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AAD 2019

Biologika und kein Ende

<p class="article-intro">Beim diesjährigen Treffen der American Academy of Dermatology (AAD) in Washington wurden neue Forschungsergebnisse vorgestellt, die verdeutlichen, dass zahlreiche Targets und Medikamente in der Pipeline sind. Hier einige der vielversprechendsten Studien.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Dysregulation der zellvermittelten Immunantwort, in deren Folge Interleukin( IL)-13 und andere Typ-2-Zytokine &uuml;berexprimiert werden, nimmt eine Schl&uuml;sselstellung in der Pathogenese der atopischen Dermatitis (AD) ein. Der humane monoklonale Antik&ouml;rper Tralokinumab induziert eine spezifische Deaktivierung von IL-13. In die vorgestellte Phase- IIb-Studie wurden 204 erwachsene Patienten mit moderater bis schwerer AD eingeschlossen und randomisiert in 4 Gruppen unterteilt. Die Teilnehmer von 3 dieser Gruppen wurden &uuml;ber eine Dauer von 12 Wochen jede 2. Woche entweder mit 45 mg, 150 mg oder 300 mg Tralokinumab behandelt, die 4. Gruppe erhielt ein Placebo. Zus&auml;tzlich erfolgte eine Applikation von topischen Kortikosteroiden der WHO-Klasse 3 bei allen Studienpatienten. Einer der beiden prim&auml;ren Endpunkte f&uuml;r die Wirksamkeit von Tralokinumab wurde als Score von 0 oder 1 im Investigator&rsquo;s Global Assessment (IGA) definiert, was einer (fast) erscheinungsfreien Haut entspricht. Der zweite prim&auml;re Endpunkt entsprach der &Auml;nderung im EASI (Eczema Area Severity Index). Zus&auml;tzlich wurden auch Daten zur Intensit&auml;t der Besiedlung mit <em>Staphylococcus aureus</em> erhoben, da dadurch vermutlich Krankheitssch&uuml;be getriggert werden k&ouml;nnen. Auch diverse potenzielle AD-assoziierte Biomarker wie Immunglobulin E (IgE), Periostin, Chemokin- Ligand (CCL) 17 und Dipeptidylpeptidase 4 wurden bestimmt. Die h&ouml;chste Tralokinumab-Dosierung von 300 mg f&uuml;hrte zu einer signifikanten Reduzierung des EASI um &ndash;4,9 (p = 0,01) in Woche 12. Im Vergleich zu Placebo erreichten auch fast 18 % mehr Patienten eine IGA-Therapieantwort (26,7 % versus 11,8 %). Sowohl eine starke <em>S.-aureus</em>-Kolonisation als auch hohe Serumspiegel von CCL17 korrelierten mit der Schwere der Erkrankung (EASI) zu Studienbeginn. Bei 66,7 % der Tralokinumab-Patienten war an Woche 12 keine Besiedlung mit <em>S. aureus</em> nachweisbar im Vergleich zu 27,7 % der Placebopatienten. Dar&uuml;ber hinaus bestand ein Unterschied zwischen Tralokinumab und Placebo bei den Werten der Patienten f&uuml;r Periostin (&ndash;31,3 % und +1,9 %), CCL17 (&ndash;40,0 % und +37,4 %), IgE (&ndash;22,3 % und +1,6 %) und DDP-4 (+7,3 % und +3,9 %).<br /> Die h&auml;ufigste therapiebedingte Nebenwirkung bestand in einer Infektion der oberen Atemwege. Zwischen Verum- und Placebogruppe bestand weder bei der H&auml;ufigkeit aller unerw&uuml;nschten Wirkungen noch bei Kopfschmerzen ein Unterschied (jeweils 3,9 % bzw. 2 %). Insgesamt f&uuml;hrte Tralokinumab nicht nur zu einer klinischen Verbesserung, sondern auch zu einer Verringerung von <em>S.-aureus</em>-Kolonisation sowie diverser Biomarker. Der gr&ouml;sste Therapieerfolg stellte sich bei Patienten ein, die in der Eingangsuntersuchung hohe DPP-4, niedriges Periostin und einen positiven <em>S.-aureus</em>-Status hatten.</p> <h2>IL-1&alpha;: ein neues therapeutisches Target f&uuml;r atopische Dermatitis?</h2> <p>Die St&ouml;rung der Hautbarriere und entz&uuml;ndliche Hautver&auml;nderungen geh&ouml;ren zu den Charakteristika von AD, die klinisch h&auml;ufig von qu&auml;lendem Juckreiz gekennzeichnet ist. Bei mechanischer Hautirritation oder Ruptur von Keratinozyten wird IL-1&alpha; freigesetzt, wodurch eine Leukozytenmigration in die Haut erfolgt, die zu einer Inflammation f&uuml;hrt. IL-1&alpha; scheint ausserdem sensorische Neuronen zu potenzieren, was zur Entwicklung von Pruritus und Schmerz beitr&auml;gt. Zudem verursacht IL-1&alpha; eine Aussch&uuml;ttung von Matrix- Metalloproteinasen, die zu einer Besch&auml;digung der Hautbarriere f&uuml;hren. Die exakte Rolle von IL-1&alpha; innerhalb des Pathomechanismus ist allerdings noch nicht bekannt.<br /> Der neue Anti-IL-1&alpha;-Antik&ouml;rper Bermekimab neutralisiert alle Formen von IL-1&alpha;, ohne IL-1&szlig; zu beeinflussen. Insgesamt 38 Patienten mit moderater bis schwerer AD, die auf topische Kortokoide nicht ausreichend reagiert hatten, wurden in die Phase-II-Pilotstudie eingeschlossen. Nach einer Wash-out-Periode erhielten die Teilnehmer w&ouml;chentliche, subkutane Injektionen mit 200 mg oder 400 mg Bermekimab. Die Behandlungsdauer betrug 4 (200 mg) bzw. 7 (400 mg) Wochen. Daran schloss sich eine Nachbeobachtung bis Woche 9 an. Die h&ouml;here Dosierung von Bermekimab erwies sich klar als wirksamer: Im Mittel lag die klinische Verbesserung, die mithilfe verschiedener AD-Scores wie EASI, Severity Scoring of Atopic Dermatitis (SCORAD), Global Individual Signs Score (GISS) und Investigator&rsquo;s Global Assessment (IGA) gemessen wurde, bei 51 % mit 400 mg gegen&uuml;ber 17 % bei 200 mg. Die positive, klinische Entwicklung war in s&auml;mtlichen Scores signifikant. Dar&uuml;ber hinaus steigerte sich auch die Lebensqualit&auml;t im Dermatology Life Quality Index (DLQI) um 70 %. 25 % der mit 400 mg Bermekimab behandelten Patienten hatten in Woche 7 eine Minderung &ge; 2 Punkte im IGA und damit einen Wert von 0/1. Zu diesem Zeitpunkt erreichten auch 82 % der Patienten einen EASI50 und 71 % einen EASI75. Besonders bemerkenswert ist der starke Einfluss auf den Pruritus durch Bermekimab: Bei 75 % der 400 mg-Patienten sank der Wert auf einer numerischen Skala f&uuml;r den schlimmsten Juckreiz um &ge; 4 Punkte und auch der durchschnittliche Wert f&uuml;r den Juckreiz verringerte sich. &laquo;Die schnelle Reduktion von Juckreiz und Schmerz k&ouml;nnte auf die Rolle von IL-1&alpha; bei der neuronalen Potenzierung zur&uuml;ckzuf&uuml;hren sein&raquo;, so die These von Prof. Dr. med. Eric Simpson, Dermatologe, Oregon Health &amp; Science University, Portland, in seinem Vortrag. Wirkstoffinduzierte Toxizit&auml;ten traten nicht auf, es kam aber bei 3 Patienten zu Reaktionen an der Injektionsstelle. Aufgrund der Studienergebnisse wird Bermekimab f&uuml;r die Behandlung von AD als N&auml;chstes innerhalb von Phase-III-Studien untersucht werden.</p> <h2>Bei Pemphiguspatienten an Frakturpr&auml;vention denken</h2> <p>Patienten, die an Pemphigus (PEM) oder bull&ouml;sem Pemphigoid (BP) leiden, haben h&auml;ufig diverse Begleiterkrankungen. Bedingt durch Faktoren wie eine Langzeittherapie mit Kortikosteroiden oder verringerte Vitamin-D-Spiegel geh&ouml;rt dazu auch ein Risiko f&uuml;r niedrige Knochendichte. Dr. med. Raj Chovatiya, Abteilung f&uuml;r Dermatologie, Northwestern University Feinberg School of Medicine, Chicago, und seine Kollegen untersuchten nun, ob eine Assoziation zwischen dem Risiko f&uuml;r Osteoporose und pathologischen Frakturen bei Patienten mit PEM oder BP besteht. Daf&uuml;r analysierten sie Daten von &uuml;ber 198 Millionen Personen aller Altersstufen aus einer 20 % -Stichprobe aller Patienten, die von 2006 bis 2012 Notaufnahmen in den ganzen USA aufsuchten (Nationwide Emergency Department Sample). Dazu geh&ouml;rten auch 4502 F&auml;lle mit PEM und 8863 mit BP. Unter Adjustierung f&uuml;r Alter, Geschlecht, Einkommen, vorhergehende Steroid-Langzeittherapie und Versicherungsstatus war PEM, einer logistischen Regression zufolge, signifikant mit erh&ouml;hten Wahrscheinlichkeiten (Odds-Ratio, OR) f&uuml;r Osteoporose (2,54), Osteomalazie (29,70), Osteopenie (2,20) und pathologische Frakturen (2,04) assoziiert. Auch bei Patienten mit BP ergab sich ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Osteoporose und pathologische Frakturen (OR 1,55 und 1,52). Dieses Risiko wurde durch die Langzeiteinnahme von Kortikosteroiden weiter angehoben. Signifikante Pr&auml;diktoren f&uuml;r das Auftreten von Frakturen waren dar&uuml;ber hinaus weibliches Geschlecht und eine zunehmende Komorbidit&auml;t. Patienten mit PEM oder BP wurden h&auml;ufiger station&auml;r aufgenommen und die Behandlungskosten waren auch inflationsbereinigt wesentlich h&ouml;her, wenn diese Patienten eine Fraktur erlitten. Aufgrund der Ergebnisse sehen die Studienautoren einen m&ouml;glichen Nutzen von Massnahmen zu Frakturpr&auml;vention und Osteoporose-Screening bei PEMund BP-Patienten.</p> <h2>H&ouml;heres Krebsrisiko bei Keloidpatienten?</h2> <p>Keloide sind Zeichen einer anomalen Wundheilung nach Verletzung der Dermis. Benigne fibr&ouml;se Proliferationen, die die initialen Wundr&auml;nder &uuml;berschreiten, sind charakteristisch. Der Grund f&uuml;r die Untersuchung auf eine m&ouml;gliche Assoziation zwischen der Ausbildung von Keloiden und dem Auftreten von Malignomen bestand darin, dass malignes Wachstum oft in einer fibrotischen Mikroumgebung entsteht. Das zentrale Augenmerk lag auf der Ausbildung von Hautkrebs. Daten einer landesweiten Kohortenstudie mit fast 780 000 taiwanesischen M&auml;nnern und Frauen konnten analysiert werden. Daraus wurden 17 401 Erwachsene mit Keloiden nach Alter und Geschlecht zu 69 604 Kontrollen gematcht. Die statistische Auswertung der relativen Risiken (RR) erfolgte mithilfe eines Cox-Regressionsmodells.<br /> Zusammensetzung und Ausgangswerte beider Gruppen waren vergleichbar. Von 1998 bis 2010 traten insgesamt 893 neu diagnostizierte Karzinome innerhalb der Keloidgruppe auf. Daraus resultiert ein um 50 % gesteigertes allgemeines Krebsrisiko f&uuml;r den Anteil der Studienpopulation mit Keloiden. F&uuml;r die Entwicklung eines Hautkrebses bestanden RR von 1,73. M&auml;nner mit Keloiden hatten sogar ein mehr als 2-fach erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r Hautmalignome (RR 2,16). Bei den Frauen mit Keloiden bestand ein besonderes Risiko f&uuml;r Pankreaskarzinome. Auch nach Adjustierung f&uuml;r bekannte Risikofaktoren wie Leberzirrhose, Diabetes mellitus und chronische Pankreatitis hatten Frauen mit Keloiden ein mehr als doppelt so hohes Risiko (RR 2,19). Aus diesen Erkenntnissen ergab sich der Vorschlag, bei M&auml;nnern und Frauen ein regelm&auml;ssiges Hautkrebsscreening und zur Vorsorge speziell f&uuml;r die Frauen eine zus&auml;tzliche abdominelle Sonografie durchzuf&uuml;hren.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahresversammlung der AAD, 1.–5. März 2019, Washington D. C. </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Guttman-Yassky E et al.: Tralokinumab, an anti-interleukin- 13 monoclonal antibody, reduces Staphylococcus aureus colonization of the skin and systemic levels of inflammatory biomarkers in atopic dermatitis patients. ePoster Nr. 8690, AAD-Jahresversammlung, Washington D. C., 1.&ndash;5. M&auml;rz 2019 &bull; Simpson E: An anti-IL-1&alpha; monoclonal antibody shows efficacy for treating atopic dermatitis (AD) with marked reduction in itch. Sitzung S034, AAD-Jahresversammlung, Washington D. C., 1.&ndash;5. M&auml;rz 2019 &bull; Chovatiya R et al.: Association of pemphigus and bullous pemphigoid with osteoporosis and pathological fractures. ePoster Nr. 8514, AAD-Jahresversammlung, Washington D. C., 1.&ndash;5. M&auml;rz 2019 &bull; Hong KCH: Cancer risk in patients with keloids: a nationwide population-based cohort study. Sitzung F055, AAD-Jahresversammlung, Washington D. C., 1.&ndash;5. M&auml;rz 2019</p> </div> </p>
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