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Die Positronenemissionstomografie mit Aminosäuretracern im Rahmen der Gliombildgebung

<p class="article-intro">Die MRT ist der Goldstandard in der Hirntumorbildgebung. Allerdings unterliegt sie immer wieder Einschränkungen in der Bestimmung der Tumorausdehnung infiltrativ wachsender Gliome oder bei der Abgrenzung von therapieassoziierten Veränderungen gegenüber Tumorwachstum. Hier kann die Aminosäure-PET wichtige zusätzliche Informationen bezüglich Tumorausdehnung, -graduierung und Therapieansprechen sowie für die Biopsiebzw. Therapieplanung liefern.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die AS-PET mittels [11C]MET oder [18F]FET kann wichtige Zusatzinformationen zur MRT im Rahmen der Diagnosefindung und des Therapiemanagements von Gliomen beitragen.</li> <li>Die AS-PET erm&ouml;glicht eine bessere Abgrenzung der Gliomausdehnung im Vergleich zur T2-gewichteten und T1-KM-verst&auml;rkten MRT.</li> <li>Mittels AS-PET k&ouml;nnen anaplastische Foci f&uuml;r die Biopsieplanung zur Vermeidung einer Untersch&auml;tzung des Malignit&auml;tsgrades identifiziert werden.</li> <li>Eine bessere Differenzierung zwischen Tumorprogress bzw. -regredienz gegen&uuml;ber therapieassozierten Ver&auml;nderungen ist m&ouml;glich.</li> </ul> </div> <p>Die Bildgebung erster Wahl im Rahmen der Diagnostik von Gliomen ist die Magnetresonanztomografie (MRT). Obwohl sie eine detaillierte Charakterisierung zerebraler Raumforderungen oder posttherapeutischer Folgen erlaubt, k&ouml;nnen aufgrund der fehlenden MRT-Kontrastmittelaufnahme v.a. in niedriggradigen Gliomen oder wegen mangelhafter Kontrastmittelanreicherung bedingt durch eine vor&uuml;bergehende St&ouml;rung der Blut-Hirn- Schranke, wie z.B. nach Strahlentherapie, Fragen hinsichtlich des Managements der Patienten im klinischen Alltag offenbleiben. Funktionelle Bildgebung mittels der Positronenemissionstomografie (PET) unter Einsatz verschiedener Radiopharmaka (i.e. Tracer) kann hier &uuml;ber das MRT hinaus wichtige und erg&auml;nzende Einblicke in die Tumorbiologie hinsichtlich Differenzialdiagnose, Tumorausbreitung, Tumorgraduierung und Therapieansprechen sowie Biopsie- bzw. Therapieplanung aufzeigen.</p> <h2>Diagnose und nicht invasives Tumorgrading</h2> <p>In den letzten Jahren haben sich vor allem PET-Tracer etabliert, die Gliome anhand ihres Aminos&auml;urestoffwechsels (AS) genauer charakterisieren. Durch an den Tumorzellen exprimierte spezielle Aminos&auml;uretransportsysteme k&ouml;nnen radioaktiv markierte Aminos&auml;uren wie L-[S-methyl- 11C]methionine ([11C]MET) oder O-(2- [18F]-fluoroethyl)-L-Tyrosin ([18F]FET) unterschiedlich stark in die Tumorzellen aufgenommen werden. Die im Gegensatz dazu nur sehr geringe Traceraufnahme im gesunden Hirngewebe erlaubt eine gute Abgrenzbarkeit der oft infiltrativ wachsenden Gliome zum gesunden Gewebe.<sup>1</sup> Somit erlauben diese radioaktiv markierten Substanzen eine Unterscheidung von Tumorgewebe und nicht neoplastischen L&auml;sionen mit einer Sensitivit&auml;t von etwa 82 % und einer Spezifit&auml;t von etwa 76 % .<br /> Weiters konnten einige Studien zeigen, dass ein AS-PET-unterst&uuml;tztes Tumorgrading eine bessere Einsch&auml;tzung des Malignit&auml;tsgrades erlaubt als eines mit MRT alleine, und hier vor allem bei Astrozytomen.<sup>2, 3</sup> Oligodendrogliale Tumoren zeichnen sich oft schon als niedriggradige Tumore mit teils deutlich h&ouml;heren Traceraufnahmeintensit&auml;ten im Vergleich mit Grad- II- und Grad-III-Astrozytomen aus.<sup>4</sup> Erw&auml;hnt werden muss hier jedoch, dass die meisten dieser Studien basierend auf der WHO-Klassifikation 2007 durchgef&uuml;hrt wurden. Dynamische PET-Untersuchungen mittels [18F]FET mit einer &uuml;ber 40 Minuten dauernden Aufnahmezeit nach Applikation des Radiopharmakons konnten zeigen, dass das beobachtete AS-Tracer-Verhalten im Gliom und hier v.a. im Astrozytom, als Kurve dargestellt, die Sensitivit&auml;t zur Erkennung von WHO-Grad III/IV-Gliomen verbessert auf bis zu 95 % .<sup>2</sup> Hochgradige Gliome sind dabei gekennzeichnet durch ein fr&uuml;hes Aktivit&auml;tsmaximum 10&ndash; 20 Minuten nach der Injektion gefolgt von einer Abnahme der [18F]FET-Aktivit&auml;tskonzentration. Im Gegensatz dazu ist die stetige Zunahme der Zeitaktivit&auml;tskurve typisch f&uuml;r niedriggradige Gliome (Abb. 1). Diese dynamische Datenakquisition ist allerdings deutlich zeitaufwendiger: Sie dauert im Vergleich zur statischen Datengewinnung ca. doppelt so lang.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s13_abb1.jpg" alt="" width="1419" height="1149" /></p> <h2>Tumorausdehnung, Operationsund Bestrahlungsplanung</h2> <p>Neben einer genaueren Charakterisierung einer intrazerebralen Raumforderung stellt die Bestimmung der Ausdehnung eines diffus und infiltrativ wachsenden tumor&ouml;sen Geschehens eine weitere gro&szlig;e Herausforderung f&uuml;r die Bildgebung dar. Zwar korrespondiert die KM-verst&auml;rkte MRT-Bildgebung gut mit der Haupttumormasse von h&ouml;hergradigen Gliomen, allerdings kann gerade bei nicht KM-anreichernden Gliomen niedrigeren Grads die Differenzierung zwischen Tumor und umgebendem &Ouml;dem schwierig sein. Weiters kommt es bei h&ouml;hergradigen Gliomen, insbesondere beim Glioblastoma multiforme (GBM), zu einer Einwanderung von malignen Zellen in das umgebende Hirngewebe<sup>5</sup> au&szlig;erhalb der KM-anreichernden L&auml;sionen, sodass die Beurteilung der Tumorausdehnung mittels MRT h&auml;ufig nicht der histopathologisch bestimmten Tumorausdehnung entspricht. Diesbez&uuml;glich konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass mit AS-Tracern untersuchte Gliome eine gr&ouml;&szlig;ere Ausdehnung aufweisen als die im MRT KM-anreichernden Areale.<sup>6, 7</sup> Die Einbeziehung des metabolischen Volumens in die Operationsplanung kann somit die Chance einer optimalen Resektion des Tumors unter Schutz wichtiger Hirnareale erh&ouml;hen. So konnte in einer Studie gezeigt werden, das die PET-gest&uuml;tzte Resektion von anaplastischen Gliomen und GBM zu einem signifikant l&auml;ngeren &Uuml;berleben f&uuml;hrte, wohingegen dies bei der MRT-gest&uuml;tzten Resektion nicht der Fall war.<sup>8</sup> Die Integration des metabolischen AS-Tumorvolumens in die Planung der Strahlentherapie wurde ebenfalls in mehreren Studien mit verbesserter Zielvolumenanpassung untersucht. Durch Integration der AS-PET in den Bestrahlungsplan konnte ein &Uuml;berlebensvorteil f&uuml;r die Patienten mit rezidivierten h&ouml;her- bzw. hochgradigen Gliomen gezeigt werden, was allerdings in weiteren Studien vor allem mit gr&ouml;&szlig;eren Patientenzahlen validiert werden muss.<sup>9</sup></p> <h2>Aminos&auml;ure-PET-gesteuerte stereotaktische Biopsie</h2> <p>Gliome weisen oft kein homogenes histologisches Erscheinungsbild auf, sondern setzen sich aus Zellen unterschiedlicher Aggressivit&auml;t zusammen. Gerade nicht KM-anreichernde Gliome stellen bei der MRT-gest&uuml;tzten Biopsie eine besondere Herausforderung dar, da es hier oft zu einer Untersch&auml;tzung des Malignit&auml;tsgrades kommt. Die AS-PET kann hierf&uuml;r unterst&uuml;tzend eingesetzt werden, um malignere Tumorareale, welche sich als besonders stoffwechselaktive Areale darstellen, zu identifizieren.<sup>10</sup> Die sogenannte &bdquo;Hot spot&ldquo;-Identifikation anaplastischer Foci ist essenziell f&uuml;r das weitere Management bzw. die f&uuml;r die Patienten passende Behandlungsstrategie (Abb. 2).<sup>7, 10</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s13_abb2.jpg" alt="" width="1419" height="1254" /></p> <h2>Rezidivdiagnostik und Therapieansprechen</h2> <p>Die Unterscheidung zwischen Tumorprogression und therapieassoziierten Ver&auml;nderungen ist oft schwierig, da es nach Radio- und Chemotherapie zu St&ouml;rungen der Blut-Hirn-Schranke kommen kann, die mit vermehrter KM-Anreicherung und &Ouml;dem einhergehen und eine Tumorzunahme (&bdquo;Pseudoprogression&ldquo;) vort&auml;uschen k&ouml;nnen. Hier kann die AS-PET erg&auml;nzend zur MRT eine Hilfe sein. Studien haben gezeigt, dass mit einer diagnostischen Genauigkeit zwischen 82 und 95 % ein Rezidiv bzw. ein Progress von behandlungsassoziierten Ver&auml;nderungen unterschieden werden kann.<sup>11&ndash;13</sup> Auch ein metabolisches Ansprechen als prognostischer Faktor f&uuml;r das &Uuml;berleben nach Chemo-,<sup>14, 15</sup> Radio-<sup>16</sup> sowie antiangiogener Therapie mit Bevacizumab<sup>17, 18</sup> ist beschrieben.</p> <h2>Prognose</h2> <p>Prognostische Parameter wie die Isozitrat- Dehydrogenase(IDH)-I- und -II-Mutationen oder die 1p/19q-Deletion haben zu einer &Auml;nderung der WHO-Klassifikation 2016 beigetragen, sie steuern nun bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung der Erkrankung das therapeutische Management mit. In den letzten Jahren konnten erste Studien zeigen, dass auch AS-PETTracer zur Prognoseeinsch&auml;tzung herangezogen werden k&ouml;nnen. Sowohl die Bestimmung der mittels [11C]MET oder [18F]FET definierten metabolischen Tumorvolumina von Patienten mit WHOGrad- III/IV-Gliomen<sup>19, 20</sup> in AS-aviden Gliomen als auch die Intensit&auml;t der radioaktiv markierten AS-Aufnahme in WHO-Grad- II- bis -V-Gliomen konnten als prognostische Marker f&uuml;r das klinische Outcome herausgearbeitet werden. So zeigt sich auch bei jenen Astrozytomen, die keinen erh&ouml;hten AS-Stoffwechsel haben, ein signifikant l&auml;ngeres &Uuml;berleben als bei AS-positiven Astrozytomen.<sup>21, 22</sup> Weiters erm&ouml;glicht das beobachtete Tracerverhalten &uuml;ber die Zeit im Rahmen von dynamischen [18]FET-PET unabh&auml;ngig von ihrer WHO-Graduierung eine prognostische Aussage.<sup>23, 24</sup></p> <h2>Ausblick</h2> <p>Neben der Fusion von MRT und PET mittels unterschiedlicher Software zum besseren Verst&auml;ndnis der Tumorausdehnung stellt die PET/MRT als Hybridger&auml;t, welches eine simultane Durchf&uuml;hrung von MRT und PET erlaubt, eine neue M&ouml;glichkeit dar, Tumoren zu untersuchen. Gerade die Entwicklung neuer MRT-Techniken in Kombination mit der PET werden in der Zukunft sicherlich neue Einblicke in die multiparametrische Charakterisierung der Gliome erm&ouml;glichen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Albert NL et al.: Response assessment in Neuro-Oncology Working Group and European Association for Neuro- Oncology recommendations for the clinical use of PET imaging in gliomas. Neuro-Oncol 2016; 18(9): 1199-208 <strong>2</strong> Jansen NL et al.: MRI-suspected low-grade glioma: is there a need to perform dynamic FET PET? Eur J Nucl Med Mol Imaging 2012; 39(6): 1021-9 <strong>3</strong> Galldiks N et al.: Role of O-(2-18F-fluoroethyl)-l-tyrosine PET as a diagnostic tool for detection of malignant progression in patients with low-grade glioma. J Nucl Med 2013; 54(12): 2046-54 <strong>4</strong> Hutterer M et al.: [18F]-fluoro-ethyl-l-tyrosine PET: a valuable diagnostic tool in neuro-oncology, but not all that glitters is glioma. Neuro-Oncol 2013; 15(3): 341-51 <strong>5</strong> Westphal M, Lamszus K: The neurobiology of gliomas: From cell biology to the development of therapeutic approaches. Bd. 12. 2011. 495 S <strong>6</strong> Miwa K et al.: Discrepancy between lesion distributions on methionine PET and MR images in patients with glioblastoma multiforme: insight from a PET and MR fusion image study. J Neurol Neurosurg Amp Psychiatry 2004; 75(10): 1457 <strong>7</strong> Pirotte BJM et al.: Results of positron emission tomography guidance and reassessment of the utility of and indications for stereotactic biopsy in children with infiltrative brainstem tumors. J Neurosurg Pediatr 2007; 107(5): 392-9 <strong>8</strong> Pirotte BJM et al.: Positron emission tomography-guided volumetric resection of supratentorial high-grade gliomasa survival analysis in 66 consecutive patients. Neurosurgery 2009; 64(3): 471-81 <strong>9</strong> Grosu AL et al.: Reirradiation of recurrent high-grade gliomas using amino acid PET (SPECT)/ CT/MRI image fusion to determine gross tumor volume for stereotactic fractionated radiotherapy. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2005; 63(2): 511-9 <strong>10</strong> Kunz M et al.: Hot spots in dynamic 18FET-PET delineate malignant tumor parts within suspected WHO grade II gliomas. Neuro-Oncol 2011; 13(3): 307-16 <strong>11</strong> Tsuyuguchi N et al.: Methionine positron emission tomography for differentiation of recurrent brain tumor and radiation necrosis after stereotactic radiosurgery &ndash; in malignant glioma. 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