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Schwangerschaft

Krebserkrankung sollte kein Hindernis bei Kinderwunsch sein

<p class="article-intro">Junge Frauen, die einen Brustkrebs überlebt haben, stehen mit den Sorgen in Bezug auf ihren Kinderwunsch häufig allein da. Wie eine Evaluation zur sexuellen Lebensqualität nach Krebstherapie bei Frauen unter 35 Jahren zeigte, hat mehr als die Hälfte dieser Frauen sexuelle Probleme.<sup>1</sup> 91 % der Patientinnen wurden von ihrem Arzt nicht nach diesen Problemen gefragt, aber 49 % wünschten, sie wären gefragt worden. Beim ESMO-Kongress wurde das Thema Schwangerschaft, Krebs und Fertilität in verschiedenen Sitzungen aufgegriffen, was den hohen Stellenwert der Thematik unterstreicht.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Sicherheit der Schwangerschaft nach einer Krebserkrankung Die Sicherheit einer Schwangerschaft nach einer Krebserkrankung wurde lange infrage gestellt, da eine Beeinflussung des endokrinen Milieus oder m&ouml;gliche Immunsuppressionen als nachteilig vermutet wurden. Insgesamt, erkl&auml;rte Fedro A. Peccatori, Mailand, Italien, stehen verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig wenige Daten zur Fragestellung &bdquo;Schwangerschaft nach Krebserkrankung&ldquo; zur Verf&uuml;gung. Die Inzidenz von Schwangerschaften nach Krebserkrankung differiere bei verschiedenen Entit&auml;ten, was vielfach durch den Altersdurchschnitt bei Auftreten der Krebserkrankung erkl&auml;rbar ist. Eine norwegische Studie mit 27 556 Krebs-&Uuml;berlebenden zeigte allgemein eine geringere Schwangerschaftsrate bei Krebspatienten im Vergleich zur gesunden Normalbev&ouml;lkerung, wobei M&auml;nner eher als Frauen nach einer Krebserkrankung Nachwuchs erzeugten.<sup>2</sup> In einer retrospektiven Studie, die 23 201 Krebspatientinnen in einem Alter unter 40 Jahren in Schottland untersuchte, wurden weniger Schwangerschaften beobachtet, als f&uuml;r diese Klientel zu erwarten gewesen w&auml;re.<sup>3</sup> Insbesondere Frauen mit Zervix- und Brustkrebs zeigten nur eine Rate von 30 % im Vergleich zur Schwangerschaftsrate der Normalbev&ouml;lkerung. <br />Der Einfluss der Krebserkrankung auf die Fertilit&auml;t k&ouml;nnte eine geringere Schwangerschaftsrate bedingen. Die Entit&auml;t spielt in Bezug auf das Alter eine wesentliche Rolle. Das Melanom beispielsweise tritt am h&auml;ufigsten in einem Alter zwischen 25 und 29 Jahren auf, also wesentlich im geb&auml;rf&auml;higen Alter. Allerdings haben Frauen mit Melanom h&auml;ufig Angst, bei nachfolgender Schwangerschaft m&ouml;glicherweise geringere &Uuml;berlebenschancen zu haben. Dies aber wahrscheinlich zu Unrecht, wie eine Untersuchung zeigte: 185 Frauen mit Schwangerschaft nach einer Melanomerkrankung und 5348 Frauen ohne Schwangerschaft, die im gleichen Alter diagnostiziert worden waren, wurden verglichen.<sup>4</sup> Es konnte kein Unterschied bez&uuml;glich des &Uuml;berlebens zwischen den beiden Gruppen beobachtet werden. Auch eine Schwangerschaft nach Diagnose eines prim&auml;ren Melanoms war nicht mit einem erh&ouml;hten Risiko zu sterben assoziiert. <br />Brustkrebs wird am h&auml;ufigsten in einem Alter &uuml;ber 35 Jahre diagnostiziert. Es besteht ein gro&szlig;er Einfluss der adjuvanten Therapie auf die Fertilit&auml;t. Auch bei diesen Frauen herrscht zudem eine gro&szlig;e Angst, dass die Schwangerschaft die Krebserkrankung f&ouml;rdern k&ouml;nnte. In einer retrospektiven, multizentrischen Studie wurden 333 Schwangerschaften nach hormonrezeptorpositivem Brustkrebs mit 874 nicht schwangeren Kontrollen verglichen.<sup>5</sup> Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 7,2 Jahren wurden keine Differenzen im krankheitsfreien &Uuml;berleben oder im Gesamt&uuml;berleben gesehen.</p> <h2>Fertilit&auml;tserhalt bei Krebspatientinnen</h2> <p>Eine Chemotherapie kann die Eierstockreserve reduzieren und die Fertilit&auml;t verschlechtern.<sup>6</sup> Das Ausma&szlig; der Beeinflussung h&auml;ngt von der Art der Chemotherapie ab. Erschwerend kommt hinzu, dass ab einem Alter von 40 Jahren die Fertilit&auml;t der Frauen nachl&auml;sst und ab 50 Jahren im Allgemeinen die Menopause erreicht wird. Besteht bei Frauen somit ein Kinderwunsch nach Heilung der Krebserkrankung, so sollte bereits vor der Behandlung &uuml;ber Optionen gesprochen werden. Dazu ist es nat&uuml;rlich notwendig, dass der behandelnde Arzt &uuml;ber die Fertilit&auml;tserhaltung Bescheid wei&szlig;, was laut einer Erhebung unter 273 Teilnehmern der ESO/ESMO Breast Cancer in Young Women Conference (ESO-ESMO BCY) (2016) und der St. Gallen International Breast Cancer Conference (2017) nicht vorausgesetzt werden kann.<sup>7</sup> 12,1 % dieser &Auml;rzte gaben an, sich mit dem Thema nicht auszukennen, 24,9 % kannten sich nicht aus, meinten aber zu wissen, wo sie sich informieren k&ouml;nnten, aber nur 63,0 % der &Auml;rzte w&auml;ren in der Lage gewesen, Patientinnen ad hoc zu beraten. <br />Die ESMO wie auch die ASCO haben Leitlinien herausgegeben, wie mit dem Thema Krebs und Schwangerschaft sowie Fertilit&auml;tserhaltung umzugehen ist.<sup>8, 9</sup> Im Wesentlichen gibt es drei M&ouml;glichkeiten, die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erh&ouml;hen: die Kryokonservierung von Oozyten oder Embryonen, die Kryokonservierung von Eierstockgewebe oder die Gabe von GnRHa. <br />Laut ESMO-Leitlinien sind die Embryound die Oozyten-Kryokonservierung die Methoden mit dem h&ouml;chsten Stellenwert. Die Stimulation der Ovarien sollte vor Beginn der Chemotherapie durchgef&uuml;hrt werden. Die ASCO empfiehlt die Embryo-Kryokonservierung nach In-vitro-Fertilisation als etablierten Standard und beh&auml;lt sich die Kryokonservierung der unfertilisierten Oozyten als Option vor f&uuml;r Frauen ohne Partner, Frauen, die keine Samenspende verwenden wollen, und Frauen, die aus religi&ouml;sen oder ethischen Gr&uuml;nden das Einfrieren von Embryonen ablehnen. <br />Die Kryokonservierung von Eierstockgewebe wird inzwischen von vielen Experten als valide und effektive Technik und nicht mehr als experimenteller Ansatz, wie noch in den Leitlinien von ESMO und ASCO ausgewiesen, angesehen.<sup>10</sup> F&uuml;r junge M&auml;dchen sei diese Methode die einzige Option zur Erhaltung der Fertilisation, so die Leitlinie der ESMO. <br />GnRHa sollte laut den Leitlinien der ESO-ESMO-BCY3 Consensus Conference als Option mit allen Patientinnen gleich welcher Entit&auml;t diskutiert werden, die an einer potenziellen Erhaltung der Fertilit&auml;t und/oder Ovarialfunktion interessiert und Kandidaten f&uuml;r eine Chemotherapie sind.<sup>11</sup> &Auml;hnlich empfiehlt auch die AIOM die GnRHa-Gabe parallel zur Chemotherapie f&uuml;r alle pr&auml;menopausalen Brustkrebspatientinnen, die daran interessiert sind, die Eierstockfunktion und/oder Fertilit&auml;t zu erhalten.<sup>12</sup> F&uuml;r die ASCO ist die GnRHa- Administration hingegen nur dann eine Option, wenn andere Methoden der Fertilit&auml;tserhaltung nicht einsetzbar sind.<sup>9</sup></p> <h2>Krebs w&auml;hrend der Schwangerschaft</h2> <p>Tritt eine Tumorerkrankung w&auml;hrend der Schwangerschaft auf, so kommt es h&auml;ufig zu einer Missinterpretation der Symptome, einer Verdr&auml;ngungsreaktion von &Auml;rzten und Patientinnen sowie zu Schwierigkeiten bei der Diagnose und damit zu einer verz&ouml;gerten Diagnose. Das Risiko f&uuml;r einen Abgang wird im ersten und fr&uuml;hen zweiten Trimester durch eine Operation erh&ouml;ht, allerdings nicht bei einer nicht abdominalen Operation, sagte Peccatori. Wichtig sei hier die Kontrolle des Blutdrucks. Die Bestrahlung mit &gt;100&ndash;200mGy erh&ouml;he das Risiko f&uuml;r Missbildungen des Fetus und mentale Retardierung. Auch schon mit geringer Dosierung k&ouml;nne es zur Sterilisation der Patientin kommen. Unsicherheit bestehe zudem bez&uuml;glich des Krebsrisikos f&uuml;r das Kind. <br />F&uuml;r den Einsatz einer Chemotherapie ist immer das &Uuml;berleben der Mutter in den Vordergrund zu stellen, da eine Chemotherapie nicht unbedingt auf den Zeitraum nach der Geburt verschoben werden kann.<sup>13</sup> Die Anwendung einer Chemotherapie im zweiten und dritten Trimester scheint eine f&uuml;r Mutter und Kind sichere Behandlung zu sein. Unterschiede in der Wahl der Chemotherapie sind zu beachten (Tab. 1).<sup>14</sup> Die Therapie mit dem HER2-Antik&ouml;rper Trastuzumab ist insbesondere nach dem ersten Trimester kontraindiziert und sollte, wenn m&ouml;glich, auf den Zeitpunkt nach der Geburt verlegt werden.<sup>15</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Gyn_1805_Weblinks_s40_tab1.jpg" alt="" width="670" height="907" /></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: DOI-Sitzung „Fertility and pregnancy in cancer“ beim Kongress der European Society of Medical Oncology (ESMO), 19.–23. Oktober 2018, München </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Blouet A et al.: Sexual quality of life evaluation after treatment among women with breast cancer under 35 years old. Support Care Cancer 2018; doi: 10.1007/s00520-018- 4374-z <strong>2</strong> Stensheim H et al.: Pregnancy after adolescent and adult cancer: A population-based matched cohort study. Int J Cancer 2011; 129: 1225-1236 <strong>3</strong> Anderson AA et al.: The impact of cancer on subsequent chance of pregnancy: A population-based analysis. Human Reproduction 2018; 33: 1281-1290 <strong>4</strong> Lens MB et al.: Effect of pregnancy on survival in women with cutaneous malignant melanoma. J Clin Oncol 2004, 22: 4369-4375 <strong>5</strong> Lambertini M et al.: Long-term safety of pregnancy following breast cancer according to estrogen receptor status. J Natl Cancer Inst 2018; 110: 426-429 <strong>6</strong> Stearns V et al.: Breast cancer treatment and ovarian failure: Risk factors and emerging genetic determinants. Nat Rev Cancer 2006; 6: 886-893 <strong>7</strong> Lambertini M et al.: The BCY3/BCC 2017 survey on physicians&rsquo; knowledge, attitudes and practice towards fertility and pregnancy-related issues in young breast cancer patients. Breast 2018; 42: 41-49 <strong>8</strong> Peccatori FA et al.: Cancer, pregnancy and fertility: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2013; 24(suppl 6): vi160-vi170 <strong>9</strong> Oktay K et al.: Fertility preservation in patients with cancer: ASCO Clinical Practice Guideline Update. J Clin Oncol 2018; 36: 1994-2001 <strong>10</strong> Donnez J, Dolmans MM: Fertility preservation in women. N Engl J Med 2017; 377: 1657-1665 <strong>11</strong> Paluch-Shimon S et al.: ESO-ESMO 3rd international consensus guidelines for breast cancer in young women (BCY3). Breast 2017; 35: 203-217 <strong>12</strong> Lambertini M et al.: Temporary ovarian suppression during chemotherapy to preserve ovarian function and fertility in breast cancer patients: A Eur J Cancer 2017; 71: 25-33 <strong>13</strong> Cardonick E et al.: Use of chemotherapy during human pregnancy. Lancet Oncol 2004; 5: 283-291 <strong>14</strong> w Haan J et al.: Oncological management and obstetric and neonatal outcomes for women diagnosed with cancer during pregnancy: A 20-year international cohort study of 1170 patients. Lancet Oncol 2018; 19: 337-346 <strong>15</strong> Zagouri F et al.: Trastuzumab administration during pregnancy: A systematic review and meta-analysis. Breast Cancer Res Treat 2013; 137: 349-357</p> </div> </p>
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