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Neuerungen in der Therapie indolenter Lymphome

<p class="article-intro">Das mit Abstand häufigste aller indolenten NHL ist das follikuläre Lymphom (FL). Insgesamt haben in der letzten Zeit die Therapiemöglichkeiten sowohl in der ersten Linie als auch im Rezidiv zugenommen. Beim diesjährigen EHA-Meeting wurden erstmals Daten zu einem „chemotherapiefreien“ Konzept in einem randomisierten Vergleich zur Standard-Immunchemotherapie präsentiert. Des Weiteren wurde erstmals beim Marginalzonenlymphom (MZL) der Benefit einer Rituximab-Erhaltungstherapie im Rahmen einer Phase-III-Studie analysiert. Interessante neue Daten zur Therapie des Morbus Waldenström (MW) wurden ebenfalls präsentiert.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>F&uuml;r die Erstlinientherapie beim FL gibt es mehrere M&ouml;glichkeiten; ein chemotherapiefreies Konzept mit Lenalidomid ist nicht &uuml;berlegen, aber gleich effektiv wie Immunchemotherapie.</li> <li>Eine Rituximab-Erhaltungstherapie verl&auml;ngert das PFS auch beim MZL.</li> <li>Ibrutinib kann als &bdquo;targeted therapy&ldquo; bei MW eingesetzt werden.</li> </ul> </div> <h2>Follikul&auml;res Lymphom (FL)</h2> <p>Das follikul&auml;re Lymphom zeigt meist &uuml;ber Jahre hinweg einen langsamen Krankheitsverlauf und wird zu 90 % erst in den fortgeschrittenen Stadien III/IV diagnostiziert. In diesen Stadien ist erst bei Symptomen eine Therapie indiziert (lymphombedingte Organdysfunktion, h&auml;matologische Insuffizienz, &bdquo;bulky disease&ldquo;, B-Symptomatik). Das Therapieziel ist ein m&ouml;glichst gutes Therapieansprechen, gefolgt von einer m&ouml;glichst langen therapiefreien Zeit bei Erhalt der Lebensqualit&auml;t.</p> <p><strong>Zugabe der CD20-Antik&ouml;rper zur Chemotherapie</strong><br /> Seit der Zugabe der CD20-Antik&ouml;rper zur Chemotherapie konnte eine Verl&auml;ngerung der &Uuml;berlebenszeit erzielt werden, eine alleinige Antik&ouml;rpertherapie im Anschluss als Erhaltung verl&auml;ngert das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS). Als Standard galt lange Zeit eine Immunchemotherapie, wobei sich hierzulande eine Kombination aus Rituximab mit Bendamustin durchgesetzt hat.<sup>1</sup> Dennoch relapsieren einige Patienten fr&uuml;hzeitig, diese haben ein k&uuml;rzeres Gesamt&uuml;berleben. Es gilt daher g&auml;ngige Immunchemotherapien noch weiter zu verbessern.<br /> Obinutuzumab ist ein &bdquo;glycoengineered&ldquo; Typ-II-Anti-CD20-Antik&ouml;rper, der durch eine st&auml;rkere zellvermittelte Zytotoxizit&auml;t gekennzeichnet ist. Die GALLIUM- Studie verglich bei nicht vorbehandelten Patienten mit FL eine Rituximab-basierte Chemotherapie mit einer Obinutuzumab- basierten Chemotherapie (Randomisierung 1:1).<sup>2</sup> Anschlie&szlig;end wurde der jeweils gleiche Antik&ouml;rper wie in der Induktionstherapie als Erhaltungstherapie alle 2 Monate f&uuml;r die Dauer von 2 Jahren verabreicht. Insgesamt wurden 1202 Patienten in die Studie eingeschlossen. Der prim&auml;re Endpunkt war das PFS. Nach einem medianen Follow-up von 34,5 Monaten konnte der prim&auml;re Endpunkt eines signifikant l&auml;ngeren PFS in der Obinutuzumab- Gruppe erreicht werden (HR: 0,66; p=0,001). Die Rate des PFS nach 3 Jahren betrug 80 % im Obinutuzumab-Arm und 73,3 % im Rituximab-Arm. Das Risiko f&uuml;r Progress, Rezidiv oder Tod verringerte sich von 24 % im Rituximab-Arm auf 16,8 % im Obinutuzumab-Arm. Bez&uuml;glich der Ansprechrate fand sich in beiden Therapiearmen kein Unterschied, auch in Bezug auf das Gesamt&uuml;berleben unterschieden sie sich nicht. Die Toxizit&auml;ten waren tendenziell im Obinutuzumab-Arm st&auml;rker ausgepr&auml;gt. Die h&auml;ufigsten schwerwiegenden Komplikationen waren infusionsassoziierte Reaktionen (Obinutuzumab: 4,4 % ; Rituximab: 1,8 % ), Neutropenie (2,9 % vs. 3,2 % ), febrile Neutropenie (3,0 % vs. 2,2 % ) oder Pneumonie (2,4 % vs. 3,0 % ). Nach erfolgter Induktionstherapie hat sich seit der PRIMA-Studie eine sogenannte Erhaltungstherapie mit einem CD20-Antik&ouml;rper etabliert.<sup>3</sup> In einem 10-Jahres- Follow-up konnte rezent die positive Auswirkung auf das progressionsfreie &Uuml;berleben best&auml;tigt werden.<sup>4</sup></p> <p><strong>Chemotherapiefreie Konzepte</strong><br /> Insgesamt stehen nun in der Erstlinientherapie zwei monoklonale Antik&ouml;rper und mehrere Chemotherapieschemata zur Wahl. Eine interessante Alternative als chemotherapiefreies Konzept k&ouml;nnte die Kombination aus der immunmodulierenden Substanz Lenalidomid und Rituximab darstellen.<sup>5</sup><br /> Beim EHA-Meeting wurden erste Ergebnisse einer gro&szlig;en randomisierten Phase-III-Studie (RELEVANCE) pr&auml;sentiert, in der dieses Konzept mit der standardm&auml;&szlig;igen Immunchemotherapie verglichen wird.<sup>6</sup> Es wurden 1030 Patienten mit nicht vorbehandeltem weit fortgeschrittenem FL eingeschlossen. Randomisiert wurde 1:1 in einen &bdquo;R<sup>2</sup>&ldquo;-Arm (Rituximab, Lenalidomid) und einen &bdquo;RChemo&ldquo;- Arm (Rituximab plus CHOP, Bendamustin, oder CVP). Weitere Analysen und Follow-ups werden erwartet. Die Studie wurde als &Uuml;berlegenheitsstudie f&uuml;r R<sup>2</sup> bez&uuml;glich der Rate an kompletten Remissionen (CR) und PFS angelegt. Nach einem medianen Follow-up von 37,9 Monaten wurde jedoch weder der Endpunkt verbesserte CR-Rate noch der der verbesserten PFS-Rate erreicht. Die CR-Rate f&uuml;r R<sup>2</sup> betrug 48 % , f&uuml;r R-Chemo 53 % (p=0,13), die 3-Jahres-PFS-Rate 77 % versus 78 % (p=0,48). Die vorzeitige Auswertung der 3-Jahres-Gesamt&uuml;berlebensrate ergab f&uuml;r beide Arme 94 % .<br /> Unterschiede ergaben sich in beiden Therapiearmen bez&uuml;glich der Nebenwirkungen. Im R-Chemo-Arm kam es h&auml;ufiger zu Grad-3/4-Neutropenien (50 % vs. 34 % ) und febrilen Neutropenien (6 % vs. 2 % ). Daf&uuml;r kam es im R<sup>2</sup>-Arm h&auml;ufiger zu Diarrh&ouml;en und kutanen Reaktionen. Die Rate an Sekund&auml;rmalignomen war in beiden Therapiearmen nicht unterschiedlich.<br /> Insgesamt war diese Studie, die auf eine &Uuml;berlegenheit von R<sup>2</sup> ausgerichtet war, negativ, jedoch steht nun eine weitere Therapieform in der Erstlinie beim FL zur Verf&uuml;gung und k&ouml;nnte aufgrund des Toxizit&auml;tsprofils bei gewissen Patienten eine Therapie der Wahl, schon in der ersten Linie, sein.</p> <p><strong>Rolle einer Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation</strong><br /> Beim relapsierten FL ist die Rolle einer Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation (ASCT) nicht vollst&auml;ndig gekl&auml;rt.<sup>7</sup> Es wurde eine Analyse aus einem Register (GELTAMO-Register) mit 155 Patienten pr&auml;sentiert.<sup>8</sup> Es wurde eine &bdquo;Early treatment failure&ldquo;-Kohorte (&bdquo;ETFKohorte&ldquo;) definiert mit Patienten, die nicht einmal eine PR erreichten oder einen Relaps innerhalb von 2 Jahren erlitten. Die Rate des PFS nach 5 Jahren war in der &bdquo;Non-ETF-Kohorte&ldquo; signifikant h&ouml;her (58 vs. 45 % ; p=0,016). Aber: Bei ETF-Patienten, die innerhalb eines Jahres transplantiert worden waren (n=55), war die PFS-Rate nach 5 Jahren nicht signifikant geringer (55 % ). Die 5-Jahres-&Uuml;berlebensrate bei ETF vs. Non-ETF betrug 77 % vs. 70 % (p=0,27), damit liegt hier kein signifikanter Unterschied vor. Bei ETF-Patienten, die in einer CR transplantiert wurden, fand sich ein Plateau (PFS und OS) bei 40 % nach einer Beobachtungszeit von 12 Jahren.<br /> Diese Daten best&auml;tigen, dass die Hochdosistherapie mit ASCT bei relapsiertem FL eine kurative Therapieoption f&uuml;r manche Patienten darstellen k&ouml;nnte.</p> <h2>Marginalzonenlymphom (MZL)</h2> <p>Die Immunchemotherapie mit Rituximab und Bendamustin (RB) ist bei indolenten Lymphomen eine etablierte Therapieform. Beim FL gibt es ausreichend Evidenz, dass eine Erhaltungstherapie mit Rituximab (R) alleine im Anschluss an die Immunchemotherapie das PFS verl&auml;ngert. Beim MZL gab es bisher keine randomisierten Studien bzgl. des Nutzens einer Rituximab-Erhaltungstherapie. Beim EHA-Meeting wurde eine gro&szlig;e, multizentrische, randomisierte Studie mit &ouml;sterreichischer Beteiligung zur Erhaltungstherapie beim MZL pr&auml;sentiert (StiL NHL72008- MAINTAIN)<sup>10</sup>.<br /> Nach erfolgter Induktionstherapie mit RB wurden 104 Patienten in einen Beobachtungsarm (n=51) und einen R-Erhaltungsarm (n=53) randomisiert. Patienten im R-Erhaltungsarm erhielten R alle 2 Monate f&uuml;r 2 Jahre. Der prim&auml;re Endpunkt der Studie war das PFS.<br /> Die Gesamtansprechrate nach Induktionstherapie war mit 91 % hoch und best&auml;tigt die gute Wirksamkeit von RB auch beim MZL. Nach einem medianen Followup von 78 Monaten zeigte sich ein statistisch signifikant verl&auml;ngertes PFS f&uuml;r den R-Erhaltungstherapiearm (HR: 0,33; p=0,0047; Abb. 1). Beim Gesamt&uuml;berleben fand sich kein signifikanter Unterschied. Es konnten keine unerwarteten Toxizit&auml;ten festgestellt werden, insbesondere kam es erfreulicherweise nicht zu der hohen Anzahl an fatalen Infektionen w&auml;hrend der R-Erhaltung nach RB wie bei der GALLIUM-Studie. Im Beobachtungsarm verstarben 10 Patienten (20 % ), im R-Erhaltungsarm 6 (11 % ). Im Beobachtungsarm erlitten 6 Patienten ein Sekund&auml;rmalignom, im R-Erhaltungsarm 1 Patient.<br /> Insgesamt verl&auml;ngerte eine R-Erhaltungstherapie das PFS, erstmals in einer randomisierten Studie auch beim MZL.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s60_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="968" /></p> <h2>Morbus Waldenstr&ouml;m</h2> <p>Beim Morbus Waldenstr&ouml;m (Waldenstr&ouml;m&rsquo;s Macroglobulinemia, MW) handelt es sich um eine seltene Entit&auml;t von indolenten Lymphomen, die durch Symptome der IgM-Paraprotein&auml;mie (Hyperviskosit&auml;tssyndrom) und der Knochenmarksinfiltration (An&auml;mie) gekennzeichnet ist.<br /> In einer Phase-II-Studie wurden vorbehandelte Patienten mit dem BCL2-Inhibitor Venetoclax behandelt.<sup>11</sup> Die Gesamtansprechrate betrug 80 % , die Major-Response- Rate 53 % .<br /> Eine randomisierte Phase-III-Studie verglich eine Therapie mt Ibrutinib/Rituximab mit Placebo/Rituximab.<sup>12</sup><br /> Wie zu erwarten war das PFS unter Ibrutinib/Rituximab signifikant verl&auml;ngert (HR: 0,20; p&lt;0,0001; Abb. 2), auch die Ansprechraten waren signifikant besser in allen genetischen Subgruppen (<em>MYD88</em>- und <em>CXCR4</em>-Mutationsstatus). Weiters kam es zu einer signifikant gr&ouml;&szlig;eren Reduktion der Paraprotein&auml;mie und zu einem Anstieg des H&auml;moglobinwerts. Die Rate an Pneumonien und Vorhofflimmern war im Ibrutinib/Rituximab- Arm h&ouml;her, sonst kam es zu keinen unerwarteten Toxizit&auml;ten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s61_abb2.jpg" alt="" width="1458" height="818" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Rummel MJ et al.: Bendamustine plus rituximab versus CHOP plus rituximab as first-line treatment for patients with indolent and mantle-cell lymphomas: an open-label, multicentre, randomised, phase 3 non-inferiority trial. The Lancet 2013; 381: 1203-10 <strong>2</strong> Marcus R et al.: Obinutuzumab for the first-line treatment of follicular lymphoma. N Engl J Med 2017; 377: 1331-44 <strong>3</strong> Salles G et al.: Rituximab maintenance for 2 years in patients with high tumour burden follicular lymphoma responding to rituximab plus chemotherapy (PRIMA): a phase 3, randomised controlled trial. The Lancet 2011; 377: 42-51 <strong>4</strong> Salles G et al.: Long-term follow-up of the PRIMA study: half of patients receiving rituximab maintenance remain progression free at 10 years. Blood (ASH Annual Meeting Abstracts) 2017; 130: 486 <strong>5</strong> Fowler NH et al.: Safety and activity of lenalidomide and rituximab in untreated indolent lymphoma: an open-label, phase 2 trial. Lancet Oncol 2014; 15(12): 1311-8 <strong>6</strong> Morschhauser F et al.: RELEVANCE: Phase III randomized study of lenalidomide plus rituximab (R2) versus chemotherapy plus rituximab, followed by rituximab maintenance, in patients with previously untreated follicular lymphoma. EHA 2018; Abstract S154 <strong>7</strong> Kothari J et al.: Autologous stem cell transplantation for follicular lymphoma is of most benefit early in the disease course and can result in durable remissions, irrespective of prior rituximab exposure. Br J Haematol 2014; 165(3): 334-40 <strong>8</strong> Jimenez A et al.: EHA 2018, poster presentation <strong>9</strong> Michot JM et al.: EHA 2018, oral presentation <strong>10</strong> Rummel M et al.: Two years Rituximab maintenance vs. observation after first line treatment with bendamustine plus rituximab in patients with marginal zone lymphoma (MZL): results from the StiL NHL7-2008 MAINTAIN trial. EHA 2018, oral presentation <strong>11</strong> Castillo JJ et al.: EHA 2018, oral presentation <strong>12</strong> Dimoupulos MA et al.: Randomized phase III trial of Ibrutinib/Rituximab vs. Placebo/Rituximab in Waldenstr&ouml;m&rsquo;s macroglobulinemia. EHA 2018, oral presentation</p> </div> </p>
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