscle invasive bladder carcinoma by standard number and dose of intravesical BCG instillations versus reduced number and dose of intravesical BCG instillations. An initial report of the phase III clinical trial &lsquo;NIMBUSʼ. EAU 2019, Abstr. #710 <strong>2</strong> Merseburger A et al.: Primary results from SAUL, a prospective multinational single-arm study of atezolizumab for locally advanced or metastatic urothelial carcinoma (UC) or non-UC of the urinary tract. EAU 2019, Abstr. #5 BN <strong>3</strong> Koschel S et al.: Long-term quality of life of testicular cancer survivors. EAU 2019, Abstr. #628 <strong>4</strong> Nestler T et al.: Comprehensive analysis of metastatic seminoma germ cell tumors shows divergent expression of immune-related pathways. EAU 2019, Abstr. #616 <strong>5</strong> Ager M et al.: Surveillance algorithm for node positive squamous cell carcinoma of the penis. EAU 2019, Abstr. #496 <strong>6</strong> Khaw RA et al.: Outcomes of penile cancer patients with micro-metastases in dynamic sentinel lymph node biopsy specimens: an eUROGEN collaboration. EAU 2019, Abstr. #488 <strong>7</strong> Groeben C et al.: Trends in surgical treatment for penile cancer in Germany from 2006 to 2015: rising case numbers and moderate centralization. EAU 2019, Abstr. #495 <strong>8</strong> Towe M et al.: Testosterone replacement therapy prevents disease progression in men undergoing radical prostatectomy. EAU 2019, Abstr. #646</p> </div> </p>
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