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Medikamentöse Therapieoptionen

Vorhofflimmern bei Athleten

<p class="article-intro">Die Inzidenz von Vorhofflimmern (VHF) ist bei Ausdauersportlern im Vergleich zur gesunden Normalbevölkerung bis zu 5-fach erhöht. Die pathophysiologischen Mechanismen dafür sind mannigfaltig und reichen von der Dehnung des linken Atriums und inflammatorischen Mechanismen durch Sport bis zur Automatizität der Myokardzellen durch den erhöhten Katecholamin-Einfluss bei Athleten. Auch leistungssteigernde Medikamente wie Androgene oder Amphetamine können zur Hypertrophie, Myokardfibrose und dadurch zu kardialen Arrhythmien führen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <strong>Vorhofflimmern w&auml;hrend Sport:</strong> <ul> <li>Beendigung von Sport oder Wettkampf</li> <li>Herzfrequenzkontrolle: &le; 110/min in Ruhe</li> <li>Erstmalig unter &auml;rztlicher Aufsicht: &bdquo;Pill in the pocket&ldquo;- Therapie (Propafenon, Flecainid plus Betablocker oder Kalziumantagonist) oder</li> <li>elektrische Kardioversion (in Sedoanalgesie)</li> </ul> <strong>Vorhofflimmern vor oder nach Sport:</strong> <ul> <li>Keine Kontraindikation gegen Sport/Wettkampf</li> <li>Pr&auml;ferenziell keine Antiarrhythmika vor Sport (12 Std.)</li> <li>Herzfrequenzkontrolle: &le; 90/min in Ruhe, &lt; 220/min minus Lebensalter unter max. Belastung</li> <li>&bdquo;Pill in the pocket&ldquo;-Therapie (Propafenon, Flecainid plus Betablocker oder Kalziumantagonist)</li> <li>Klasse-IC-Dauertherapie ( Propafenon 300&ndash;600 mg tgl., Flecainid 200 mg tgl.), Ergometrie vor Sport!</li> </ul> </div> <h2>Was tun bei Sportlern?</h2> <p>Wenn bei einem Sportler ein anhaltendes VHF festgestellt worden ist, muss zun&auml;chst die Einnahme von oben genannten Substanzen ausgeschlossen und eine strukturelle Abkl&auml;rung mittels kardialer Bildgebung erfolgen. Die weiterf&uuml;hrende Spezialdiagnostik und auch die medikament&ouml;se Therapie richten sich dann nach einer eventuell zugrunde liegenden strukturellen Herzerkrankung. Insbesondere ist v. a. beim &auml;lteren Athleten mit thromboembolischen Risikofaktoren auch an eine orale Antikoagulation zu denken. Die Indikation daf&uuml;r richtet sich wie auch bei allen anderen Patienten mit Vorhofflimmern nach dem CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score. In den meisten F&auml;llen handelt es sich bei VHF bei Sportlern allerdings um eine &bdquo;lone atrial fibrillation&ldquo;, also um VHF ohne zugrunde liegende strukturelle Herzerkrankung. Das Management der Flimmerarrhythmie ist bei Athleten und Hobbysportlern besonders problematisch, da die Rhythmusst&ouml;rung einerseits bei k&ouml;rperlicher Anstrengung schlecht toleriert wird und andererseits bei Leistungssport auch spezielle Gefahren durch die Einnahme von Antiarrhythmika entstehen k&ouml;nnen. Zur Verwendung von Herzmedikamenten liegen bei Sportlern dar&uuml;ber hinaus nur wenige publizierte Studien vor, sodass die klinischen Erfahrungen mit Patienten auf Athleten extrapoliert werden m&uuml;ssen. In der folgenden &Uuml;bersicht soll kurz auf die Terminierung von VHF mittels Kardioversion, auf die Senkung der Herzfrequenz und schlie&szlig;lich auf die Erhaltung des normalen Sinusrhythmus eingegangen werden.</p> <h2>Kardioversion bei Vorhofflimmern</h2> <p>Nach der Diagnose einer symptomatischen Flimmerarrhythmie im EKG sollte bei kurzer Dauer der Rhythmusst&ouml;rung ehestm&ouml;glich eine Rhythmisierung erfolgen. Hier kommt einerseits eine elektrische Kardioversion infrage, die aber einer kurzen Sedoanalgesie im Rahmen eines station&auml;ren Aufenthalts bedarf. Bei h&auml;modynamischer Stabilit&auml;t und nach Ausschluss einer strukturellen Herzerkrankung kann alternativ eine medikament&ouml;se Kardioversion vorgenommen werden. In erster Linie werden daf&uuml;r hoch dosierte Klasse-1CAntiarrhythmika (600 mg Propafenon oder 300 mg Flecainid) verwendet, deren Effektivit&auml;t und Sicherheit auch in einer gr&ouml;&szlig;eren Studie nachgewiesen wurden. So k&ouml;nnen mit dieser Therapie mehr als 90 % aller Arrhythmien mit kurzer Dauer innerhalb von 2 Stunden in den Sinusrhythmus konvertiert werden. Als seltene Nebenwirkung kann aber auch bei strukturell herzgesunden Personen Vorhofflattern mit schneller ventrikul&auml;rer &Uuml;berleitung auftreten, sodass die erste Applikation unter Monitoring in einem Krankenhaus oder einer Ordination erfolgen sollte. Aufgrund der vagolytischen Eigenschaften von Flecainid sollte diese Substanz au&szlig;erdem immer in Kombination mit einem Betablocker oder einem Kalziumantagonisten eingenommen werden. Wenn die Rhythmusst&ouml;rung allerdings ohne relevante Komplikationen beendet wird, kann der betroffene Patient diese Therapie in einer ruhenden Position auch eigenst&auml;ndig ohne Anwesenheit eines Arztes als sog. &bdquo;Pill in the pocket&ldquo;-Therapie anwenden.<br /> Sollte VHF mehrmals in kurzen zeitlichen Abst&auml;nden auftreten, muss (zusammen mit einem Kardiologen) eine medikament&ouml;se Dauertherapie erwogen werden. Die wichtigste und zugleich schwerste medizinische Entscheidung ist hier die zwischen Herzfrequenz- und Rhythmuskontrolle (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s32_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="795" /></p> <h2>Medikament&ouml;se Frequenzkontrolle</h2> <p>Die erh&ouml;hte Sauerstoffzufuhr im Rahmen von Leistungssport wird im Herz- Kreislauf-System vorwiegend &uuml;ber einen Anstieg der Herzfrequenz gew&auml;hrleistet. Im VHF kommt es durch den Wegfall der atrialen Kontraktion zu einer ca. 20 %igen Reduktion des Herzindex, dar&uuml;ber hinaus resultiert eine schnelle ventrikul&auml;re &Uuml;berleitung in der Arrhythmie in einer ventrikul&auml;ren F&uuml;llungsbehinderung, die sukzessive in einen Leistungsabfall im Rahmen einer k&ouml;rperlichen T&auml;tigkeit m&uuml;ndet. Eine Senkung der Herzfrequenz f&uuml;hrt daher in Ruhe meist zu einer schnellen Besserung der Symptomatik von VHF. Das Ziel einer Frequenzkontrolle ist ein Puls von &lt; 110/ min in Ruhe oder &lt; 220/min minus Lebensalter unter maximaler Anstrengung. Verwendet werden sollten Betablocker oder Kalziumantagonisten. Diese Medikamente f&uuml;hren bei VHF in Ruhe zwar zu einer signifikanten Frequenzsenkung, unter k&ouml;rperlicher Anstrengung allerdings auch zu einem Leistungsverlust und werden im Sinusrhythmus oder aber auch im VHF beim Athleten schlecht toleriert. Die ventrikul&auml;re Frequenzkontrolle stellt daher nur bei &auml;lteren Athleten mit persistierendem VHF und geringer Symptomatik eine realistische Therapieoption dar.</p> <h2>Rhythmuskontrolle mit Antiarrhythmika</h2> <p>Die Dauermedikation mit Antiarrhythmika unterscheidet sich bei Athleten nur unwesentlich von der Therapie von anderen Patienten mit VHF (Abb. 2). Nach Ausschluss einer strukturellen Herzerkrankung kommen hier Klasse 1C (Flecainid, Propafenon), Klasse 3 (Amiodaron, Sotalol) und der Multikanalblocker Dronedaron infrage. In der Effektivit&auml;t hinsichtlich der Verhinderung von VHF ist Amiodaron sicherlich allen anderen Antiarrhythmika &uuml;berlegen. Zu beachten sind allerdings die extrakardiale Toxizit&auml;t dieses Medikaments (Photosensitivit&auml;t bei Sportlern) und auch der proarrhythmogene Effekt aller Rhythmusmedikamente. So k&ouml;nnen Klasse-3-Antiarrhythmika durch QT-Verl&auml;ngerung zu einem erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r polymorphe Tachykardien und Klasse-1CAntiarrhythmika v. a. bei hohen Herzfrequenzen (w&auml;hrend Sport) durch Beg&uuml;nstigung von &bdquo;Reentry&ldquo;-Mechanismen zu Vorhofflattern f&uuml;hren. Nach Beginn einer antiarrhythmischen Dauertherapie sollten daher regelm&auml;&szlig;ige EKG-Kontrollen (QTMessung!) und vor Aus&uuml;bung einer sportlichen T&auml;tigkeit eine Ergometrie (QRSVerbreiterung bei hoher Herzfrequenz?) erfolgen.<br /> Aufgrund der oben beschriebenen Gefahren aller Antiarrhythmika sollte vor einem Wettkampf oder Training ca. 12 Stunden lang kein Antiarrhythmikum eingenommen werden. Au&szlig;erdem sollte mit dem betroffenen Athleten schon nach wenigen Episoden von Vorhofflimmern die Indikation zur interventionellen Therapie von Vorhofflimmern besprochen werden. Dabei handelt es sich um eine invasive Ma&szlig;nahme mit potenziellen Risiken. V. a. bei herzgesunden Sportlern ist die VHFAblation allerdings eine wirksame Therapie, durch die VHF, aber auch potenzielle Gefahren durch Antiarrhythmika verhindert werden k&ouml;nnen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s33_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="1007" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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