© KatarzynaBialasiewicz iStockphoto

Lymphome

Wird die CAR-T-Zell-Therapie die allogene Transplantation ersetzen?

<p class="article-intro">Die Oxford-Debatte gibt zwei Rednern die Möglichkeit, ungestört von Zwischenfragen klar abgegrenzte Pro- und Kontra-Seiten zu einem festgelegten Thema zu vertreten. In einer Oxford-Debatte zum Thema „Wird die CAR-T-Zell-Therapie die allogene Transplantation beim Lymphom ersetzen?“ vertraten Marion Subklewe, Universitätsklinikum München, und Dolores Caballero, Universitätsklinik Salamanca, im Rahmen des ESMO die gegensätzlichen Standpunkte.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Mit R-CHOP-21 oder R-CHOP-14 werden etwa zwei Drittel der neu diagnostizierten Patienten mit diffusem gro&szlig;zelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) geheilt.<sup>1</sup> Patienten, die nach R-CHOP-21 rezidivieren, haben eine schlechte Prognose, insbesondere bei einem Rezidiv innerhalb von einem Jahr.<sup>2</sup> Refrakt&auml;re DLBCL-Patienten &uuml;berleben laut Ergebnissen der retrospektiven Metaanalyse SCHOLAR-1 median 6,3 Monate. Es sprachen 26 % der 636 in die Analyse eingeschlossenen Patienten auf die Salvage-Therapie an.<sup>3</sup> Die Stammzelltransplantation ist der Therapiestandard f&uuml;r Patienten mit rezidiviertem oder refrakt&auml;rem DLBCL.</p> <h2>Pro: Die CAR-T-Zell-Therapie wird die allogene Stammzelltransplantation ersetzen!</h2> <p>Die Stammzelltransplantation (ASCT) habe signifikante Limitationen, erkl&auml;rte Subklewe. Aufgrund von Alter, Gebrechlichkeit, Komorbidit&auml;ten, kognitiver und k&ouml;rperlicher Kondition seien Patienten h&auml;ufig f&uuml;r die ASCT ungeeignet. Der Erfolg der ASCT h&auml;nge von der Abfolge der Chemotherapien vor der Transplantation ab, weil diese einen Einfluss auf die Chemoresistenz haben. Die R&uuml;ckfallrate nach Stammzelltransplantation sei hoch, mit dann schlechter &Uuml;berlebensprognose von median 9 Monaten. Die allogene Stammzelltransplantation geht mit einem etwa 20 % igen Mortalit&auml;tsrisiko einher und es bestehe eine signifikante Beeintr&auml;chtigung durch die Graft-versus-Host-Erkrankung.<br /> Interessant bez&uuml;glich der CAR-T-Zell- Therapie sind insbesondere die Zweitgenerations- CD19-CAR-T.<sup>4</sup> Alle drei Substanzen wurden in Phase-II-Studien gepr&uuml;ft und zeigten bei einem Klientel mit hohem Anteil an refrakt&auml;ren Patienten (55&ndash;74 % ) und mehrheitlich &ge;3 Vortherapien, darunter Stammzelltransplantationen bei 23&ndash;49 % der Patienten, vielversprechende Ergebnisse. Die JULIET-Studie untersuchte Tisagenlecleucel bei erwachsenen DLBCL-Patienten.<sup>5</sup> In die Studie wurden 165 Patienten eingeschlossen, von denen 111 die ver&auml;nderten T-Zellen zur&uuml;ckinfundiert bekamen. F&uuml;r ein Ansprechen waren 93 der Studienteilnehmer auswertbar. Ein Ansprechen wurde bei 52 % der Patienten erreicht, eine komplette Remission nach 12 Monaten bei 40 % der Patienten. 49 % der Patienten &uuml;berlebten 12 Monate. Von den Patienten, die nach 3 Monaten ein Ansprechen zeigten, waren 83 % nach 12 Monaten ohne Progress. Die rezidivfreie &Uuml;berlebensrate nach 12 Monaten betrug 78,5 % f&uuml;r Patienten mit kompletter Remission und 65 % f&uuml;r alle ansprechenden Patienten. Subklewe betonte, dass Tisagenlecleucel- Transgene bis zu 2 Jahre im peripheren Blut ansprechender Patienten nachgewiesen wurden. Die 1-Jahres- Gesamt&uuml;berlebens(OS)-Rate betrug 49 % f&uuml;r alle Patienten, die eine Infusion erhalten hatten, und 95 % f&uuml;r Patienten mit Komplettremission (Abb. 1).<br /> In ZUMA-1 wurden 111 Patienten rekrutiert, von denen 101 Patienten Axicabtagene ciloleucel erhielten. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15,1 Monaten zeigten 72 % der Patienten nach 12 Monaten ein Ansprechen, 51 % eine komplette Remission.<sup>6</sup> Die 1-Jahres-OSRate betrug 60,4 % . Die TRANSCENDNHL- 001-Studie untersuchte 134 Patienten, von denen 114 Lisocabtagene maraleucel erhielten und 102 auswertbar waren. Es sprachen 75 % der Patienten auf die Therapie an, 55 % erreichten eine komplette Remission.<sup>7</sup> Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8 Monaten betrug die 1-Jahres-OS-Rate f&uuml;r Patienten mit kompletter Remission 87 % und f&uuml;r alle auswertbaren Patienten 59 % .<br /> Bez&uuml;glich der Sicherheit sei zu beachten, dass in der JULIET-Studie die Pennund in ZUMA-1 sowie TRANSCEND NHL 001 die Lee-Kriterien zur Schweregradbestimmung des Zytokinsturms (CRS) verwendet wurden, bemerkte Subklewe. Es kam zu einem CRS Grad &ge;3 bei 24 % in der JULIET-Studie sowie bei 13 % und 1 % in den Studien ZUMA-1 und TRANSCEND NHL 001. Neurologische Toxizit&auml;ten Grad &ge;3 wurden bei 12 % , 28 % und 15 % der Patienten in den drei Studien berichtet. Eine Untersuchung von Phase-I/II-Studien zu infekti&ouml;sen Nebenwirkungen zeigte keinen Unterschied im Auftreten nach CD19-CAR-T-Zell-Therapie oder anderen Salvage-Chemoimmuntherapien.<sup>8</sup><br /> Im Vergleich zu diesen Ergebnissen sei der Nutzen einer allogenen Stammzelltransplantation nach autologer Stammzelltransplantation bei DLBCL-Patienten laut EBMT-Daten eher moderat. Es konnten aus der EBMT-Datenbank 101 Patienten ausgewertet werden, die zwischen 1997 und 2006 eine allogene Stammzelltransplantation erhalten hatten. Nach drei Jahren waren 41,7 % der Patienten ohne Progress und 53,8 % noch am Leben. 28,2 % der Patienten waren ohne Krankheitsr&uuml;ckfall verstorben.<sup>9</sup> Die Lebensqualit&auml;t nach allogener Stammzelltransplantation sei, entsprechend einem Review<sup>10</sup> zu dem Thema, zumindest im ersten Jahr stark beeintr&auml;chtigt, so Subklewe.<br /> Zum Abschluss ihrer Rede verwies Subklewe auf das Patientenkollektiv, das bisher mit CAR-T-Zell-Therapie bzw. allogener Stammzelltransplantation behandelt wurde: W&auml;hrend mit CAR-T auch Patienten im Alter bis zu 75 Jahren behandelt wurden, seien f&uuml;r die allogene Stammzelltransplantation eher j&uuml;ngere Patienten indiziert. Die Mortalit&auml;t ohne Krankheitsprogress betrage 1&ndash;3 % bei CAR-T-Zell-Therapie, aber etwa 30 % bei allogener Stammzelltransplantation, gab Subklewe zu bedenken.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s40_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="1000" /></p> <h2>Kontra: Die CAR-T-Zell-Therapie wird die allogene Stammzelltransplantation nicht ersetzen!</h2> <p>Caballero konterte, dass erst einmal gekl&auml;rt werden m&uuml;sse, von wie vielen Patienten tats&auml;chlich die Rede ist, wenn &uuml;ber die Rolle der allogenen Transplantation bei DLBCL diskutiert werde. In Europa wurden im Jahr 2015 42 171 Stammzelltransplantationen durchgef&uuml;hrt, davon 16 030 allogene Stammzelltransplantationen und diese wiederum nur in 4 % der F&auml;lle beim Non-Hodgkin-Lymphom.<sup>11</sup> Ob diese ausgew&auml;hlten Patienten durch eine CAR-T-Zell-Therapie effektiver behandelt werden k&ouml;nnen? Caballero bezweifelte dies, liegen doch f&uuml;r die allogene Transplantation nach autologer Transplantation 3- und 5-Jahres-Daten vor, nach denen mehr als die H&auml;lfte der Patienten 3 Jahre und um die 40 % 5 Jahre &uuml;berleben. Es sei bekannt, dass ein Karnofsky-PS &lt;80, ein Intervall zwischen autologer und allogener Stammzelltransplantation &lt;1 Jahr und eine chemoresistente Erkrankung zu Beginn der allogenen Stammzelltransplantation den Therapieerfolg negativ beeinflussen und bei der Patientenselektion beachtet werden sollten.<sup>12</sup><br /> Das Argument, die allogene Transplantation sei bei DLBCL-Patienten weniger sicher und effektiv als die CAR-T-Zell-Therapie, wies Caballero anhand eigener Daten aus Salamanca zur&uuml;ck. Nach der Erfahrung von inzwischen 1000 allogenen Stammzelltransplantationen, davon 40 bei DLBCL-Patienten, erreichen 65 % ein komplettes Ansprechen und nur bei 5 % der Patienten wurde ein R&uuml;ckfall berichtet. An Infektionen starben 10 % der Patienten. Die 3-Jahres-OS-Rate betrage in Salamanca 48 % , die 3-Jahres-PFS-Rate 54 % , womit die Daten aus diesem Real-World-Setting deutlich besser seien als die SCHOLAR- 1-Daten. Auch im Vergleich mit den Ergebnissen der CAR-T-Zell-Therapie schneide die allogene Stammzelltransplantation in Salamanca nicht schlechter ab: Nach einem Jahr waren 82 % der Patienten mit kompletter Remission ohne Progress sowie 57 % aller ansprechenden Patienten.<br /> 90 % der Patienten hatten im Jahr 2018 einen Stammzellspender, sodass auch das Argument mangelnder Spender nicht greife, erkl&auml;rte Caballero. Die Kosten seien allerdings ein greifbarer Faktor, welcher f&uuml;r die Stammzelltransplantation spreche &ndash; insbesondere wenn es gelinge, die Graftversus- Host-Erkrankung zu reduzieren.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahresversammlung der European Society for Medical Oncology (ESMO), Oxford-Debatte „Will CAR T cell therapy replace allogenic transplantation in lymphoma?“, 20. Oktober 2018, München </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lin T et al.: RCHOP-21 vs. RCHOP-14 for the treatment of newly diagnosed diffuse large B cell lymphoma: a prospective randomized phase III clinical trial from Cswog. Blood 2015; 126: 2690 <strong>2</strong> Gisselbrecht C et al.: Salvage regimens with autologous transplantation for relapsed large B-cell lymphoma in the rituximab era. J Clin Oncol 2010; 28: 4184-90 <strong>3</strong> Crump M et al.: Outcomes in refractory diffuse large B-cell lymphoma: results from the international SCHOLAR-1 study. Blood 2017; 130: 1800-8 <strong>4</strong> van der Stegen SJ et al.: The pharmacology of second-generation chimeric antigen receptors. Nat Rev Drug Discov 2015; 14: 499-509 <strong>5</strong> Borchmann P et al.: An updated analysis of JULIET, a global pivotal phase 2 trial of tisagenlecleucel in adult patients with relapsed or refractory (r/r) diffuse large B-cell lymphoma (DLBCL). EHA 2018, Abstr. #S799 <strong>6</strong> Neelapu SS et al.: Axicabtagene ciloleucel CAR T-cell therapy in refractory large B-cell lymphoma. N Engl J Med 2017; 377: 2531-44 <strong>7</strong> Abramson JS et al.: Updated safety and long term clinical outcomes in TRANSCEND NHL 001, pivotal trial of lisocabtagene maraleucel (JCAR017) in R/R aggressive NHL. ASCO 2018, Abstr. #7505 <strong>8</strong> Hill JA et al.: Infectious complications of CD19- targeted chimeric antigen receptor-modified T-cell immunotherapy. Blood 2018; 131: 121-30 <strong>9</strong> van Kampen RJ et al.: Allogeneic stem-cell transplantation as salvage therapy for patients with diffuse large B-cell non- Hodgkin&acute;s lymphoma relapsing after an autologous stemcell transplantation: an analysis of the European Group for Blood and Marrow Transplantation Registry. J Clin Oncol 2011; 29: 1342-8 <strong>10</strong> Pidala J et al.: Quality of life after allogeneic hematopoietic cell transplantation. Blood 2009; doi: 10.1182/blood-2008- 10- 182592 <strong>11</strong> Passweg JR et al.: Use of haploidentical stem cell transplantation continues to increase: the 2015 European Society for Blood and Marrow Transplant activity survey report. Bone Marrow Transplant 2017; 52: 811-7 <strong>12</strong> Fenske TS et al.: Allogeneic transplantation provides durable remission in a subset of DLBCL patients relapsing after autologous transplantation. Br J Hematol 2016; 174: 235-48</p> </div> </p>
Back to top