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State of the Art in der Diagnostik und Therapie des tripelnegativen Mammakarzinoms

<p class="article-intro">Das tripelnegative Mammakarzinom (TNBC; „triple-negative breast cancer“) umfasst eine höchst heterogene Gruppe von Karzinomen, die prognostisch ungünstig sind und sich auszeichnen durch eine besonders hohe Proliferationsrate und in jedem Fall dadurch, dass eine endokrine Therapie oder eine Antikörpertherapie wirkungslos sind. Eine hereditäre Komponente ist nicht auszuschließen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Das TNBC definiert sich durch eine fehlende &Ouml;strogen- und Progesteronrezeptorexpression sowie durch eine fehlende Amplifikation des <em>HER2</em>-Gens bzw. eine fehlende &Uuml;berexpression des entsprechenden Proteins. TNBC sind die Ursache von etwas mehr als 10 % aller Brustkrebsf&auml;lle, wobei es deutliche geografische und populationsassoziierte Unterschiede zu geben scheint. Definitionsbedingt beinhaltet die Subgruppe der TNBC eine au&szlig;erordentlich heterogene Gruppe von Karzinomen, die lediglich durch das Fehlen von tumorbiologischen Gemeinsamkeiten charakterisiert ist. TNBC zeigen ein hohes Ma&szlig; an &Uuml;berlappung mit der Gruppe der mit einem typischen Genexpressionsprofil assoziierten basalen Mammakarzinome (&bdquo;basal- like breast cancer&ldquo;). Allerdings ist &ndash; wohl auch der molekularen Heterogenit&auml;t von TNBC geschuldet &ndash; eine unkritische Vereinheitlichung der einerseits immunhistochemisch definierten (TNBC), anderseits durch die Genexpression (&bdquo;basal-like&ldquo; Subtyp) charakterisierten Tumorentit&auml;ten problematisch, da auch TNBC Genexpressionssignaturen aufweisen k&ouml;nnen, die nicht mit der &bdquo;Basal-like&ldquo;-Subtyp-Gensignatur &uuml;bereinstimmen. Schlie&szlig;lich muss bei TNBC auch eine m&ouml;glicherweise bestehende heredit&auml;re Komponente ber&uuml;cksichtigt werden. Dies ist insbesondere bei jungen Frauen, die an einem TNBC erkrankt sind, zu beachten, denn die inzwischen bei solchen F&auml;llen routinem&auml;&szlig;ig durchgef&uuml;hrte molekulargenetische Untersuchung auf erbliche Genver&auml;nderungen deckt in bis zu 20 % der F&auml;lle eine heterozygote <em>BRCA1</em>-Keimbahnmutation auf.<br /> Gerade im Hinblick auf die klinischen Konsequenzen, die sich bei Vorhandensein einer <em>BRCA</em>-Mutation ergeben, sollte zumindest bei Frauen, die zum Erkrankungszeitpunkt j&uuml;nger als 35 Jahre sind, bzw. wenn zus&auml;tzlich eine famili&auml;re Disposition vorliegt, stets an das Vorliegen einer <em>BRCA1</em>-Mutation gedacht und eine genetische Beratung angeboten werden. Bei Vorliegen von bestimmten Kriterien kann dann &ndash; wenn dies von der Patientin gew&uuml;nscht wird &ndash; eine Blutabnahme zur <em>BRCA1</em>- und <em>BRCA2</em>-Analyse durchgef&uuml;hrt werden (Tab. 1).<br /> Die genetische Beratung wird durch speziell geschulte Fach&auml;rzte durchgef&uuml;hrt. Eine aktuelle Liste der Beratungszentren in ganz &Ouml;sterreich ist unter www.brustgenberatung.at einsehbar.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s75_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1062" /></p> <h2>Ung&uuml;nstige Prognose</h2> <p>Grunds&auml;tzlich ist die Prognose bei tripelnegativem Mammakarzinom ung&uuml;nstig, da TNBC h&auml;ufig charakterisiert sind durch eine besonders hohe Proliferationsrate und in jedem Fall dadurch, dass eine endokrine Therapie bzw. eine Antik&ouml;rpertherapie wirkungslos sind. Auch das besonders ung&uuml;nstige Metastasierungsmuster mit einer Pr&auml;disposition f&uuml;r Lungen-, Leber- und Hirnmetastasen ist typisch f&uuml;r diesen Tumortyp.<br /> Derzeit stellt die Chemotherapie die einzig wirksame systemische Behandlung von tripelnegativen Mammakarzinomen dar. Da insbesondere die neoadjuvante Chemotherapie eine prognostische Bedeutung erlangt hat, werden systemische Therapien immer h&auml;ufiger im pr&auml;operativen Setting eingesetzt: Wenn es n&auml;mlich unter der Therapie zu einem kompletten oder nahezu kompletten Verschwinden des Tumors gekommen ist, so ist von einer g&uuml;nstigen Prognose auszugehen. Wenn allerdings trotz pr&auml;operativer Chemotherapie substanzielle Residuen in Brust oder in axill&auml;ren Lymphknoten zur&uuml;ckbleiben, dann ist von einer eher ung&uuml;nstigen Langzeitprognose auszugehen. Auch heute noch z&auml;hlen anthrazyklin- und taxanbasierte Chemotherapien zum State of the Art in der Behandlung des TNBC, allerdings gibt es inzwischen auch eine Reihe von &Uuml;berlegungen, die den Einsatz von platinbasierten Chemotherapien als sinnvoll erscheinen lassen. Hier sind insbesondere Daten der britischen TNT-Studie von Bedeutung, die beim lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten TNBC zeigen konnten, dass eine carboplatinbasierte Therapie (AUC6) mit einer taxanhaltigen Chemotherapie hinsichtlich der Effektivit&auml;t durchaus vergleichbar war. In einer prospektiv geplanten Auswertung nach <em>BRCA</em>-Status konnte sogar gezeigt werden, dass bei Frauen mit einer <em>BRCA1</em>- bzw. <em>BRCA2-</em>Keimbahnmutation die platinhaltige Chemotherapie den Taxanen hinsichtlich des Krankheitsfortschreitens deutlich &uuml;berlegen war.<br /> Etwas uneinheitlicher ist die Datenlage allerdings f&uuml;r das fr&uuml;he Mammakarzinom. Jedoch zeigt sich auch hier anhand der Daten der in Deutschland durchgef&uuml;hrten GeparSixto-Studie sowie der US-amerikanischen CALGB-40603-Studie &ndash; beide im neoadjuvanten Setting durchgef&uuml;hrt &ndash; eine signifikante Verbesserung in der Rate der kompletten pathologischen Remissionen durch Platine. Gro&szlig;e, prospektiv randomisierte adjuvante Studien, die den Einsatz von Platinen im Vergleich zu einer konventionellen Anthrazyklin/Taxankombination untersuchen w&uuml;rden, sind bedauerlicherweise nie durchgef&uuml;hrt worden. Die aus der Neoadjuvanz stammenden Daten reichen zumeist jedoch daf&uuml;r aus, dass insbesondere bei Vorliegen von Kontraindikationen gegen&uuml;ber Anthrazyklinen bei TNBC bereits heute ein Einsatz von Platinen durchaus erwogen werden kann.</p> <h2>Eingeschr&auml;nkte Reparaturf&auml;higkeit nach DNA-Sch&auml;den beim TNBC</h2> <p>Ein Charakteristikum von TNBC ist die eingeschr&auml;nkte Reparaturf&auml;higkeit nach DNA-Sch&auml;den, die bei etwa der H&auml;lfte der TNBC vorliegt. Sie ist h&auml;ufig &ndash; aber nicht immer &ndash; mit einer Keimbahnmutation von DNA-Reparaturgenen assoziiert, deren wichtigste und klinisch relevanteste zweifelsohne <em>BRCA1</em> und <em>BRCA2</em> sind. Aber auch pathogene Mutationen in <em>RAD51</em>, <em>CHEK2</em> oder <em>PALB2</em> f&uuml;hren zu einer Beeintr&auml;chtigung der homologen Rekombination und damit zu einer reduzierten F&auml;higkeit zur Korrektur von DNA-Einzel- und Doppelstrangbr&uuml;chen. Dieser Defekt kann allerdings auch therapeutisch ausgen&uuml;tzt werden, und ein zielgerichtetes Ausschalten der verbliebenen alternativen Reparaturmechanismen im Sinne einer &bdquo;synthetischen Letalit&auml;t&ldquo; ist das therapeutische Prinzip von sogenannten PARP(&bdquo;poly ADP ribose polymerase&ldquo;)-Inhibitoren. Diese innovative Therapie, die sich diesen Reparaturdefekt zunutze macht, wird derzeit beim TNBC intensiv beforscht. PARP-Inhibitoren sind im Therapiealgorithmus beim platinsensitiven rezidivierten Ovarialkarzinom therapeutischer Standard, und 2 rezente Studien (EMBRCA und OlympiAD) zeigten nun auch eine beeindruckende Wirksamkeit beim fortgeschrittenen Mammakarzinom &ndash; zumindest in jenen F&auml;llen, in denen eine <em>BRCA1</em>- oder <em>BRCA2</em>-Mutation vorlag. Hier konnte der Einsatz der PARP-Inhibitoren Olaparib und Niraparib im Vergleich zu einer Monochemotherapie eine signifikante und klinisch relevante Verl&auml;ngerung des progressionsfreien &Uuml;berlebens erzielen.<br /> Mit der Zulassung von PARP-Inhibitoren in diesem Setting ist noch im Jahr 2018 zu rechnen. Da die Zulassung wohl an das Vorhandensein einer <em>BRCA</em>-Keimbahnmutation gekn&uuml;pft sein wird, ergibt sich daher die Notwendigkeit &ndash; insbesondere bei tripelnegativen Mammakarzinomen, aber auch bei aggressiv verlaufenden rezeptorpositiven Mammakarzinomen &ndash; eine genetische Testung durchzuf&uuml;hren, um bei Vorliegen einer <em>BRCA1</em>- oder <em>BRCA2</em>-Mutation eine PARP-Inhibitor-Therapie zu erm&ouml;glichen. Eine Reihe von PARP-Inhibitor-Therapien wird inzwischen auch im neoadjuvanten Setting und im Rahmen von klinischen Studien in Kombination mit Platinen bzw. Taxanen eingesetzt, und erste Studien untersuchen bereits die Kombination von PARP-Inhibitoren mit Immuncheckpoint-Inhibitoren.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Das TNBC ist eine heterogene Gruppe von Tumoren, bei denen es bislang keinen pr&auml;diktiven Marker f&uuml;r ein Therapieansprechen gibt. Somit stellen heute systemische Chemotherapien die einzige zugelassene Therapieoption sowohl im fr&uuml;hen als auch im fortgeschrittenen Stadium dar. Zumindest im fortgeschrittenen Stadium steht mit der Gruppe der PARP-Inhibitoren bald eine wirksame und schonende Alternative zur Chemotherapie zur Verf&uuml;gung, und auch erste Daten von immunologischen Therapieans&auml;tzen lassen diese Option als m&ouml;glicherweise hilfreich erscheinen. Allerdings ist die Immuntherapie des TNBC noch l&auml;ngst nicht in der Klinik angekommen. Gerade vor diesem Hintergrund sollten Patientinnen mit tripelnegativen Mammakarzinomen wenn irgend m&ouml;glich im Rahmen von klinischen Studien betreut werden.</p> </div></p>
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