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Update subkutaner ICD und tragbare Defibrillatorweste

<p class="article-intro">Das Konzept des subkutanen ICD hat gemeinsam mit der «Leadless»- Technologie konventioneller Schrittmacher eine neue Ära der Device-Therapie eingeläutet. Eine sorgfältige Patientenselektion vorausgesetzt, ermöglicht der subkutane ICD eine effektive Therapie unter Ausschaltung möglicher Komplikationen transvenöser Systeme. Als wertvolles Tool im Sinne einer nicht invasiven «Bridging»-Therapie erweist sich die tragbare Defibrillatorweste, sei es nach Explantation infizierter Systeme, zur Ausschöpfung konservativer Therapieverfahren für einen definierten Zeitraum oder auch zur Risikostratifizierung.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Klasse-IIa-Empfehlungen (ESC und AHA/ACC/HRS) f&uuml;r den S-ICD, sofern keine Pacing- oder CRTIndikation vorliegt und kein Benefit durch ATP zu erwarten ist.</li> <li>Klasse-I-Empfehlung (AHA/ACC/ HRS) f&uuml;r den S-ICD bei Patienten ohne ad&auml;quaten vaskul&auml;ren Zugang oder mit hohem Infektionsrisiko.</li> <li>S-ICD-Ausblick: optimierte Signalverarbeitung, kleineres Modell f&uuml;r spezielle Patientengruppen, Kombination mit der &laquo;Leadless &raquo;-Technologie.</li> <li>&laquo;Extravascular ICD&raquo; (EV-ICD): Das dem transven&ouml;sen ICD ebenb&uuml;rtige Konzept befindet sich seit Kurzem in der Pilotstudie.</li> </ul> </div> <p>Seit 2009 steht uns mit dem S-ICD von Boston Scientific der bis dato einzige Vertreter der Gattung subkutaner ICD zur Verf&uuml;gung und seit 2016 in der aktuell 3. Generation (EMBLEM&trade; MRI S-ICD Model A219). Technische Features des aktuellen Modells beinhalten neben der MR-Kompatibilit&auml;t auch verbesserte Diskriminationsalgorithmen und einen Detektionsalgorithmus f&uuml;r Vorhofflimmern. R&uuml;ckwirkend konnten diese Features auch f&uuml;r die Ger&auml;te der 2. Generation aus dem Jahr 2015 (EMBLEM&trade; S-ICD Model A209) verf&uuml;gbar gemacht werden.</p> <h2>Der S-ICD in den ESC- und AHA/ ACC/HRS-Guidelines</h2> <p>Auf Basis der IDE Study und des EFFORTLESS Registry fand der S-ICD 2015 Aufnahme in die entsprechenden ESC-Guidelines. Eine IIaC-Empfehlung f&uuml;r den S-ICD im Sinne einer in Betracht zu ziehenden Alternative zu einem transven&ouml;sen System wurde f&uuml;r Patienten mit herk&ouml;mmlicher ICD-Indikation ausgesprochen, sofern keine gleichzeitige Indikation f&uuml;r eine konventionelle Schrittmachertherapie oder kardiale Resynchronisationstherapie vorliegt und kein antitachykardes Pacing ben&ouml;tigt wird. Im Falle eines schwierigen vaskul&auml;ren Zugangs, nach Explantation eines infizierten transven&ouml;sen Systems oder f&uuml;r j&uuml;ngere Patienten mit zu erwartender langer Device- und damit verbundener Sondenkarriere bei transven&ouml;sen Systemen sprach die Task Force der ESC eine IIbC-Empfehlung f&uuml;r den S-ICD aus (Tab. 1). In den etwas aktuelleren Guidelines der amerikanischen Fachgesellschaften (AHA/ACC/HRS) aus dem Jahr 2017 gibt es eine Klasse-I-Empfehlung (I B-NR) f&uuml;r Patienten mit ICD-Indikation, die keinen ad&auml;quaten vaskul&auml;ren Zugang oder ein hohes Infektionsrisiko aufweisen, vorausgesetzt, es besteht keine Indikation f&uuml;r eine konventionelle Schrittmacherstimulation bei Bradykardie oder zur kardialen Resynchronisationstherapie oder eine zu erwartende Notwendigkeit von ATP. In Anlehnung an die europ&auml;ischen Leitlinien wurde eine allgemeine IIa-Empfehlung (IIa B-NR) f&uuml;r den S-ICD als Alternative zum transven&ouml;sen ICD bei herk&ouml;mmlicher ICD-Indikation ausgesprochen (Tab. 2). Im klinischen Alltag kommt der S-ICD anhand dieser Empfehlungen neben Infektionen insbesondere f&uuml;r die Prim&auml;rprophylaxe und die Sekund&auml;rprophylaxe nach &uuml;berlebtem pl&ouml;tzlichem Herztod bei Kammerflimmern infrage, sofern keine Pacing-Indikation gegeben oder zu erwarten ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1901_Weblinks_lo_innere_1901_s61_tab1+2.jpg" alt="" width="1419" height="1488" /></p> <h2>S-ICD &ndash; Weiterentwicklungen und Ausblick</h2> <p>Aufgrund der in den ersten Jahren gewonnenen klinischen Erfahrungen mit dem S-ICD betreffend die Detektion von Tachyarrhythmien wurden in der Zwischenzeit bereits verbesserte Diskriminationsalgorithmen (Advanced INSIGHT&trade; und SMART Pass) zur weiteren Minimierung von Oversensing und damit verbundenen inad&auml;quaten Therapien entwickelt. Einen Schritt weiter geht das Konzept, alle drei zur Verf&uuml;gung stehenden Vektoren &ndash; prim&auml;rer, sekund&auml;rer und alternativer Vektor &ndash; parallel zu verarbeiten, um somit &uuml;ber ein verbessertes integriertes Wahrnehmungssignal eine exaktere Diskriminierung gew&auml;hrleisten zu k&ouml;nnen. Derzeit kann nur jeweils einer der drei Vektoren f&uuml;r die Sensing-Funktion ausgew&auml;hlt werden. Ziel des Herstellers ist es, diese parallele Signalverarbeitung aller drei Vektoren ab der kommenden S-ICD-Generation anzubieten. Ein diesbez&uuml;gliches Software- Update, das diese technische Neuerung auch in den Ger&auml;ten der 2. und 3. Generation verf&uuml;gbar macht, w&auml;re auf jeden Fall w&uuml;nschenswert.<br /> Die bisherigen Gr&ouml;ssendimensionen des S-ICD sind unter anderem der im Vergleich zu transven&ouml;sen Systemen h&ouml;heren Schockenergie von 80J geschuldet. F&uuml;r spezielle Patientengruppen wie Kinder und Jugendliche, kachektische Patienten oder allgemein Patienten mit niedrigem Body-Mass-Index stellt die Device-Gr&ouml;sse in der klinischen Praxis durchaus einen limitierenden Faktor dar. Mit der Gr&ouml;ssenreduktion von Hardware-Komponenten gehen die Bestrebungen dahin, ein kleineres S-ICD-Modell mit niedrigerer Schockenergie zu entwickeln, das die Technologie des subkutanen ICD auch f&uuml;r die oben genannten Patientengruppen unter Ber&uuml;cksichtigung von Aspekten der &Auml;sthetik und Funktionalit&auml;t praktikabel macht.<br /> Die theoretischen &Uuml;berlegungen, die fehlenden M&ouml;glichkeiten des S-ICD zur Stimulation bei Bradykardie und zur Terminierung ventrikul&auml;rer Tachykardien mittels ATP durch Kombination mit einem sondenlosen Schrittmacher zu beseitigen, existieren bereits seit L&auml;ngerem. Mit dem Launch des &laquo;Leadless Pacemakers&raquo; von Boston Scientific (EMPOWER&trade;), der f&uuml;r das Jahr 2019 geplant ist, scheint die Umsetzung dieses Konzeptes wieder einen kleinen Schritt n&auml;her ger&uuml;ckt (Abb. 1). Die unter dem Namen &laquo;Modular CRM Systems &raquo; laufende Entwicklungsschiene soll durch miteinander kompatible und kommunizierende Systeme diese L&uuml;cke schliessen. Wann genau diese Technologie tats&auml;chlich f&uuml;r die breite Anwendung zur Verf&uuml;gung stehen wird, l&auml;sst sich momentan jedoch noch nicht sicher absch&auml;tzen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1901_Weblinks_lo_innere_1901_s62_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="764" /></p> <h2>&laquo;Extravascular ICD &ndash; all in one&raquo;?</h2> <p>Ein hochinteressantes Konzept stellt der &laquo;Extravascular ICD&raquo; (EV-ICD) von Medtronic dar, der antritt, alle Funktionen und Vorteile eines transven&ouml;sen ICD bei gleicher Effektivit&auml;t, jedoch unter Aussparung seiner m&ouml;glichen Komplikationen, zu bieten. Wenngleich die Anordnung von Generator und Sonde dem S-ICD auf den ersten Blick &auml;hneln, liegt der entscheidende Unterschied in der substernalen Lage der Sonde (Abb. 2). Diese Sonde soll durch ihre besondere N&auml;he zum Herz nun neben der Schockfunktion auch eine suffiziente Stimulation, wenngleich auch mit h&ouml;heren Reizschwellen als transven&ouml;se Sonden, erm&ouml;glichen. Hiermit k&ouml;nnten die bisherigen L&uuml;cken des S-ICD zum transven&ouml;sen ICD, n&auml;mlich Stimulation bei Bradykardie und Abgabe von ATP, geschlossen werden.<br /> In mehreren Machbarkeitsstudien wurden die elektrischen Eigenschaften des substernalen Raumes mittels Elektrophysiologiekathetern oder Sondenprototypen betreffend Wahrnehmungs-, Stimulationsund Defibrillationsf&auml;higkeiten untersucht. Die positiven Ergebnisse dieser Studien sind nun vor Kurzem in den Beginn der &laquo;Extravascular ICD Pilot Study&raquo; gem&uuml;ndet, in deren Rahmen Anfang August 2018 die &laquo;First-in-man&raquo;-Implantation in Christchurch, Neuseeland, stattgefunden hat. Es ist vorerst der Einschluss von 20 Patienten in vier Institutionen in Australien und Neuseeland vorgesehen. Der Effektivit&auml;tsendpunkt wird mittels Defibrillationstests w&auml;hrend der Implantation &uuml;berpr&uuml;ft, der Sicherheitsendpunkt ist durch Device-assoziierte und prozedurale &laquo;adverse events&raquo; innerhalb der ersten drei Monate definiert.<br /> Es bleibt abzuwarten, wie die ersten Ergebnisse dieses vielversprechenden und vom Funktionsprinzip her einem transven&ouml;sen System ebenb&uuml;rtigen Konzepts ausfallen werden, insbesondere da die Implantationstechnik unter Zuhilfenahme eines speziellen Einfuhrtools zur substernalen Platzierung der Sonde deutlich invasiver anmutet, als wir es vom S-ICD kennen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1901_Weblinks_lo_innere_1901_s63_abb2_korr.jpg" alt="" width="521" height="620" /></p> <h2>Tragbare Defibrillatorweste &ndash; &laquo;bridge over troubled water&raquo;</h2> <p>Auch die tragbare Defibrillatorweste (LifeVest, ZOLL Medical) hat nicht nur Eingang in die aktuellen Leitlinien gefunden, sondern erweist sich als wertvolle und effektive nicht invasive &Uuml;berbr&uuml;ckungstherapie in einer Vielzahl klinischer Settings bei Patienten, die ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r pl&ouml;tzlichen Herztod haben. In den beiden bis dato gr&ouml;ssten vorliegenden Registern zur LifeVest, dem amerikanischen WEARIT-II-Register und dem deutschen WCD-Register, wurden insgesamt &uuml;ber 8000 Patienten untersucht. VT/ VF trat bei 2,1 % (WEARIT-II) bzw. 2,7 % (WCD) der Patienten auf, im Falle eines abgegebenen Schocks lag die &laquo;firstshock- efficacy&raquo; in den beiden Registern bei 100 % (WEARIT-II) bzw. 89 % (WCD). Die Anzahl inad&auml;quater Schocks war mit 0,5 % bzw. 0,4 % in beiden Registern vergleichbar niedrig.<br /> Wie viele der LifeVest-Patienten nach Beendigung der Tragezeit (90 Tage im WEARIT-II-Register) tats&auml;chlich mit einem ICD versorgt werden, dar&uuml;ber konnte das WEARIT-II-Register Aufschluss geben. Letztlich wurden 42 % der Patienten definitiv mit einem ICD versorgt, wohingegen sich bei 40 % der Patienten in diesem Zeitraum die Auswurffraktion soweit verbesserte, dass keine Indikation mehr f&uuml;r eine ICD-Implantation gegeben war. F&uuml;r die &uuml;brigen Patienten kamen alternative Therapiestrategien zur Anwendung.<br /> In der ersten randomisierten Studie zur LifeVest, dem VEST Trial (Vest Prevention of Early Sudden Death Trial), dessen Ergebnisse am ACC-Kongress 2018 pr&auml;sentiert wurden, konnte bei Post-Myokardinfarkt- Patienten nach 90 Tagen keine signifikante Reduktion der Rate des Eintretens von pl&ouml;tzlichem Herztod nachgewiesen werden. &Uuml;berraschenderweise zeigte sich jedoch ein Unterschied in der &laquo;All-cause&raquo;-Mortalit&auml;t von 3,1 % in der LifeVest-Gruppe gegen&uuml;ber 4,9 % in der Vergleichsgruppe (p = 0,04). Ein Ergebnis, das zum momentanen Zeitpunkt noch unzureichend zu interpretieren ist, weshalb weitere randomisierte Studien notwendig sein werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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