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Integrierte Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz

„Projekt Herzinsuffizienz“ des Landes Oberösterreich und der OÖGKK

<p class="article-intro">Herzinsuffizienz (HI) ist eine ernste und oft rasch progredient verlaufende Erkrankung. Die Obsorge für Risikopatienten in einem „Disease Management Program“ kann deren Morbidität und Mortalität günstig beeinflussen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Patienten mit Herzinsuffizienz haben nach Hospitalisierung wegen kardialer Dekompensation vor allem in der Fr&uuml;hphase nach Entlassung ein deutlich erh&ouml;htes Mortalit&auml;tsrisiko.</li> <li>Die Rehospitalisierungsrate kann in den ersten 6 Monaten bis zu 50 % betragen.</li> <li>Die Betreuung von Risikopatienten in einem &bdquo;Disease Management Program&ldquo; nach einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz reduziert ihre Morbidit&auml;t und Mortalit&auml;t.</li> </ul> </div> <p>Bis zu 2 % der Erwachsenen in den westlichen Industriel&auml;ndern haben eine Herzinsuffizienz, wobei die Zahlen mit steigendem Lebensalter deutlich zunehmen: Es sind bis zu 10 % der &uuml;ber 70-J&auml;hrigen davon betroffen. Eines der Hauptprobleme sind die immer wiederkehrenden Hospitalisierungen wegen kardialer Dekompensation und somit ist &bdquo;Herzinsuffizienz&ldquo; die h&auml;ufigste Spitalsentlassungsdiagnose von Patienten nach dem 65. Lebensjahr. Das Risiko zu sterben ist in der Fr&uuml;hphase nach der Krankenhausentlassung am h&ouml;chsten, aber auch die Rehospitalisierungsrate ist hoch, sie betr&auml;gt bis zu 50 % innerhalb der ersten 6 Monate. Diese Ergebnisse rechtfertigen eine verst&auml;rkte &Uuml;berwachung vor allem von Risikopatienten, die wegen einer Herzinsuffizienz rezidivierend hospitalisiert wurden.<br />Die Behandlung der Herzinsuffizienz ist teuer; zwei Drittel der Ausgaben werden f&uuml;r Spitalskosten aufgewendet und so tragen wiederholte Krankenhausaufenthalte stark zur enormen gesamtwirtschaftlichen Belastung durch diese Erkrankung bei.</p> <h2>Disease-Management-Programme</h2> <p>Spezielle Programme (&bdquo;Disease Management Programs&ldquo;; DMP) die auf die Obsorge f&uuml;r diese Patientengruppe nach Entlassung wegen dekompensierter Herzinsuffizienz abzielen, haben gezeigt, dass eine Reduktion der Zahl der station&auml;ren Wiederaufnahmen und der Sterblichkeit sowie eine Verbesserung der Kosteneffektivit&auml;t m&ouml;glich sind. Basierend auf dieser Evidenz weisr die Europ&auml;ische Kardiologische Gesellschaft (ESC) seit 2012 in ihren Empfehlungen darauf hin, dass die Schaffung von multidisziplin&auml;ren Versorgungsprogrammen zu empfehlen ist (Empfehlungsklasse I, Evidenzgrad A).<br />Als Charakteristikum eines solchen Programms wird vor allem die Multidisziplinarit&auml;t &ndash; also das Zusammenarbeiten verschiedener Fachgruppen (z. B. Kardiologen, praktische &Auml;rzte, Pflegepersonal etc.) angef&uuml;hrt, wobei eine kompetente Ausbildung in Hinblick auf die Erkrankung Herzinsuffizienz Voraussetzung sein sollte. Um solch ein Konzept nachhaltig im System zu verankern, wird gr&ouml;&szlig;ter Wert darauf gelegt, weitgehend auf bestehende Strukturen aufzubauen. Eine nahtlose Vernetzung und transparente Kommunikation dieses Versorgungsumfeldes &ndash; also eine Betreuung im Team &ndash; erm&ouml;glichen eine noch individuellere und zielgenauere Behandlung. Ziel dieser strukturierten Betreuung ist, dass die Patienten rasch optimal versorgt werden k&ouml;nnen und damit nicht nur die Lebensqualit&auml;t und der Krankheitsverlauf dieser chronisch Kranken positiv beeinflusst werden, sondern auch der kostenintensive intramurale Bereich entlastet wird.</p> <h2>Noch kein &ouml;sterreichweites DMP</h2> <p>Bis dato gibt es kein einheitliches &ouml;sterreichweites Disease-Management-Programm, vor allem, da die Umsetzung nur mit finanzieller Hilfe des jeweiligen Bundeslandes m&ouml;glich ist. In der Vergangenheit gab es in Ober&ouml;sterreich bereits mehrere Anl&auml;ufe auf lokaler Ebene, ein Programm zu installieren. Dies waren z. B. ein Telemonitoring-Projekt (&bdquo;Elicard&ldquo;), welches ich im Elisabethinen-Krankenhaus Linz leiten durfte, oder ein Ableger des Salzburger &bdquo;KardioMobil&ldquo;-Projekts, welches durch das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz betreut wurde. Beide Programme wurden durch die jeweiligen Krankenhaustr&auml;ger finanziert und mussten wegen des zunehmenden Spardrucks wieder eingestellt werden.</p> <h2>Herzinsuffizienz-Projekt Ober&ouml;sterreich</h2> <p>Basierend auf diesen Gegebenheiten konnte ich eine Arbeitsgruppe, bestehend aus &Auml;rzten von Schwerpunkt-Kardiologien (Elisabethinen Linz, Barmherzige Schwestern Linz, Kepler Universit&auml;tsklinikum Linz, LKH Rohrbach), dem niedergelassenen Bereich sowie spezialisiertem Fachpflegepersonal und Vertretern der mobilen Hilfsdienste initiieren, mit dem Ziel, ein Herzinsuffizienz- Projekt f&uuml;r das Land Ober&ouml;sterreich zu installieren. Ziel ist die nachhaltige Betreuung von symptomatischen Hochrisikopatienten, also jenen, die wegen dekompensierter Herzinsuffizienz hospitalisiert worden sind. Dem gingen intensive Schulungen der teilnehmenden &Auml;rzte wie auch des Fachpflegepersonals der teilnehmenden mobilen Hilfsdienste in Hinblick auf Herzinsuffizienz voran. Wir durften dann am 1. 1. 2017 in ausgew&auml;hlten Projektregionen (Linz-Stadt, Linz-Land, Urfahr- Umgebung und Bezirk Rohrbach) ein Projekt starten, wobei die Kosten zu jeweils 50 % die Ober&ouml;sterreichische Gebietskrankenkasse (O&Ouml;GKK) und das Land Ober&ouml;sterreich tragen.<br />Der Einschluss eines Patienten, der wegen dekompensierter Herzinsuffizienz station&auml;r aufgenommen worden war, erfolgte nach dessen Entlassung &uuml;ber den teilnehmenden Arzt f&uuml;r Allgemeinmedizin oder Internisten (bei Einschluss &ge; NYHA II), wobei teilweise bereits im Entlassungsbrief des Krankenhauses auf die Sinnhaftigkeit hingewiesen wurde (&bdquo;Der Patient ist f&uuml;r das Pilotprojekt &sbquo;Integrierte Versorgung f&uuml;r Patienten mit Herzinsuffizienz&lsquo; des Landes Ober&ouml;sterreich und der O&Ouml;GKK geeignet und wir empfehlen den Einschluss durch den betreuenden Hausarzt/Internisten&ldquo;). Eine mehrst&uuml;ndige Patientenschulung unter Miteinbeziehung einer Herzinsuffizienz- Pflegeperson mit dem Ziel, die Awareness und Compliance zu verbessern, war vor Einschluss unbedingt erw&uuml;nscht und wurde in den am Projekt teilnehmenden Krankenh&auml;usern regelm&auml;&szlig;ig angeboten. Zus&auml;tzlich bekam der Patient eine Informationsbrosch&uuml;re &uuml;ber Herzinsuffizienz, die uns von der Pensionsversicherung zur Verf&uuml;gung gestellt wurde.</p> <p>&nbsp;<img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_abb1.jpg" alt="" width="1000" height="467" /></p> <h2>Herzinsuffizienz-Tagebuch zentrales Dokument</h2> <p>Als zentrales Dokument ist das F&uuml;hren eines Herzinsuffizienz-Tagebuchs (t&auml;gliche Erhebung von Blutdruck, Puls, Gewicht, evtl. Eintragung von Befindlichkeit, &Uuml;bersicht &uuml;ber die aktuelle Medikation) durch den Patienten verpflichtend (Abb. 1). Es ist Basis des Selbstmanagements und gibt dem betreuenden Arzt einen besseren &Uuml;berblick &uuml;ber den Zustand des Patienten. Dieses &bdquo;Tool&ldquo; begleitet den Patienten w&auml;hrend der gesamten Betreuungsphase und ist bei jedem Arzt- bzw. Ambulanzbesuch vorzulegen. Falls notwendig, kann der Patient auf Vermittlung des betreuenden praktischen Arztes/Internisten zus&auml;tzlich eine geschulte Fachpflegeperson eines mobilen Hilfsdiensts in Anspruch nehmen, wenn dieser der Meinung ist, dass der Patient passager noch einer intensiveren Betreuung bedarf. Die Fachpflegeperson hat dann die Aufgabe, den Patienten bei den regelm&auml;&szlig;igen Eintragungen ins Herzinsuffizienz- Tagebuch zu unterst&uuml;tzen, die angeordnete Medikamenteneinnahme zu &uuml;berwachen und bei klinischer Verschlechterung den Kontakt zum betreuenden Arzt zu suchen. Regelm&auml;&szlig;ige klinische und Laborkontrollen des Patienten bei seinem einschreibenden Arzt sind verpflichtend vorgesehen. Sollte eine klinische Verschlechterung des Patienten eine station&auml;re Aufnahme notwendig machen, kann diese &uuml;ber eine &bdquo;Notfallnummer&ldquo; in den jeweiligen Projekt-Krankenh&auml;usern rasch und unb&uuml;rokratisch organisiert werden. Falls notwendig sind auch kurzfristige Konsultationen von Internisten oder die Begutachtung in der Herzinsuffizienz- Ambulanz eines der Projekt-Krankenh&auml;user m&ouml;glich. Parallel zu den Kontrollen beim betreuenden praktischen Arzt/Internisten kann auch eine geplante Nachkontrolle in der Herzinsuffizienzambulanz vorgesehen sein, wenn beim Patienten noch &uuml;ber Therapieerweiterungen (z. B. Deviceimplantationen) zu entscheiden ist. Die Abschlusskontrolle des Patienten erfolgt nach einem Jahr in der Herzinsuffizienzambulanz eines der Projekt-Krankenh&auml;user mit klinischer Untersuchung, umfassendem Labor und Echokardiografie. Dabei wird auch die Patienten-Compliance anhand des ausgef&uuml;llten Herzinsuffizienz- Tagebuchs beurteilt und erfasst, ob im Betreuungszeitraum neuerliche station&auml;re Aufnahmen wegen Herzinsuffizienz notwendig waren. Um auch Befindlichkeitsinformationen aus Patientensicht zu erhalten, wird am Beginn und nach Betreuungsabschluss der reduzierte KCCQ (Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire) ausgef&uuml;llt. Notwendige Dokumente und Informationen f&uuml;r die teilnehmenden &Auml;rzte sind auf einer daf&uuml;r eingerichteten homepage der O&Ouml;GKK bereitgestellt und abrufbar.</p> <h2>Aktueller Stand des Projekts</h2> <p>Der Einschluss von Patienten in das Projekt erfolgte bis 31. 12. 2018. Zu diesem Zeitpunkt waren insgesamt 197 Patienten ins Projekt aufgenommen worden. Beim Herzinsuffizienz-Update 2018 im November in Linz konnte ich eine Vorabauswertung einzelner Punkte pr&auml;sentieren. So zeigte sich hinsichtlich der Betreuungsmodalit&auml;t, dass Patienten mit Herzinsuffizienz im l&auml;ndlichen Bereich zu einem hohen Prozentsatz von praktischen &Auml;rzten betreut werden, w&auml;hrend sich in der Stadt vorwiegend Internisten/Kardiologen dieser Patientengruppe annehmen. Die endg&uuml;ltige Auswertung ist erst mit 31. 12. 2019 zu erwarten, wenn der letzte Patient seine Abschlusskontrolle hatte. Je nach Ergebnis ist dann mit den Kostentr&auml;gern &uuml;ber eine &Uuml;bernahme des Programms in den Regelbetrieb zu verhandeln.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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