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IMAGyn050-Studie

Atezolizumab wird als First-Line-Therapie des Ovarialkarzinoms untersucht

<p class="article-intro">Die IMAGyn050-Studie ist eine globale, multizentrische, doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie, die in Österreich von der Arbeitsgruppe für Gynäkologische Onkologie (AGO Austria) durchgeführt wird und sich gerade in der Rekrutierungsphase befindet. Die Studie ist offen für Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Ovarial-, Peritoneal- oder Tubenkarzinom (in den Stadien FIGO III und FIGO IV) und untersucht, ob die zusätzliche Gabe von Atezolizumab zur etablierten Standardtherapie einen Überlebensvorteil für Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom mit sich bringt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Das Ovarialkarzinom ist das gyn&auml;kologische Malignom mit der h&ouml;chsten Mortalit&auml;tsrate.</li> <li>Atezolizumab ist ein Anti-PDL1- Antik&ouml;rper und kann das Immunsystem gegen Tumorzellen aktivieren.</li> <li>IMAGyn050 ist die erste Studie, die ein Immunonkologikum als First-Line-Therapie bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom untersucht.</li> </ul> </div> <p>J&auml;hrlich erkranken weltweit rund 250 000 Frauen an einem Ovarialkarzinom. Besonders dramatisch ist, dass etwa 75 % der F&auml;lle erst in sp&auml;ten Stadien, das bedeutet in den Stadien FIGO III oder FIGO IV, diagnostiziert werden. Das sind Stadien, in denen das Ovarialkarzinom bereits die Grenzen des Beckens &uuml;berschritten hat und sich im Bauchraum oder im gesamten K&ouml;rper verteilen konnte.<br /> Die etablierte Standardtherapie in diesem weit fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist ein multidisziplin&auml;res Vorgehen. Entweder es wird initial eine Debulkingoperation durchgef&uuml;hrt oder die Patientin wird zuerst mittels neoadjuvanter Chemotherapie (NACT) behandelt und anschlie&szlig;end einer Operation zugef&uuml;hrt. Ziel der Operation ist es, den gesamten Tumor makroskopisch zu entfernen. Im Anschluss an die Operation wird eine platinh&auml;ltige Kombinationschemotherapie verabreicht.<br /> Ein Gro&szlig;teil der Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom erleidet ein Rezidiv und entwickelt nach und nach eine Resistenz gegen die Chemotherapie. Aufgrund dessen sterben pro Jahr etwa 140 000 Patientinnen weltweit an dieser Erkrankung und somit weist das Ovarialkarzinom die h&ouml;chste Mortalit&auml;tsrate gyn&auml;kologischer Malignome auf. In den letzten Jahren konnte durch eine Verbesserung der Chemotherapie und vor allem durch die Einf&uuml;hrung der antiangiogenetischen Therapie das &Uuml;berleben der Patientinnen verl&auml;ngert werden, allerdings konnte innerhalb der letzten drei Dekaden die Heilungsrate von Patientinnen mit Ovarialkarzinom nicht erh&ouml;ht werden. Daher steht das Ovarialkarzinom weiterhin im zentralen Fokus gyn&auml;kologisch-onkologischer Forschung.</p> <h2>Immuntherapie</h2> <p>Die Immuntherapie, vor allem in Form der Immuncheckpoint-Inhibitoren, hielt vor einigen Jahren Einzug in die Onkologie. Immuncheckpoints werden Rezeptoren auf T-Lymphozyten genannt, die die Immunantwort modulieren, das hei&szlig;t d&auml;mpfen oder steigern k&ouml;nnen. Diese Immuncheckpoints sind f&uuml;r die Immunhom&ouml;ostase enorm wichtig. Passend zu den Rezeptoren gibt es Liganden, die zum Schutz vor dem Immunsystem von k&ouml;rpereigenen Zellen exprimiert werden. Viele Tumorzellen exprimieren ebenfalls diese Liganden bzw. ist in vielen Tumoren die Expression dieser Liganden deutlich hochreguliert. Damit k&ouml;nnen sich Tumorzellen der Immunantwort entziehen, da sie vom Immunsystem toleriert werden.<br /> Immuncheckpoint-Inhibitoren sind Substanzen, die an diese Rezeptoren und/ oder Liganden binden und deren Funktion inhibieren. Damit kann das Immunsystem aktiviert und die Immunantwort verst&auml;rkt werden.<br /> In unserem Immunsystem gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Rezeptor-/Ligandenkombinationen, sogenannte &bdquo;immune pathways&ldquo;. Einer der derzeit im Fokus stehenden &bdquo;immune pathways&ldquo; ist der &bdquo;PD- 1/PD-L1 pathway&ldquo;. Hierbei steht PD-1 f&uuml;r &bdquo;programmed cell death protein 1&ldquo; und stellt den Rezeptor an der T-Zelle dar. PDL1 steht f&uuml;r &bdquo;programmed death-ligand 1&ldquo; und stellt den Liganden, der von Tumorzellen &uuml;berm&auml;&szlig;ig exprimiert werden kann, dar. Derzeit gibt es viele unterschiedliche Substanzen, die in diesen &bdquo;pathway&ldquo; eingreifen. Nivolumab und Pembrolizumab binden an und inhibieren PD-1. Atezolizumab ist neben Avelumab einer der Antik&ouml;rper, die sich gegen PD-L1 richten.<br /> In der IMAGyn050-Studie wird Atezolizumab in Kombination mit Chemotherapie und Bevacizumab als First-Line-Therapie in der Behandlung des Ovarialkarzinoms untersucht.</p> <h2>Studiendesign</h2> <p>Die IMAGyn050-Studie ist eine globale, multizentrische, doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie. Sie wird in Kooperation der Gynecologic Oncology Group, des European Network for Gynaecological Oncology Trial Groups und der Hoffmann-La Roche Ltd. durchgef&uuml;hrt. In &Ouml;sterreich wird diese Studie von der Arbeitsgruppe f&uuml;r Gyn&auml;kologische Onkologie (AGO Austria) durchgef&uuml;hrt. Derzeit partizipieren vier &ouml;sterreichische Studienzentren: die Medizinische Universit&auml;t Wien, die Medizinische Universit&auml;t Innsbruck, die Salzburger Landeskliniken und das Krankenhaus der Barmherzigen Br&uuml;der in Graz. In diese Studie werden Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Ovarial-, Peritoneal- oder Tubenkarzinom (in den Stadien FIGO III und FIGO IV) eingeschlossen. Untersucht wird, ob die zus&auml;tzliche Gabe von Atezolizumab zur etablierten Standardtherapie einen &Uuml;berlebensvorteil f&uuml;r Patientinnen mit weit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom mit sich bringt. In dieser Studie erhalten die Patientinnen entweder Carboplatin AUC 6/Paclitaxel 175mg/m<sup>2</sup> Bevacizumab 15mg/kg KG mit Placebo oder Carboplatin AUC 6/Paclitaxel 175mg/m<sup>2</sup> Bevacizumab 15mg/kg KG und Atezolizumab 1200mg.<br /> Atezolizumab ist ein humanisierter Anti- PD-L1-Antik&ouml;rper, der initial in Ovarialzellen chinesischer Hamster entwickelt wurde. Durch die Bindung von PD-L1 verhindert Atezolizumab die Bildung des PD- 1/PD-L1-Komplexes. Dadurch kann der immunsupprimierende Effekt der Tumorzelle &uuml;ber PD-L1 nicht auftreten und die T-Zelle eine Immunantwort gegen die Tumorzelle in Gang setzen.<sup>1</sup> In vielen pr&auml;klinischen, aber auch klinischen Untersuchungen zeigt Atezolizumab eine betr&auml;chtliche Wirksamkeit gegen solide Tumoren unterschiedlichen Ursprungs, wie das nicht kleinzellige Bronchuskarzinom, das maligne Melanom, das Urothel- und Nierenzellkarzinom sowie gegen das epitheliale Ovarialkarzinom.<sup>2&ndash;4</sup> In Europa ist Atezolizumab derzeit f&uuml;r die Therapie des nicht kleinzelligen Bronchuskarzinoms sowie des rezidivierten Urothelkarzinoms zugelassen.<br /> Patientinnen k&ouml;nnen in diese Studie entweder nach einer prim&auml;ren Debulkingoperation oder im Setting einer NACT eingeschlossen werden. Abbildung 1 zeigt das Studiendesign der beiden Behandlungsgruppen. Besonders interessant am Studiendesign der Gruppe prim&auml;r operierter Patientinnen (Abb. 1a) ist, dass in diese Gruppe nur Patientinnen eingeschlossen werden k&ouml;nnen, bei denen w&auml;hrend der Operation Tumorgewebe im Abdomen verblieben ist (R1). Diese Patientinnen werden dann randomisiert in einen der beiden Studienarme Carboplatin/Paclitaxel/Bevacizumab plus Placebo oder Carboplatin/Paclitaxel/ Bevacizumab plus Atezolizumab.<br /> Atezolizumab wird konkomitant zu jedem Chemotherapiezyklus verabreicht. Im Anschluss an die Chemotherapie wird Atezolizumab als Erhaltungstherapie, &auml;hnlich wie von Bevacizumab bekannt, &uuml;ber ein Jahr verabreicht.<br /> Im Setting der NACT-Gruppe (Abb. 1b) k&ouml;nnen alle Patientinnen mit nicht resektablem Ovarialkarzinom der Stadien FIGO III und IV eingeschlossen werden, sofern diese einen entsprechend guten Performance- Status aufweisen. Im Gegensatz zum &uuml;blichen klinischen Prozedere erhalten Patientinnen der NACT-Gruppe Bevacizumab auch schon w&auml;hrend der neoadjuvanten Therapiephase. Aufgrund des erh&ouml;hten Risikos f&uuml;r Wundheilungsst&ouml;rungen wird Bevacizumab perioperativ pausiert. Die Gabe von Atezolizumab muss perioperativ nicht unterbrochen werden. Die Patientengruppen werden f&uuml;r die statistischen Analysen nach dem FIGO-Stadium, dem Performance-Status, dem PD-L1-Expressionsstatus des Tumors und nach der Behandlungsgruppe stratifiziert. Der prim&auml;re Endpunkt der Studie sind sowohl das progressionsfreie als auch das Gesamt&uuml;berleben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s78_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1267" /></p> <h2>Aktueller Studienfortschritt</h2> <p>Insgesamt soll diese Studie 55 Monate dauern und 1300 Patientinnen weltweit rekrutieren. Aktuell l&auml;uft die Rekrutierung weltweit sehr gut. Die derzeit vorliegenden Rekrutierungszahlen liegen knapp &uuml;ber dem aktuellen Rekrutierungsziel. Dies liegt vor allem am gut strukturierten und konsequenten Studiendesign, das es erlaubt viele Patientinnen aus unterschiedlichen Behandlungsgruppen in die Studie einzuschlie&szlig;en. Viele Studienzentren weltweit k&ouml;nnen daher schneller rekrutieren als zuvor erwartet. Dazu z&auml;hlen auch die vier &ouml;sterreichischen Zentren, die bisher 8 Patientinnen eingeschlossen haben, und damit die Erwartungen erf&uuml;llen. Um die Studie erfolgreich abzuschlie&szlig;en, werden aktuell noch Patientinnen gesucht.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Chen DS, Mellman I: Oncology meets immunology: the cancer-immunity cycle. Immunity 2013; 39: 1-10 <strong>2</strong> Fehrenbacher L et al.: Atezolizumab versus docetaxel for patients with previously treated non-small-cell lung cancer (POPLAR): a multicentre, open-label, phase 2 randomised controlled trial. Lancet 2016; 387: 1837-46 <strong>3</strong> Infante JBF, Emens LA: Safety, clinical activity and biomarkers of atezolizumab in advanced ovarian cancer (OC). Eur Soc Med Oncol (ESMO) 2016, Poster, Abstr Poster 871p <strong>4</strong> Herbst RS et al.: Predictive correlates of response to the anti-PD-L1 antibody MPDL3280A in cancer patients. Nature 2014; 515: 563-7</p> </div> </p>
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