© artisteer iStockphoto

In Zeiten des Aufbruchs

<p class="article-intro">Am 1. September 2018 übernahm Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Peter Weninger offiziell die Professur für Dermatologie und Venerologie an der MUW sowie die Leitung der Universitätsklinik für Dermatologie am AKH Wien. Weninger absolvierte seine medizinische Ausbildung in Wien, bevor er zunächst in die USA und anschließend nach Australien ging, wo er den Bereich akademische Dermatologie an der Sydney Medical School sowie den klinischen Bereich Dermatologie am Royal Prince Alfred Hospital, Sydney, leitete. Restrukturieren mit Effizienz, Güte und Verstand wird nun in Wien seine Aufgabe sein.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Herr Professor Weninger, bitte skizzieren Sie kurz Ihren Werdegang.<br />W. P. Weninger:</strong> Ich habe die Ausbildung an der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Dermatologie in Wien in den 1990er-Jahren absolviert und bin danach als wissenschaftlicher Postdoc f&uuml;r vier Jahre nach Boston gegangen. Das gefiel mir so gut, dass ich noch weitere vier Jahre in Philadelphia als Assistenzprofessor angeh&auml;ngt habe. 2007 wurde ich nach Sydney berufen und habe den Lehrstuhl f&uuml;r Dermatologie an der Universit&auml;t Sydney und gleichzeitig die Leitung einer klinischen Abteilung an einem der Ausbildungskrankenh&auml;user in Sydney &uuml;bernommen. Im September 2018 wurde ich an die MUW berufen, um die Dermatologie hier zu &uuml;bernehmen, und ich bin seit Oktober in Wien.</p> <p><strong>Als Sch&uuml;ler von Prof. Georg Stingl galt Ihr Forschungsinteresse der Immunologie. Welches sind Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte?<br />W. P. Weninger:</strong> Richtig, mein wissenschaftliches Interesse gilt speziell der Immunologie, und zwar der Entz&uuml;ndungsforschung im Tiermodell, dar&uuml;ber hinaus habe ich mich mit der intravitalen Multiphotonen-Mikroskopie (MPIVM) besch&auml;ftigt. Die MP-IVM ist eine gro&szlig;artige bildgebende Methode, mit der es gelingt, Immunzellen in ihrer nativen Umgebung zu visualisieren, um sie direkt in der Haut und auch anderen Organen verfolgen zu k&ouml;nnen. Damit kann man ganz spezifische Zelltypen verfolgen. In unseren Studien haben wir neue Immunzellen entdeckt und deren Funktion in Hauterkrankungen. Zum Beispiel waren wir die Ersten, die kutane &bdquo;innate lymphoid cells&ldquo;, sogenannte ILC, beschrieben haben. Wir haben dann gezeigt, dass ILC in der allergischen Reaktion eine Rolle spielen. Weiters haben wir eine T-Zell-Population in der Haut entdeckt und gefunden, dass diese Zellen die Immunantwort gegen bakterielle Infektionen regulieren.</p> <p><strong>Nach 18 Jahren Auslandsaufenthalt erwartet Sie eine gro&szlig;e Aufgabe in Wien. Wie wollen Sie den neuen Herausforderungen begegnen?<br />W. P. Weninger:</strong> Die Herausforderungen, die hier auf mich warten, sind gro&szlig;, aber zu bew&auml;ltigen. Bereits Anfang des Jahres 2018 hat der interimistische Leiter Prof. Peter Petzelbauer die zwei klinischen Abteilungen (vormals Profs. Stingl und Pehamberger) zusammengef&uuml;hrt, fr&uuml;her existierten mit der unter Prof. H&ouml;nigsmann sogar drei klinische Abteilungen. Eine einzige Abteilung hat nat&uuml;rlich gro&szlig;e organisatorische Vorteile. Eine straffe Restrukturierung ist wichtig f&uuml;r die Ausbildung und Patientenbetreuung. Mein Ziel ist es, das Gesamtfach, so wie es im neuen Curriculum festgelegt ist, an unserer Abteilung anzubieten. Da die Breite der Dermatologie oft untersch&auml;tzt wird, ist das gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Die &ouml;sterreichische Dermatologie spannt den Bogen von HIV-Infektion, Dermatoonkologie, Immundermatologie, operativer Dermatologie &uuml;ber STD und Phlebologie bis zur Allergologie etc. Die dermatologische Abteilung am AKH Wien ist m&ouml;glicherweise die letzte, die noch alles anbieten k&ouml;nnen wird. Patienten mit HIV-Infektion werden historisch in &Ouml;sterreich und Deutschland &ndash; und das ist ein gewisses Spezifikum &ndash; von Dermatologen betreut, in anderen L&auml;ndern sind es oft Infektiologen.<br />Eine weitere Herausforderung wird der Ausbau der modernen konservativen Dermatologie sein, wobei es in erster Linie um die Behandlung entz&uuml;ndlicher Hauterkrankungen wie etwa Psoriasis, Hidratenitis suppurativa und atopischer Dermatitis geht. Weiters wurde in den letzten Jahren die Therapie des Melanoms revolutioniert; in der Tat erzielt man hier mit &bdquo;targeted therapies&ldquo; und Immuntherapien spektakul&auml;re Erfolge. Um international mithalten zu k&ouml;nnen, m&uuml;ssen wir diese Bereiche weiter durch die Schaffung von Kompetenzzentren verst&auml;rken. Aber auch im Bereich der operativen Dermatologie m&ouml;chten wir zur Spitze in Europa z&auml;hlen.<br />Ein dritter Aspekt ist die wissenschaftliche Seite: Die Wiener Dermatologische Schule war traditionell eine der f&uuml;hrenden Kliniken weltweit. Ganz zur&uuml;ckgehend an die Anf&auml;nge, denken Sie an Namen wie Ferdinand von Hebra, Moritz Kaposi bis in die 1990er-Jahre mit Prof. Klaus Wolff und zuletzt Prof. Georg Stingl. Darauf aufbauend m&ouml;chte ich die Wiener Dermatologie wissenschaftlich noch prominenter machen, als sie es jetzt schon ist.</p> <p><strong>Welchen Stellenwert hat f&uuml;r Sie die klinische Patientenversorgung an einer Universit&auml;tsklinik?<br />W. P. Weninger:</strong> Wir haben einen klaren Versorgungsauftrag und die klinische Exzellenz hat f&uuml;r mich einen gro&szlig;en Stellenwert. Der klinische Bereich muss straffer gef&uuml;hrt werden, gewisse Redundanzen sind zu vermeiden bzw. zu beheben und auch Kommunikationsschw&auml;chen m&uuml;ssen beseitigt werden. Jeder Bereich wird seinen Abteilungsleiter als Ansprechpartner haben. Nach kleineren Justierungen plane ich, dass das neue Organisationssystem im Februar/ M&auml;rz 2019 implementiert wird.</p> <p><strong>Wie wollen Sie die Zusammenarbeit mit dem Allgemeinmediziner und den niedergelassenen Dermatologen verbessern?<br />W. P. Weninger:</strong> Es ist f&uuml;r mich ganz wichtig, die Allgemeinmediziner zu erreichen. Wir sehen uns dazu verpflichtet &ndash; auch weil die Dermatologie im neuen Curriculum der Ausbildung zum Allgemeinmediziner nur mehr als Wahlpflichtfach gelehrt wird &ndash;, dem Allgemeinmediziner bestimmte dermatologische Inhalte und Botschaften zu vermitteln.<br />Wir wollen aber auch die Kommunikation zwischen den niedergelassenen Dermatologen und dem Spitalsbereich verbessern. Gemeinsam mit der &Ouml;GDV sind verschiedene Modelle angedacht; so sollen die Niedergelassenen komplizierte F&auml;lle rasch in die Ambulanz schicken k&ouml;nnen, zum Beispiel im Rahmen einer eigenen Chefambulanz, oder in eine der vielen Spezialambulanzen.<br />Eine weitere Idee w&auml;re, dass man niedergelassene Kollegen zum Hospitieren in die Spezialambulanzen einl&auml;dt, zum Beispiel in unsere neue Bio-Immun- Ambulanz, in der man Interessierte praktisch schult, worauf es bei der Einstellung des Patienten auf ein Biologikum ankommt, welche Basiskontrollen n&ouml;tig sind und worauf aufzupassen ist. Somit verbessern wir einerseits die Kommunikation, andererseits gibt es viel aus dem vorhandenen Erfahrungsschatz zu lernen und letztlich profitieren beide Seiten voneinander.</p> <p><strong>Wie stehen Sie zur Telemedizin in der Dermatologie?<br />W. P. Weninger:</strong> Telemedizin ist technologisch einfach und macht Sinn. Die Dermatologie ist auch ein Fach, das sich f&uuml;r die Telemedizin hervorragend anbietet. Man macht ein Foto und schickt es an Kollegen weiter, allerdings ist der Datenschutz ein ungel&ouml;stes Problem dabei. Aufgrund der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist es nicht mehr so einfach m&ouml;glich, Patientenbilder zu verschicken. Die Telemedizin wird aufgrund der neuen Bestimmungen erschwert, wenn nicht unm&ouml;glich gemacht. Was wir br&auml;uchten, ist eine juristische Klarstellung. Die Patienten sind auf jeden Fall zu sch&uuml;tzen.</p> <p><strong>Wie wichtig ist die p&auml;diatrische Dermatologie f&uuml;r Sie? Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit Kinder&auml;rzten?<br />W. P. Weninger:</strong> Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, und die Kinderdermatologie sollte in &Ouml;sterreich einen gr&ouml;&szlig;eren Stellenwert besitzen. Im Gegensatz zum Ausland, wo es Lehrst&uuml;hle f&uuml;r Kinderdermatologie gibt, wurde die p&auml;diatrische Dermatologie auf dieser Klinik nie in extenso betrieben. Im Zuge der Reorganisation wird es eine eigene p&auml;diatrische Ambulanz geben, und wir sind nat&uuml;rlich an einer Zusammenarbeit mit P&auml;diatern sehr interessiert. Wir planen im Rahmen des neu eingerichteten Comprehensive Center for Pediatrics an der MUW interdisziplin&auml;r mit Kinder&auml;rzten komplizierte F&auml;lle zu besprechen.</p> <p><strong>Wie ist Ihre Haltung zur &auml;sthetischen Dermatologie?<br />W.P. Weninger:</strong> Wir werden k&uuml;nftig auch eine &auml;sthetische Ambulanz anbieten und nat&uuml;rlich wollen wir Studien zu &auml;sthetischen Fragestellungen durchf&uuml;hren. &Auml;sthetische Dermatologie ist jetzt auch Teil der Facharztausbildung und sollte dementsprechend auch gelehrt werden.</p> <p><strong>Welche sind Ihre kurz-, mittel- und langfristigen Pl&auml;ne?</strong><br /><strong>W. P. Weninger:</strong> Wir wollen eine moderne, inklusive Klinik sein, in der das gesamte Spektrum der Dermatologie in Kooperation mit anderen F&auml;chern und den niedergelassenen Kollegen diagnostiziert, behandelt und auch akademisch abgedeckt wird. Und ich lege an meiner Klinik Wert auf eine fundierte Ausbildung der Assistenten und Studenten. Ich habe keine Ber&uuml;hrungs&auml;ngste mit anderen F&auml;chern. Ich m&ouml;chte niemanden ausschlie&szlig;en, wir wollen hochqualitativ und inklusiv arbeiten. Nat&uuml;rlich wollen wir auch wissenschaftlich zur Weltspitze geh&ouml;ren, sowohl im Grundlagenbereich als auch in der translationalen und klinischen Wissenschaft.</p> <p><em><strong> Vielen Dank f&uuml;r das Interview!</strong></em></p></p>
Back to top